Best of BTO 2022: Es geht um die Existenz der deutschen Wirtschaft
Dieser Beitrag erschien im Oktober 2022 bei bto:
Im März habe ich an dieser Stelle gefordert, dass die Bundesregierung so entschlossen handelt, wie es angesichts des russischen Angriffskriegs und des sich daraus ergebenden Wirtschaftskriegs nötig ist.
Leider müssen wir sechs Monate später feststellen, dass die deutsche Regierung immer noch nicht im vollen Umfang erkennt, wie dramatisch die Herausforderung ist, vor der wir stehen und wie drastisch die Maßnahmen sein müssen, wollen wir den Wirtschaftskrieg gewinnen und dabei unseren Wohlstand erhalten.
Will der Westen den Aggressor Russland schwächen, so geht das nur über niedrigere Preise für Energie, nicht durch höhere. Das setzt voraus, dass alles getan wird, um das weltweite Energieangebot zu erhöhen. Deutschland muss dazu einen Beitrag leisten.
Wer in diesem Umfeld die eigene Energieerzeugung reduziert (Atomausstieg), existierende Kapazitäten zurückhält (Kohlekraft) und vorhandene Ressourcen nicht nutzt (Gasvorkommen) schadet den Ärmsten der Welt, mit denen wir bei unserem globalen Energieeinkauf in Konkurrenz treten.
Wer zudem die eigene Industrie einem historischen Energiepreisschock aussetzt, ohne stützend einzugreifen, befördert den Trend der Deindustrialisierung, der bereits seit mehreren Jahren in Gang ist, nicht zuletzt aufgrund der schon vor dem Krieg hohen Energiepreise. Es führt dazu, dass wir Verlierer sein werden.
Deutschlands Gasreserven heben
Es war höchste Zeit, dass die Bundesregierung einen Gaspreisdeckel für die Wirtschaft einführt, der den Preisanstieg dämpft und über die Zeit streckt. Modelle dafür liegen auf dem Tisch.
Für einen „Wirtschaftsrettungsfonds Gas“ können je nach Entwicklung 30 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr nötig sein. Das klingt nach viel, ist aber verglichen mit den dadurch verhinderten Schäden vernachlässigbar. Der Deckel ist aber nur dann sinnvoll, wenn es Aussicht auf baldige tiefere Energiepreise durch Angebotsausweitung gibt.
Die Finanzierung ist kein Problem. Wir müssen nur die in Deutschland vorhandenen Gasreserven heben. Mit einem Zuschlag auf die Förderkosten können wir die aufgelaufenen Schulden im Laufe der 30 Jahre, die unsere Vorräte genügen, abtragen.
Das wäre nicht nur billiger, sondern auch umweltfreundlicher als Gas, das um die halbe Welt geschifft wird, von der Problematik der Menschenrechtsverletzungen in wesentlichen Lieferstaaten ganz zu schweigen.
Dann hätten wir die notwendige Brückentechnologie aus dem eigenen Lande auf dem Weg in die erneuerbare Zukunft. Fracking zu verweigern, ist nur ein weiteres Beispiel für die in Deutschland herrschende Haltung: alles, bloß nicht in meiner Nachbarschaft. Kein Atomstrom! Aber aus Frankreich. Keine Kohle! Aber aus Polen. Kein Gas! Aber aus Katar. Wir sollten uns dafür schämen und endlich so handeln, wie es sich gehört.