Counting the cost of finance
Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal am 2. Juli 2014 bei bto.
Vor einiger Zeit habe ich auf eine Studie hingewiesen, die gezeigt hat, dass der Finanzsektor nicht nur in Krisen schadet, sondern auch strukturell. Länder mit einem großen Finanzsektor fallen in anderen Bereichen zurück. Dies liegt auch an der Verzerrung der Gehälter, die dazu führt, dass die Intelligentesten und am besten Ausgebildeten eines Jahrgangs lieber Banker werden statt Ingenieure. Eine neue Studie unterstreicht die negative Wirkung des Finanzsektors aus einem anderen Blickwinkel.
- Der Anteil des Finanzsektors am BIP wächst kontinuierlich. Lag der Anteil in den 1960er-Jahren zwischen zwei Prozent (Deutschland) und vier Prozent (USA), so ist er auf Werte zwischen sechs Prozent (Deutschland) und zwölf Prozent (UK) gestiegen.
- Eigentlich müsste ein solches Wachstum mit sinkenden Kosten für die Kunden einhergehen. Dies nennt man Economies of Scale. Die einzelnen Transaktionen müssten billiger werden, weil die Infrastrukturkosten (Computer, …) auf eine größere Anzahl Transkationen verteilt wird.
- Überraschung: Dies ist nicht der Fall. Jetzt mutmaßt der Economist zwar, dass der Finanzsektor zu tieferen Finanzierungskosten für die Industrie beigetragen haben könnte – durch tiefere Zinsen und höhere Aktienbewertungen, verwirft aber diesen Gedanken sogleich wieder. Daran wären wohl doch eher die Notenbanken mit ihrer Geldpolitik schuld.
- Das führt zu der anderen Schlussfolgerung: Es sind ungerechtfertigte Überrenditen im Finanzsektor, weil dieser im Zweifel von Notenbanken und Regierungen gerettet wird und zudem seine Produkte so kompliziert macht, dass er die Kunden leichter übers Ohr hauen kann. Ich würde ergänzen, dass das billige Geld ebenfalls zu den hohen Erträgen im Finanzsektor führt.
Der Economist fragt: Warum fällt die zunehmende Bedeutung des Finanzsektors mit geringerem Wirtschaftswachstum und vermehrt auftretenden Blasen an den Finanzmärkten zusammen?
Meine Antwort ist einfach: Der Finanzsektor verdient umso mehr, je höher die Verschuldung einer Volkswirtschaft ist. Parallel zur Zunahme der Gewinne im Finanzsektor ist die Verschuldung in allen Ländern deutlich gestiegen. Von neu geschaffenem Geld profitieren immer jene am meisten, die es als erste bekommen. Also auch der Finanzsektor. Und dann kommt sicherlich die faktische Garantie durch die Staaten hinzu bei mangelnder Regulierung.
Normalerweise verdienen Banker nicht mehr als die Angestellten in der Industrie. In der Geschichte gab es zwei Ausnahmen. Die 1920er-Jahre und die letzten 15 Jahre. Nach dem Crash 1929 dauerte es noch ein paar Jahre, bis die Bankergehälter wieder auf dem normalen Niveau waren. Dies wird auch die Folge dieser Krise sein. Wie auf allen Gebieten läuft unsere Krise im Vergleich zu jener der 1930er-Jahre in Zeitlupe ab. Aber am Ende wird dasselbe Resultat stehen.
→ Economist: Counting the cost of finance, 21. Juni 2014
Und hier die Originalstudie: