Bewertung italienischer Staatsanleihen: Die seltsamen Maßstäbe der EZB
Soso. Die EZB drückt ein paar Augen zu bei der Bewertung italienischer Staatsanleihen. Neu? Nein, bereits vor Monaten schrieb DER SPIEGEL über die zweifelhafte Qualität der Wertpapiere, die einige Notenbanken des Eurosystems als Sicherheiten akzeptieren – und damit über die Haftungsgemeinschaft: wir alle. Damals waren Griechenland und Irland im Fokus. Heute eben Italien (und da sind es sogar Staatsanleihen, das geht ja noch!). In Wahrheit gehen die guten Sicherheiten aus. Und wenn man dann weiter Geld zu Verfügung stellen will, muss man eben ein Auge zudrücken bei der Qualität der Sicherheit.
Wir sind sehr weit von den Grundsätzen ordentlicher Notenbank-Politik entfernt, die Walter Bagehot (Herausgeber des Economist, 1826-1877) definiert hat: Kredit von der Zentralbank nur:
– gegen gute Sicherheit
– zu abschreckenden Zinsen
– für solvente Schuldner
Heute geben wir Geld an insolvente Schuldner, gegen zweifelhafte Sicherheiten, zu Zinsen nahe Null. Die verheerende Wirkung dieser Politik, die eher krisenverstärkend als mildernd wirkt, beschreibt Justyna Schulz von der Universität Bremen in diesem Aufsatz:
Schulz – Wozu brauchen Notenbanken Sicherheiten-WP-2012
Das zeigt nur, wie groß die Probleme sind; vor denen wir stehen. Die EZB versucht alles, um der Politik Zeit zu kaufen. Die Politik muss diese Zeit nun endlich nutzen, um die Probleme geordnet anzugehen. Wir brauchen mehr Wachstum, mehr Investitionen statt Konsum und einen geordneten Weg, um den Schuldenüberhang zu bewältigen.