10 Wege für die EZB, Geld in Umlauf zu bringen, ohne die Reichen noch reicher zu machen und die Armen den nächsten Crash ausbaden zu lassen

Eine gute Übersicht der Möglichkeiten der EZB, Geld in den Umlauf zu bekommen, vom Handelsblatt- Redakteur Norbert Häring (Auszug!). Er hat auch eine Bewertung der Vor- und Nachteile auf seiner sehr guten Seite.

  1. Helikopter-Geld: Der Monetarist Milton Friedman prägte den Ausdruck mit dem Gedankenexperiment, was eine Zentralbank tun könnte, wenn Kreditklemme herrscht und Deflation droht, nämlich über das Land zu fliegen und Geldscheine zu verstreuen. Die praktikable Variante besteht darin, dass die Notenbank jedem Bürger einen Scheck schickt. – bto: Da gehöre ich bekanntlich zu den Befürwortern
  2. Spenden: Moderate Form des Helikopter-Geldes. Die EZB könnte ihr bisher sehr bescheidenes Spendenbudget vervielfachen. Jeder von der EZB gespendete Euro ist zusätzliches Geld in Umlauf. Es kostet nicht nur nichts, es nützt sogar doppelt, denn die EZB will erklärtermaßen mehr Geld in Umlauf bringen. – bto: witzige Idee.
  3. Ausgleichsposten für IWF-Sonderziehungsrechte auflösen und als Gewinn ausschütten. Es gibt  einen Posten von 55 Milliarden Euro in der Bilanz des Eurosystems, der auf den kreativen Namen „Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilte Sonderziehungsrechte“ hört. Den sollten die Notenbanker einfach auflösen und die Staatsschuldenkrise damit lindern.
  4.  Überhöhte Rücklagen auflösen. Die Notenbanken des Eurosystems haben 315 Milliarden Euro Rückstellungen aus der Aufwertung von Gold, Währungsbeständen und sonstigen Wertpapieren. Das würde den Geldumlauf direkt erhöhen und die Staatsschuldenkrise entschärfen.
  5.  Hausbesitzern statt Banken helfen: Anstatt den Banken mit ihren faulen Hypothekarkrediten zu helfen, hätte die EZB überschuldeten Haushalten helfen können, zum Beispiel indem sie Banken notleidende Kredite zu einem guten Preis abkauft, unter der Bedingung, dass die Belastung für die Hausbesitzer auf ein tragfähiges Maß reduziert wird. – bto: Ich habe 2009 vorgeschlagen, dass die US-Notenbank eine Put-Option auf Häuser schreibt und diese den Hausbesitzern zu den Werten des Jahres 2007 abkauft, vermietet und eine Call-Option einräumt, sie zum selben Preis zurückzukaufen.
  6. Banken mit Gegenleistung sanieren. Mit ihren langfristigen Finanzierungsangeboten für Banken zu einem sehr niedrigen Zins, genannt LTRO und TLTRO, lässt die EZB den Banken eine riesige Zinssubvention zukommen. Die EZB könnte viel strenger sein, was Mindestreserve-Verpflichtungen (im Zuge der Krise auf lächerliche ein Prozent gesenkt) und Ähnliches angeht. Wenn sie notleidenden Banken Erleichterungen oder sonstige Subventionen zukommen lassen will, könnte sie das davon abhängig machen, dass diese eine Geschäftspolitik im Sinne der Gesamtwirtschaft verfolgen. Wozu unter anderem der folgende Punkt 7 (Kreditlenkung) gehören könnte.
  7. Kreditlenkung. Es gibt keine Gewähr, dass die Banken ihre Kredite von selbst in die gesamtwirtschaftliche beste Verwendung vergeben. Am besten sind aus dieser Sicht Investitionskredite. Eine starke Ausweitung der Konsumentenkredite ist problematisch, weil sie die Nachfrage bei zunächst gegebenem Produktionspotential befeuern, was die Inflation anheizt. Danach kommt oft der Kater. Eine starke Ausweitung der Kredite zum Kauf bestehender Vermögenswerte wie Unternehmen, Immobilien oder Wertpapiere ist hochgefährlich. Sie führen zu Preisblasen, die sich zunächst selbst verstärken und dann in den Crash führen. Die Zentralbank sollte den einzelnen Banken und Bankengruppen daher Richtwerte für die Struktur ihrer Ausleihungen geben. Sie sollte die Ausdehnung der problematischen Kreditarten begrenzen und die Vergabe von echten Investitionskrediten begünstigen. – bto: Das sehe ich skeptisch. Es gibt gute Gründe, die Kreditvergabe privat zu lassen.
  8. Bankkredite an Regierungen zulassen: Die EZB beharrt darauf, dass der Anleihemarkt, ein Euphemismus für die Finanzbranche, als Wächter über die Solidität der Staatsfinanzen gebraucht wird. Ohne dieses Dogma könnten sich die Regierungen von Konsortien großer nationaler Banken Großkredite holen und sich darüber finanzieren. Wenn sie Anleihen, die von Nicht-Banken gehalten werden, auslaufen lassen und stattdessen Bankkredite beziehen, steigt der Geldumlauf. Denn mit einem Bankkredit ist Geldschaffung verbunden. Wenn eine Nicht-Bank eine Anleihe kauft, wird nur Geld umverteilt. – bto: Das senkt aber die Staatsschulden nicht, sondern finanziert sie nur anders.
  9. Banken mit Staatsanleihen sanieren: Modell 8 lässt sich ausbauen. Banken mit schwacher Eigenkapitalbasis könnte die jeweilige Regierung sanieren, indem sie ihnen Eigenkapital in Form von eigens dafür emittierten Staatsanleihen zur Verfügung stellt. Die Banken wiederum haben damit Wertpapiere, die sie bei der EZB zur Refinanzierung einreichen können. Damit können sie Unternehmen, Haushalte oder, wenn diese nicht wollen, dem Staat Kredit geben. Die spanische Regierung wollte Zeitungsberichten zufolge die Not leidende Bankia so sanieren. Irgendjemand in Brüssel und/oder Frankfurt hat sie gestoppt. – bto: Klar. Denn hier – wie auch bei den anderen Maßnahmen – kommt es zu einer erheblichen Umverteilung zwischen Ländern und damit Steuerzahlern.
  10. Das Modell Irland ausweiten: Die irische Regierung bekam auf Umwegen rund 30 Milliarden Euro von der irischen Notenbank, um die heimischen Banken zu sanieren. Mit der Rückzahlung hat sie Zeit bis 2053. Der EZB-Rat, der solche Geschäfte untersagen kann, schaute weg, obwohl er sonst immer ein Verbot der direkten oder indirekten Staatsfinanzierung behauptet und sehr wichtig nimmt. Wenn der EZB-Rat nicht so eklatant mit zweierlei Maß messen würde, wäre die Staatsschuldenkrise vorbei. – bto: Hatte ich übrigens hier besprochen

Norbert Häring: 10 Wege für die EZB, Geld in Umlauf zu bringen, ohne die Reichen noch reicher zu machen und die Armen den nächsten Crash ausbaden zu lassen, 3. November 2014

Kommentare (6) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Hartmut G.
    Hartmut G. sagte:

    “Mein eigener Vorschlag von vor einem Jahr”

    oh mein Gott, sind Sie brilliant, da erübrigt sich jede weitere Analyse Ihres Posts. Ich hätte da noch einen Verbesserungsvorschlag für Sie: Verteilen Sie doch einfach Euro-Noten-Drucker an jeden der möchte und braucht, das erspart Flugbenzin für die ohnehin desolaten Bundeswehrhubschrauber, ganz im Ernst.
    Jedem sein eigener Euro-Drucker Marke “Funny-Money-to-go”. Nie wieder Mangel, nie wieder Depression, nie wieder Geld-Stapelbelastungen, nie wieder Deflation, wir brauchen lediglich so brilliante innovative Köpfe wie Sie.

    Und zum Glück sind Sie da bei weitem nicht die einzige brilliante Ausnahmeerscheinung in der heutigen Zeit, daher stapele ich auch andere Dinge außer Ihrem “Funny-Money-To-Go” Dreck, vorzugsweise Dinge an die die Steuerenteignungsgriffel und Inflationierungsschwachmaten nicht dran kommen.

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    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Sehr geehrter Herr G.,

      mir wäre es auch lieber, wenn wir uns nicht mit dieser Thematik beschäftigen müssten. Aber die Probleme liegen nun mal auf dem Tisch und sind das Ergebnis langjähriger Fehlentwicklungen, die sich immer noch weiter auftürmen, da der Mut/Wille für grundsätzliche Änderungen fehlt. Falls Sie an einer sachlichen Diskussion interessiert sind und nicht nur tradierte Statements aus der ökonomischen Mottenkiste wiedergeben möchten, dann können Sie gerne den Versuch einer konstruktiven Kritik starten; aber bitte sine ira et studio.

      LG Michael Stöcker

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  2. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Sehen Sie, das ist genau das Problem! Es gibt zu viele Menschen, die das Geld nur stapeln und nicht ausgeben. Sie haben also zu viel davon (falscher Geiz oder aber der biblische Matthäus-Effekt). Aus systemischer Sicht bleiben jetzt nur zwei Lösungen, um einen Wirtschaftskollaps zu verhindern: Wir nehmen ihnen ihre Überschussliquidität via Steuern oder aber gehen den indirekten Weg über die Inflationssteuer via Helikopter-Money bzw. OMF à la Turner: http://ineteconomics.org/blog/inet/adair-turner-how-do-we-get-out-mess.

    Mein eigener Vorschlag von vor einem Jahr ist eine Kombination aus Helikopter-Money, OMF und nachgelagerter Besteuerung post mortem: http://zinsfehler.wordpress.com/2013/10/13/zehn-masnahmen-fur-ein-europa-in-frieden-freiheit-und-wohlstand/

    Da wir Menschen doch sehr unter Verlustängsten leiden, gilt auch hier wieder die biblische Weisheit: Geben (Helikopter-Money) ist seliger denn Nehmen (Steuererhöhung). Damit die cash-rich dann nicht zu viel mit Stapeln beschäftigt sind, kann man ja einen neutralen Ausgleich über einen etwas höheren Grenzsteuersatz erreichen, damit sich für die Vermögenden keine zusätzlichen Stapelbelastungen ergeben.

    Übrigens: Die Geschichte mit dem “Hartz4-Nachbar” ist wohl nicht auf die übergroße Mehrheit der Bürger Europas übertragbar. Vor allem nicht auf die Millionen Jugendliche ohne Perspektive: http://www.youtube.com/watch?v=6ULOZSJEf-Q Unser deutsches Desinteresse wird durch die wenigen views eindrücklich dokumentiert.

    Vielleicht hat Norbert Häring mit seiner Anklage ja doch Recht: http://norberthaering.de/index.php/de/newsblog2/27-german/news/153-per-euro-krise-zur-politischen-union

    LG Michael Stöcker

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    • Gregor_H
      Gregor_H sagte:

      Sie schreiben “Sehen Sie, das ist genau das Problem! Es gibt zu viele Menschen, die das Geld nur stapeln und nicht ausgeben. Sie haben also zu viel davon (falscher Geiz oder aber der biblische Matthäus-Effekt).”

      Welche Menschen meinen Sie? Und was ist Ihrer Meinung nach “zuviel”?

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      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        Ich meine hier insbesondere die 1 % sowie die vielen Unternehmen, die ihre Investitionen aus der Portokasse finanzieren könnten, wenn sie denn nur wollten. Sie wollen aber nicht, weil aufgrund des Matthäus-Effekts in Kombination mit parasitären Steuersparmodellen die Staatskassen geplündert wurden, weshalb viele Investitionen unterlassen wurden (Hartmut G. spricht z. B. die Hubschrauber der Bundeswehr an). Leere öffentliche Kassen sorgen zugleich für unterdurchschnittliche Lohnerhöhungen, was wiederum einen negativen Effekt auf die allgemeine Lohnentwicklung und somit Nachfrageentwicklung hatte (der Globalisierungsdruck dominierte und verstärkte diesen Trend). Die aktuelle Wirtschaftswoche (Nr. 46 Seite 26) greift die Thematik unter dem Titel >>Hohe Cash-Reserven<< auf:

        "Bis heute agieren sie vorsichtig, betreiben kontinuierlich aktives Kostenmanagement, konzentrieren sich auf Innovationen und halten hohe Cash-Reserven bereit." Die Optimierung des operativen Cash-Flows stehe "für viele Unternehmen ganz oben auf der Agenda", so Markus Seeger, Experte für CFO Services bei Deloitte. "Auch die Barreserven sind auf einem Stand, der die Unternehmen unabhängiger von externen Finanziers macht."

        Sieh auch Deutsche Bundesbank: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/BBK/2014/2014_04_28_geldvermoegensbildung.html
        sowie insbesondere Flassbeck: http://www.flassbeck-economics.de/wp-content/uploads/2014/10/2014-10-31-Vortrag-Erfurt.pdf. Auf Folie 17 sieht man sehr schön die geänderten Finanzierungssalden.

        Und hier noch die Entwicklung für die USA, die bei uns mit zeitlicher Verzögerung ähnlich verlaufen sein dürfte: http://stateofworkingamerica.org/who-gains/#/?start=1979&end=2008

        Ein 'zuviel' bestimmt sich grundsätzlich an der Entwicklung der Einkommens- und Vermögensdisparitäten und inwiefern diese gesellschaftlich akzeptiert werden. Beim Sachvermögen können die Disparitäten höher sein, beim Geldvermögen hingegen nicht, da in deflationären Zeiten Geld zu einem eigenständigen Asset wird und somit durch Hortung verstärkt dem Kreislauf entzogen wird. Das Ergebnis ist dann eine sich selbst verstärkende Finanzkrise, weil die Schuldner durch den Hortungsvorgang nicht mehr an die finanziellen Mittel gelangen können, um ihre Schulden zu bedienen. Um so etwas zu verhindern, benötigen wir aber Inflation und keine Disinflation oder gar Deflation wie im Süden Europas.

        Einige wenige scheinen erkannt zu haben, dass zu hohe Disparitäten revolutionäres Potenzial in sich bergen: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/11/09/florian-homm-die-systeme-halten-immer-laenger-als-man-denkt/ oder auch http://www.politico.com/magazine/story/2014/06/the-pitchforks-are-coming-for-us-plutocrats-108014.html#.VF7zgMmDiuS

        LG Michael Stöcker

  3. Hartmut G.
    Hartmut G. sagte:

    “nämlich über das Land zu fliegen und Geldscheine zu verstreuen.”

    Und was würde dann konkret passieren? Also ich würde meine neu aufgesammelten Geldscheine genauso hantieren wie die bisherigen, nämlich stapeln ggf. zusätzlich andere/weitere Assets kaufen, also genau das gleiche, was ich die letzten 10Jahre gemacht habe.
    Was würde vielleicht mein “Hartz4-Nachbar” (als Repräsentant und idealer Traum aller keysianischen Vorzeige-Konsumenten) machen? Genau das gleiche, was er bisher die letzten 10Jahre gemacht hat, nur halt etwas bequemer, bis die Kohle wieder alle ist.

    Ach, ich find’s köstlich zu sehen, wie die Keysianer sich immer weiter in die S***** reiten, großartig, weil der Knall dann eben um so lauter sein wird.
    mfG

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