Gegen hohe Mieten hilft vor allem mehr Wohn­eigentum

„Indexmieten sind so irrsinnig ungerecht. In unserem Haus steigt die Miete um zehn Prozent. Kein Gehalt geht automatisch zehn Prozent rauf. Warum Mieteinnahmen?“, schrieb die Publizistin Marina Weisband auf Twitter. Mehr als 8000 Menschen haben den Tweet „gelikt“, was man als Zustimmung werten darf. Dazu gehört Achim Truger, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Bei einer Indexmiete ist vertraglich vereinbart, dass sich die Miete entsprechend dem Preisindex für die Lebenshaltung erhöht.

Abgesehen davon, dass die Kosten für Instandhaltung und Verwaltung im Zuge der Inflation steigen, wird bei dieser Kritik vergessen, dass Indexmieten jahrelang für Mieter gut waren. Dank tiefer Inflation stieg die Miete oft deutlich langsamer, als angesichts des angespannten Wohnungsmarktes zu erwarten gewesen wäre.

Zugleich bietet die Indexmiete einen Schutz vor sanierungsbedingten Mietsteigerungen, da diese in solchen Verträgen ausgeschlossen sind. Der vorübergehende Inflationsschub holt nur nach, was mit normalen Mietverträgen vorher passiert wäre.

Das hindert die Politik nicht daran, in einem schon stark reglementierten Markt über weitere Eingriffe nachzudenken. So forderte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge, bestehende Indexmietverträge zu deckeln. Das wäre ein weiterer Markteingriff, der nach Mietpreisbremse und (vorerst gescheitertem) Mietendeckel dafür sorgen soll, dass die Miete erschwinglich bleibt.

Sich für erschwingliche Mieten einzusetzen ist richtig, aber der Aktionismus der Politik ist unnötig und falsch. Er schadet aus mindestens vier Gründen:

Entmündigung der Bürger und Bürgerinnen

Zum einen verstärkt eine solche Intervention die ohnehin zunehmende Haltung, dass der Staat aufgefordert ist, in jedem Bereich des Lebens nachträglich die Regeln zu ändern, wenn eine relevante Wählergruppe betroffen ist.

Das führt zu einer Entmündigung der Bürger. Statt gründlich zu prüfen, auf was man sich vertraglich einlässt, setzt man darauf, dass der Staat es für einen tut. Eine Haltung, die die Grundfesten der Marktwirtschaft erschüttert.

Unsicherheit für Investoren

Auf der anderen Seite erhöht das politische Handeln die Unsicherheit für Investoren. Diese sollen nach dem Willen der Politik dringend neuen Wohnraum schaffen. Doch wer macht das noch, wenn kalkulierte, um die Inflation bereinigte Renditen jederzeit mit einem Federstrich der Politik hinfällig werden können? Die Wirkung der Diskussion um Mietendeckel und Enteignung auf dem Wohnungsmarkt und die Folgen für die Bautätigkeit können in Berlin besichtigt werden.

Verteilung auf dem Wohnungsmarkt

Ein weiteres Ergebnis der Interventionen der Politik im Wohnungsmarkt: Er wird immer mehr ein Markt zugunsten jener, die schon eine Wohnung haben, und zulasten jener, die eine Wohnung suchen. Gutverdienende Mieter mieten günstiger als ohne Mietpreisbremse, ältere Menschen bleiben in zu großen Wohnungen, weil sich der Umzug nicht rechnet. In der Folge sinkt das Angebot zusätzlich.

Interventionen wirken mit Blick auf Vermögensverteilung negativ

Auch mit Blick auf die Vermögensverteilung wirken die Interventionen negativ. Die Wohneigentumsquote in Deutschland ist laut Bundesbank so niedrig wie in keinem anderen Land der Euro-Zone, während die Vermögensungleichheit ausgesprochen hoch ist. Beides hängt eng zusammen.

Ein wesentlicher Grund: Die Regulierung drückt die Mieten unter Marktniveau und reduziert den Anreiz zum Eigentumserwerb. Das wird verschärft dadurch, dass der Zugang zum sozialen Wohnungsbau keineswegs auf die Einkommensschwächsten beschränkt ist.

Statt populistisch immer mehr einzugreifen und die Probleme damit zu verschärfen, sollte die Politik aufhören, das Bauen zu verhindern und zu verteuern, wie es gerade in Berlin an der Tagesordnung ist. Zugleich sollte man von anderen Ländern lernen.

So zeigt eine Studie nach Daten der Europäischen Zentralbank (EZB), dass die Möglichkeit, Hypothekenzinsen für selbst genutztes Eigentum steuerlich abzusetzen und statt sozialen Wohnungsbau direkte wohnkostenabhängige Transfers an einkommensschwache Haushalte zu leisten, die Wohlfahrt sämtlicher Haushalte erhöht.

Ein Wegfall der Grunderwerbsteuer für selbst genutztes Eigentum und die Erleichterung der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen mit finanzieller Unterstützung des Mieterkaufs wären ebenfalls zu prüfen. Es ist höchste Zeit, dass die Politik sich im Wohnungsmarkt – und nicht nur dort – effektiv auf die wirklich Bedürftigen konzentriert.

→ handelsblatt.com: “Gegen hohe Mieten hilft vor allem mehr Wohneigentum”, 12. Februar 2023