„China risks an economic discontinuity“
Wer bto öfters besucht, kennt die Lage in China: hohe Verschuldung, schwaches Wachstum, deflationäre Tendenzen, Überinvestition, Notwendigkeit der Neuausrichtung von Investitionen auf Konsum, demnächst schrumpfende Erwerbsbevölkerung und vor der Wohlstandsmauer, also vor dem Problem, das BIP pro Kopf über die magische Schwelle von rund 17.000 US-Dollar zu bringen. Hier nun eine ähnliche Zusammenfassung von Martin Wolf in der FT:
- Die chinesische Wirtschaft steht vor großen Problemen.
- Vergeblich hat die Regierung 200 Milliarden US-Dollar ausgegeben, um den Aktienmarkt zu stabilisieren. Die Währungsreserven sind seit Jahresanfang um 315 Milliarden gesunken.
- Beides Zeichen für Vertrauensverlust und Kapitalflucht. Nicht gut.
- China hat einen enormen Aufholprozess hinter sich:
- Von einem Niveau von nur drei Prozent des US-BIP auf 25 Prozent. Aber ein langer Weg liegt noch vor China. Würde es gelingen, die Entwicklung Südkoreas nachzuvollziehen, wäre China bei 70 Prozent des US-Niveaus und die Wirtschaft so groß wie jene von Europa und den USA kombiniert. Diese Entwicklung ist aber sehr unwahrscheinlich.
- Das derzeitige Wachstumsmodell von China kann nicht fortgesetzt werden und der Schuldenüberhang ist zu groß. Damit wächst das Risiko eines Einbruchs bei der Nachfrage.
- Das Wachstum der letzten Jahre basiert ausschließlich auf einem steigenden Kapitaleinsatz, also Investitionen. Produktivitätsfortschritte, neue Technologien und Konsum waren keine Treiber. Dies ist sicherlich nicht nachhaltig, weil die Rendite der Investitionen naturgemäß fällt. – bto: Ich erinnere an die 6,8 Billionen an Fehlinvestitionen seit 2007.
- Die Kapitalintensität der chinesischen Wirtschaft ist nach Zahlen von Daniel Gros auf einem explosiven Trend. Der Anteil der Investitionen am BIP müsste um zehn Prozent vom BIP sinken. Dies würde einen erheblichen Einbruch der Nachfrage mit sich bringen. Die Anpassung ist also schwer.
- Das Risiko ist, dass die Wirtschaft sich schneller verlangsamt, als die Regierung steuern kann. In der Tat spricht viel dafür, dass das Wachstum in China schon deutlich eingebrochen ist.
Die Anpassung dürfte einige Zeit dauern und mit Turbulenzen einhergehen. Schlechte Nachrichten für die Weltwirtschaft.
→ FT (Anmeldung erforderlich): „China risks an economic discontinuity“, 1. September 2015