Es liegt nicht an den Exporten
Es wird ja immer wieder versucht, in den deutschen Kapitalexporten den Hauptgrund für die Handelsdefizite der heutigen Krisenländer zu sehen. Die Argumentation geht dann ungefähr so, wie in diesem Beitrag der FT, den auch die FINANZ und WIRTSCHAFT in ihrem Blog aufgreift:
- „Es ist richtig, dass die Leistungsbilanz beziehungsweise die Nettoexporte (Exporte minus Importe) in den Peripherieländern bis zur Krise deutlich ins Negative gerutscht sind. Die Leistungsbilanzdefizite der Peripherieländer im Zeitablauf (entsprechen) ziemlich symmetrisch den Überschüssen von Ländern des Kerns, das heisst vor allem Deutschland.“ – bto: Also, die Armen haben deshalb Defizite, weil wir Überschüsse wollten. Siehe auch Flassbeck.
- „Bei den Exporten haben die Länder der Peripherie keinen Einbruch ihrer Exporte gesehen (…)Für die Leistungsbilanzdefizite waren vor allem Importüberschüsse (im Vergleich zu den Exporten) verantwortlich. Und für diese können die Peripherieländerunmöglich alleine verantwortlich sein.“ – bto: eben wegen unserer Exporte.
- „Dieser Kapitalimport war eine Folge eines massiven Kapitalzuflusses aus den Kernländern, besonders aus Deutschland.“ – bto: Weil wir zu viel gespart haben, mussten sich die Krisenländer also bei uns verschulden und mit dem geliehenen Geld deutsche Autos kaufen.
- In der Tat zeigen die Analysen, dass die Krisenländer die Exporte halten konnten:
- Während vor allem Frankreich und Italien Marktanteile – vor allem an China – verloren.
Fazit: Es würde nicht stimmen, dass die höheren Lohnkosten die Exportfähigkeit eingeschränkt haben. Es läge vielmehr an den Ungleichgewichten, die von Deutschland ausgingen.
bto: Ich bleibe bei einer anderen Interpretation. Zu tiefe Zinsen führten zu einem
Schulden-Konsum-Investition-Boom in den Krisenländern. Zu hoher Eurowechselkurs und zu hohe Zinsen führten zur Krise in Deutschland. Hätten wir die Nachfrage der Krisenländer nicht befriedigt, hätte es jemand anderes getan. Sicherlich gehören immer dumme Kreditgeber – und das sind wir! – dazu. Aber so ist es eine einseitige Ursachensuche.
→ FT (Anmeldung erforderlich): Eurozone: The case against ‘cash for reform’, 18. August 2015
→ FINANZ und WIRTSCHAFT: Fehldiagnose Exportschwäche, 24. August 2015