9 – Sicherung künftiger Einkommen

In diesem Gespräch wie auch auf bto und in meinen Publikationen betone ich immer wieder, wie wichtig es ist, die Produktivität der Erwerbstätigen zu steigern. Nur so kann man den Effekt der sinkenden Erwerbstätigenzahl, der unmittelbar bevorsteht, auffangen. Dabei bringe ich Japan als ein Positivbeispiel, was später von Bofinger kritisiert wird.

Die Zahlen sind interessant, jeweils die Entwicklung des BIP pro Erwerbstätigen (hier der Link zur Quelle  → Weltbank GDP per person employed):

  • Deutschland: 1999: 80.545 US-Dollar (konstant 2011) und 91.770 US-Dollar 2018 macht ein Plus von 11.225 bzw. 14 Prozent.
  • Japan: 1999: 64.301 US-Dollar und 2018 77.261 US-Dollar, macht ein Plus von 12.960 bzw. 20 Prozent.

Japan ist zwar auf einem tieferen Niveau, hat sich aber in den letzten 20 Jahren deutlich besser entwickelt. Das entspricht nicht den Schlagzeilen, die immer auf das geringe Wachstum des Landes fokussieren: In Dollar gerechnet ist das BIP zwischen 1999 und 2018 um rund sechs Prozent gewachsen. Nicht pro Jahr, sondern insgesamt! (Quelle: → „Japan GDP – Gross Domestic Product“). Das liegt aber am Rückgang der Erwerbsbevölkerung, der uns nun auch bevorsteht.

Wir müssten also alles tun, um die Produktivität zu steigern. Die Hebel dafür sind bekannt: Investitionen in Infrastruktur und Kapitalstock, Bildung, Innovation, Digitalisierung, Automatisierung. Über all dies wird bei uns viel gesprochen, aber wenig gemacht.

Selbstfahrende Autos, die Digitalisierung von Prozessen und die zunehmende Automatisierung stellen eine enorme Chance gerade für Deutschland dar.[1] Während in der öffentlichen Diskussion immer auf die massive Vernichtung von Arbeitsplätzen verwiesen wird – in vielen Bereichen dürften mehr als 50 Prozent der Stellen wegfallen, in einigen sogar alle –, ist es doch gerade bei uns nicht das Problem!

Diese technologische Revolution ist nur dann eine Bedrohung, wenn man einen Wegfall von bestehenden Arbeitsplätzen fürchtet. In einer Gesellschaft hingegen, in der die Arbeitsplätze aufgrund von Alterung nicht mehr besetzt werden können, nehmen Roboter und Computer niemandem Arbeit weg. Wer den Wandel als Erster vollzieht, dürfte die Grundlage für langfristigen Wohlstand legen und der Lieferant von Automatisierungstechnik für die Welt werden.

Japan macht es vor. Bei einer sehr restriktiven Einwanderungspolitik wird massiv in Roboter und Automatisierung investiert. „Wir wollen Roboter zu einer tragenden Säule unserer Wachstumsstrategie machen“, erklärte Ministerpräsident Shinzo Abe gegenüber der Nachrichtenagentur Jiji. Er plane eine Sonderkommission für die „Roboterrevolution“, um den Umsatz der Branche auf 2,4 Billionen Yen (18,9 Milliarden Euro) zu verdreifachen und damit bedeutend größere Wachstumsimpulse auszulösen. Auch Olympische Spiele für Roboter werden gefordert.[2] Das ist nur konsequent für ein Land, das bei einer schrumpfenden Gesellschaft den Wohlstand künftig erhalten will.

Wir sollten es Japan gleichtun und massiv auf Automatisierung setzen. Diese ermöglicht es erst, ein entsprechendes BIP pro Kopf zu erwirtschaften, aus dem dann die Versprechen für die alternde Gesellschaft erfüllt werden können. Die Politik muss eine doppelte Kehrtwende vollziehen. Statt Technologiefeindlichkeit zu predigen und zu fördern, sollten wir Gesetze liberalisieren und mit staatlichen Mitteln die Forschung fördern. Je technologiefeindlicher wir bleiben, desto größer der Schaden für uns alle.

Professor Bofinger betont in dem Gespräch: „Deutschland ist eines der führenden Länder in der Robotik weltweit.“ Dazu kurz die Fakten. Zunächst die 15 Länder mit den größten Exporten von Robotern 2017:

  1. 1.    Japan: US$2.2 Milliarden (36,6 Prozent der gesamten Exporte von Industrierobotern)

2.    Deutschland: $858.5 Millionen (14,2 Prozent)

3.    Italien: $392.5 Millionen (6,5 Prozent)

4.    Frankreich: $332.8 Millionen (5,5 Prozent)

5.    USA: $303.3 Millionen (5 Prozent)

6.    China: $207.9 Millionen (3,4 Prozent)

7.    Südkorea: $198.7 Millionen (3,3 Prozent)

8.    Dänemark: $185.3 Millionen (3,1 Prozent)

9.    Österreich: $184.1 Millionen (3 Prozent

10.  Taiwan: $166.6 Millionen (2,8 Prozent)

11.  Schweden: $153.7 Millionen (2,5 Prozent)

12.  Luxemburg: $100.6 Millionen (1,7 Prozent)

13.  Niederlande: $93.6 Millionen (1,6 Prozent)

14.  UK: $72.6 Millionen (1,2 Prozent)

15.  Kanada: $71 Millionen (1,2 Prozent)

So stimmt die Aussage, dass wir einer der großen Exporteure von Robotern sind. Allerdings ist Japan 2,5-mal so groß und China holt derzeit massiv auf. Es ist also ein Blick in den Rückspiegel. Das zeigt sich auch bei den jährlichen Verkäufen. In anderen Märkten, namentlich Japan und China werden deutlich mehr Roboter verkauft.

Abb. 13: Roboter-Markt nach Ländern (Stück)

 Quelle: IFR (Die Daten finden sich hier: IFR: Industrial Robots )

China hat sich zum Ziel gesetzt in diesem Markt zu einem – wohl eher dem – führenden Spieler zu werden. Der Kauf des deutschen Unternehmens KUKA AG dürfte dafür ein wichtiger Schritt gewesen sein.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor, den man bei der Betrachtung der Automatisierung im Hinterkopf haben muss: die Fokussierung auf die Automobilindustrie. Wir belegen zwar Platz 3 bei der Relation Roboter/10.000 Beschäftigte (322) nach Südkorea (710) und Singapur (658). Das hängt aber mit der hohen Verbreitung in der Automobilindustrie zusammen. Das sieht man auch daran, dass die Slowakei (151), Slowenien (144) oder die Tschechische Republik (119) deutlich vor Staaten wie Großbritannien und sogar China liegen. Außerhalb der Automobilindustrie dürften wir weniger gut dastehen.

Unabhängig vom Thema Automatisierung müssten wir alles tun, um die Erwerbstätigenzahl hochzuhalten, beispielsweise über:

  • längere Lebensarbeitszeit
  • längere Arbeitszeiten
  • höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen
  • bessere Qualifizierung

Außerdem müssten wir die Produktivität pro Kopf steigern, beispielsweise durch:

  • Verbessern der Bildungssysteme auf allen Stufen
  • bessere Integration und Bildung von Migranten
  • mehr Investitionen in Innovation und Forschung

Themen, die von der Politik entweder nicht oder falsch bearbeitet werden – Beispiel Rente mit 63.


[1] „Global Growth: Can productivity save the day in an aging world?“, McKinsey Global Institute, Januar 2015, abrufbar unter: https://assets.mckinsey.com/~/media/B07C74E1DE934BB7AD8C1E5263C6B2F8.ashx.

[2] „Japan will Olympische Spiele für Roboter“, Arvid Kaiser, manager magazin online, 24.7.2014, abrufbar unter: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/japan-will-olympische-spiele-fuer-roboter-2020-in-tokio-a-982747.html.

Kommentare (0) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.