Studie: Holland geht es besser ohne Euro – was ist mit uns?
Es gibt eine neue Studie zum Thema Nexit – Netherland Exit – nachdem bisher vor allem Studien zum Grexit erstellt wurden. Obwohl der Auftraggeber als Eurokritiker bekannt ist, muss man die Studie sehr ernst nehmen, stammt sie doch von Capital Economics, einem höchst renommierten Wirtschaftsforschungsinstitut. Gefälligkeitsgutachten erstellt man dort nicht.
Das Ergebnis muss alle Alarmglocken in Brüssel und Berlin läuten lassen:
- Der durchschnittliche holländische Haushalt hätte rund 9.800 Euro mehr, wenn Holland nicht mehr beim Euro und in der EU mitmachte.
- Für die Volkswirtschaft als Ganzes berechnet Capital Economics einen Wohlstandsgewinn von mehr als 1,5 Billion Euro!!
„Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass eine Nation, die von den bürokratischen Fesseln Europas befreit ist und nicht mehr eine „one-size-fits all“-Politik umsetzen muss, davon auch wirtschaftlich profitiert.“ So die Autoren.
Was wären die Gründe für diese doch erhebliche Wohlstandsmehrung für die Holländer (und würde das Argument auch für Deutschland gelten)?
- Als AAA-Schuldner und Kreditgeberland würde Holland außerhalb der Eurozone nicht mehr den erheblichen Wohlstandsrisiken ausgesetzt sein, die sich aus den strukturellen Problemen der Eurozone ergeben. Was die Autoren so verquast schreiben, heißt im Klartext: Die Holländer müssten nicht in ein Fass ohne Boden einzahlen. (Gilt für Deutschland genauso.)
- Nach einer Anpassungsphase direkt nach dem Austritt, ist mit einem um Zehn-Prozent-Punkte höherem Wachstum bis 2024 zu rechnen. (Auch in Deutschland gäbe es eine Anpassungsphase. Vor der Einführung des Euros war der Produktivitätszuwachs in Deutschland übrigens höher als seit der Einführung. Angesichts der demographischen Entwicklung täte uns das durchaus gut.)
- Ein Großteil dieses Wachstums käme von Märkten außerhalb Europas, die Holland alleine besser erschließen könnte, da derzeit der Block der Südländer Freihandelsabkommen erschwert. (Deutschland: genauso. Bereits seit Jahren wachsen die Exporte außerhalb der Eurozone deutlich schneller.)
- Durch nationale Regulierung statt Vorgaben aus Brüssel könnte die holländische Wirtschaft 20 Milliarden Euro pro Jahr ab dem Jahr 2035 sparen! So lange dauert es wohl, bis alles umgesetzt ist. (Auf Deutschland darf man das wohl getrost hochskalieren.)
- Zusätzlich könnte der Staat ab 2035 sieben Milliarden Euro pro Jahr sparen, indem man bei der Zuwanderung nicht mehr die freizügigen Regeln der EU einhalten muss. (Deutschland: entsprechend mehr.)
- Ich würde noch ergänzen: Viel wichtiger als das Verhindern von Zuwanderung in Sozialsysteme ist das Anlocken von qualifizierten Einwanderern. Hier könnte Holland eine eigene Politik fahren und dank des höheren Wachstums und der geringeren Kosten für Europa durch geringere Steuern und Sozialabgaben relativ attraktiver werden. (Gilt für Deutschland gleichermaßen.)
Der Report schließt: Holland wäre in der Lage, autonom seine Wirtschaft deutlich besser zu managen, als im Verbund mit Europa. Oder es gibt doch die „Hanseatic League“, die Allianz von England, Skandinavien und Holland. Ein solcher Verbund wäre ungemein attraktiv für Zuwanderer, wie hier diskutiert.
Die Argumente lassen sich weitgehend auf Deutschland übertragen, wie wir gesehen haben. Vermutlich wird jedoch keiner eine ähnliche Studie für Deutschland beauftragen. Schade. Denn selbst angesichts der wirtschaftlichen Kosten kann der politische Konsens dahingehen, am Euro festzuhalten. Es sollte nur transparent sein.
Die „Totschlagargumente“ sind üblicherweise die deutschen Exporte in die Eurozone. Hier erinnere ich nur an die schon mehrmals von mir aufgeworfene Frage: Was nutzen uns Exporte, wenn wir Kredit zum Kauf unserer Güter geben und dieser dann nicht bedient wird?
→ The Telegraph: Dutch would be ‘better off’ if they left the euro, 6. Februar 2014