Es mangelt nicht an Auf­klärung über die ver­fehlte Energie- und Klima­politik in Deutschland

Rupert Pritzl fasst in der ÖKONOMENSTIMME” zusammen, was jeder weiß, aber viele nicht wahrhaben wollen:

  • (Es gibt eine) “erhebliche Diskrepanz zwischen der gefühlten Wahrheit und der tatsächlichen Wahrheit in der deutschen Energie- und Klimapolitik, die immer virulenter und drängender wird. Die gefühlte Wahrheit besteht dabei aus plausibel und angenehm klingenden Wunschvorstellungen und beschönigenden Umschreibungen, die aber mit naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und den realen Sachzusammenhängen, also der tatsächlichen Wahrheit, so gar nicht zusammenpassen. Aussagen im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung: ‘Die Erneuerbaren Energien dienen der Versorgungssicherheit’ (KV, S. 56) spiegeln reines Wunschdenken wider und zeugen schlichtweg von Verkennung der energiewirtschaftlichen Wirklichkeit, solange die zentrale Frage der Energiespeicherung noch immer so fern ist wie vielleicht eine bemannte Marsmission.” – bto: Nicht besser ist das Geschwafel von den “Freiheitsenergien”.
  • “Es ist nur verständlich, dass die Nutznießer der üppigen E-Mobil-Förderung, die Eigenheimbesitzer mit Photovoltaikanlage auf dem Hausdach und die Genossen von Bürgerenergieanlagen gerne an ihre gefühlte klimapolitische Wunschvorstellung glauben (möchten). Und je mehr und je breiter der Staat klimapolitisch motivierte Subventionen verteilt, desto mehr Menschen halten die staatliche Klimapolitik für wahr und richtig.” – bto: Man kann die Subvention auch mitnehmen, ohne an die Klimapolitik zu glauben.
  • “(…) die am 11.1.2022 von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgelegte „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ war ein Offenbarungseid der gescheiterten deutschen Klimapolitik. (…)  Hat nicht der Sachverständigenrat schon im Jahr 2019 die deutsche Energie- und Klimapolitik als „ineffizient, kleinteilig, teuer und (weitgehend) wirkungslos“ bezeichnet? Und leiden wir in Deutschland nicht unter den höchsten Strompreisen in Europa und scheitern dennoch jedes Jahr an den selbstgesteckten Zielen der Emissionsminderung? Und stellen wir nicht umfangreiche Deindustrialisierungsprozesse von ca. 25 bis 45 Prozent in der Metallerzeugung, Papierindustrie und Baustoffindustrie in den vergangenen 25 Jahren in Deutschland fest?” – bto: Aber daran trifft doch die GRÜNEN keine Schuld? Sagen die zumindest.
  • “(…) Angela Merkel (hat) in ihrer Regierungszeit weitgehend die energie- und klimapolitischen Forderungen der Grünen umgesetzt, was Robert Habeck ja nicht ohne Selbstbestätigung freimütig einräumt (in seinem Buch, Seite 22). Mit der ‘Eröffnungsbilanz Klimaschutz’ setzt daher die Ampel-Regierung die bisherige Energie- und Klimapolitik noch ambitionierter und forcierter fort und strebt eine Verdoppelung und Verdreifachung der Ausbaugeschwindigkeit für erneuerbare Energien bis 2030 an.” – bto: Als sie das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten sie die Anstrengungen.
  • “Gas wurde im Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 sogar noch als sogenannte „Brückentechnologie“ politisch geadelt und auf Betreiben Deutschlands in der EU-Taxonomie am 1.1.2022 als ‘klimaneutrale Energie’ – gegen den Widerstand der meisten anderen europäischen Länder – durchgesetzt. (…) Es scheint, als habe die durch Scheuklappen verengte Energiepolitik in Deutschland die grundlegende Regel der Diversifikation und Vermeidung von Klumpenrisiken ignoriert, wofür ein Bankenvorstand sicher wegen Inkompetenz umgehend von seinem Posten entfernt worden wäre.” – bto: Unsere Politiker sagen, es wäre ja alles auf gutem Wege, wir müssten uns nur mehr anstrengen.
  • “(….) ist es etwa nicht ein Treppenwitz der energiepolitischen Geschichte, dass wir uns seit dem 24.2.2022 wieder verstärkt auf klimaschädliche Braun- und Steinkohle und auf die Exploration heimischer fossiler Energiequellen (Gas in der Nordsee und vielleicht auch Fracking für Schiefergas in Norddeutschland) hinwenden und nur mit konsequenter partei-ideologischer Diskussionsverengung bzw. -verweigerung ein pragmatisches Weiterlaufenlassen der Kernkraftwerke unterbinden?” – bto: Es ist wirklich ein absoluter Witz, Kohlekraftwerke weiterlaufen zu lassen.
  • “Die globale Problemnatur und die nationale Problemlösungskompetenz fallen auseinander, so dass internationale Kooperation der souveränen Staaten für einen wirksamen Klimaschutz essentiell ist. Aus der Verhaltensökonomik wissen wir, dass sich trotz intrinsischer und emotionaler Motivationlangfristig und nach Lerneffekten aber das rationale eigeninteressierte Verhalten angesichts der globalen Problemnatur der „Klimapolitik“ durchsetzen wird. Ziel muss es also sein, durch internationale Kooperation eine weltweit einheitliche CO2-Bepreisung als zentrales Lenkungsinstrument der Klimapolitik einzuführen.” – bto: was natürlich auch nur in der Theorie funktioniert.
  • “Der Bundesrechnungshof mahnt in seinem jüngsten Bericht vom 24.3.2022: ‘Alle Klimaschutzmaßnahmen müssen auf den Prüfstand: Ihr Fokus muss auf wirksamer und wirtschaftlicher Treibhausgas-Minderung liegen.’ Denn tatsächlich hat die Finanzierung der klimapolitischen Förderprogramme (bisher) kaum eine Rolle gespielt. Und bei CO2-Vermeidungskosten in Höhe von bis zu 2.400 Euro/t bei der staatlichen Förderung der E-Mobilität liegen wir um den Faktor 30 höher als beim EU-Emissionshandel von derzeit ca. 80 Euro/t. Wir brauchen daher dringend eine Neuausrichtung der Klimapolitik an der Kosteneffizienz, was schlichtweg maximale CO2-Einsparung pro ausgegebenem Euro bedeutet.” – bto: Aber was ist dann mit den Lastenfahrrädern?
  • “Die gut klingende Vorstellung: ‘Mehr Investitionen = mehr Wachstum’ ist eine Illusion. Denn wir machen eine funktionsfähige Technik obsolet und müssen dafür neue Techniken entwickeln, um am Ende die gleichen Produkte zu produzieren. Eine volkswirtschaftliche Rendite wird dies vielleicht in langfristiger Perspektive erbringen, sofern die übrige Welt mitspielt. Denn gäbe es mit der Energiewende zugleich eine Wachstumsdividende zu verdienen, hätten wir kein globales Koordinationsproblem in der Klimapolitik. – Gefühlte und tatsächliche Wahrheit passen leider nicht zusammen.” – bto: Aber leider fehlt es in der Öffentlichkeit am grundlegenden ökonomischen Mindestverständnis.

oekonomenstimme.org: „Offenbarungseid der verfehlten Energie- und Klimapolitik in Deutschland – Warum Annalena Baerbock sehr wahrscheinlich irrt“, 14. Juli 2022