Gunnar Hein­sohn: “Wo es zu viele junge Männer gibt, wird ge­tötet”

Mit Bestürzung und Trauer habe ich vom Tode Professor Gunnar Heinsohns erfahren. Er starb am 16. Februar in Danzig (Gdansk) in Polen. Nahe der Stadt war er im November 1943 auch geboren worden. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2009 lehrte der Sozialwissenschaftler an der Universität Bremen Sozialpädagogik, bis 2020 zudem Kriegsdemografie am NATO Defense College in Rom.

Ich habe Gunnar Heinsohn vor mehr als 30 Jahren kennengelernt. Bereits in meiner Dissertation habe ich die Werke von ihm und seinem schon vor Jahren verstorbenen Kollegen Otto Steiger zitiert. Sein Blick auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge hat mich bis heute geprägt. Wohl keinen Autor habe ich so oft auf meinem Blog zitiert bzw. kein anderer Autor hat mir so bereitwillig und hilfsbereit Materialien zur Verfügung gestellt. Mit fünf Aufritten war Professor Heinsohn so häufig in meinem Podcast zu Gast wie kein anderer.

Ich werde Gunnar Heinsohn als freundschaftlichen Ratgeber, als intellektuelles Vorbild und als warmherzigen Menschen vermissen. Meine Gedanken sind bei seiner Familie.

Von den insgesamt 97 Beiträgen auf meinem Blog bringe ich in diesen Tagen eine kleine Auswahl: Dieser Artikel stammt aus dem Jahre 2006. Damals gab es noch keine Flüchtlingskrise (zumindest auf deutschem Boden). Deshalb kann man das Interview mit Professor Heinsohn auch völlig unbefangen lesen und dabei an die heutige Zeit denken. Wenn man das allerdings tut, fragt man sich schon sehr, was die heutigen Politiker reitet.

  • „Immer dort, wo Mütter über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte im Schnitt 6 bis 8 Kinder haben, also 3 bis 4 Söhne, da wird es brenzlig. Nur ein, höchstens zwei Söhne können mit gesellschaftlichen Positionen versorgt werden. Die überschüssigen dritten und vierten Brüder, ehrgeizig und im besten Kampfesalter, emigrieren – oder holen sich ihre Position mit Gewalt. Wo es zu viele junge Männer gibt, wird getötet. Das führt zu Kriminalität, zu Bürgerkriegen, zu Genoziden an Minderheiten, Revolutionen, internationalen Kriegen oder Kolonisierungen.“ – bto: Klartext: Von denen hält man sich am besten fern. Dann tragen sie ihre Konflikte unter sich aus.
  • „Wenn von allen Männern einer Gesellschaft mindestens 30 Prozent der Altersgruppe zwischen 15 und 29 Jahren oder mindestens 20 Prozent der Altersgruppe von 15 bis 25 Jahren angehören, dann ist das ein Youth Bulge.“
  • Europa wies von 1500 an vier Jahrhunderte lang fortwährend einen Youth Bulge auf. Nachdem die Pest die Bevölkerung dramatisch reduziert hatte, wurde in Europa demographisch aufgerüstet. Die beginnende Hexenverfolgung rottete Hebammen und so das meiste Wissen über Verhütung aus. Die Geburtenrate stieg von 2 bis 3 Kindern pro Frau im Mittelalter auf konstant 7 bis 8 Kinder.
  • Der Sohnesüberschuss erklärt, wieso jährlich in den Krieg gezogen wurde, wieso es ohne Unterlass zu Bürgerkriegen, Revolutionen, Ausrottungen kam und wieso Europa in dieser Zeit die Welt eroberte und christlich motiviert in 400 Jahren 90 Prozent der Erde ausmordete und unterwarf. In Spanien wurden Kolonisatoren sogar ‚secundones‘ genannt, Zweitgeborene. Gemeint waren auch dritte oder vierte überschüssige Brüder, die in Südamerika Gemetzel und Genozid veranstalteten.“
  • (…) die von einem Youth Bulge befeuerte Gewalt hat nichts mit Hunger zu tun. Im Gegenteil: Wer sich an Tötungen beteiligt, ist meist gut genährt. Um Brot wird gebettelt, um gesellschaftliche Positionen wird geschossen.“
  • Sie brauchen für ihr Tun – unbewusst – eine Idee, einen Vorwand, im Englischen pretext genannt. Und passende Texte und Ideen finden sich immer. Sei es die Bibel, der Koran, sei es Marx. Ideologien und Religionen lösen das Problem, weil sie sagen: Du tötest nicht, du richtest. Da ist etwas Böses, Ungläubiges, das ausgetilgt werden muss. Und die jungen Männer töten für ein frommes Land, für ein gerechtes Land, für ein grosses Land.“
  • „Die Muslime (haben) sich von 150 Millionen auf 1,5 Milliarden verzehnfacht (…) – innerhalb von 100 Jahren.  In der islamischen Welt gab es etwa um 1950 herum durchschnittlich 6 bis 8 Kinder pro Frau. Das heisst, 3 bis 4 Söhne pro Frau. Wenn die 1950 geboren worden sind, sind sie 1970 zwanzig Jahre alt. In diesem Zeitraum, zwischen 1970 und 1990, da beginnen in diesen Ländern die grossen internen Unruhen, da beginnt das Töten in den islamischen Ländern.“
  • Der palästinensische Youth Bulge ist einer der heftigsten überhaupt. Aus einem Sondergrund: Alle Palästinenser, die in Lagern wohnen, sind Flüchtlinge. Und alle ihre Kinder, die dort geboren werden, ein erstes oder ein zehntes, sind automatisch auch Flüchtlinge und werden vom Flüchtlingswerk der Weltgemeinschaft gefüttert, ausgebildet und medizinisch versorgt. Aber was der Westen bei seiner freundlichen Haltung nicht bedenkt: Dass er zwar die Entbindungskliniken bezahlt, aber keine Strukturen besorgen kann, wo die jungen Männer unterkommen können.“
  • Wenn wir uns in Deutschland vermehrt hätten wie die Palästinenser im Gazastreifen, gäbe es heute 550 Millionen Deutsche. Und es wären 80 Millionen Jünglinge zwischen 15 und 30 Jahren. Glauben Sie denn, die 80 Millionen jungen deutschen Männer wären zehnmal so pazifistisch wie die 7 Millionen, die wir heute haben?“
  • In den islamischen Ländern gibt es heute 300 Millionen Söhne, die unter 15 sind. Die sind alle schon geboren, das ist keine Prognose. Die werden in den nächsten 15 Jahren 15 bis 30 Jahre alt. Von denen werden im besten Fall 100 Millionen zu Hause unterkommen. 200 Millionen bilden aber ein Gewaltpotenzial. Höchstwahrscheinlich in den Ländern selbst, eventuell aber auch international.“
  • Was raten Sie den britischen Generälen denn konkret? Sich ja nicht einzumischen, wenn irgendwo ein Youth-Bulge-Konflikt abgeht. (…). In einem Youth-Bulge-Konflikt können die Guten von heute schnell die Bösen von morgen sein. Man müsste zur Beruhigung der Lage dauerhaft sehr viele Soldaten hinstellen – und die hat der Westen nicht.

bto: Warum machen sich unsere Politiker nicht sachkundig, bevor sie militärisches Eingreifen propagieren oder ungesteuerte Zuwanderung zulassen?

nzz.ch: „Wo es zu viele junge Männer gibt, wird getötet“, 19. November 2006