Die Eine-Billion-Dollar-Schnaps­idee

Am Sonntag (5. Februar 2023) reden wir im Podcast über die Bedeutung der Qualität der Notenbank-Bilanz für den Geldwert. Zu Gast ist nach Oktober 2020 erneut Dr. Ingo Sauer von der Universität Frankfurt. Im Gespräch habe ich ihn auch gefragt, was denn aus seiner Sicht von der „Eine-Billion-Dollar-Münze“ zu halten ist, mit der man doch alle Finanzierungsprobleme des US-Staates lösen könne.

Die Idee dabei ist, dass das US-Finanzministerium eine Münze im Nominalwert von einer Billionen Dollar prägen lässt und diese an die Notenbank Federal Reserve weitergibt. Im Gegenzug dazu schreibt sie, wie bei allen anderen Münzen, die geprägt werden, den Nennwert dem Konto des Finanzministeriums bei der Notenbank gut. Auf einen Schlag wären alle Finanzprobleme des Staates gelöst. Die Idee wurde erstmals 1992 vom Präsidentschaftskandidaten der Populistischen Partei, Bo Gritz, populär gemacht. Im Jahr 2012 und jetzt erneut wurde die Idee im Zuge der Streitigkeiten zur Erhöhung der Schuldenobergrenze für den US-Staat wieder in die Diskussion aufgenommen.

Was ist davon zu halten? Die FINANCIAL TIMES (FT) zeigt sich skeptisch:

  • I still worry about the coin, for the most small-c conservative of reasons: it is a radical departure from the way we have manufactured money in the past. “bto: Es geht also um die Art der Geldschöpfung bei der Kritik.
  • I have gone through what I think of as stages of resignation about the coin. The first stage is legal doubt. Can they even do this? They can. The Secretary of the Treasury may tell the mint to issue platinum proof coins — high-quality samples — in denominations entirely of the Secretary’s choosing. The mint would buy platinum, make a beautiful platinum coin and then deposit it at the Federal Reserve for a massive profit. The profit is called seigniorage, the power of the sovereign to demand a return from the mint. “bto: In der Tat haben führende Rechtsexperten behauptet, dass es legal wäre.
  • It is silly. But a lot of things about the Treasury and the Federal Reserve are silly. After the financial crisis, the Fed bought so much US debt that it had to build new policy tools to maintain its influence over interest rates. Now the Fed uses some of those treasuries as security to borrow cash from banks, overnight, at a loss. This operation is called a reverse repo. It sets a floor on interest rates, but it’s only necessary because the Fed convinced itself that its only non-political choice for stimulus was to buy treasuries and hope something good happened. Reverse repos are silly. They are also policy.“ – bto: Das ist übrigens in sich selbst auch ein Problem für die Fed, denn es bedeutet, dass sie Verluste macht.
  • We just don’t know what will happen. (…) the coin is just not at all comparable with any way we’ve made money before. That doesn’t mean the coin is wrong. But we shouldn’t pretend that the coin isn’t novel. (…) The US Mint’s margin on coins for collectors last year was 19 per cent; most years it runs in the low single digits. For the coins that circulate, the mint took a loss on pennies and nickels and a profit on quarters and dimes for an overall seigniorage of 37 per cent.“ – bto: Hier geht es aber um einen Geldschöpfungsgewinn in der Größenordnung von vielen hundert Milliarden. Die Dimension ist einfach gigantisch.
  • We have good historical data on mints back to the late Middle Ages, and it’s difficult to find a precedent for seigniorage anywhere near what the platinum coin would bring in, even among the most ambitious sovereigns. The coin is just seigniorage in the same way that a tiger is a just a house cat. They’re both felids, but the difference in scale does present some challenges.“ – bto: Was für ein schönes Bild.
  • The coiners also argue that the Treasury already just prints what it needs, but in an unnecessarily convoluted way. This is even harder to get behind. Investors and citizens hold dollars as deposits at commercial banks, backed by financial assets at those banks. They transfer those bank dollars into the government’s general account at the Fed for two reasons: to pay taxes, and to buy treasuries. Those treasuries have value because investors believe that there will be dollars in the general account to pay interest and redeem on schedule. The federal government then spends from that account.“ – bto: Hier geht es schon in die relevante Richtung. Geld ist nicht ungedeckt.

Vor allem kommt die Frage auf: Wenn es funktionieren würde, was dann? Genau.

ft.com (Anmeldung erforderlich): „The $1tn coin: a silly idea to resolve the US debt ceiling wrangles“, 20. Januar 2023

Kommentare (14) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Andrea Saalburg
    Andrea Saalburg sagte:

    Die MMT-Anhänger werden wahrscheinlich jubeln bei dieser Idee.

    Die “Platinum Coin Seigniorage” mag als eine unkonventionelle Lösung auf den ersten Blick vorteilhaft erscheinen. Die Verwendung von Tricksereien, um die Schuldenaufnahme zu umgehen, würde jedoch sehr wahrscheinlich langfristig negative Auswirkungen auf das Ansehen und den Ruf des Landes und seiner Währung haben.
    Larry Summers, ehemaliger Wirtschaftsberater des Präsidenten, hat sich zur Platinum Coin Seigniorage geäußert und die die Idee als absurd und gefährlich bezeichnet.
    Paul Krugman hingegen hat, wenig verwunderlich, die Idee unterstützt.

    Diese extreme Form des staatlichen Eingriffs in die Wirtschaft, die den Markt verzerrt und das Geldmengenwachstum anstachelt, kann in meinen Augen langfristig keine positiven Effekte haben.

    Antworten
  2. Ralf Schmidt
    Ralf Schmidt sagte:

    Irgendwie erinnert mich das Ding an die Geschichte von Mark Twain:
    Die eine Million Pfund-Note

    Vielleicht haben da welche die Geschichte nicht ganz verstanden.

    Antworten
  3. Ticinese
    Ticinese sagte:

    Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek: »Die Geschichte des staatlichen Umgangs mit Geld war mit Ausnahme einiger kurzer glücklicher Perioden eine Geschichte von unablässigem Lug und Trug.«

    Antworten
  4. Alexander
    Alexander sagte:

    Eine Weltmacht braucht keine Anleihemünzen,
    es sei denn sie zerstört sich selbst durch grenzenlose Korruption,
    z.B. v.d.Leyen/Burla, Bidenclan/Ukie, Pelosi/Taiwan usw…

    ->
    SANKTIONEN bedrohen US & EU Anleihemärkte,
    wenn Käufer nicht mehr auf Liquidität vertrauen können sobald Guthaben eingefroren werden,
    zukünftige Kriegsparteien entflechten und schichten um; z.B. in Gold – betrifft die Mitglieder der
    https://de.wikipedia.org/wiki/Shanghaier_Organisation_f%C3%BCr_Zusammenarbeit

    ->
    NIEDERLAGE durch Krieg als größte BEDROHUNG für US- & EU Anleihemärkte,
    weil Schwäche dem Verlust von Marktmacht entspricht und Wechselkurse den Sieger aufwerten.

    Mögliche Folge das Ende des Petrodollarzeitalters,
    das Ende der Nato und
    das Ende dieser EU.

    Für russiche Propaganda vom chief of Wagner,
    musste Selenskji erst teenager in Uniformen zwingen.
    Zum Stand westlichen Mobilisierungspotentials:
    https://www.bitchute.com/video/lQWnxukfDd2N/

    Antworten
  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Das Problem ist NICHT die FINANZIERUNG des Staats – jedenfalls dann nicht, wenn sie eine Notenbank besitzen.

    Das WIRKLICHE Problem ist vielmehr die FISKALPOLITIK, die in durchweg allen entwickelten Volkswirtschaften DEFIZITE „erwirtschaftet“, die mit fortwährend STEIGENDER Verschuldung ausgeglichen werden müssen.

    Wie löst man dieses Problem?

    Meine Meinung:

    In diesen Volkswirtschaften kann man es auf friedliche Weise NUR dadurch lösen, dass die betreffende WÄHRUNG kollabiert.

    Das kann dauern, ist aber m. A. n. UNVERMEIDLICH.

    Antworten
    • foxxly
      foxxly sagte:

      @ tischer
      die spannende frage ist folgendes:
      die bisherigen währungsreformen waren nach kriegen in dessen viel zerstöung vorhanden waren.

      wenn wir dies auf heute beziehen und wir eine währungsreform hätten (wobei die entreicherung schon vorher massiv läuft) und wir hätten keine materielle zerstöung, also anschließend keinen aufbaubedarf haben,
      wäre dann genug wachstum möglich um die altschulden zu bedienen?

      gut, andereseits haben wir in stärkeren inflationsphasen ein “leben von der substanz” und darin einen investitionsstau.

      jedenfalls besitzen die menschen nach inflation und währungsreformen, immer weniger eigentum und wären immer weniger kreditwürdig.

      ich denke, dass sich die wiederholungen von inflation und währungsreformen, sich ebenso in eine sklaven-wirtschafts-gesellschaft hin entwickelt (-beschleunigt)

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ foxxly

        >wir hätten keine materielle zerstöung, also anschließend keinen aufbaubedarf haben,
        wäre dann genug wachstum möglich um die altschulden zu bedienen?>

        NUR dann, wenn wir so WETTBEWERBSFÄHIG wären, dass die ÜBERSCHÜSSE, die wir im Handel mit den EXPORTEN erzielen, dafür hinreichten.

        Das ist offensichtlich nicht der Fall, jedenfalls immer WENIGER der Fall.

        Daher der „Trick“:

        Man versucht, NICHT durch ZERSTÖRUNG, sondern durch ENTWERTUNG des produktiven Sachvermögens (Kapitalstock) die Voraussetzung für WACHSTUM zu erzeugen – vielleicht auch mit der Hoffnung, irgendwann einmal die Altschulden abbauen zu können.

        Das Wachstum besteht darin, dass die gesamte Wirtschaft auf Basis der Energiewende TRANSFORMIERT wird.

        Die PROBLEME dabei:

        a) Man muss sich für dieses Vorhaben erst einmal fortwährend MEHR und MEHR verschulden der SUBVENTIONEN für die Unternehmen und privaten Haushalte wegen, weil für diese die Transformation mit KOSTEN verbunden ist und ohne diese Subventionen die Transformation nicht stattfinden würde.

        Dies artet in einen SUBVENTIONSWETTBEWERB aus, wie gerade am Beispiel USA/EU zu beobachten ist. Dadurch: immer höhere Verschuldung.

        b) Da die Transformation mit FRIKTIONEN auch auf dem Arbeitsmarkt verbunden ist, muss der SOZIALSTAAT AUSGEBAUT werden, um die Akzeptanz für die Transformation zu erhalten. Das Bewusstsein, dass wir ohne die Transformation in ein Desaster laufen würden, macht niemanden satt. Auch insoweit ist die Verschuldung des Staats erforderlich.

        c) Man muss die Eigner, die durch die Entwertung von bestehendem Produktivvermögen Verluste erleiden, entschädigen.

        Dies ist das geringste der Probleme.

        Denn man kann denen einfach sagen, dass sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben und sie sich für Ihr “UNVERSTÄNDNIS” selbst bestrafen lassen.

        Das RIESENPROBLEM:

        Man weiß überhaupt NICHT, ob man irgendwann am Ende der Transformation so wettbewerbsfähig ist, dass man die Schulden abtragen kann.

        Unendlich VIELES spricht dafür, dass dies NICHT der FALL ist.

        Es könnte mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit sogar der Fall sein, dass wir so WENIG wettbewerbsfähig sind, dass wir die dringend erforderliche Verschuldung, um WETTBEWERBSFÄHIGER zu werden, nicht realisieren können.

        Was dann?

        Finanzierung durch die NOTENBANK bis zum KOLLAPS der Währung.

  6. foxxly
    foxxly sagte:

    dem schuldgeldsystem ist es eigen, dass vermögen und leisung aus arbeit systemisch umverteilt wird von der masse zu wenigen händen, bzw hin zum großkapital; – dürfte jeden inzwischen hinreichend bekannt sein.

    eine andere alternative in diesen system ist nahezu 100%ig ausgeschlossen.
    denn eine bessere lösung bei der die entreicherung der masse ausgesetzt etc. würde, währe der verzicht von “einnahmen/raub”) der herrschenden.

    diese “eine million dollar münzen- idee” wird auch an der entreicherung nichts ändern!

    dies wird freiwillig niemals stattfinden.

    selbst, wenn die masse nichts mehr besitzen wird, dann sind wir halt sklaven und läuf auf das gleiche hinaus.

    der beweis sind die bereits stattgefundenen währungsreformen, wonach die verschuldung der masse nie völlig gestrichen wurde. das neue geld fing immer mit einer großen altlast -verschuldung statt (…. lastenausgleich und zwangshypotheken)

    Antworten
  7. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Ingo Sauer scheint mir bei diesem Thema genau der Richtige zu sein.

    Wie das Instrument IOER zeigt, ist es rein technisch betrachtet völlig egal, ob eine zinslose Münze die Anzahl an zu verzinsenden Reserven bei der ZB erhöht oder aber der Staat eine Anleihe ausgegeben hat, für die er dem Anleger Zinsen zu zahlen hat. Entweder zahlt das Finanzministerium die Zinsen unmittelbar (Anleihe) oder aber mittelbar (Münze), weil die Gewinne der ZB durch IOER niedriger sind. Würde die Fed die Zinsen auf die Reserven nicht an den Marktzins für USTs anpassen, dann käme es zur Flucht aus diesem Währungsraum und die Währung würde abwerten.

    Ansonsten hatte sich Herr Menéndez hierzu bereits vor 10 Jahren in der für ihn typischen Diktion geäußert: https://soffisticated.wordpress.com/2013/01/13/rififi-und-die-fededed/

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Durch solch einen Unsinn, sofern er in großem Stil betrieben würde, könnte man in der Tat den Status als Reservewährung aufs Spiel setzen. Wer meine Diskussion mit @weico hierzu die letzten Tage verpasst haben sollte: https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/man-fragt-sich-wirklich-warum-machen-wir-das-mit/#comment-293106

      „Those treasuries have value because investors believe that there will be dollars in the general account to pay interest and redeem on schedule.”

      Da die Zinsen grundsätzlich auf die bestehenden Schulden aufgeschlagen werden, kann es kein Problem geben mit dem TGA. Dieses Konto wird bei Bedarf einfach durch die Ausgabe neuer Anleihen aufgefüllt.

      Und auch hier gilt selbstverständlich: Es ist die Dosis, die das (Inflations)Gift macht.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Genosse Stöcker

        “Durch solch einen Unsinn, sofern er in großem Stil betrieben würde, könnte man in der Tat den Status als Reservewährung aufs Spiel setzen.”

        Lassen Sie mich raten: Der Unsinn darf nur im kleinen bis mittelgroßen Stil betrieben werden und ein Teil der Geldschöpfungsgewinne muss unbedingt an Sie weiterverteilt werden, dann sind Sie dafür? ;)

  8. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    „Eine-Billion-Dollar-Münze“
    Warum so zaghaft? Zimbabwe hat doch vorgemacht, was im Bereich Geldschöpfung geht:

    https://m.wsj.net/video/20150616/061615zimnote/061615zimnote_1280x720.jpg

    Wenn die USA gleich eine 100-Billionen-Dollar-Münze prägen, können das Thema Schuldenobergrenze gleich für mehrere Jahre von der Tagesordnung nehmen. Außerdem nervt Zelenskiyjjyi schon wieder mit Bettelanrufen – er und seine Freunde in der Ukraine müssen auch noch ein paar Milliarden Dollar beiseite schaffen bevor die Goldgräberstimmung kippt.

    Antworten
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      @Herrn Richard Ott: Sehe ich auch so. Mit einer Billion ist den USA nicht wirklich lange geholfen. Da kann ich die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte des Landes gerade mal gut ein Jahr bezahlen. 100 Billionen oder wenigstens 25 wären schon nötig. In Deutschland haben wir übrigens vor 100Jahren auch ganz nette Sümmchen bewegt. Leider als Scheine und nicht als Münzen, aber Vielfalt ist ja gut…🙄

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Frau Finke-Röpke

        “Mit einer Billion ist den USA nicht wirklich lange geholfen. Da kann ich die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte des Landes gerade mal gut ein Jahr bezahlen.”

        Oder über 10 Jahre lang das russische Militärbudget – die haben allerdings deutlich mehr funktionierende Waffen und weniger Geldverbrenn-Projekte wie das F-35-Allzweck-Tarnkappen-Kampfflugzeug…

        “In Deutschland haben wir übrigens vor 100 Jahren auch ganz nette Sümmchen bewegt. Leider als Scheine und nicht als Münzen”

        Das liegt an den unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in den USA und der Weimarer Republik. Die Lehre daraus ist offensichtlich, dass die Gelddrucker kurz vor der Pleite auch wahnsinnig genug sind, Billionen-Nennwerte auf Münzen draufzuprägen und man daher grundsätzlich die gleichen strengen Regeln für Münzen wie für Scheine braucht.

        PS: Was wusste der Nintendo-Konzern vorab über die amerikanischen Pläne? ;)

        https://www.youtube.com/watch?v=oMb96C9CCAI

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.