Was tun mit dem Geld? ‒ Fair Value on the S&P 500 Has Three Digits
John Hussman stellt die entscheidende Frage: Was wäre eine faire Bewertung des amerikanischen Aktienmarktes heute? Zunächst hält er fest, dass man die Frage nur beantworten kann, wenn man die zu erwartenden Erträge einer Investition berechnet. Wird ein Wertpapier beispielsweise in zehn Jahren zu einem Kurs von 100 Euro gehandelt und man muss heute 82 Euro dafür bezahlen, so liegt der jährliche Ertrag bei mageren zwei Prozent. Diese zwei Prozent muss man dann mit den alternativen Geldanlagemöglichkeiten vergleichen. Genügen einem die zwei Prozent, so ist das Wertpapier heute “fair bewertet”. Was aber auch bedeutet, dass man nicht mehr als die besagten zwei Prozent jährlichen Ertrag in den kommenden zehn Jahren erwarten sollte. Will man hingegen acht Prozent erzielen, so liegt der “faire Wert” nur bei 46,32 Euro.
Angewendet auf den amerikanischen Aktienmarkt kommt Hussman zu dem Schluss, dass der faire Wert, wenn man eine dem historischen Niveau von zehn Prozent pro Jahr entsprechende Rendite anstrebt, eher bei 940 Punkten (und nicht wie heute über 2000 Punkte) liegt. Dabei wären diese 940 Punkte nicht einmal eine Katastrophe und würden noch nicht einmal eine Unterbewertung nach historischen Maßstäben darstellen. Wer hingegen zu heutigen Kursen kauft, der akzeptiert eine jährliche Rendite von nur 1,4 Prozent über das kommende Jahrzehnt. Was angesichts der Volatilität von Aktien keine große Risikoprämie darstellt. (bto: Wobei es ja nicht wenige gibt, die Aktien angesichts der ungebremsten Geldpolitik für risikoärmer als Anleihen und Cash halten. Ob das stimmt, muss sich allerdings erst erweisen.)
Wenn es um die Analyse der Bewertungsniveaus geht, empfiehlt Hussman Indikatoren wie die Relation von Marktkapitalisierung zum BIP (also Marktwert aller gehandelten Aktien relativ zum BIP) und das Preis-Umsatz-Verhältnis. Diese seien besser mit den nachher erzielten Renditen korreliert als die einfachen Kurs-Gewinn-Verhältnisse und auch das Shiller-PE (CAPE). Zurzeit,
- liegt die Relation Marktkapitalisierung/BIP bei 1,29, verglichen mit einem langfristigen “Vor-Blasen-Durchschnitt” (also vor dem Jahr 1997) von 0,55 und einem Tiefpunkt von 0,33 im Jahre 1982;
- liegt das Preis-Umsatz-Verhältnis für den S&P 500 bei 1,8, verglichen mit dem “Vor-Blasen-Durchschnitt” von 0,8 und Tiefstständen von 0,45.
Eindeutige Signale für eine deutliche Überbewertung.
→ Hussman Funds: Fair Value on the S&P 500 Has Three Digits, 27. April 2015
Doch wie so oft gibt es auch hier ein Aber. Wie John Athers von der FT so schön erklärt, kann man aufgrund einer Überbewertung nicht direkt zum Verkauf schreiten, weil die Überbewertung noch länger andauern kann. Er zeigt hierzu eine Darstellung von Barclays, die den Zusammenhang zwischen der Bewertung ‒ hier gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis und den Erträgen der folgenden zwölf Monate zeigt:
Von einem Niveau von 25 aus sind Aktien in den kommenden zwölf Monaten sogar noch gestiegen. Bei Multiples von 16, 17 und 18 sind sie sogar nie gefallen, hingegen schon mal von einem Multiplen von nur elf.
Viel eindeutiger ist jedoch die Wirkung der Ausgangsbewertung auf den langfristigen Ertrag, wie auch in “Im Einkauf liegt der Gewinn” gezeigt. Die Korrelation ist eindeutig: Je billiger man kauft, desto besser ist der nachfolgende Ertrag über 10 Jahre:
Authers macht damit denselben Punkt wie Hussman. Letzterer errechnet einen Ertrag von nur noch 1,4 Prozent pro Jahr für den S&P von heutigem Niveau ausgehend. Allerdings ist Authers etwas optimistischer. Über zehn Jahre würde man immerhin noch das Kapital real erhalten. Ob dies auch in Zukunft gilt?
→ FT (Anmeldung erforderlich): Stock valuations are no help in timing trades, 29. April 2015