Das multi­polare Finanz­system kommt – aber langsam

Was ist nun dran an den Thesen von Pozsar? Nicht wenige halten sie für übertrieben und unrealistisch. Aber es gibt auch von anderer Seite Stimmen, die durchaus einen Trend in Richtung multipolare Weltwährungsordnung sehen. Die FINANCIAL TIMES (FT) fasst es zusammen:

  • „(…) during a visit by Xi Jinping to Moscow last week, Vladimir Putin pledged to adopt the renminbi for ‚payments between Russia and countries of Asia, Africa, and Latin America‘, in a bid to displace the dollar. And this comes as Moscow is already increasingly using the renminbi for its swelling trade with China and embracing it in its central bank reserves, to reduce its exposure to ‚toxic‘ — American — assets.“ – bto: Wie oft betont sind das Trends am Rand, die aber nichts grundlegend ändern.
  • „Does this matter? Until recently, most western economists would have said ‚heck, no‘. After all, it has long been assumed that the closed nature of China’s capital account is an impediment to wider use of its currency.“ – bto: So ist es. Die chinesische Währung ist für Anleger aus dem Westen nicht so sexy. Aber es gibt ja viele andere.
  • „One reason is that concerns are afoot that this month’s US banking turmoil, inflation and looming debt ceiling battle is making dollar-based assets less attractive. ‚The dollar is being debased in order to fund the bank bailouts,‘ Peter Schiff, the libertarian economist, thundered this week, echoing a view widespread on the American right.“ – bto: Das Grundproblem ist die viel zu hohe Verschuldung.
  • „Jim O’Neill, the former Goldman Sachs economist who launched the ‚Brics‘ tag, published a paper this week arguing that ‚the dollar plays far too dominant a role in global finance‘, and calling on emerging markets to cut their risks.“ – bto: Da hätte ich gedacht, dass man das denen nicht sagen muss…
  • „(…) the other factor sparking unease is that (…) the Saudi government announced that it will start invoicing some oil exports to China in renminbi. Separately, France just did its first liquid natural gas sale in RMB and Brazil has embraced the currency for some of its trade with China.“ – bto: Frankreich! Das ist doch mal eine Aussage.
  • „(…) the dollar’s proportion of global reserves has sunk from 72 per cent in 1999 to 59 per cent, as central banks increasingly diversify their investment funds and discard currency pegs. And it is also true that the advent of wholesale (bank-to-bank) central bank digital currencies could theoretically accelerate this diversification by making it easier for non-American central banks to deal directly with each other in their own currencies.“ – bto: … also das, was Pozsar in seinen Schriften auch beschrieben hat.
  • „But the dollar still dominates debt markets, and the volume of dollars held overseas has soared this century. And one striking, and overlooked, detail about this month’s turmoil is that the currency has retained its ‚near record strength vs the G10 and emerging market currencies‘, as Robin Brooks, chief economist of the Institute for International Finance, recently tweeted. Indeed, so many global investors wanted to grab the greenback during the recent crisis that the Federal Reserve launched a daily swaps programme with other central banks.“ – bto: Es ist das entscheidende Instrument der Fed. Man muss aber wissen, dass sich diese Swap-Nachfrage auf die Absicherung früherer Transaktionen fokussiert.
  • „(…) before anyone concludes that this means they can completely ignore Putin’s threat, they should look at some thought-provoking research on trade invoicing published last year by the Centre for Economic Policy Research. A decade ago, it was widely assumed that another factor underpinning the dollar was the ‚stickiness‘ of trade invoicing patterns (…). But the CEPR paper suggests this might now be slowly shifting — as Chinese trade has expanded in recent years, RMB use has risen too.“ – bto: Das hat Pozsar überzeugend beschrieben.
  • „So much so, in fact, that it now exceeds euro-usage for trade invoicing, which is ‚striking, given China’s low degree of capital account openness‘, the CEPR says. And it argues that ‚contrary to conventional wisdom, lack of capital account openness may not fully prevent the RMB from playing a stronger role as an international and reserve currency‘.“ – bto: Das hat auch damit zu tun, dass der Euro nicht die (hohen) Erwartungen erfüllt hat.
  • „The net result, the CEPR predicts, is that a ‚multipolar‘ currency world could emerge in the coming years, of the sort that O’Neill is now calling for. That would not be as dramatic a switch as Putin or Xi might like to see, or that Washington alarmists fear. But, to my mind, it seems a sensible medium-term bet.“ – bto: Und China und Co. arbeiten daran, es zu beschleunigen.
  • „And even ‚just‘ a multipolar pattern could come as a shock to American policymakers, given how much external financing the US needs.“ – bto: Es leuchtet ein.

→ ft.com (Anmeldung erforderlich): „Prepare for a multipolar currency world“, 30. März 2023

Kommentare (10) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Wilfried Goss
    Wilfried Goss sagte:

    Die USA erweitern in diesem Währungswettstreit gerade nicht den Kreis der Wirtschaftspartner wie es China macht, sondern vertiefen Gräben und beschleunigen die Entwicklung hin zum multipolaren Finanzsystem.

    Dazu der Hellmeyer Report: USA-Sanktionspolitik wird umfassender

    “Die USA gaben weitere Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise bekannt. Betroffen seien mehr als 120 Personen und Organisationen in mehr als 20 Ländern. Laut Darstellung des US-Finanz- und Außenministeriums sind Betroffene der Sanktionen in der Türkei, China, Ungarn und den Vereinigten Arabischen Emiraten.”

    https://www.goldseiten.de/artikel/576134–Preisentwicklungen-zunaechst-entspannend—D~-Weniger-Unternehmen-planen-Preiserhoehungen.html

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    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      “Laut Darstellung des US-Finanz- und Außenministeriums sind Betroffene der Sanktionen in der Türkei, China, Ungarn und den Vereinigten Arabischen Emiraten.”

      Tja, so wird mangelhafte Vasallentreue bestraft, da hilft auch keine NATO-Mitgliedschaft wie bei Türkei und Ungarn:

      “Under Biden, the US didn’t invite Hungary to a recent summit of democracies, and Prime Minister Viktor Orban’s government has often been at odds with Washington and other NATO allies over Russia’s war in Ukraine.

      Budapest has refused calls to supply Ukraine with weapons to defend itself and has lobbied against sanctions imposed on Russia.”
      https://www.bloomberg.com/news/articles/2023-04-12/us-likely-to-sanction-individuals-in-eu-member-hungary#xj4y7vzkg

      So jähzornig sind im Bereich der organisierten Kriminalität nur die allerwenigsten Gruppen bei der Schutzgelderpressung, aber dort arbeiten ja auch Profis und keine auf den Posten gespülten Quotenfrauen…

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      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Wifried Goss

        “Ihren Ausbildungsweg beschreibt [Baerbocks Visagistin] Frommen so: ‘Als ausgebildete Friseurin studierte ich, versehen mit einem Stipendium, in den USA und erwarb die Staatsexamen Barber und Cosmetology.'”

        Ein Friseusen-Diplom! Dann hat man was Eigenes. ;)

        Aber 137000 EUR Jahreshonorar wären bei jemandem mit Sprachfehler und Sprechberuf in einen Logopäden sinnvoller investiert – oder bin ich da nicht oberflächlich genug?

      • Wilfried Goss
        Wilfried Goss sagte:

        @Richard Ott

        Logopädische Therapie alleine reicht leider nicht – auch inhaltlich hat sie zusätzlichen, gewaltigen Korrekturbedarf.

        Fürs erste würde ich den Schwaben mit dem schnellen Mundwerk vorschlagen – Marc Friedrich;-) Gegen Honorarberatung, die auch was kosten darf.

  2. weico
    weico sagte:

    Wie bei der De-Dollarisation haben die meisten “Experten” eine eingefahrene US-Sicht.
    Wo das WIRKLICHE Wachstum stattfindet,haben die Experten” völlig aus den Augen verloren.

    Wenn sogar die Aussichten des Wachstums 2023/24 für das meistsanktionierte Land der Welt ….Russland… besser sind als für den Werte – und Genderweltmeister Germany…dann sollten die “Experten” wirklich Mal über die Bücher.:-)

    https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQ7oNBsedu5c1G9thBZRwQSc5GDz0u7ioQUEA&usqp=CAU

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  3. Arda Sürel
    Arda Sürel sagte:

    Wenn Russland Bezahlung seiner Gasexporte in Rubel verlangt, müssen Banken der Importlaender Korrespondenzkonten in Rubel und vornehmlich in Russland einrichten bzw. russische Banken eröffnen entsprechende Korrespondenzkonten bei Banken der Importlaender.

    Je nach den Volumina der Transaktionen, die dann in Rubel stattfinden, werden die Salden dieser Korrespondenzkonten (=Einlagen bzw. Vermögen der Inhaberbank) anwachsen. Vergleichbares gilt für Zentralbanken und deren Waehrungsreserven.

    Die Frage, ob Renminbi, Rubel, Rupie, Rand oder Rial zu ‘Reserve’-waehrungen werden, haengt nicht von der gegenwaertigen Attraktivitaet entsprechender Finanzanlage- und Investitionsmöglichkeiten ab, sondern von der grundlegenderen Frage, in welcher Waehrung Exporteure von Waren und Dienstleistungen bezahlt werden wollen (bzw. müssen wie im Falle russischen Erdgases oder vielleicht bald OPEC-Erdöls/in Gold transferierbare Renminbi).

    Ursprünglichere bzw. einfachere Kreditformen (Zahlungsstundungen, Garantien, Akkreditive, Ankaeufe von Titeln etc.) entwickeln sich in der Folge des Zahlungsgeschehens. Komplexeres kann spaeter folgen.

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  4. foxxly
    foxxly sagte:

    ….. das multpolare finanzsystem wird kommen. ok!
    was wird sich ändern??

    mal vorausgesetzt, dass der welthegemon seine macht teilen lässt und es friedlich über die bühne gehen sollte,
    wird sich für die masse der menschen an der systemischen umverteilung und entreicherung NICHTS ändern.

    ob dieser wettbewerb der gespaltenen welt einen vorteil bringen wird ist sehr fraglich, wenn gleich die einseitige hegemonie gottseidank zu ende geht.
    es ist daher nicht auszuschließen, dass einige der bisherigen vasallen-staaten, welche frühzeitig abspringen, entweder vorzeitig zerstört werden, oder einen aufschwung erleben werden.

    mit diesen schuldgeldsystem gibt es keinen weltfrieden!

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  5. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    „(…) during a visit by Xi Jinping to Moscow last week, Vladimir Putin pledged to adopt the renminbi for ‚payments between Russia and countries of Asia, Africa, and Latin America‘, in a bid to displace the dollar. And this comes as Moscow is already increasingly using the renminbi for its swelling trade with China and embracing it in its central bank reserves, to reduce its exposure to ‚toxic‘ — American — assets.“ – bto: Wie oft betont sind das Trends am Rand, die aber nichts grundlegend ändern.”

    Tja, wen interessiert schon, was unwichtige Randregionen wie Asien, Afrika oder Südamerika so machen? Wirklich wichtig sind nur die USA, Europa und die Vasallenstaaten der USA im Pazifikraum, die Mitglieder der Spionageallianz sind. ;)

    Mit dieser Mentalität werden wir nicht nur wirtschaftlich abstüzen, sondern dann auch noch ganz hart und schmerzhaft auf dem Boden der Realität aufklatschen.

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    • Dr. Lucie Fischer
      Dr. Lucie Fischer sagte:

      @ Richard Ott
      Spekulations-Lust scheint human-genetisch verankert, Physiker weniger betroffen als Ökonomen , Welt-Wirtschafts-Propheten und Regierungs” Weise”.
      Ihre geniale Erkenntnis:
      “….Mit dieser Mentalität werden wir nicht nur wirtschaftlich abstüzen, sondern dann auch noch ganz hart und schmerzhaft auf dem Boden der Realität aufklatschen.
      https://www.youtube.com/watch?v=IDAQ5Yb4Rfo
      Gliedmassen gebrochen, aua, das tut weh!

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