Nach Daten der Bundesbank sind die Vermögen der Deutschen in den Jahren bis zum russischen Krieg gegen die Ukraine deutlich gewachsen. Vor allem der Wertzuwachs bei Immobilien hat dazu geführt, dass die Bürger des Landes vermögender wurden – sofern sie denn Immobilieneigentum haben und nicht zur Miete wohnen.
Mit dem russischen Angriff kam die Entwicklung zum Stillstand. Inflation und vor allem die deutlich gestiegenen Zinsen bewirkten erste Preisrückgänge. Alles deutet darauf hin, dass es in den kommenden Monaten mit den Preisen eher weiter nach unten geht als nach oben.
Dafür sorgt auch die Politik. So sollen nach Überlegungen der EU sämtliche Gebäude bis 2050 klimaneutral sein. Schon bis 2030 sollen bis zu 30 Prozent der am schlechtesten gedämmten Gebäude in jedem Mitgliedsland energetisch saniert werden müssen.
Was abstrakt klingt, hat erhebliche Folgen für die Eigentümer, die oft mit Immobilien für das Alter vorsorgen wollten. Die Unternehmensberatung EY schätzt die Kosten einer energetischen Sanierung des Immobilienbestands in Deutschland auf mindestens drei Billionen Euro plus X.
Das „X“ resultiert aus steigenden Baukosten und der Tatsache, dass es immer aufwendiger wird, weitere Einsparungen zu realisieren, je besser saniert ein Gebäude bereits ist. Hier gilt die 80/20-Regel – heißt, die letzten 20 Prozent sind die teuersten.
Nach Daten des Statistischen Bundesamtes hatten sämtliche Wohnbauten in Deutschland im Jahr 2021 einen Wert von rund 6,47 Billionen Euro. Dieser Wert berücksichtigt die künftigen Kosten der energetischen Sanierung noch nicht. Seitdem die Pläne der EU konkreter werden, beginnt der Markt jedoch zu reagieren. Die Preise von Immobilien mit schlechter Energieeffizienz geraten unter Druck.
Kosten für Sanierung zerstören die Altersvorsorge
Überschlägig lassen sich die drei Billionen Euro an Sanierungsbedarf vom Wert des Bestandes abziehen, immerhin ein Wertrückgang um 47 Prozent. Da der Wert des Gebäudes stark vom Standort abhängt, unterschätzt diese Rechnung noch die wahren Folgen der geplanten Regelungen.
In vielen Regionen dürften die Sanierungskosten den Marktwert des Gebäudes übersteigen. Aus Sicht des Eigentümers ein Totalverlust, bei dem nur noch der Wert des Grundstücks bleibt. Bestenfalls genügt dieser als Sicherheit, wenn es darum geht, Sanierung oder Neubau zu finanzieren, so nicht bereits Schulden auf dem Grundstück lasten und der Eigentümer noch ausreichend kreditwürdig ist. Letzteres ist gerade bei Älteren aber nicht immer gegeben.
Die Deutschen, die im Vergleich zu den Bürgern anderer Euro-Länder ohnehin ein geringeres Privatvermögen haben, setzen zur privaten Altersvorsorge neben Sparbuch und Festgeld vor allem auf Immobilien. Nachdem das Geldvermögen zunächst durch Niedrigzins und nun durch Inflation deutlich an Wert verloren hat, wird nun mutwillig die zweite wichtige Säule der privaten Altersvorsorge zerstört.
Grundsteuer hat fatale Auswirkung auf das Vermögen
Die Politik scheint das nicht zu bekümmern. Die Tatsache, dass es effizientere Wege des Klimaschutzes gäbe, etwa mit Blockheizkraftwerken oder Fernwärme, wie die Bauphysikprofessorin Lamia Messari-Becker darlegt, wird konsequent ignoriert.
Wer nun hofft, wenigstens bei der Grundsteuer entlastet zu werden, der wird enttäuscht.
Nicht nur hat das Finanzministerium mit dem 1. Januar 2022 den Bewertungsstichtag auf den absoluten Höhepunkt des Immobilienbooms festgelegt, sondern auch noch bestimmt, dass der Mindestwert eines bebauten Grundstücks 75 Prozent des Bodenwerts beträgt, der sich aus den amtlichen Bodenrichtwerten ergibt.
Die Folgen sind fatal. Studien zeigen, dass Menschen mit Vermögen unabhängiger sind als Menschen ohne Vermögen. Die politische Strategie scheint zu sein, uns Bürgern durch immer höhere Steuern und die Reduktion der Vermögen die Autonomie zu nehmen. Diesen Marsch in die vom Staat abhängige Gesellschaft sollten wir stoppen.
→ handelsblatt.com: “Brüssel verpflichtet Hausbesitzer zur Sanierung – ein energetischer Vermögensschock“, 30. April 2023