Zum Status der EU – Faktensammlung zur Diskussion bei hartaberfair

Wie erwartet war die Diskussion bei hartaberfair zum Zustand der EU kontrovers. Grund genug, noch einmal die wichtigsten Aspekte meiner Argumentation zusammenzufassen. Regelmäßige Besucher von bto kennen diese Beiträge bereits. Neuen Besuchern möchte ich die Navigation etwas erleichtern. Wenn dennoch etwas vermisst wird, empfehle ich die Suchfunktion. Die funktioniert zuverlässig. Wenn doch nicht, so einfach direkt über das Kontaktformular anfragen.

  • Zunächst zur Erinnerung, dass der Brexit aus britischer Sicht mittel- und langfristig kein Problem sein muss: → Ist Großbritannien wirklich der Verlierer des Brexit?
  • Beeindruckend vor allem, wie groß die Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern der EU sind. Die Wirtschaft Großbritanniens hat deutlich mehr mit Deutschland, Schweden, Irland und Holland gemein, als mit Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Während wir mit Letzteren weiterhin in einem Boot sitzen, noch dazu eingeschnürt im Korsett einer gemeinsamen Währung, kann sich Großbritannien auf die eigenen Stärken besinnen und perspektivisch weitere Länder anlocken: → „Brexit‚ Hardly The Stuff Of Economic Calamity‘“
  • Deshalb ist es auch so bedauerlich, dass die Bundesregierung im Falle Griechenlands, das wirtschaftlich und politisch unbedeutend ist, alle Grundsätze über Bord geworfen hat (Bail-out-Verbot), um das Land in Euro und EU zu halten. Hingegen lässt sich Deutschland bei dem ungleich wichtigeren Großbritannien auf einen harten Kurs ein – angeführt von Frankreich und der EU-Kommission – anstatt alles zu tun, um das Land in der EU zu halten. Zur Erinnerung: → Das BIP Griechenlands liegt bei rund 180 Milliarden Euro, das Großbritanniens bei 2320 Milliarden! Nach Großbritannien exportiert die deutsche Wirtschaft Waren im Wert von 85 Milliarden, nach Griechenland im Wert von etwas über fünf Milliarden.
  • Ich bleibe dabei, dass es ein Märchen ist, dass man Griechenland “retten” musste, um den Euro zu retten. Wolfgang Schäuble hatte recht, als er den Austritt des Landes aus dem Euro anregte. In Wirklichkeit ging es um die Rettung ausländischer (vor allem französischer) Banken und es ist auch ein Märchen, dass wir mit der “Rettung” des Landes, welches immer noch überschuldet ist, Geld verdienen: → Griechenland: die Lüge der gewinnbringenden „Rettung“.
  • Derweil stehen die EU und vor allem die Eurozone vor erheblichen Problemen. Weshalb es eben kein “Elitenprojekt” bleiben darf: → Die EU darf kein Elitenprojekt bleiben.
  • Und wenn Zweifel daran bestehen, dass es eine unterschiedliche Auffassung der Eliten und der breiteren Bevölkerung gibt, diese Umfrageergebnisse: → Die europäische Bevölkerung teilt die Ansichten Donald Trumps.
  • Dennoch gibt es den Glauben, man könnte das politische Projekt “Euro” entgegen aller ökonomischen Gesetzmäßigkeiten durch mehr Umverteilung – Stichwort: Transferunion – retten. Doch das ist eine Illusion: → Die Illusion der Eurorettung und: → Jetzt wird es richtig teuer.
  • Dazu die Quelle des IWF, der eben vorrechnet, dass es nicht gehen kann. Brauchen Sie nicht zu lesen, lediglich die Abbildung 6 auf Seite 14 ist relevant. Der IWF fordert zwar eine Transferunion, rechnet aber selbst vor, dass es eben vor allem private Geldströme sind, die fehlen und die selbst in USA und Deutschland für Ausgleich sorgen. Das kann man durch staatliche Umverteilung niemals ausgleichen: → “Toward a fiscal Union for the Euro Area”.
  • Was natürlich zu der Frage führt, ob denn Frankreich auch für uns zahlen würde, was unweigerlich notwendig würde, angesichts der Probleme, die auf uns zurollen (Demografie, alte Industrien, unzureichende Investitionen in die Zukunft): → „Transferunion – wird Frankreich bald für Deutschland zahlen?“. Natürlich nicht!
  • Und zu der Frage, ob ein Parlament der Euroländer – wie von Frankreich und Co. gefordert – wirklich die “demokratische Legitimation” hätte, über ein Eurozonenbudget zu entscheiden? Denn auch heute gilt der demokratische Grundsatz: No taxation without representation–  Auf Deutsch: Die Stimmen müssen den Beiträgen zum Topf entsprechen. Tun sie aber nicht. 2014 entsandten ca. 533.000 Griechen einen Abgeordneten und ca. 854.000 Deutsche ebenfalls nur einen. → Griechenland hat so deutlich mehr Stimmanteile relativ zur Bevölkerung als Deutschland. Mit dem Austritt Großbritanniens verschieben sich die Stimmanteile weiter, da Deutschland gedeckelt bleibt, → während u. a. Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande hinzugewinnen. Die (ehemaligen?) Krisenländer Zypern, Griechenland, Portugal und Irland haben deutlich mehr Sitzanteile als Wahlberechtigte. Italien und Frankreich sind ungefähr auf deutschem Niveau. Unstrittig ist, dass die Südländer gemeinsam mit Frankreich über eine klare Mehrheit in einem Euro-Parlament (also einer Unterveranstaltung, der nur die Euroländer angehören) verfügen würden.
  • Was zu der Frage führt, was man denn tun müsste, um die Eurozone stabiler und damit überlebensfähig zu machen. In vielen Beiträgen habe ich mich an dieser Stelle damit beschäftigt. Beispielhaft ist die Auseinandersetzung mit den Forderungen, die statt von europäischen Politikern von Ökonomen gemacht werden, die aber leider allesamt an den eigentlichen Problemen der zu hohen staatlichen und privaten Verschuldung, des insolventen Bankensystems und der divergierenden Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone nichts ändern: → Eurokrise: Die GroKo folgt den falschen Rezepten.
  • Denn, dass die Eurozone nicht funktioniert, wissen nun alle. Schließlich rechnet es selbst der Internationale Währungsfonds detailliert vor: → IWF zeigt, dass Eurozone nicht funktioniert.
  • Was nichts daran ändert, dass uns die Politik mit dem Euro in eine äußerst unangenehme Sackgasse manövriert hat. Denn das Szenario eines ungeordneten, chaotischen Zerfalls ist auch das einer weltweiten Krise: → Was passiert, wenn der Euro platzt.
  • Er wäre schon längst geplatzt, würde die Europäische Zentralbank (EZB) ihn nicht mit billigem Geld zusammenhalten. Das Problem: Sie kauft damit nur Zeit, die die Politik nicht nutzt. Die Schulden wachsen derweil weiter, die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit der Länder werden größer, nicht kleiner. Deshalb wachsen auch die politischen Spannungen in der EU. Siehe Italien. Dabei verhält sich die dortige Regierung rational, weiß sie doch um das erhebliche Erpressungspotenzial. Zum einen wäre ein chaotischer Verfall ein Desaster, zum anderen würde vor allem Deutschland erhebliche Verluste erleiden. Stichwort: TARGET2-Forderungen der Bundesbank. → TARGET2: Es ist und bleibt eine Vermögensverschiebung.
  • So gesehen ist die Erwartung der Italiener nicht so falsch, dass die EU und die anderen Europäer stillschweigend mitmachen. Und sie haben es auch getan. Wie immer gilt: → “Die Provinzen werden’s schon bezahlen”.
  • Und wenn es dann doch irgendwann nicht mehr weitergeht, bleibt der Ausweg über die Einführung einer Parallelwährung. Mini-BOTs sollen es dann lösen. BOT steht für „Buoni Ordinari del Tesoro“, das sind besonders kurz laufende Anleihen. Mini, weil es eben kleine Stückelung gibt, wie auch bei anderem Geld.→ Kommt in Italien die Parallelwährung? Müßig zu sagen, dass damit das Ende des Euro eingeläutet würde. 
  • Hintergrund ist, dass Italien in einer tiefen Krise steckt. Die real verfügbaren Einkommen pro Kopf liegen unter dem Niveau von 2005! Nein, dies liegt nicht nur am Euro, aber der Euro macht es nicht besser. In Italien tickt eine Zeitbombe.
  • So wächst der Druck innerhalb der Eurozone kontinuierlich an. Die EU erfüllt ihr Wohlstandsversprechen nicht mehr und schon bei der nächsten Rezession, die lediglich eine Frage der Zeit ist, ist die Eurozone nicht vorbereitet und dürfte in die nächste Krise schlittern. Dauerhaft funktioniert das nicht. Was jedem Beobachter klar ist, der nüchtern auf die Fakten blickt: → Das Euro-Desaster: Zusammenfassung zum 20. Geburtstag.
  • Hinzu kommt, dass die EU auch bei der Aufgabe der Steuerung der Migration versagt. Es ist bekannt, dass wir in Europa vor einer Phase der Schrumpf-Vergreisung stehen, während vor unserer Haustür die Bevölkerung explodiert. Nach allen Studien liegt das Bildungsniveau in diesen Regionen deutlich unter dem Niveau in Europa und hier wiederum deutlich unter dem in Asien. Abgesehen von den sich daraus ergebenden Problemen für die Wettbewerbsfähigkeit Europas stellt die Zuwanderung in Sozialstaat und Niedriglohnsektor eine existenzielle Bedrohung für den Sozialstaat dar. Er wird un-finanzierbar. Nur ein Datenpunkt: Die Bevölkerung Nigerias dürfte schon in wenigen Jahrzehnten die Europas übertreffen. Ein Rezept für Krieg, Bürgerkrieg und Terror. In weiten Teilen Afrikas und der arabischen Welt sieht es ähnlich aus. Der sich daraus ergebende Migrationsdruck erfordert eine Antwort. Diese bleibt die EU schuldig.
  • Statt sich auf die zwei wichtigen Herausforderungen Lösung der Eurokrise und Steuerung des Migrationsdrucks zu konzentrieren, verstößt die EU immer mehr gegen das Subsidiaritätsprinzip und zieht Aufgaben an sich, die leichter, effizienter und besser auf regionaler/nationaler Ebene gelöst würden.

Funktionieren tut die EU beim Thema Binnenmarkt und gemeinsamer Vertretung der Handelsinteressen in der Welt. Doch das wird nicht genügen, um die Existenz zu sichern. Für den Mann mit dem Hammer ist jedes Problem ein Nagel. Für die EU und die EU-fokussierten Politiker ist die Antwort auf jede Krise ein “Mehr” an Integration. Doch das ist weder richtig, noch entspricht es den Wünschen der Bevölkerung. Aus diesem Grunde muss die EU dringend umsteuern, will sie sich selbst erhalten und den Nutzen für die Bürger, den es durchaus gibt.

Kommentare (73) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Axel
    Axel sagte:

    @Axel Jung
    In der Politik geht es marginal um Sachverstand, sondern vielmehr um Ideologien. Die Mehrheit im Parlament hat oft keinen blassen Schimmer von der Materie, sondern hört auf ihren “Experten”, der im Zweifelsfall Lobbyinteressen vertritt oder auf einen Posten in der Industrie schielt. Wenn jemand eigene Meinungen vertritt, die von der Parteiprogrammatik abweicht, d.h., seine Rolle als braver Parteisoldat in Frage stellt, fliegt er in hohem Bogen aus der Bundestagsliste. Siehe Ströbele, der gegen den Jugoslawienkrieg stimmte (über ein Direktmandat dann aber doch wieder gewählt wurde), Hr. Bosbach und Andere.
    Haben sie noch die Griechenlandrettung im Sinn, wo die Abgeordneten 2 Tage vor der Abstimmung einen englischen Text im Fachkauderwelsch vor die Nase gewedelt bekommen haben? Glauben sie, die Entscheidung über die Rettungsgelder wurde auf der Grundlage von wirtschaftlichem Sachverstand der Abgeordneten gefällt? Nein, es wurde befohlen und mitmarschiert!
    Und in der Flüchtlingsfrage wurde der “Sachverstand” des Parlamentes erst überhaupt nicht bemüht. Es wurde autokratisch von EINER Person entschieden, der ihr Image wichtiger war, als die Konsequenzen für die Bevölkerung (Sicherheit, Kosten, etc…)!
    Wie kann man so ein System noch gutheißen?

    Sie sagen richtig, daß unser System auf Grund unserer Gesetze ausgenutzt wird. Aber wer ist denn für die Gesetze und ihre Änderungen, d.h., für die Zustände im Land verantwortlich?
    Die von ihnen so in Schutz genommenen Abgeordneten!
    Ich stufe hier den gesunden Menschenverstand höher ein, als machtpolitische und gesinnungsethische Handlungsmaxime.
    Außerdem werden die Vorschläge, über die die Bevölkerung abstimmen darf, ja von Experten mit “Sachverstand” gemacht und nicht von irgendeinem Deppen, so daß es bei den Abstimmungen nur noch darum geht, welcher “Sachverständige” die für den Wähler besseren Argumente hat.

    Oder schauen sie doch mal eine Nummer kleiner: Wissen sie, wieviel Filz und Mauschelei es auf der regionalen, städtischen Ebene, z.b. bei der Vergabe von Bauaufträgen gibt? Was glauben sie, wieviel Gelder eingespart werden könnten? Bei allen Bürgerbefragungen, die mir bekannt sind, wurde nach Vernunft entschieden. Machtpolitische Rangeleien haben dort keine Chance mehr. Volksentscheidungen sind der Tod der klebrigen Klüngelei.

    Personenfreiheit:
    Ich stelle definitiv nicht per se in Frage, daß Menschen woanders arbeiten und leben können. Nur sollte man offen die Konsequenzen diskutieren, auch mal auf die Bedürfnisse der Einheimischen eingehen (zu Beginn der Flüchtlingskrise wurde nur über die Rechte der Flüchtlinge gesprochen und kein Wort über die Empfindlichkeiten der Ortsansässigen – ausser welche Verpflichtungen sie im Sinne der Humanität, der christlichen Werte…hätten) und Mechanismen entwickeln, die die negativen Konsequenzen eindämmen.
    Frei nach Paracelsius: Die Dosis macht das Gift!

    Siehe auch: https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/traumurlaub-in-deutschland-illegale-einreisende-aus-dem-balkan-sprengen-aufnahmekapazitaeten-in-koeln-a2780227.html

    Wenns`denn stimmt…sind das Verhältnisse, die von Sachverstand künden?
    Es ist kein Verbrechen, eine Politik zu gestalten, die das Wohlergehen und die Lebensqualität der Bevölkerung im Auge hat. Aber dazu müßte man erste einmal bekennen: Ich toleriere NICHT alles (und damit dem kanzlerischen Gebot widersprechen – welch eine Kätzerei!), ich verteidige meinen EIGENEN moralischen Kompaß….und den Sturm der moralischen Entrüstung des flatterigen Zeitgeistes überleben….

    Antworten
  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ Ulrich Remmlinger, Tobias W.

    Sie haben eine interessante Diskussion um die beiden Begriffe „Identität“ und „Heimat“ angestoßen.

    Die Identität derjenigen, die wie vermutlich Sie, U. Remmlinger und ich, in D „normal“ aufgewachsen sind (nicht schon internationale Krippe, Kindergarten etc.) wird ganz wesentlich durch die Sitten und Gebräuche in D geprägt. Eine derartig erworbene Identität, d. h. der Orientierungsbezug wird normalerweise mit Heimat gleichgesetzt. Das ist empirisch feststellbar und das kann jeder, der in diesem Sinne Deutscher ist, leicht nachvollziehen, wenn er über längere Zeit im Ausland gelebt hat. Das gilt für Sie, U. Remmlinger, und auch für mich, der ich auch jahrelang im Ausland gelebt habe und nach Deutschland zurückgekehrt bin. Ich bin meiner Identität nach jedenfalls Deutscher, auch wenn ich im Ausland problemlos gelebt habe und dies sogar erfolgreich. Das ist so, auch wenn ich auf die öfter gestellte Frage, was meine Heimat sei, immer (auch provozieren wollend) antworte: Ich habe keine.

    Ich unterscheide mich damit von vielen anderen hierzulande lebenden Menschen, die eine deutsche Identität und eine Heimat Deutschland haben.

    Sie, Tobias W. sind überwiegend in den Niederlanden und in Belgien aufgewachsen und haben damit zwar einen europäischen Hintergrund, aber wohl nicht eine derartige Prägung – jedenfalls nicht eine derartig starke – bezüglich der Sitten und Gebräuche, sondern allenfalls eine Ihrer Herkunft (Eltern) und Sprachbeherrschung nach, mit der Sie sich als Deutscher ausweisen könnten. Sie haben nach eigenen Worten „nie eine wirklich emotionale Heimatbindung zu Deutschland“ aufgebaut. Das ist nachvollziehbar und konsistent. Es ist auch nachvollziehbar, dass Sie aufgrund rationaler Wohlstandsüberlegungen Deutschland verlassen haben. Mich würde interessieren, was Sie mit Ihren folgenden Aussagen meinen:

    >Vermisse ich Deutschland? Nicht das Deutschland das mich enttäuscht hat, sondern das Deutschland das ich erwartet habe, dass es aber so nicht gibt. Stelter hat viele Vorschläge gemacht, die ich politisch voll mittragen würde (nicht alles), daher mein Interesse an diesem Forum.>

    Was ist Ihrer Einschätzung der genaue GRUND dafür, dass Sie sich für die Vorschläge von Dr. Stelter interessieren – Vorschläge, die weit überwiegend NUR Deutschland betreffen – und an dem offensichtlich noch Ihre (aus der Vergangenheit?) Erwartungen hängen, obwohl Ihr gegenwärtiger und wohl auch zukünftiger Lebensmittelpunkt nicht Deutschland sein wird?

    Oder liebäugeln Sie ein wenig mit der Rückversicherung Deutschland, weil möglicherweise die Dinge in USA doch nicht so gut laufen könnten, dass Sie dort mit Ihrem Wohlstand leben wollen?

    Ich unterstelle nichts, ich frage nur.

    Die hier angeschnittene Thematik ist nicht nur real sehr relevant. Auch in der Theorie („Ethik der Migration“) spielt sie eine Rolle, die allerdings von den Befürwortern eines uneingeschränkten allgemeinen Rechts auf Migration gern ausgeblendet wird mit der Argumentationsfigur: Wenn sich alle mit allen „vermischen“, entfällt das Identitätserfordernis der Menschen.

    Das mag so sein oder auch nicht so sein.

    Bis DAHIN besteht m. A. n. aber ein Identitätserfordernis, das man nicht einfach ausblenden oder übergehen kann.

    Antworten
    • Ulrich Remmlinger
      Ulrich Remmlinger sagte:

      @ Herrn Tischer
      unsere Antworten an H. Tobias W. haben sich überkreuzt.
      Meine steht oben im Thread: https://think-beyondtheobvious.com/zum-status-der-eu-faktensammlung-zur-diskussion-bei-hart-aber-fair/#comment-59391

      Noch eine Anmerkung: Ich war in meinem Leben viel gereist, auf allen Kontinenten, und hatte mich für einen “Weltbürger” gehalten. Erst nach meinem Umzug und im Arbeitsalltag in den USA wurde mir klar, wie sehr ich europäisch, wenn nicht sogar deutsch geprägt bin.

      Antworten
    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      @Dietmar

      “Was ist Ihrer Einschätzung der genaue GRUND dafür, dass Sie sich für die Vorschläge von Dr. Stelter interessieren – Vorschläge, die weit überwiegend NUR Deutschland betreffen – und an dem offensichtlich noch Ihre (aus der Vergangenheit?) Erwartungen hängen, obwohl Ihr gegenwärtiger und wohl auch zukünftiger Lebensmittelpunkt nicht Deutschland sein wird?”

      Das ist eine gute Frage. Ich bin ein politisch denkender Mensch. Auch wenn ich meinen Lebensmittelpunkt hier in den USA festgelegt habe – ich bin weiter deutscher Staatsbürger und kann mein deutsches Wahlrecht ausüben. Warum sollte ich davon keinen Gebrauch machen und mich an politischen Diskussionen beteiligen? Sehen Sie, ich war als junger Erwachsener patriotisch genug, meine Wehrpflicht auf eine Ausbildung zum Reserveoffizier auszudehnen, dazu hat mich niemand gezwungen. Ich war an NATO Einsätzen in Jugoslawien beteiligt. Letztlich waren es die politischen Zustände und politisch bedingten falsch gesetzten Anreize, die mich aus Deutschland vertrieben haben – nicht eine generelle kulturelle Abneigung gegen Deutschland (auch wenn ich das ansatzweise nicht ganz leugnen kann). Ich bin auf Stelter aufmerksam geworden, weil einer seiner Beiträge zur Rentenpolitik in der WiWo oder im Managermagazin mir voll aus der Seele gesprochen haben. Mit Blick auf meine eigene Rentenkalkulation und einen Blick auf die demografische Entwicklung habe ich mir recht schnell das Urteil gebildet, dass ich als Beitragszahler in ein Ponzi Betrugsschema gezwungen werde. Niemand lässt sich gerne ausbeuten ohne lautstark darauf hinzuweisen.

      “Oder liebäugeln Sie ein wenig mit der Rückversicherung Deutschland, weil möglicherweise die Dinge in USA doch nicht so gut laufen könnten, dass Sie dort mit Ihrem Wohlstand leben wollen?”

      Muss ich mit Nein beantworten. Ich habe mich bewusst entschieden, nicht von der Option Gebrauch zu machen, nach meinem Wegzug trotzdem noch weiter Sozialbeiträge (Rente usw.) in die deutschen Sozialsysteme zu überweisen. Ich sammle dort keine Ansprüche mehr ein. Und was Grundsicherung angeht: die ist in Deutschland schlechter als ihr Ruf (vor allem mit Blick auf Schonvermögen). Dazu kommt, dass wenn mir jetzt irgend etwas passieren sollte (Unfall, Berufsunfähigkeit usw.) ich durch das Benefits Paket meines Arbeitgebers für den Rest meines Lebens weitaus besser versorgt bin, als durch das soziale Sicherungsnetz in Deutschland, wo ich erst mal mein eigenes Vermögen aufbrauchen müsste und dann auf Grundsicherung fallen würde. Und solange ich erwerbsfähig bin, finde ich mit meinem fachlichen Hintergrund bei den anderen NASDAQ Größen einen ähnlich hoch dotierten Job mit vergleichbaren Benefits – ich schlage auf wöchentlicher Basis vergleichbare Angebote aus, für die ich nicht mal umziehen müsste. Und das brutal hohe Lohnniveau hier sorgt dafür, dass ich vollkommen aus eigener Kraft meine Altersvorsorge aufbauen kann ohne überhaupt auf ein staatliches Konstrukt wie Rentenversicherung oder hier in den USA Social Benefits angewiesen zu sein. Und der wichtigste Punkt: das ist jetzt unser neues Zuhause, wir schlagen hier Wurzeln. Mein Sohn geht hier zur (Vor)Schule (die staatlichen Schulen hier im Bezirk sind besser als alle Schulen, an die ich mich erinnern kann – und ich habe Schulen in drei Bundesländern und deutsche Schulen in zwei Nachbarländern besucht) und wir genießen die Kultur und Freizeitwerte, die die Region hier bietet (Cascade Mountains, Olympic National Park, Rainier National Park, die Pazifikküste usw.).

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        Danke für Ihre ausführlichen, offenen und sehr gut nachvollziehbaren Informationen.

        Alles, was Sie schreiben, ergibt einen Sinn, ist schlüssig.

        Ich fasse es für mich mal kurz so zusammen:

        Da ist schon noch ein wenig Identität (Staatsbürgerschaft, Sprache), es überwiegen aber eindeutig die Faktoren, die für einen stark rational geprägten Menschen in einer offensichtlich außergewöhnlichen, hochattraktiven Berufssituation maßgebend sind.

        Verständlich, dass sie die Transformation „Heimat“ für sich anscheinend problemlos geschafft haben.

        Für mich sind Sie insoweit – wenn Sie erlauben – EXEMPLARISCH, allerdings nur als jemand, den man weit außerhalb des Mainstreams verorten muss.

        Und jetzt schauen wir einmal auf Ihren Sohn.

        Auch wenn noch etwas Ihrer deutschen „Rest-Identität“ abfärben dürfte, wird er wohl ein sich mit dem Land identifizierender Amerikaner werden.

        Unter welchen Umständen würde er nicht seine Identität, wohl aber das, was ihn mit den USA verbindet, aufgeben?

        Eine spannende Antwort – für SIE.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Dietmar

        “Für mich sind Sie insoweit – wenn Sie erlauben – EXEMPLARISCH, allerdings nur als jemand, den man weit außerhalb des Mainstreams verorten muss.”

        Das mag sein, es hängt aber auch davon ab wie man Mainstream definiert. Ist das nur ein anderes Wort für Durchschnitt? Dass durchschnittliche Menschen in Massen Deutschland verlassen, behauptet niemand.

        Und wenn ich mich im Dunstkreis meiner Berufstätigkeit umschaue, stelle ich fest, dass deutlich mehr als die Hälfte meiner Kollegen bei meinem Arbeitgeber und die Mitarbeiter bei Kunden und Partnern einen Migrationshintergrund in den USA haben – ich bin dort mehr Mainstream als Ausnahme. ;)

        Was meinen Sohn angeht, er wächst dreisprachig auf (Englisch, Deutsch, Chinesisch). Es ist nicht absehbar ob er nach Englisch auch Deutsch und Chinesisch annehmen wird, es hängt davon ab ob er dafür im Alltag Anwendungen findet – das wird mit Chinesisch hier im Raum Seattle einfacher als mit Deutsch. Ein Studienkollege aus Deutschland ist nach dem Studium über Umwege ebenfalls in Seattle gelandet (via Amazon). Er ist mit einer Amerikanerin verheiratet, die beiden haben zwei Kinder. Das ältere im Grundschulalter versteht zwar etwas Deutsch, spricht aber kein Deutsch – trotz den Bemühungen des Vaters im sprachlichen Umgang mit dem Sohn Deutsch zu priorisieren. Da die Mutter kein Deutsch kann, war das wohl nicht konsequent genug. Unser Haushalt ist in einer ähnlichen Situation. Das Deutsch meiner Frau hat gerade ausgereicht, um die Einreiseanforderungen des Ausländeramts für Familiennachzug in Deutschland zu befriedigen. – Ich sehe das ganz gelassen. Entweder er lernt es und nimmt es an – oder nicht. So oder so hat er hier gute Entfaltungsmöglichkeiten. Und ganz ehrlich – wenn es keinen Zwang oder Notwendigkeit zur Rückkehr nach Deutschland gibt, ist der Nutzen der deutschen Sprache als Geschäftssprache extrem begrenzt. Wenn ich meinen Sohn zwingen könnte nach Englisch und Chinesisch noch eine weitere Sprache zu erlernen, dann wäre das Spanisch, nicht Deutsch.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        >Das mag sein, es hängt aber auch davon ab wie man Mainstream definiert. Ist das nur ein anderes Wort für Durchschnitt?>

        Ich gebrauche „Mainstream“ hier als gleichbedeutend mit „Mehrheit“, ohne eine Wertung damit zu verbinden.

        Klar: In IHREM speziellen Umfeld gehören Sie zur Mehrheit.

        Ich will etwas von mir hinzufügen, um darzulegen, wie SIGNIFIKANT sich die Zeiten geändert haben.

        Ich habe vor Jahrzehnten bei einem auch heute noch Glamourunternehmen (im Dax) gearbeitet. Damals gingen Kollegen nach Japan, um der dortigen Landesgesellschaft die DEUTSCHEN Vorstellungen von Unternehmensführung – sagen wir, um vorsichtig zu sein – nahezubringen. Sie haben ebenfalls Deutschland verlassen, aber um in USA die DORTIGE Art von Unternehmensführung zu ADAPTIEREN.

        Beide Unternehmen sind Weltspitze in ihrer jeweiligen Branche, aber so wie der früher mit der Peitsche in Drehungen versetzte Kreisel auf dem Asphalt „wanderte“, sind die WELTWEIT Impulse setzenden Unternehmen nicht mehr in Deutschland anzutreffen. Wir sind damit nicht automatisch „schlecht“, aber eben auch nicht mehr wie gewohnt der oder einer der entscheidenden Taktgeber.

        Das müssen wir uns hier in Deutschland vergegenwärtigen und – was die Konsequenzen anlangt – ehrlich damit umgehen. Wenn nicht, wird die Enttäuschung groß sein, um das Mindeste zu sagen.

        Nochmal zu Ihrem Sohn:

        Die Sprachfähigkeiten, die er sich in USA über das Englische hinaus aneignet, könnten aus meiner Sicht wertvolle Startkompetenzen sein, um z. B. bei Schul- oder Studienaufenthalten in China, Deutschland/Schweiz und vielleicht auch in Südamerika die jeweiligen Mentalitäten tiefergehend zu erfassen. Ich habe meinen Auslandsaufenthalt vor allem auch durch die mitgebrachten und dann vertieften Sprachkenntnisse als sehr bereichernd empfunden, obwohl ich gerade der fremden Sprache wegen, die ich nie in ihrer subtilen Raffinesse zu beherrschen gelernt habe, nach Deutschland zurückgekommen bin.

        Was ich sagen will: Sprachen öffnen Welten über die Top Jobs hinaus, die mit Englisch hinreichend bedient werden. Wäre ich nicht zu alt dazu, würde ich Altgriechisch lernen. Aber das ist eine andere Geschichte.

  3. Axel
    Axel sagte:

    Toll, daß Fr. Evelyne Gebhardt eingeladen war!
    Besser konnte man die Arroganz der Politikeliten nicht demonstrieren!
    Die Personenfreizügigkeit in Europa ist nicht verhandelbar! Hat dieser Aussage jemals eine Bevölkerung zugestimmt? Ist dazu jemals ein Wähler explizit befragt worden?
    Warum darf eine Bevölkerung nicht selbst bestimmen, wen man als Nachbar haben darf?
    Bei Fr. Gebardt (Laschet, etc.) hat man das Gefühl, daß sie der Auffassung seien, die EU gehört den Politikern und nicht den EU Bürgern.
    In einer Demokratie muß der Bürger gefragt werden, will sie ihre Legitimation nicht verlieren.
    Der Stil der Politiker ist schon lange nicht mehr der der Demokratie, sondern der der (Meinungs-) Diktatur. Es wird bestimmt wie was zu sein hat, anstatt dem Willen des Souverän zu folgen.
    Im Gegenteil,muckt er auf, wird er moralisch demontiert.
    Besonders perfide an der Vorgehensweise ist, den demokratischen Prozeß der Mehrheitsentscheidung abzuschaffen und dann der AfD, die ja bekanntlich für die direkte Bürgerbeteiligung sind, den schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben und sie als “Feinde der Demokratie” zu brandmarken.
    In einer Welt, wo Argumente kaum noch zählen und es vornehmlich ums wohlfühlen und positives Image geht (oder dem Gegner das Schmuddelfinkimage aufzudrücken), funktioniert dies sogar weitgehend.

    Noch ein kleiner Nachtrag zu Hr.Laschet, der in NRW für Furore gesorgt hat und der einiges über die charakterliche Qualifikation des Landesvaters aussagt.

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article141847297/Laschet-gibt-Lehrauftrag-nach-Noten-Skandal-auf.html

    Peinlich, peinlich oder um es mit den Worten eines überzeugten Europäers zusagen:
    Wenn es ernst wird,…

    Antworten
    • Axel Jung
      Axel Jung sagte:

      “Warum darf eine Bevölkerung nicht selbst bestimmen, wen man als Nachbar haben darf?”

      Die demokratisch gewählten Vertreter der Bevölkerung haben dem zugestimmt. Damit braucht niemand mehr Sie persönlich zu befragen.

      Davon abgesehen ist die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union in der Tat eine der grossen Errungenschaften der EU. Eröffnet diese doch die Chance, in anderen Ländern sein Glück zu machen.

      Schauen Sie sich mal in den Grenzregionen um: da kommt niemand auf die Idee, dass der Kollege von jenseits der Grenze erst irgendwen befragen sollte, ob er diese Arbeit auch annehmen darf.

      Damit aus Freizuügigkeit keine unlautere Konkurrenz erwächst, ist es aber beispielsweise notwendig, dass Arbeitsaufnahme/Arbeitsübernahme immer zu den im Aufnahmeland geltenden Bedingungen erfolgen (beispielsweise um Lohndumping auszuschliessen). Da gibt es sicher noch ein paar Baustellen, wenn auch die grössten Probleme mit der Überarbeitung der Entsenderichtlinie adressiert sein sollten.

      Antworten
      • Axel
        Axel sagte:

        @Axel Jung
        Auch vor der EU war es kein Problem, in einem anderen Land zu studieren oder zu arbeiten. Niemand hat doch etwas gegen einen netten oder fleißigen Kollegen, nur weil er aus dem Ausland kommt. Es geht aber doch gar nicht um die, die hier arbeiten wollen, sondern um die, die es eben nicht wollen, sondern die hier sind, um das Sozialsystem zu plündern oder auf Beutezug zu gehen. Warum sollten wir nicht so klug wie die Kanadier, Australier, etc. sein, und um des sozialen Frieden Willens einige Bedingungen an die Einwanderung stellen? Darf man heute noch von Menschen überhaupt was verlangen oder ist man mittlerweile gleich ein Verräter an der “europäischen Idee”, dem Humanismus, den christlichen Werten, , etc…?
        Ist für sie der soziale Frieden und die Geschloßenheit der Gesellschaft kein Wert, der sich zu verteidigen lohnt?

        Es ist außerdem eine psychologische/soziologische Tatsache, daß zuviel Einwanderung zu Verdrängungsängsten und meinetwegen “primitiven” Revierverteidigungsreflexen kommt. Man kann sich intellektuell/moralisch darüber erheben, bei einem Teil der Bevölkerung führt Einwanderung, zumahl wenn sie unbegrenzt und unkontrolliert erfolgt, jedoch immer und überall zu Reibereien und Ablehnung bis hin zu sozialen Unruhen. So hat die Natur nun einmal viele Menschen gestrickt. Und ist es so verkehrt, diesem Fakt Rechnung zu tragen? Letztendlich ist es doch das individuelle Wohlempfinden, nach dem jeder strebt. Und ich finde es arrogant und verächtlich, wenn die Politiker darauf keine Rücksicht nehmen, sondern stattdessen einen großen Teil der Bevölkerung als minderwertiges Subjekte diffamieren, nur weil sie ihre liebgewonnene Lebenskultur beibehalten wollen!
        Ich persönlich finde es ausdrücklich nicht als kulturelle Bereicherung, wenn ich abends durch die Stadt gehe und wirklich kein Wort Deutsch mehr höre, sondern als kulturelle Verarmung und Kapitulation!

        Selbst in Österreich und der Schweiz gibt es in einigen Gebieten starke Aversionen gegen “die überheblichen” deutschen Einwanderer. Oder gucken sie doch mal, was entlang der Seidenstraße passiert, wo sich immer mehr Chinesen ansiedeln und ihre Kultur verbreiten. Überall Frust und Konflikt. Interessieren sie die Einheimischen denn gar nicht?
        Man kann dieses Verhalten primitiv und “unaufgeklärt” finden, dennoch reagieren Menschen nun einmal so.
        Ich persönlich empfinde meine osteuropäischen Kollegen übrigens durchweg als Bereicherung. Da gibt es allerdings auch keine kulturellen Divergenzen.

        Die Diskussion geht auch nicht darum, jemanden daran zu hindern sein Glück in anderen Ländern zu versuchen, sondern darum, ob man JEDEM die Einreise erlauben sollte und ob jemand die Pflicht hat zu arbeiten, die Sprache zu lernen, etc… und ob jemand die Aufenthaltserlaubnis, beispielsweise durch Sozialbetrug oder kriminelle Machenschafften verwirken kann.

        “Die demokratisch gewählten Vertreter der Bevölkerung haben dem zugestimmt. Damit braucht niemand mehr Sie persönlich zu befragen”
        Schön für sie, wenn sie andere über ihr Leben, etc. entscheiden lassen wollen. Ich persönlich habe ein anderes Demokratieverständniss, mit dem Bedürfnis, über entscheidende Veränderungen in meinem Lebensumfeld persönlich mitbestimmen zu können!

      • Axel Jung
        Axel Jung sagte:

        “Es geht aber doch gar nicht um die, die hier arbeiten wollen, sondern um die, die es eben nicht wollen, sondern die hier sind, um das Sozialsystem zu plündern oder auf Beutezug zu gehen”
        Und deswegen gleich die gesamte Personenfreizügigkeit innerhalb der EU in Frage stellen? Nein, das geht mir erstens zu weit, weil nur der kleinste Teil von EU-Migranten überhaupt in diese Kategorie fallen dürfte, und zweitens am Problem vorbei, weil die grösste Teil der Menschen, die Sie offensichtlich meinen, auf anderer Grundlage nach Deutschland einreisen – z.B. als Asylant/Flüchtling/…. . Ob es richtig ist, diese Gruppe ohne weitere Bedingung sofort sich ins gemachte Netz setzen zu lassen, darüber sollte mAn in der Tat mal diskutiert werden – und zwar losgelöst von Xenophobie (die ich Ihnen hier nicht unterstellen möchte). Dann würde man sich nämlich mal über die eigentliche Probelemstellung unterhalten, anstelle sich in letztlich unproduktiven Streitereien über vermeintichen Rassismus oder Hass auf Autochthone aufzureiben. Wenn man diese Diskussion startet, ist man jedenfalls sehr schnell an dem Punkt, dass wir es sind, die die Regeln setzen und dementsprechend es in unserer Hand liegt, Regeln gegebenenfalls zu ändern. Dass Menschen, denen per Gesetz eineLeistungen zugesagt werden, diese auch tatsächlich beanspruchen, braucht wohl kaum verwundern. Ebensowenig braucht verwundern, dass Menschen, denen man nicht die aktive Teilnahme an unserer Gesellschaft abverlangt und die man, wenn sie sich einbringen wollen, nicht lässt, diesbezüglich keinerlei Ehrgeiz entwickeln. Das zu ändern liegt aber nicht zu unerhblichen Teilen an uns selber, indem wir es versäumt haben, die Regeln entsprechend zu setzen.
        Und über mögliche Betrüger brauchen wir übrigens nicht sprechen – das sind Fälle für den Staatsanwalt oder noch besser für geeignete Kontrollen vor Auszahlung von Geldern. Da müssen wir uns wieder zuerst mal an die eigene Nase fassen.

        Was die Demokratie angeht: es ist Ihnen unbenommen, sich mehr direkte Demokratie zu wünschen. Ich tue es nicht, weil ich glaube, dass dadurch auch keinen besseren Entscheidungen getroffen warden (heute scheinen unsere hauptberuflichen Volksvertreter damit bereits überfordert, da kann ihc mir nicht vorstellen, dass Amateure in ihrer Freizeit die notwendige Kompetenz aufbauen, um sich mit allen dann zu treffenden Entscheidungen auseinander zu setzen – direkte Demokratie ist theoretisch sicher ein schönes Konzept, aber die Einsicht in die eigene Beschränktheit führt dazu, diese für praxisuntauglich zu halten.

  4. Christian
    Christian sagte:

    Inhaltlich fand ich den Auftritt super, auf der emotionalen Ebene noch mit Potential.

    Fast schockiert haben mich die Zuschauerstimmen, dort gab es nicht einen positiven Beitrag zur EU! Im März wird niemand sagen können, dass der große Erfolg von Populisten nicht vorherzusehen war.

    Antworten
  5. Tobias W.
    Tobias W. sagte:

    Die vermeintlich guten Aussichten für ein vereinigtes Königreich außerhalb der EU kann ich nicht nachvollziehen.

    Zuallererst – und Stelter gibt das auch selbst zu – die Freihandelszone der EU funktioniert. Verlassen die Briten die EU, verlassen sie die Freihandelszone. Die Briten mögen zwar mehr aus Deutschland importieren als Griechenland, sind aber auch als Exporteur auf die Freihandelszone angewiesen – und zwar nicht nur für Investitionsgüter, sondern auch für Dienstleistungen und andere Produkte. Dass die Briten ersatzweise bessere Konditionen mit der EU und anderen Handelspartnern verhandeln können, als das was sie als Teil der Freihandelszone bekommen, hat sich bereits als eine der Brexit Lügen herausgestellt.

    Und weil die Freihandelszone der EU ein so wichtiges Merkmal der EU Mitgliedschaft ist, gibt es den Zugang zu ihr nur, wenn man andere Aspekte der EU implementiert. Würde die EU Sonderwünschen und Rosinenpickerei der Briten entgegenkommen, würden andere Mitgliedsstaaten dem Beispiel der Briten folgen und austreten oder ebenfalls Sonderwünsche geltend machen – die EU wäre am Ende.

    Es reicht ein Blick auf die Namen der Unternehmen, die bereits beschlossen haben, ihre Firmensitze in Richtung Kontinent zu verlagern, um nachzuvollziehen, dass Entscheidungsträger im realen Leben den Brexit Optimismus Stelters nicht teilen. Fast alle großen internationalen Unternehmen mit Sitz auf der Insel haben sich im Vorfeld des Referendums vehement gegen den Brexit ausgesprochen und auf die negativen Folgen für die Wirtschaft hingewiesen. Vielleicht liegt es auch daran, dass die erfolgreichsten britischen Unternehmen mit Sitz auf der Insel auf die Freizügigkeit angewiesen sind, um ausreichend viele talentierte Mitarbeiter zu finden? Und auch die Märkte teilen nicht den Brexit Optimismus – ein Blick auf den Verfall der britischen Währung reicht aus.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Tobias W.

      >Es reicht ein Blick auf die Namen der Unternehmen, die bereits beschlossen haben, ihre Firmensitze in Richtung Kontinent zu verlagern, um nachzuvollziehen, dass Entscheidungsträger im realen Leben den Brexit Optimismus Stelters nicht teilen.>

      Dieser Blick reicht nicht.

      Der Optimismus von Dr. Stelter bezog sich in der Sendung ausdrücklich auf das, was in 20 Jahren sein wird und in dem von ihm hier verlinkten Artikel sagt er „Großbritannien hat also gute Chancen, in den kommenden Jahrzehnten schneller zu wachsen als die Eurozone und auch Deutschland.“

      Sie müssen als mindestens bis 2039 warten, um einen Saldo für GB aufmachen und erst dann über seinen Optimismus urteilen zu können.

      Antworten
      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        Womit sollen die Briten denn wachsen, wenn die großen internationalen Konzerne der Insel Auf Wiedersehen winken und auf den Kontinent ziehen?

        Welche Industrien haben die Briten? Mehr als als alles andere sind die Briten ein Produzent von Dienstleistungen, Finanzdienstleistungen und boten internationalen Konzernen (vor allem aus dem angelsächsischen Ländern) einen attraktiven Sitz für ihre Europa Konzernzentralen. Sind die Briten nicht mehr Teil des Binnenmarkts, gibt es für Konzerne keinen Grund mehr auf der Insel einen Europasitz zu betreiben – deswegen gehen die Konzerne, auch die britischen (Vodafone!). Und so gut wie alle Dienstleistungen und Produkte, die auf Exportumsätze angewiesen sind, lassen sich außerhalb des Binnenmarkts nicht besser und billiger herstellen im Vergleich zu einem Mitglied des Binnenmarkts – und dann kommen die Einfuhrzölle und damit verbundenen Kosten dazu. Und ganz zu Schweige von Produktionsprozessen, die kostenoptimiert auf Just-In-Time Lagerung von Zulieferteilen angewiesen sind – das bricht mit einer Zollgrenze alles zusammen, wenn Sie nicht mehr planen können, wann die LKWs/Container mit Teilen eintreffen, weil sie nicht wissen wie lange der Stau an der Grenze ist.

        Ich sehe keinen einzigen Wettbewerbsvorteil für britische Unternehmen außerhalb des Binnenmarkts, dafür aber etliche Nachteile. Daher kann ich auch einer langfristigen positiven Prognose eines Brexits nicht folgen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        Sie denken statisch.

        Es gibt zwei Aspekte der Dynamik, die Sie nicht ausschließen sollten:

        a) mit dem Austritt wären die Briten FREI, Handelsverträge abzuschließen mit wem sie wollen

        und

        b) könnte sich die Welt so VERÄNDERN, dass es für andere Länder sehr attraktiv sein würde, Handelsverträge mit GB abzuschließen, etwa wenn die Eurozone/EU zerfiele, aber nicht nur dann.

        Vergessen Sie nicht, dass das das Land die fünft größte Volkswirtschaft der Welt ist. Das ist sie nicht, ohne attraktiv zu sein.

        Kurzum:

        Das beim Brexit ausgesprochene Aufwiedersehen ist kein Wir-kommen-nie mehr-zurück.

        Ich bin für GB nicht so optimistisch wie Dr. Stelter es ist, würde aber auch nicht gegen ihn wetten mit Blick auf das Jahr 2039.

        Wogegen ich mich wende, ist die Argumentation, die Sie zwar hier nicht vertreten, die aber implizit in Ihrer Position enthalten ist und die zur Wahlkampfnummer der Verteidiger einer unveränderbaren EU bzw. ihrer Vertiefung bei den Parlamentswahlen im Mai wird:

        Der Bexit ist eine Katastrophe für GB und wäre es auch für jedes andere Land, das austreten wollte, und deshalb kann man nur für die EU sein bzw. muss sie vertiefen.

        Ja, er ist erst einmal eine Katastrophe für GB und schmerzlich für andere, kann aber RICHTIG gewesen sein, wenn man im Jahre 2039 zurückblickt.

        Im Übrigen:

        Sie betrachten nur die ökonomischen Aspekte.

        Sie sind sehr wichtig und sollten daher auch vorrangig betrachtet werden.

        Darüber hinaus gibt es aber auch eine mentale Einstellung, die gerade bei den Briten stark ausgeprägt ist:

        Wir wollen unser Angelegenheiten selbst regeln statt sie von Brüssel regeln zu lassen.
        Man sollte diesen Aspekt nicht unterschätzen. Er war mitentscheidend für das Brexit-Votum.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Dietmar Tischer

        Sie überschätzen die “Buying Power” der Briten in der Verhandlung von Handelsverträgen. Meinen Sie wirklich, die Briten mit ihren knapp 60 Millionen Konsumenten können mit den Chinesen oder anderen großen Handelsblöcken auf Augenhöhe verhandeln und bessere Handelsbedingungen aushandeln als die EU oder die USA, die jeweils einen vielfach größeren Markt bieten!? Ja, die Briten mögen die fünft größte Volkswirtschaft der Welt sein – aber das waren sie als Teil der EU und nicht als eigenständige Volkswirtschaft! Welchen Grund sollte es geben, dass die Briten in Verhandlungen mit anderen Handelsblöcken bessere Bedingungen bekommen, als die EU?

        Dazu kommt, die Exportmärkte USA und EU für sich genommen sind so groß und wichtig, ALLE Exportnationen dieser Welt müssen die Bedingungen dieser zwei Märkte immer bedienen, wenn sie dort absetzen wollen – so oder so! Damit übernehmen Drittstaaten im Umfeld der EU die EU Regulierungen zu einem guten Teil impliziert. Die Briten sträubten sich gegen die Überregulierung von Produkten und Dienstleistungen durch “Brüssel” und wollten auch deshalb “raus” – die bittere Wahrheit ist aber, dass die restliche exportierende Welt auch außerhalb Europas sich längst auf die Regulierung des EU Marktes eingestellt hat, weil sie dorthin exportieren wollen. Wenn die Briten nicht auf den Absatz ihrer Produkte in die EU verzichten wollen, müssen sie EU Regulierungen für Produkte und Dienstleistungen weiter umsetzen – dumm nur, dass sie dann weder ein Mitsprache noch Vetorecht beim Entstehen dieser Regulierungen haben, so wie sie es als Mitglied der EU hatten.

        Dass die Idee, die Briten können alleine besser verhandeln eine Lachnummer ist, sieht man auch momentan in ECHTZEIT, wie sie den Austritt aus der EU managen – Realitätsverweigerung!!. Als die Austrittsverhandlungen begannen, versuchten die Briten die EU Mitgliedsländer zu spalten und boten einzelnen Ländern “Deals” an (https://www.theguardian.com/politics/2016/nov/16/european-ministers-boris-johnson-prosecco-claim-brexit). Es gibt nach JAHREN(!) immer noch keine Einigung zum Austritt. Die Anträge von heute im UK Parlament sind für die EU überhaupt nicht verhandelbar und das hätte allen britischen Abgeordneten klar sein müssen. Ob es einen zeitlichen Aufschub für das Austrittsdatum gibt ist fraglich – warum auch, schließlich sind die zusätzlichen Forderungen nicht verhandelbar und es gibt damit keinen Grund den Austritt aufzuschieben. Wenn UK mit dem harten Brexit auf den Status eines WTO Drittlandes zurückfällt, ist der erste Lackmus Test dann gelaufen und es hat sich herausgestellt, dass die Briten nach langer EU Mitgliedschaft die EU nicht verstanden haben und in mehr als zwei Jahren nicht mal mit der EU einen anständigen Vertrag aushandeln können – wie soll das mit anderen Handelsblöcken besser laufen?!

        Und selbst wenn die Briten vollkommen oder größtenteils auf den Export und Import mit der EU verzichten (Wahnsinn!), wie lange dauert es, eine Volkswirtschaft und seine Produkte so umzubauen, dass dieser Verlust durch andere Handelspartner aufgefangen werden kann?! In der Zwischenzeit bluten die Briten weiter aus, werden wirtschaftlich weiter schwächer, hinken weiter hinterher, werden weiter uninteressant als Markt und Handelspartner – der Teufelskreis beschleunigt sich.

        Nein, mit der Argumentation kann ich nicht überzeugt werden. Das ist – mit Verlaub – Unsinn und eine der größten Brexit Lügen.

    • Thomas
      Thomas sagte:

      Englands geostrategischen Lage als Insel ist sehr gut. Deutschlands hingegen sehr schlecht. Auch ein Grund warum seit Bismarck alles schiefgelaufen ist.
      Ich hoffe auf einen Brexit weil GB dann eine Alternative werden könnte wenn auf dem Kontinent wieder die Lichter ausgehen. Obwohl, zur Zeit ist England schon weiter auf dem Weg zum Orwell Staat.

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Tobias W.

      Ich bestreite überhaupt nicht, dass große Wirtschaftsblöcke allein schon aufgrund ihres Nachfragepotenzials sehr vorteilhaft sind, wenn die Terms of Trade verhandelt werden.

      Ihr argumentativer Fehler ist es anzunehmen, dass die Briten, wenn sie aus der EU ausgetreten sind, sich keinem anderen Wirtschaftsblock anschließen könnten, und daher NIE von den Vorteilen eines großen Wirtschaftsblocks profitieren werden. Oder, wenn doch, sie denselben Beschränkungen wie in der EU unterworfen wären.

      Wenn Sie mit diesen Prämissen argumentieren, ist es sinnlos, zu argumentieren.

      Sie verkennen die Möglichkeit, dass es UNTERSCHIEDLICHE Arten von Handelsblöcken und Handelsabkommen GIBT.

      Es gibt welche, bei denen empfundene oder tatsächliche NACHTEILE, wie etwa der uneingeschränkte Zuzug von Menschen aus den daran beteiligten Ländern ausgeschlossen sind. Das ist z. B. beim nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA so: Mexikaner können nicht nach Belieben in die USA einwandern.

      Der Punkt ist:

      Die Vermeidung als unerträglich angesehener Bedingungen kann – muss nicht – durchaus zu einer Situation führen, die abgesehen vom Übergang als VORTEILHAFTER angesehen wird.

      Ein höheres durchschnittliches Pro Kopf-Einkommen wird möglicherweise nicht als vorteilhafter angesehen, wenn es GLEICHZEITIG mit z. B. für viele nicht zumutbaren Zuständen auf dem Wohnungsmarkt oder einem nicht mehr finanzierbaren sozialen Sicherungssystem einhergeht.

      Wenn auch unausgesprochen, war das offensichtlich die Mehrheitsmeinung in GB bei der Volksabstimmung über den Verbleib in der EU.

      Antworten
  6. Ludwig
    Ludwig sagte:

    Wie immer, scharf analysiert und ein besserer Faktencheck als im Öffentlich Rechtlichen.
    Das Problem aber bleibt und war auch gestern in der Runde offensichtlich:
    Die Techniken des politischen Diskurses können keine Foren mehr etablieren, in denen komplexere Zusammenhänge bzw. Abwägungen vorgenommen und einer politischen Entscheidung zugeführt werden. Das Fernsehen als moderne Agora taugt dazu nicht (wahrscheinlich egal wo auf der Welt). Trotzdem kann man ja nicht denen kampflos das Feld überlassen, die die Kapitulation der Politik vor der Aufgabe die immer komplexere Welt für den Bürger nachvollziehbar verständlich zu machen, für ihre Zwecke ausnutzen. Interessant wäre die Meinung des Autors, welche politische Form hierfür seiner Meinung nach geeignet wäre. Ein Blog?

    Antworten
  7. prestele
    prestele sagte:

    Welch bemerkenswerte Diskussion:
    1. Der Autor glaubt feststellen zu können, dass Arbeitkräftemobilität kein wesentliches Element der Wirtschaftsintegration sein. Demgegenüber der Hinweis, dass seit Jahrzehnten im Fach Volkswirtschaft das Beispiel der Arbeitskräftemobilität in den USA als wesentliches Argument für die Dynamik der amerikanischen Volkswirtschaft angeführt wird. Oder mit der Formulierung eines Prof. der Uni Kiel zum Thema räumliche, qualifikatorische und sektorale Beweglichkeit der Produktionsfaktoren. Faktormobilität ist eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Entwicklung einer effizienten Wirtschaftsstruktur, da die Allokationsfunktion des Preises (Preisfunktionen) nur bei mobilen Faktoren wirksam werden kann. Erhaltung und Erhöhung der Faktormobilität ist daher eine der Hauptaufgaben der staatlichen Strukturpolitik.
    2. KIndergeldzahlungen an ausländische Arbeitnehmer, deren Kinder in den Herkunftsländern leben. Wer den Zustand der deutschen Grund- und Hauptschulen kennt, wird die Zuwanderung einer Vielzahl von KIndern aufgrund von reduziertem Kindergeld kaum wünschen können. Stellt das Bildungsproblem, insbesodere der Kinder mit Migrationshintergrund, in unserer doch so reichen Republik, wie der Autor nicht müde wird zu betonen, ein wesentliches Strukturproblem dar

    Antworten
    • Alexander
      Alexander sagte:

      @ Prestele

      Die Kombiantion aus ihren zwei Anstößen hat der unsägliche Thilo Sarazin im Jahr 2015 beantwortet. Dass weder Nettozahler noch leistungsfähige Kinder mit Aufstiegsperspektiven gemeint sind, wenn GB die Zuwanderung begrenzen will, oder der Magdeburger Bürgermeister faire Behandlung von Rumänen anmahnt, dürfte dem geneigten Zusehen klar gewesen sein.

      https://www.achgut.com/artikel/kindergeld_fuer_kesselflicker

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ prestle

      >1. Der Autor glaubt feststellen zu können, dass Arbeitkräftemobilität kein wesentliches Element der Wirtschaftsintegration sein. Demgegenüber der Hinweis, dass seit Jahrzehnten im Fach Volkswirtschaft das Beispiel der Arbeitskräftemobilität in den USA als wesentliches Argument für die Dynamik der amerikanischen Volkswirtschaft angeführt wird.>

      Das ist die Billigheimer-Nummer.

      Niemand bestreitet, dass die Arbeitskräftemobilität ein Faktor für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung sein kann.

      Und niemand bestreitet, dass die Erhaltung und Erhöhung der Faktormobilität, also auch der Mobilität der Arbeitskräfte eine der Hauptaufgaben der STAATLICHEN Strukturpolitik sein sollte.

      Ob und unter welchen Umständen die Arbeitskräftemobilität auf SUPRANATIONALER Ebene die INTEGRATION fördert oder ihr schadet ist eine ganz andere Frage.

      Darum ging es zwar nicht ausschließlich, aber im Wesentlichen in der gestrigen Sendung.

      EFFIZIENZ ist nicht alles in einer Gesellschaft.

      Es geht auch um AKZEPTANZ.

      Antworten
      • Ludwig
        Ludwig sagte:

        Wie immer, scharf analysiert und ein besserer Faktencheck als im Öffentlich Rechtlichen.
        Das Problem aber bleibt und war auch gestern in der Runde offensichtlich:
        Die Techniken des politischen Diskurses können keine Foren mehr etablieren, in denen komplexere Zusammenhänge bzw. Abwägungen vorgenommen und einer politischen Entscheidung zugeführt werden. Das Fernsehen als moderne Agora taugt dazu nicht (wahrscheinlich egal wo auf der Welt). Trotzdem kann man ja nicht denen kampflos das Feld überlassen welche die Kapitulation der Politik vor ihrer eigentlichen Aufgabe, die immer komplexere Welt für den Bürger nachvollziehbar in ihren Abhängigkeiten verständlich zu machen, für ihre Zwecke ausnutzen. Wo oder Was ist die globale (europäische) Agora (die auch Akzeptanz erzeugt)?

      • Prestele
        Prestele sagte:

        @Tischer
        Zunächst geht es einmal um die Stringenz der Argumentation. Argumentiert man ökonomisch, dann gilt der Grundsatz der Faktormobilität auch für den Faktor Arbeit.
        Argumentiert man sozio-politisch, also mit der Akzeptanz, solllte man dies auch benennen und nicht hinter dem Effizienzargument verschleiern. Insofern begeht der Autor einen Kategorienfehler, wenn diese Unterscheidung nicht klar gemacht wird.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Prestele

        Ich habe nichts gegen die Feststellung von Kategorienfehler und verweise auch darauf, wenn ich welche bemerke.

        Wollen Sie Dr. Stelter einen nachweisen, müssen Sie ihn zitieren.

        Ihre Feststellung:

        “1. Der Autor glaubt feststellen zu können, dass Arbeitkräftemobilität kein wesentliches Element der Wirtschaftsintegration sein.”

        ist zu unscharf.

        “Integration” hat nicht nur eine ökonomische Dimension (“Zugewanderte sind beschäftigt”), sondern auch eine gesellschaftliche, eben der Akzeptanz der Zugewanderten, egal ob die beschäftigt sind oder nicht.

        Ein Zitat wäre auch deshalb angebracht gewesen, weil Dr. Stelter hinreichend dargelegt hat, dass es einen ökonomischen Nutzen der Arbeitskräftemobilität gibt, im Aggregat allerdings nur einen bei hinreichender Qualifikation.

      • Prestele
        Prestele sagte:

        Dann liefere ich noch das Originalzitat. Minute 18 der Sendung

        “Wo Handel möglich ist braucht es keine Freizügigkeit”

        Wahrlich es fehlt an Stringenz in der Argumentation

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Prestele

        Das Problem war Ihrer ursprünglichen Ansicht nach ein Kategorienfehler.

        Jetzt ist es eines der „Stringenz in der Argumentation“.

        Das ist etwas anderes.

        Davon abgesehen, verstehe ich nicht, wo hier die fehlende Stringenz sein soll.

        Die Aussage

        „Wo Handel möglich ist braucht es keine Freizügigkeit“

        ist richtig (was sie ist) oder sie ist falsch.

        Stringenz mit Bezug auf welche andere(n) Aussagen von Dr. Stelter?

  8. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Zunächst zur Erinnerung, dass der Brexit aus britischer Sicht mittel- und langfristig kein Problem sein muss:>

    Muss keines sein, kann aber eines sein.

    Es kommt auch darauf an, wie sich die EU, falls sie langfristig bestehen sollte, entwickelt. Der Vergleich wird wesentlich mitbestimmend dafür sein, ob die Briten sich dann in einer Problemlage sehen oder nicht.

    Die Briten haben aber mit dem Brexit, falls es denn wirklich ein konsequenter wird, einen unbestreitbar großen Vorteil:

    Sie können SELBST bestimmen, wie sie Probleme lösen. Gesellschaftliche Konfliktsituationen mögen nach dem Brexit zunehmen, aber die Briten können ALLE Optionen wahrnehmen, sie zu lösen. Die Nationen in der EU können das nicht, was bei derart unterschiedlichen Gesellschaften, die sie ausmachen, schon heute ein Problem ist und ein sich vermutlich dauerhaft verschärfendes, wenn Reformen der EU so gut wie ausgeschlossen sind.

    >Das BIP Griechenlands liegt bei rund 180 Milliarden Euro, das Großbritanniens bei 2320 Milliarden! >

    Dieser Vergleich unterschlägt, dass es bei der „Rettung“ Griechenlands um VERMÖGENSPOSISTIONEN ging, die bei einem Austritt bzw. einer Pleite des Landes den Gläubigern de facto ANZUERKENNEND extrem hohe Verluste beschert hätten. Es war nicht ausgeschlossen, dass Portugal und Spanien folgen würden. Schäuble hätte dem deutschen Steuerzahler den Offenbarungseid leisten müssen. Das sind Risiken, die sich im Fall des Brexit nicht stellen. Dass Griechenland natürlich nicht gerettet ist und die dem Land gewährten Kredite verloren sind, aber eben nicht als de facto anzuerkennende (zu verbuchende), ändert nichts daran, dass die Situation eine andere und daher der Vergleich irreführend ist.

    Was die Sendung einmal mehr gezeigt hat:

    Die Befürworter einer EU, an der nichts geändert, aber alles „vertieft“ werden soll, verkennen die Frage, an dem Sie und die EU gemessen werden:

    Wird das Wohlstandversprechen eingelöst bzw. werden die Wohlstandserwartungen erfüllt?

    Die Menschen werden sich diese Frage stellen und sie letztlich – wenn es friedlich bleibt – an der Wahlurne beantworten.

    Auf dem Weg dahin werden sie zur Kenntnis nehmen, wie das System funktioniert, was heißt – um bei den Worten des Magdeburger Oberbürgermeisters zu bleiben –, ob es GESCHÄFTSSCHÄDIGEND für sie ist.

    Antworten
  9. Ulrich Remmlinger
    Ulrich Remmlinger sagte:

    Eine ernüchternde Erkenntnis nach der TV-Sendung:
    Ich habe mit einer Dame gesprochen, die die Sendung aufmerksam angeschaut hat. Sie fand Herrn Dr. Stelter besserwisserisch, oberlehrerhaft und arrogant. D.h. die “Schwarmintelligenz”, die die Wahlergebnisse bestimmt, reagiert rein emotional und wählt nach Sympathie. Das erklärt den Erfolg von Herrn Habeck.

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @Herrn Remmlinger:

      Sehr richtig, das konnte man übrigens auch der Zuschauerreaktion entnehmen, auch wenn diese Leute handverlesen sind. Das Problem ist, dass Herr Dr. Stelter auf diese Leute tatsächlich arrogant wirkt, da er schneller denken und reden kann als der normale Zuhörer und im Gegensatz zu diesen vorinformiert ist. Und darin sind ihm Politiker wie Laschet meilenweit voraus. Der weiß, wie beschränkt seine Zuhörer sind und stellt sich verbal darauf ein. Darum ist er Ministerpräsident. Herr Stelter will Sachargumente austauschen, Politiker nur emotional überzeugen ohne Rücksicht auf Inhalte.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Wolfgang Selig

        >Der weiß, wie beschränkt seine Zuhörer sind und stellt sich verbal darauf ein. Darum ist er Ministerpräsident. Herr Stelter will Sachargumente austauschen, Politiker nur emotional überzeugen ohne Rücksicht auf Inhalte.>

        So ist es, oder anders ausgedrückt:

        Dr. Stelter will Klärung, Lachet will den Erfolg in der Wahlkabine.

        Wer diesen Erfolg will, kann ihn nicht mit Klärung wollen, sondern muss vereinfachen – und sogar täuschen.

        Damit kam er aber gestern nicht durch mit seiner verfälschenden Frage, ob Dr. Stelter wolle, dass die Menschen nicht mehr nach London reisen und dort arbeiten dürften.

        Es war völlig richtig von Dr. Stelter, hier zu unterbrechen und Laschet darauf zu verweisen, dass „zeitweises Aussetzen“ etwas anderes ist.

        Auch Plasberg hat angemessen reagiert, als er die Behauptung Laschets korrigierte, die AfD wolle die EU abschaffen. Will sie nicht, sie verlangt Änderungen und entscheidet dann.

        Entlarvend war auch die Reaktion Laschets, als er von Plasberg mit den Aussagen von Spahn zur Auswanderung deutscher Ärzte konfrontiert wurde. Hatte er nicht auf dem Schirm, weil die Verdrängung bequemer ist, als sich der Problematik zu stellen.

        Nicht alle Talk Shows sind so schlecht wie ihr Ruf.

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @DT: Richtig, Spahn bereitet sich inhaltlich auf die kommenden Probleme vor. Laschet nicht, denn er ist zu alt und nicht weitblickend genug. Ihm reicht es, die SPD in NRW klein zu halten. Nicht unlösbar. Spahn muss sich inhaltlich auf eine wachsende AFD in ganz Deutschland einstellen und auf Koalitionsverhandlungen mit ihr.

  10. asisi1
    asisi1 sagte:

    Dieser verlogene Haufen , sprich Politiker Versager in Brüssel, hat mir noch nichts Gutes gebracht und wird es auch nie. Ich höre schon so lange ich arbeite, ca. 50 Jahre, nur immer Demokratie und Solidarität. Das aber immer in Verbindung von Menschen welche nicht arbeiten und sich selbst verwirklichen wollen. Auch Politiker, Beamte und Nutznießer von diesem kranken System. Ich hoffe der ganze Dreckstall geht mit einem großen Knall zu Ende!

    Antworten
  11. cg
    cg sagte:

    Es ist bezeichnend, dass Herr Plasberg Sie nicht hat ausreden lassen, als Sie dem Publikum erkären wollten, wie sehr unterrepräsentiert Deutschland verhältnismäßig gesehen im EU-Parlament ist und dass der Austritt GBs dieses Verhältnis noch weiter zu unseren Ungunsten verschieben wird. Es gibt kaum jemanden, der das weiß und die, die es wissen, reden nicht drüber, da ihnen die enorme Sprengkraft dieses Faktums bewusst ist. Sie können dabei darauf vertrauen, dass der Großteil der Bürger ohnehin keinen Dreisatz mehr beherrscht. Ich fand Ihren Auftritt trotzdem überzeugend, da faktenorientiert, nüchtern und unpolemisch. Zumindest hat Plasberg Ihnen relativ viel Redezeit eingeräumt, was ich nicht erwartet hätte, so dass man Ihrer Argumentation folgen konnte und diese nachvollziehbar wurde. Ich hätte vermutet, dass man Sie gleich zu Beginn als “Brexitleugner” diskreditiert und dann nicht mehr ausreden lässt. Insofern angenehme Überraschung.
    – Zum Thema “dass es ein Märchen ist, dass man Griechenland „retten“ musste, um den Euro zu retten” :Yanis Varoufakis, ehemaliger griech. Finanzminister und damals Unterhändler der Griechen bei der GR-Rettung, liefert exakt dieselbe Erklärung wie Sie: Motiv der Rettung sei nicht GR, sondern die Rettung französischer und deutscher Banken gewesen. Sein Buch “Adults in the Room”, in dem er minutiös die Verhandlungen mit IWF und Troika schildert, ist ebenfalls absolut lesenswert, egal zu welcher politischen Richtung man tendiert. ( V. ist ultralinks). Offensichtlich hatte Varoufakis damals alle Meetings per Handy mitgeschnitten.

    Antworten
  12. af
    af sagte:

    Zwei Punkte zum Thema Griechenland / Euro Rettung

    Soweit ich mich erinnere, stand Griechenland vor dem finanziellen Kollaps.
    Es konnte seine Schulden nicht bedienen, geschweige denn zurück zahlen. Daher konnte Griechenland auch keine neuen Schulden mehr machen.
    Die Mehrheit der Schulden hielten Europäischen Banken. Und dort primär Deutsche Banken.
    Dies wurde in der Presse reichlich berichtet. Ein Wetten gegen den Euro setzte an den Börsen ein. Man erinnere sich an das Akronym “PIGS”.

    Die “Griechenland Rettung” war also eine Rettung der Banken in der Euro-Zone und des Euro.

    Parallel, Griechenland und andere Mittelmeer-Staaten nehmen schon seit den 90ern (~25 Jahre) mehr Flüchtlinge auf. Seit der Drittland-Regelung verblieben viele dieser in den Südländern. Gut für den reicheren Norden, schlecht für den Süden und Osten.

    In seiner Not setzte die Griechische Regierung dann in der Krise die Euro Länder unter Druck. Banal formuliert: Entweder Ihr gebt uns Geld, oder wir senden Euch Flüchtlinge.

    Frau Merkel und ihre Nordeuropäischen Kollegen standen vor der Wahl:
    Der eigenen Bevölkerung weitere Kredite/Zahlungen an Griechenland verkaufen. Das war schwierig bis unmöglich.
    Oder Flüchtlinge aufnehmen. Damit Griechenland (und andere) entlasten und die Situation entschärfen.
    Man entschied richtig. Und zwar menschlich und fiskalisch.

    Aus meiner Sicht sind die Euro- / Griechenland-Rettung und die fortlaufende Bewältigung der “Flüchtlings-Krise” Anzeichen für ein funktionierendes Europa. In dem die Menschen und Staaten kooperieren und einander unterstützen und helfen.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      “In seiner Not setzte die Griechische Regierung dann in der Krise die Euro Länder unter Druck. Banal formuliert: Entweder Ihr gebt uns Geld, oder wir senden Euch Flüchtlinge.”

      Sind Sie immer so “menschlich” und verständnisvoll, wenn Sie von jemandem erpresst werden? Oder nur dann, wenn Sie den Erpresser mit dem Geld anderer Leute zum Stillhalten bringen können?

      Davon abgesehen ist Ihre Erinnerung an die Griechenland-Krise übrigens in einem wesentlichen Punkt falsch: Die Mehrheit der griechischen Staatsschulden hielten französische Banken. Nachzulesen in einem erst vor kurzem hier nochmal neu veröffentichten Artikel: https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/best-of-bto-2018-griechenland-die-luege-der-gewinnbringenden-rettung/

      Antworten
      • Horst
        Horst sagte:

        ad Richard Ott:

        Ganz gleich, welche Banken aus welchen Ländern einen Großteil der griechischen Schuldpapiere hielten: Tatsache ist, auch Ihr Vermögen wurde – vorerst – gesichert durch Garantien der nordeuropäischen Staaten.

        Ich stimme af zu: In einer “politischen” Union ist es “ungerecht” (sofern man diesen Begriff verwenden sollte) – aufgrund topographischer Gegebenheiten/Nachteile – die Kosten im Zusammenhang mit Flüchtlingen nur diesem Partner “überzuhelfen”. Von Erpressung kann also nicht die Rede sein – eher von sanftem Druck und klugem Verhandeln – chapeau!

      • af
        af sagte:

        Warum will der Deutsche Finanzminister (!) die Deutsche Bank und Commerzbank fusionieren? Die Deutsche Bank sitzt auf Milliarden Risiken, auch Griechische Anleihen.

        Glauben Sie, die EU Binnenländer haben die Außenländer zum Aufnehmen und Behalten der Flüchtlinge bewogen durch Freundlichkeit?

        Vor Lampedusa und ähnlichen Auffangstationen verschließen die EU Binnenländer seit Jahrzehnten die Augen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Horst

        Wie kommen Sie auf die unsinnige Idee, dass “auch mein Vermögen” durch die Insolvenzverschleppung Griechenlands “gesichert” worden sei? Ich besaß und besitze weder griechische Staatsanleihen, noch Anleihen oder Aktien von europäischen Großbanken, die damals Griechenland-Exposure hatten, weder direkt noch indirekt über irgendwelche Fonds oder Versicherungen, ich hatte nicht einmal Forderungen gegenüber solchen Banken. Mein Vermögen wurde erst in dem Moment konkret geschmälert, als Griechenland umgeschuldet wurde und über verschiedene Wege letztendlich der deutsche Staat (der Steuern auf mein Einkommen und mein Vermögen erheben kann) das Risiko für Kredite übernimmt, die Griechenland niemals vollständig zurückzahlen können wird. Also Danke für nichts.

        Die griechische Flüchtlings-Erpressung seit 2015 hätte die EU dadurch abwenden – und gleichzeitig echten Kriegsflüchtlingen helfen – können, dass sie das UNHCR mit mehr Budget und Ressourcen ausgestattet hätte. Zur Verdeutlichung der Relationen: Aktuell hat das UNHCR 5,7 Millionen Syrien-Flüchtlinge erfasst und veranschlagt für deren Versorgung und Betreuung ein Budget von ungefähr 5 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Alleine Deutschland gibt pro Jahr für die Versorgung von ungefähr 1,5 Millionen Migranten, von denen nur eine Teilmenge tatsächlich Kriegsflüchtlinge, individuell politisch Verfolgte oder anderweitig Schutzberechtigte sind, schon ein Vielfaches von diesem Betrag aus. Griechenland hätte die EU nie so effektiv erpressen können, wenn die EU nicht in seiner Außen-, Grenzschutz-, Migrations-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik so exklatant versagen würde, wie sie es leider tut.

        Im Jahr 2014, also dem Jahr vor der sogenannten “Flüchtlingskrise” kamen in Griechenland übrigens etwa 40000 Flüchtlinge aus hauptsächlich Syrien und dem Irak an – das sind ungefähr 2% der Gesamtzahl der Syrien-Flüchtlinge, die das UNHCR zu dem Zeitpunkt registriert hatte. Zweifelsohne eine große Belastung für Griechenland (der sich das Land dann per Durchleitung der Flüchtlinge in Nachbarländer entledigt hat), aber kaum bedeutend im Vergleich zu der Zahl, für die das UNHCR zu dem Zeitpunkt verantwortlich war.

      • Horst
        Horst sagte:

        ad Richard Ott:

        Eventuell aber unterhielten/unterhalten Sie Giro- und/oder Sparkonten bei eben diesen Banken, die durch einen Konkurs Griechenlands in Schieflage (bis hin zum Konkurs) “hätten geraten sein können”. Sehr viele Konjunktive. Vielleicht aber hat Griechenland durch massive Aufschuldung in den Jahren zuvor auch Ihren inländischen Job gesichert. Sie werden sicher kontern, dass Sie als Immobiliengutachter nicht profitiert haben von der griechischen Verschuldungstragödie, die aufgeführt wurde im EU-Amphitheater. Nun, dann waren es nicht Sie, aber vielleicht die, die Sie bezahlt und somit für Ihr Einkommen gesorgt haben.

        Ihr Blick auf die Zusammenhänge ist egozentrisch geprägt.

        In einem Kreditgeldsystem braucht es immer zwei Partner für den Tango.

        Erweitern Sie Ihren Blick.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Horst

        Nein, mein Blick ist ordnungspolitisch geprägt. Ich bin grundsätzlich dagegen, irgendwelchen insolventen Staaten oder Firmen staatliche “Rettungspakete” zu verabreichen, nur weil ich oder jemand anderes durch die Forderungsausfälle in der Insolvenz kurzfristige Vermögenseinbußen hinnehmen müsste.

        Wenn Sie Ihren Blick etwas weiter als nur bis zum nächsten Wahltermin richten würden, dann würden vielleicht sogar Sie begreifen, dass Ihre Maßnahmen langfristig mehr Schaden als Nutzen anrichten, weil Sie die Probleme immer nur aufschieben, anstatt sie zu lösen.

      • Horst
        Horst sagte:

        Lieber Richard,

        definieren Sie doch bitte einmal den Begriff “ordnungspolitisch”.

        Da ich Nicht-Wähler bin, kenne ich den nächsten Wahltermin nicht, ebenfalls erinnere ich mich nicht, Maßnahmen skizziert zu haben.

        M.A.n. ist Ihr Blick strikt insolvenz-rechtlich geprägt. Wann bitte, Ihrer Ansicht nach, haben Staatsbankrotte dem Großteil der Bürger gedient? Mit ein wenig mehr Verständnis für Wirtschaftsgeschichte, z.B. in Bezug auf den debt-driven deutschen Boom der 20er Jahre (aber auch das Märchen der goldenen 20er ist bei genauer Betrachtung unverständlich, waren es doch circa 5 eher bessere Jahre von 1924 – 1929), dem folgenden – glücklicherweise nicht 1000jährigem -“ordnungspolitischen” Desaster sollte Sie Ihre Positionen überdenken lassen.

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ af

      M. A n. zurecht verbindet die Mehrheit der Ökonomen die Verschuldungskrise Griechenlands bis 2015 nicht mit der Flüchtlingskrise.

      Aber einmal angenommen, dass es so wäre, wie Sie es darstellen, muss man sich schon fragen, ob sie nicht blind sind, wenn sie behaupten:

      >Aus meiner Sicht sind die Euro- / Griechenland-Rettung und die fortlaufende Bewältigung der „Flüchtlings-Krise“ Anzeichen für ein funktionierendes Europa. In dem die Menschen und Staaten kooperieren und einander unterstützen und helfen.>

      Niemand wird sich ernsthaft dem Gedanken verweigern wollen, dass man kooperieren, sich gegenseitig unterstützen und einander helfen sollte.

      Entscheidend ist aber das WIE.

      Wenn das dazu führt, dass überall die Unzufriedenheit wächst bis hin zum Austritt – den übrigens auch die Griechen in der Krise mehrheitlich wollten –, dann funktioniert dieses Europa (EU) nicht.

      Nur Ignoranten wollen die EU mit einer Handbewegung vom Tisch wischen.

      Es beweist aber auch Ignoranz, wenn Leute wie gestern Laschet, die Parlamentsabgeordnete und Krause darauf besteht, dass an der EU grundsätzlich nichts geändert werden müsse.

      Oder aber – und dazu neige ich, weil ich sie nicht für dumm halte:

      Ihre Weigerung, grundsätzliche Schwierigkeiten anzuerkennen und Verweise auf die Schwierigkeiten mit Beschwörungsformeln wie „unsere unverzichtbaren Werte“, im „globalen Rahmen die einzige Chance“ und „in Amerika bewegen sich die Leute doch auch in ihren Wohnwagen zu anderen Arbeitsplätzen“ abzuweisen, ist das EINGESTÄNDNIS, dass sie nicht an die Reformfähigkeit der EU glauben.

      Antworten
    • Thomas
      Thomas sagte:

      Den Fall Griechenland kann ich sogar verstehen. Wenn wir die fallen lassen schnappen die Russen (oder die Chinesen) sich den geostrategisch wichtigen Happen.
      Churchill war es wichtiger Griechenland im Westen zu halten als das britische Kriegsziel, ein freies Polen, zu erreichen.
      Ps Um Menschlichkeit ging es nie, geht es nie und wird es nie gehen. Das ist nur ein Verkaufsargument.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Thomas

        Guter Punkt.

        Deshalb sind Länder wie Montenegro, Serbien, Albanien und Mazedonien Beitrittskandidaten für die EU – in unsere „Wertegemeinschaft“. Lage, Lage, Lage ist auch geopolitisch ein entscheidendes Kriterium.

        Man kann sie aufnehmen wollen, sollte aber den Leuten nicht erzählen, wie schön es ist, dass jeder in der EU leben und arbeiten kann, wo er will.

        Es fehlt den Schönrednern in der Politik an der Ehrlichkeit, den Leuten zu bestätigen, was sie schon immer wissen:

        Alles hat seinen Preis.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        Den Balkan unbedingt unter Kontrolle bringen zu müssen, ist nur eine geostrategische Idee, die sich auch als falsch herausstellen kann. Zum Beispiel dann, wenn die Kosten für die Kontrolle dieser Region höher sind als der strategische Nutzen, den man daraus ziehen kann. Oder um Bismarck statt Churchill zu zitieren: “Der Balkan ist mir nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert.”

  13. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Für die EU und die EU-fokussierten Politiker ist die Antwort auf jede Krise ein „Mehr“ an Integration.”

    Das kann man so sehen. Ich sehe es aber so, dass mit Integration vor allem Umverteilung gemeint ist. Und das führt unweigerlich zu Widerstand der Zahler. Und wenn die Umverteilung zu groß wird, wird der Widerstand der Zahler zu groß werden. Das wird dann passieren, wenn die Lasten der demographischen Entwicklung von den nehmenden Wählern nicht mehr akzeptiert werden wird und eine höhere Umverteilung gefordert wird, die die Geber nicht zu zahlen bereit sind. Und dann war es dann mit der EU. Wann das ist weiß ich nicht, aber der aktuelle Weg ist der falsche. Umverteilung löst langfristig keine Probleme.

    Antworten
    • qed
      qed sagte:

      @ Herrn Selig

      “Ich sehe es aber so, dass mit Integration vor allem Umverteilung gemeint ist.”
      Bingo. Und dann gilt das Thatchersche Gesetz, daß Sozialismus nur so lange funktioniert, wie das Geld der anderen noch nicht verbraten ist.
      Things will come…

      Antworten
    • Johannes
      Johannes sagte:

      @ WS: “Umverteilung löst langfristig keine Probleme.”

      Aber leider kurzfristig und genau dies ist der Ansatz den viele Politiker und die Sozialromantiker unter ihnen wollen. Wir haben neulich als AfD-Kreistagsfraktion gegen eine Bezuschussung von ÖPNV Monatskarten (Antrag der SPD-Fraktion) für bestimmte Personengruppen gestimmt. Weil diese Mittel aus dem Budget für freiwillige Aufgaben des Kreises genommen werden. Der Anteil der Mittel freiwilligen Ausgaben beläuft sich auf ca. 2% des Gesamthaushaltes des Kreises; alles andere sind Mittel für vom Bund und/oder Land zugewiesenen Aufgaben oder zweckgebundene Mittel für Infrastruktur wie Kreisstraßen. Wir haben dagegen gestimmt, weil diese Bezuschussung absehbar auf dem Prüfstand steht, sobald die Mittel für freiwillige Ausgaben “in Gefahr geraten”. Und das tun sie nach aller Erfahrung sehr schnell, sobald infolge eines Rückgangs der Wirtschaft die Kreisumlage steigen muss/soll und die Mittelzuwendungen des Landes sinken. Dann wird man für diese Leistung “natürlich” Kredite einsetzen “müssen”, denn Kürzungen im Sozialbereich sind “unsozial”.

      Es ist als Politiker immer einfacher das Geld anderer Leuter auszugeben, als unpopuläre Entscheidungen zu treffen, die die Wiederwahl gefährden (in unserem Bundesland sind übrigens demnächst Kommunalwahlen…). Was ich im Kleinen auf Kreisebene sehe, muss ich bloß auf Landes- und/oder Bundesebene extrapolieren, um eine Ahnung zu bekommen, wie leichtfertig und unreflektiert dort Politik mit dem Füllhorn betrieben wird, als gäbe es kein Morgen.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Johannes

        Sie verweisen auf eines der GRUNDPROBLEME unserer Gesellschaft:

        Mit dem Totschlagargument „keine Diskriminierung“ wird eine Politik erzwungen bzw. vor der Bevölkerung gerechtfertigt, die letztlich zu unhaltbaren Zuständen führt:

        Maßlose Forderungen auf verfestigten Erwartungen, die nicht mehr finanziert werden können.

        Und das, wie Sie richtig feststellen, auf allen Ebenen, von der Kreis- bis zur Bundesebene.

        Nirgends fließen Milch und Honig, auch in der „reichen“ Bundesrepublik nicht. Daher MUSS immer und überall RATIONIERT werden.

        Statt uns mit der Frage zu beschäftigen, wie wir FAIR und möglichst EINVERNEHMLICH rationieren können und sollten, wird dem gutgläubigen Publikum ein Überbietungsschauspiel gebotet, das in den gesellschaftlichen bzw. politischen Ruin führt.

      • SB
        SB sagte:

        @Dietmar Tischer:

        Der Begriff Diskriminierung ist doch (auch) ein von den Linksgrünen in der Sache zu politischen Zwecken komplett umgedeuteter (Kampf-) Begriff. Selbstverständlich darf und muss man unterscheiden, wo es sachlich begründet ist. Das gilt auch hinsichtlich Menschen. Alles andere ist sozialistisch-planwirtschaftlicher Nonsens. Mit der Umdeutung des Begriffes in etwas “Böses” (kindlich-naives Schema), wurde ein Tabu installiert, damit die Zahler die bedingungslose Umverteilung tolerieren (erdulden!). Aber der Krug geht bekanntlich nur solange zum Brunnen, bis er bricht.

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @Johannes:

        Für die meisten Politiker gibt es ja auch kein Morgen.

        Wenn Sie wie Angela Merkel, Horst Seehofer oder Martin Schulz am Ende ihrer Karriere stehen oder wie Andrea Nahles nicht einmal wissen, ob sie bis Weihnachten durchhalten können, muss Ihnen langfristige Politik völlig egal sein. Und so agieren diese Leute dann auch. Aktuell geht es um die Europawahl und um die ostdeutschen Landtagswahlen und nur darum.

        Dann ist bei Leuten, die erwarten können, dass sie noch länger regieren wie z.B. Söder oder Aiwanger in Bayern leicht anders, denn es könnte durchaus sein, dass sie noch 10 Jahre am Ruder sind. Aber auch die können nicht mehr wie Franz-Josef Strauß agieren.

    • Harge
      Harge sagte:

      “Wann das ist weiß ich nicht,…”

      Warum nicht, man muss sich doch nur die Geburtenstatistik und die aktuelle destruktive, produktivitätsvernichtende und technologiefeindliche Politik ansehen.

      https://www.deutschlandinzahlen.de/tab/deutschland/demografie/natuerliche-bevoelkerungsbewegungen/geburten-und-sterbefaelle-insgesamt

      Ich denke massive Probleme werden wir bekommen, wenn die geburtenstärksten Jahrgänge 1961-1966 in Rente gehen, was in DE so ab 2026 der Fall sein wird. Der Höhepunkt der Krise dürfte zwischen 2031-2033 liegen, wenn es bei der Regelaltersgrenze für die Jahrgänge ab 1964 von 67 Jahre bleibt.

      Antworten
  14. Walter Roth
    Walter Roth sagte:

    Stimme in fast allem zu.

    Nur das ewige Mantra vom Schulisch derart starken Asien würde ich gerne mal nicht lesen müssen.

    Ich habe in meiner Familie Asiaten, eine aus Thailand und eine aus China.
    Die Chinesin ist genau das was wir dort bewundern. Sie hat innert 2 Jahren wirklich sehr gut Deutsch gelernt und damit eine Stelle als Übersetzerin bekommen.
    Sie besuchte die Sprachschule Benedict sicher 1 Jahr jeden tag voll, und wollte diese mit Note 6 abschliessen, allerdings gab es sowas noch nie…. sie hats denn auch knapp verpasst.
    Sie hat in China studiert und mir einmal erzählt wie das in China damit so zu und hergeht.
    Wer spurt bekommt eine Chance, wer Probleme macht ist raus….. und Raus fallen viele.

    Zusammengefasst :
    In China gibt es eine ungeheure Masse an Schülern die nie gut werden, nie wirklichen Nutzen aus den Möglichkeiten ziehen können ……. so wie das “Vermögende” können.
    Stipendien gibt es natürlich auch für “Arme” was die Sache aber nicht wirklich einfacher macht.
    Es gehen in China Jährlich Dutzende Millionen von den Schulen ab ohne das sie die für ein berufliches Fortkommen nötigen Fähigkeiten in der Schule erworben haben.
    Wir hier sehen immer nur die Massen die ein Land mit weit über 1 Milliarde Menschen natürlich erzeugen kann und die gute Schüler sind…… vergessen aber den noch weit grösseren Rest völlig.
    Ein Rest der auch heute, unter anderem, ….das Heer der Wanderarbeiter nährt.
    Wäre das Chinesische Schulsystem wie das hier in der Schweiz ….nicht auszudenken was dann los wäre.

    China ist kein Wunderland, zeigt uns aber nach Möglichkeit immer nur seine guten Seiten……
    Korea ist weit besser, Singapur auch.
    Zu den Asiaten zählen aber auch Indonesien, Malaysia usw……..

    In Thailand ist das Schulsystem miserabel, aber es sind ja auch Asiaten…..
    Nur wer Geld für eine Privatschule hat, bekommt dort die Chance auf eine gute Zukunft oder einen Platz an einer guten ( auch Staatlichen ) Universität.
    Und er muss beinahe zwangsläufig in Bangkok zur Schule gehen.

    Kambodscha und Burma lassen wir mal weg……. dort gibt’s auch noch grosse Baustellen.

    Fazit:

    Asien hat viele sehr gute Schüler kraft seiner schieren Massen, aber das ist weder durchwegs so, noch sind die staatlichen Schulsysteme wirklich gut für alle….. gerade auch in China….. gerade dort.

    Natürlich werden wir Westler weniger, das wäre auch sehr gut so, denn wir haben viel zu viele Menschen auf der Erde.
    Allerdings ist es extrem schlecht diese lediglich “theoretischen” Lücken mit Arabern und Afrikanern füllen zu wollen. Damit ruinieren wir unsere Kultur und Wissenschaft nachhaltig.

    Scholl Latour sagte dazu mal :
    ” Wer halb Kalkutta aufnimmt, wird selber zu Kalkutta”

    Wir sind die grösste Gefahr für uns selber….. WIR….
    Ist der “Westen” einmal untergegangen, wird er für immer verloren sein und damit verliert die Erde ihren Antrieb, den besten Teil der Wissenschaft, die Neugierde und Schaffenskraft der Menschheit vermutlich unwiederbringlich.

    Antworten
    • Frank Präuner
      Frank Präuner sagte:

      Sehr geehrter Herr Roth,
      ihre Erläuterungen bzgl. der Super Schüler und Studenten aus China, kann ich nur bestätigen. Mein Sohn hat in China ein halbes Jahr dort studiert und war eigentlich erstaunt wie locker er mit den Chinesen an der Universität in Hongkong mithalten konnte. Mein Sohn war aber sehr erschrocken über die soziale Kompetenz der Chinesen bzw. deren Teamfähigkeit, die eigentlich nicht vorhanden war. Man sollte tatsächlich, wie sie es beschrieben haben, die Kirche mal im Dorf lassen bzgl. der angeblich so hohen Bildungskompetenz der Chinesen. D.h. natürlich nicht, dass wir in Deutschland unser Bildungswesen nicht weiter auf Vordermann bringen müssen. Aber Angst brauchen wir, vermute ich nicht zu haben.

      Antworten
      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @Frau Präuner: Angst brauchen wir nicht haben, das ist das gleiche Spiel wie mit Japan in den 80ern. Aber eine Ausrede für eigenes Bildungsversagen ist es halt auch nicht.

    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Die Argumentation “Masse statt Klasse” greift viel zu kurz.

      Es ist vollkommen egal, ob das chinesische Bildungssystem in der Masse nur durchschnittliche Mitläufer ohne Sozialkompetenz produziert – um mal die Stereotypen hier aufzugreifen. Tatsache ist, dass die Zahl der Spitzenkräfte im MINT Bereich, die China und Indien im eigenen Land produziert in absoluten Zahlen schon so hoch ist, dass deutsche Hochschulen kaum noch eine Chance haben, in vergleichbaren Größenordnungen überhaupt Absolventen zu liefern – geschweige denn auf dem gleichen Niveau. Und dann kommt dazu, dass chinesische und indische Studenten die weltweit besten technischen Hochschulen (und keine davon ist in Deutschland) als Auslandsstudenten überschwemmen. Im MINT Bereich sind in Masterstudiengängen an US Universitäten mittlerweile mehrheitlich Asiaten als größte Gruppe eingeschrieben(!!).

      Zu einer derartigen Kompetenzkonzentration in Masse ist kein EU Land fähig und selbst im Verbund kann die EU nicht mithalten. Das wäre alles nur halb so schlimm, wenn die EU diese Arbeitskräfte in die eigenen Arbeitsmärkte locken könnte. Aber auch das klappt nicht, denn wer zu den weltbesten gehört, geht lieber in die USA oder andere angelsächsische Länder, wo die Gehälter teilweise exorbitant höher sind als in Deutschland und es sich als hochgebildeter und hochbezahlter Immigrant viel besser leben lässt als in einem Deutschland mit seinen Assimilationsanforderungen an Ausländer, seinen viel zu hohen Steuer- und Sozialabgaben und einem im internationalen Vergleich lächerlichen Lohnniveau vor allem im IT Bereich – ganz zu Schweige von der Tatsache, dass es in Deutschland kaum attraktive Arbeitgeber mit ausgeprägten R&D Abteilungen im IT Bereich gibt, wenn man mal SAP ausklammert. Dieser Brain-Drain aus Indien und China wird so lange anhalten wie die monetären Anreize und der allgemeine Lebensstandard in den USA größer sind als in Indien und China – dazu kommt, dass die meisten Chinesen, die zu Reichtum gekommen sind, dem System in China nicht vertrauen und ihren Reichtum lieber im rechtssicheren Ausland parken.

      Ich arbeite seit mehr als sechs Jahren für ein großes amerikanisches Softwareunternehmen, lebe seit fast drei Jahren in den USA. Meine Frau ist gebürtig aus China und hat dort die meiste Zeit ihres Lebens verbracht, ich kenne China gut durch etliche Besuche, Familienkontakte und meinen Beruf. Im Berufsalltag habe ich in unseren R&D Abteilungen fast ausschließlich mit gebürtigen Indern und Chinesen zu tun – Tendenz stark steigend. Den Bedarf für qualifizierte Entwickler und Forscher kann mein Arbeitgeber nur durch Humanimport aus diesen beiden Ländern decken. Neue Forschungs- und Entwicklungszentren werden deshalb in China aufgebaut – die Mitarbeiter, die dann dort bereits vor Ort einige Zeit für die Firma gearbeitet haben, lassen sich dann leichter mit L1 Visas in die USA holen. Das betrifft alleine in unserem Unternehmen jedes Jahr mehrere Tausend Mitarbeiter, die so ihren Weg in die USA finden.

      Wie abgehängt Deutschland und Europa in Anbetracht dieser Größenordnungen sind, wird in weiten Teilen der Öffentlichkeit in Deutschland überhaupt nicht verstanden – genauso wie die langfristigen Auswirkungen.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        Was Sie über Spitzenkräfte im MINT-Bereich sagen, ist nachvollziehbar und ich glaube Ihren Darlegungen.

        Es kann desweiteren kein Zweifel darüber bestehen, dass die Kompetenzen im MINT-Bereich einer Volkswirtschaft ganz entscheidend für die Wertschöpfung und den materiellen Wohlstand einer Gesellschaft sind.

        Ich bin aber auch der Meinung, dass die „Qualität“ einer Gesellschaft nicht nur an der MINT-Kompetenz gemessen werden kann.

        Für uns Deutsche und für die Europäer insgesamt stellt sich demnach die Frage:

        Können wir so etwas wie eine hinreichend gute gesellschaftliche Qualität aufrechterhalten, wenn wir uns absehbar NICHT mehr im Spitzenfeld der MINT-Kompetenz wiederfinden?

        Da bin ich mir alles andere als sicher, dass wir das können.

        Vielmehr zweifle ich daran.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Dietmar Tischer

        Ihre Frage: Können wir so etwas wie eine hinreichend gute gesellschaftliche Qualität aufrechterhalten, wenn wir uns absehbar NICHT mehr im Spitzenfeld der MINT-Kompetenz wiederfinden?

        Meine Gegenfrage: Welche Industriesparten gibt es denn (noch), die nicht so maßgeblich durch die Informationstechnologie umgekrempelt werden, dass die eigentliche Wertschöpfung oder die Wettbewerbsvorteile mehr durch den IT Anteil als das eigentliche Produkt definiert wird?! Mir fällt keine ein. Und wenn es welche gibt, dann kaufen die Chinesen diese Industrien einfach ein – entweder direkt auf dem Aktienmarkt oder durch großzügige Angebote an private Eigner.

        Sie lesen Stelter regelmäßig, Sie wissen daher, dass Deutschland als Volkswirtschaft massive, langfristige, versteckte Verbindlichkeiten vor sich herträgt, die in der Zukunft bedient werden müssen. Wenn man in Deutschland in 30 Jahren noch eine “hinreichend gute gesellschaftliche Qualität aufrechterhalten” will, dann gibt es gar keinen anderen Weg für Deutschland, als in Sachen Zukunftstechnologien wettbewerbsfähig zu werden.

        Ich persönlich glaube nicht mehr daran – auch deswegen bin ich nicht mehr in Deutschland und ich habe keine Absicht zur Rückkehr (meine Greencard ist bewilligt). Ich würde auch allen jüngeren Menschen raten, ihren Lebensweg nicht mehr an diese Hoffnung zu knüpfen – oder sich eben darauf einzustellen, dass das Wohlstandsniveau in Deutschland innerhalb der nächsten Generation deutlich schrumpfen wird.

      • Ulrich Remmlinger
        Ulrich Remmlinger sagte:

        @ Thobias W.
        Daß Sie sich nach 3 Jahren in den USA immer noch in deutschen Foren tummeln, zeigt mir, daß Sie emotional immer noch an D hängen.
        Ich war selbst 3 Jahre bei einen US-Konzern in den USA beschäftigt und bin dann zurückgekehrt nach D. Ich weiß, wie sich Heimweh anfühlt. Leider schreitet die Amerikanisierung hier in D so schnell voran, daß es hier mittlerweile genau so läuft, wie in USA vor 20 Jahren. Die Lebensqualität und Kultur, die das Leben in D im Vergleich früher so lebenswert machte, schwindet täglich.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Ulrich Remmlinger

        Ich habe die längste Zeit meines Lebens außerhalb Deutschlands gelebt und in Deutschland nirgends länger als zwei Jahre am Stück – mein Vater war Berufsoffizier in der Bundeswehr und später in der EU im Rat tätig – ironischerweise verantwortlich für den Aufbau von EU Institutionen im Bereich Außenpolitik und Verteidigung. Ich bin dadurch überwiegend in den Niederlanden und Belgien aufgewachsen – nicht in Deutschland. Sie vermuten Heimweh – in Wahrheit ist es nur meine Enttäuschung über das Deutschland, das ich als junger Erwachsener erst im Wehrdienst (ich bin Reserveoffizier), im Studium und später als Erwerbstätiger im Berufsleben kennengelernt habe.

        Dieses Deutschland hat sich sehr von meinen Erwartungen unterschieden. Und da ich nie wirklich eine emotionale Heimatbindung zu Deutschland aufgebaut habe, ist mein Blick auf Deutschland recht nüchtern und rational. Einen Schlüsselmoment hatte ich im Alter von etwa 25 Jahren, als die ersten jährlichen Bescheide der Rentenkasse per Post kamen, ich mir meine Lohnsteuerabrechnungen genauer angeschaut habe, mir bewusst wurde, dass mein Riestervertrag Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Finanzberater bei der Sparkasse ist und ich die Spannbreite der Arbeitsangebote in meiner Branche mit typischen Gehaltsangeboten nach Branche und Firmengröße gut einordnen konnte. Ich habe dann ein bisschen kalkuliert und mal überschlagen wieviel Vermögen und Netto-Einkommen ich in meiner Lebenszeit in Deutschland erwirtschaften kann und was man sich davon in einer deutschen Großstadt wie Hamburg leisten kann. Ich war ziemlich enttäuscht. Wer nicht auf ein frühes und üppiges Erbe bauen kann, kann sich in Deutschland abstrampeln, ohne wirklich voran zu kommen – das war mein Eindruck. Das Versprechen, dass sich Leistung lohnt, ist in Deutschland eine eiskalte Lüge.

        Ich habe dann relativ früh den Entschluss gefasst, meinen Dexit zu organisieren. Die Strategie: in Deutschland für einen internationalen Konzern mit Stammsitz in einem attraktiven Land anfangen und kontinuierlich auf eine gesponserte Versetzung hinzuarbeiten. Das hat etwas gedauert, aber bestens geklappt.

        Vermisse ich Deutschland? Nicht das Deutschland das mich enttäuscht hat, sondern das Deutschland das ich erwartet habe, dass es aber so nicht gibt. Stelter hat viele Vorschläge gemacht, die ich politisch voll mittragen würde (nicht alles), daher mein Interesse an diesem Forum.

      • Ulrich Remmlinger
        Ulrich Remmlinger sagte:

        @ Thobias W.
        Danke für die interessante und ausführliche Antwort.
        Ganz so schlecht ist es in D noch nicht. Ich konnte mir aus eigener Kraft in meiner Lebensarbeitszeit ein Haus mit großem Grundstück am Stadtrand und eine gute Altersversorgung erarbeiten. Damit bin ich zufrieden. Es gehr auch nicht nur um Geld und Vermögen. Was mich letztlich aus den USA vertrieben hat, war diese Ideologie der Diversity und der leistungsfeindlichen Quoten für Minderheiten. Fachliche Excellenz wurde nicht geschätzt. Nach meiner Rückkehr nach D zu einem Weltmarktführer habe ich richtig aufgeatmet.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Ulrich

        “Was mich letztlich aus den USA vertrieben hat, war diese Ideologie der Diversity und der leistungsfeindlichen Quoten für Minderheiten. Fachliche Excellenz wurde nicht geschätzt.”

        Den Teil verstehen ich nicht. Was genau meinen Sie mit “Ideologie der Diversity”? Das Prinzip des “Melting Pots”? Oder die Hiring Praxis von US Unternehmen Diversity Quoten einzuhalten? Beides finde ich gut und sinnvoll – wenn fachliche Kompetenz gleichzeitig berücksichtigt wird.

        Mein Arbeitgeber praktiziert das. Die Kulturwende, die unser CEO eingeleitet hat, macht sich auch in der Hinsicht bemerkbar – in jedem Sinn positiv. Alle profitieren von den unterschiedlichen Perspektiven, die eine diversifizierte Mitarbeiterschaft einbringt. Das Ergebnis dieser Kulturwende spricht Bände – vom Sorgenkind des Nasdaq ist mein Arbeitgeber in den letzten sechs Jahren zu einem Innovationstreiber und Wachstumsunternehmen geworden – das wertvollste Unternehmen der Welt. Trotz des schlechten Börsenjahrs 2018 hat die Aktie meines Arbeitgebers 2018 einen Wertgewinn von knapp 10% – das ist besser als die durchschnittlichen 8% Wertgewinn Jahr für Jahr des DAX über seine gesamte Lebensspanne. Representation matters – sagt man hier so schön. Ich kann das nur voll unterstützen. Das zweite Firmenkultur Mantra bei meinem Arbeitgeber ist: Growth Mindset. Mit dem Kontext sollte es auch niemandem schwer fallen, schnell zu googlen, um welches Unternehmen es sich handelt. Ich weiß nicht, ob diese kulturellen Umstände typisch für Corporate America im Ganzen sind, aber ich erkenne Aspekte davon bei fast allen Kunden und Partnern in den USA, mit denen ich direkt zusammen arbeite (überwiegend Telekommunikation und Medien). In jedem Fall empfinde ich diese Kultur dynamischer und bereichender als das was ich von europäischen Großkonzernen wie Siemens, Lufthansa, Deutsche Telekom, Vodafone etc. kennengelernt habe. Und nicht vergessen – hier in den USA herrscht momentan Vollbeschäftigung, ohne gebildete Einwanderer geht gar nichts und Arbeitgeber müssen sich anstrengen, ein gutes Arbeitsumfeld für alle zu liefern, wenn sie Leute anlocken wollen. Vielleicht war das in Ihrer US Zeit anders, ich weiß es nicht.

      • Ulrich Remmlinger
        Ulrich Remmlinger sagte:

        @ Tobias W.
        Das wertvollste Unternehmen ist Apple, die Aktie steht aber heute bei 165$ und damit genau so hoch wie vor einem Jahr, da stand sie bei 167$. Passt also alles nicht so recht.
        Ich habe in Michigan gearbeitet und die Zeiten des “melting pot” waren schon lange vorbei. Vielmehr lebten alle Ethnien in ihren segregierten Parallelgesellschaften und Menschen unterschiedlicher Kulturen trafen sich nur am Arbeitsplatz. Beförderungen in der Firma erfolgten nicht nach Kompetenz, sondern nach Quote. So wurde z.B. die freie Stelle des Abteilungsleiters mit einem Pakistani besetzt, weil “die Pakistanis jetzt mal dran waren” und nicht mit dem kompetenten “caucasian male”. Als ich zurück in D war, habe ich das gleiche Produkt mit kleinerer Mannschaft in besserer Qualität und in kürzerer Zeit entwickelt.
        Meine deutsche Firma hat durch Zukauf eines amerikanischen Unternehmens ihren Umsatz jetzt verdoppelt. Ob man die unterschiedlichen Kulturen verheiraten kann, muß sich noch zeigen.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Ulrich

        Sie liegen mit Apple falsch. Sie müssen nochmal googlen/raten. :)

        Apple’s Market Capitalization am Ende des heutigen Börsentags liegt bei 782 Milliarden USD. Die Market Capitalization meines Arbeitgebers liegt heute bei 793 Milliarden USD.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        Zum Thema “Diversity” und angeblicher “Melting Pot”: Welche rassistischen und leistungsfeindlichen Auswüchse die ursprünglich gut gemeinte “affirmative action”-Politik in den USA mittlerweile produziert, können Sie zum Beispiel hier lesen: https://www.theglobeandmail.com/opinion/article-discrimination-in-the-name-of-campus-diversity-is-not-acceptable/

        Ein Auszug:
        “On April 4 [2018], documents obtained by a group suing Harvard University demonstrated that the university’s admissions process has been discriminating against Asian applicants for decades.

        As discussed in a complaint filed by 64 Asian-American organizations in 2015, affirmative action requires the SAT scores of Asian applicants to be hundreds of points higher than applicants from other ethnic backgrounds. It has reached a point where mixed-raced Asian applicants will choose to hide their Asian heritage when they apply to Ivy League schools.”

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        Hier noch ein kleiner Ausschnitt aus einem Interview mit Dr. Soh, der Autorin des oben verlinkten Artikels: https://www.youtube.com/watch?v=mzvU-PegorQ

        “so it turns out that for decades now Harvard has been discriminating against Asians, and requiring them to have higher SAT scores than people of other ethnic backgrounds in order to get the same chance of admission … Asians do well with SAT scores, they do well with extracurricular activities, so the only way that admissions committees can actually penalize Asians is through rating their personality, so seeing them as less likable, because they are subjective … i find it amazing that very few liberal outlets have covered this”

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