The Re-Division of Europe
Griechenland bleibt spannend. Ein früherer griechischer Finanzminister warnt vor einer erneuten Teilung Europas. Diesmal nicht entlang des eisernen Vorhangs, sondern zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden – ich würde sagen, zwischen Gläubigern und Schuldnern. Er beklagt:
- die unterschiedlichen Zinsniveaus
- die deutlich höhere Arbeitslosigkeit im Süden
- die Tatsache, dass das BIP pro Kopf in Griechenland auf dem Niveau von 2000 und in Italien gar auf dem Niveau von 1997 liegt, während der Durchschnitt der Eurozone das Niveau von 2007 erreicht (Ich würde anmerken, dass es in der Vergangenheit durch Verschuldung getriebene Übertreibungen gegeben hat, die man nicht als Maßstab nehmen sollte).
Die Ursache sieht er in der überzogenen Sparpolitik und unterbliebenen Maßnahmen zur Nachfragestimulierung. Die Staaten des Nordens haben demnach nicht genug die eigene Wirtschaft gestärkt, um die Importnachfrage anzuheizen, und die EZB wäre im Unterschied zur Fed zu zurückhaltend und würde auch keine staatlichen Infrastrukturprojekte finanzieren.
Die Politik in der Eurozone hat seiner Meinung nach nur den nördlichen Staaten genutzt – allen voran Deutschland, das weiterhin große Exportüberschüsse erzielt und „Arbeitslosigkeit und Rezession“ exportiert (Argument haben wir schon von anderer Seite gehört und diskutiert).
Mittelfristig verfestigen sich damit aus seiner Sicht jedoch die Unterschiede, und die Spannungen werden zunehmen, was eine einheitliche Geldpolitik immer mehr erschwert.
Nur wenn sich Deutschland solidarisch zeigt, kann aus seiner Sicht der Euro überleben. Wobei er nicht ausschließt, dass der Preis, den die Deutschen fordern, eine Verkleinerung der Eurozone durch Ausschluss von einzelnen Ländern sein wird.
Die Argumente sind alleine schon deshalb lesenswert, weil sie den Blick unserer Partner auf das gemeinsame Problem verdeutlichen. Sie sind auch keineswegs falsch. Sie sind eben die Sicht der Schuldner.
→ Project Syndicate: The Re-Division of Europe, 6. Dezember 2013
Interessant wird diese Diskussion, wenn man einen Blick auf die finanzielle Situation Griechenlands wirft. Im nächsten Jahr wird der Staat vermutlich einen sogenannten Primärüberschuss erzielen. Das bedeutet, dass der Staat vor den Zinszahlungen auf der ausstehenden Schuld einen Überschuss im Haushalt ausweist. Er braucht dann keine Zusatzverschuldung für die laufenden Ausgaben. Andere Staaten haben nach Erreichen dieser finanziellen Autonomie den Staatsbankrott erklärt, wie die verlinkte Analyse zeigt. Die Auswirkungen eines solchen Bankrotts auf den Rest der Eurozone wären sicherlich erheblich. Auf jeden Fall erhöht es das Drohpotential, um die Gläubiger zu mehr Zugeständnissen zu zwingen.
→ Council on foreign relations: Beware of Greeks Bearing Primary Budget Surpluses, 4. Dezember 2013