Was erwartet uns im neuen Jahrzehnt – ein wirtschaftlicher Ausblick (I)

Immer zum Jahresanfang werden wir förmlich von Prognosen für das kommende Jahr überschwemmt. Das Problem dabei: Es ist praktisch unmöglich, für den recht kurzen Zeitraum von 12 Monaten genaue Vorhersagen zu machen. Wer das macht, ersetzt, wie man so schön sagt, den Zufall durch den Irrtum.

Auch auf 10 Jahre sind Punktaussagen wie „der DAX steht Ende 2029 bei 23450 Punkten“ sinnlos. Zu viel kann passieren. Was man aber machen kann, sind Aussagen zu grundsätzlichen Entwicklungen.

In der ersten Ausgabe dieses Podcast im Jahre 2020 schaue ich genauer hin, was die letzten 10 Jahre aus wirtschaftlicher Sicht geprägt hat.

HÖREN: → Die Dekade des Versagens

Und die hatten es zweifellos in sich: Eurokrise, Brexit-Votum, Migrationskrise, zunehmender Protektionismus. In der Ausgabe der kommenden Woche folgen dann meine Thesen für das nächste Jahrzehnt.

1. Keine Rückkehr zum Trendwachstum vor der Krise

In den letzten 10 Jahren erlebten wir in einigen Regionen der Welt enormes wirtschaftliches Wachstum – besonders n Asien, vor allem in China. Womit aber auch klar wird, dass das Wachstum der Weltwirtschaft ohne China deutlich enttäuscht hätte.

Denn, von einer Rückkehr zu den Wachstumsraten aus der Zeit VOR der Finanzkrise kann leider keine Rede sein!

  • Laut IWF wird die Weltwirtschaft 2019 um 3 Prozent gewachsen sein, etwas weniger als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre von 3,7 Prozent und weniger als im Jahrzehnt davor (3,9 Prozent).
  • Dabei gibt es – wenig verwunderlich – deutliche Unterschiede zwischen den Schwellenländern – „Emerging Markets“ – und den Industriestaaten.
  • Dieser Unterschied ist zu erwarten. Dennoch hat sich der Unterschied vergrößert und die Industrieländer erleben gerade den dritten Rückgang innerhalb der letzten 10 Jahre:

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

Kein Wunder, dass der IWF skeptisch ist für 2020: “After slowing sharply in the last three quarters of 2018, the pace of global economic activity remains weak. Momentum in manufacturing activity, in particular, has weakened substantially, to levels not seen since the global financial crisis. Rising trade and geopolitical tensions have increased uncertainty about the future of the global trading system and international cooperation more generally, taking a toll on business confidence, investment decisions, and global trade. A notable shift toward increased monetary policy accommodation—through both action and communication—has cushioned the impact of these tensions on financial market sentiment and activity, while a generally resilient service sector has supported employment growth. That said, the outlook remains precarious.”

Ähnlich die OECD, die für 2019 nur ein globales Wachstum von 2,9 Prozent schätzt und fordert: „(…) we need urgent co-ordinated political action to restore confidence, boost inclusive growth and raise living standards; global trade is stagnating and is dragging down economic activity in almost all major economies; and policy uncertainty is undermining investment and future jobs and incomes. Moreover, risks of even weaker growth remain high, including from an escalation of trade conflicts, geopolitical tensions, the possibility of a sharper-than-expected slowdown in China, and climate change.”

 Schauen wir genauer auf die Industrieländer. Hier zeigt sich überdeutlich, dass die Welt sich nicht von der Finanzkrise – die eigentlich eine Überschuldungskrise war und ist – erholt hat:

Ökonomen vergleichen dazu das sogenannte „Trendwachstum“ – also die Entwicklung der Wirtschaft, wenn alles so weiter gegangen wäre wie vor der Krise – mit der tatsächlichen Entwicklung. Die Differenz zeigt den Wohlstandsverlust durch die Krise und deren Folgen. Und diese sind erheblich!

  • Für die USA beläuft sich der Verlust auf rund 4 Billionen US-Dollar, was rund 20 Prozent des laufenden BIP entspricht. Das ist ungewöhnlich, weil die US-Wirtschaft sich von allen vorangegangenen Rezessionen – inklusive Platzen der Dotcom-Blase 2000 – immer vollständig erholt hat, wie diese Abbildung zeigt:

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

  • In der Eurozone sieht es noch schlechter aus. Auf 3,5 Billionen wird der sogenannte Output-Gap geschätzt, was relativ noch mehr als in den USA ist:

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

  • Schlimmer noch: Wenn man den Zeitraum seit 2000 betrachtet, könnte man sogar zum Schluss kommen, dass sich die Eurozone, abgesehen von der kurzen Ausnahme der Jahre 2006/07, schon seit zwei Jahrzehnten im Niedergang befindet.
  • Deutschland die Ausnahme? Nun, das denken nur die Deutschen, die in der Tat ein paar gute Jahre erlebt haben, getrieben vom billigen Geld und vom schwachen Euro. Trotzdem liegt selbst hierzulande das BIP um rund 700 Milliarden unter dem Niveau, das sich bei einer Fortschreibung des Vorkrisentrends ergeben hätte.

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

  • Weitaus schlimmer wurden Italien und Griechenland getroffen. Nachdem in Italien schon von 2000 bis 2009 das Wachstum gering war, hat sich das Land bis heute nicht von der Krise erholt. Das BIP liegt auf dem Niveau von 2002: kein reales Wirtschaftswachstum für fast 20 Jahre! Verglichen mit dem Trend fehlen beeindruckende 1000 Milliarden bei einem Ist-BIP von 1600 Milliarden.

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

  • Griechenland ist sicherlich das Extrembeispiel mit einer Lücke von 150 Milliarden, etwa 70 Prozent des Ist-BIP von 195 Milliarden. 2008 lag es noch bei 252 Milliarden!

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

Natürlich kann man nicht mit Sicherheit behaupten, dass es ohne Krise weiter wie zuvor gegangen wäre. So kann die Erwerbsbevölkerung mehr oder weniger wachsen und entsprechend die Wirtschaft. Klar ist zumindest, dass die letzten 10 Jahre mit Blick auf das Wirtschaftswachstum enttäuscht haben. Die Eurozone scheint auf dem Weg in das eigene japanische Szenario zu sein.

  • Japan hat erneut enttäuscht. Allen Ankündigungen von Premierminister Abe zum Trotz hat Japan es nicht geschafft, die Stagnation der letzten Jahre zu überwinden. Ein Bild, was nichts Gutes für Europa verheißt.

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

  • China hat 2009 die Welt gerettet und steht unstrittig für das Wachstum der letzten 10 Jahre. Dank der jüngsten Revision der offiziellen Zahlen hat China das selbst gesteckte Ziel der Verdoppelung des BIP in den letzten 10 Jahren erreicht. Trotzdem sinken auch dort die Wachstumsraten und bleiben hinter dem früheren Trend zurück. Das Jahrzehnt endet mit deutlichen Anzeichen, dass die Wachstumslokomotive der letzten Jahre schwächelt. Das strahlt auf die Weltwirtschaft aus.

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

Knapp zusammengefasst: Die letzte Dekade war unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftswachstums eine Enttäuschung. Das Welt-BIP liegt deutlich unter dem Niveau des Vor-Krisen-Trends und das schwächelnde China könnte in Zukunft als Zugpferd ausfallen.

2. Anhaltender Rückgang des Produktivitätswachstums

Ein wichtiger Grund für den Rückgang des weltweiten Wachstums ist die Fortsetzung eines schon länger bestehenden Trends zu immer geringerem Produktivitätswachstum.

  • Die sogenannte „Total Factor Productivity (TFP)” – die Relation von gesamtwirtschaftlichen Output zu Input – wuchs von 2010 bis 2019 nur um 0,7 Prozent. Eine ähnlich schlechte Entwicklung gab es von 1990 bis 1999, bevor es dann einige Jahre wirtschaftlich deutlich besser lief. Offen ist, ob wir uns auf eine ähnliche Wende in den kommenden 10 Jahren einstellen können.

Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

  • Diese unbefriedigende Produktivitätsentwicklung ist nicht nur ein Problem der Industrieländer (USA +0,7, EZ +2,6, UK +0,5), sondern vor allem auch der Schwellenländer. Im Mittleren Osten und in Lateinamerika ist sie nach Daten des Conference Boards gefallen. (MENA -13.2 Prozent und Latein Amerika -6.0 Prozent). Wir haben es also mit einem globalen Phänomen zu tun.

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    Man kann gar nicht genug die Bedeutung der Produktivität betonen. Jeder Wohlstandszuwachs setzt steigende Produktivität voraus. Fehlt diese, kommt es zu Verteilungskonflikten, Frustration und politischen Spannungen. Vor allem fehlt den Gesellschaften die Kraft, die vielen ungelösten Fragen vom Kampf gegen den Klimawandel bis zur Finanzierung des Sozialstaats zu lösen.

    3. Aggressivste geldpolitische Maßnahmen

    • Das auffälligste Alarmzeichen dafür, dass in den letzten 10 Jahren etwas nicht richtig gelaufen ist, ist die Entwicklung der Geldpolitik.
    • Darauf bin ich ausführlich im Podcast „Notenbanksozialismus“ eingegangen.
    • An dieser Stelle nur zwei Datenpunkte:
    • Die Bilanzen der Notenbanken der westlichen Welt sind förmlich explodiert seit 2009. Der in diesem Chart noch erwartete Rückgang hat sich nicht eingestellt. Im Gegenteil, Ende 2019 war wieder alles auf weiteres Bilanzwachstum eingestellt:

     

    Quelle: JP Morgan

    • Die Zinsen sind ebenfalls deutlich zurückgegangen. Praktisch überall liegen sie unter dem Niveau von vor 10 Jahren. Zwischenzeitliche Versuche, das Zinsniveau anzuheben, sind rasch gescheitert. Immer wieder waren die Notenbanken gezwungen, die Zinsen zu senken und die Bilanzausweitung fortzusetzen.

     

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    • Nimmt man die zehnjährigen Staatsanleihen als Maßstab, ergibt sich in der gesamten westlichen Welt ein ähnliches Bild. Die Zinsen lagen direkt nach der Finanzkrise bereits auf einem tiefen Niveau. Trotzdem tendierten sie immer tiefer. Die nachfolgende Abbildung illustriert dies. Grün ist das Zinsniveau Anfang 2010, rot, der Stand im Dezember 2019. Fast immer war es der tiefste Stand der Dekade, oder fast der tiefste.

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    • Die Eurozone ragt besonders negativ heraus. Vor 10 Jahren gab es für deutsche Staatsanleihen noch 3,37 Prozent und für französische 3,41 Prozent. Heute bringen beide weniger als japanische Anleihen.
    • So tiefe Nominalzinsen gab es in den letzten 5000 Jahren noch nie.
    • Offiziell ging es den Notenbanken darum, deflationäre Gefahren abzuwenden und die Inflationsraten nach oben zu treiben. Gelungen ist das nicht.

    4. Schulden, Schulden, Schulden!

    • Das letzte Jahrzehnt ist geprägt von einem weiteren Anstieg der ohnehin schon hohen weltweiten Verschuldung. Und dies nach einer Krise, die durch zu hohe Schulden ausgelöst wurde! Bis Ende 2018 stiegen die Nichtfinanzschulden in Japan (+33 Prozentpunkte auf 375 Prozent vom BIP), UK (+18 Prozentpunkte auf 279 Prozent), Eurozone (10 Prozentpunkte auf 258 Prozent), USA (nur 1 Prozentpunkt (!) auf 249 Prozent).
    • Am beeindruckendsten war der Anstieg in China um 75 Prozentpunkte auf 254 Prozent, womit Chinas Schulden schon auf dem Niveau der westlichen Industrieländer liegt.

     Quelle für beide Grafiken: Saxo Bank via Zero Hedge

    • Blickt man auf die einzelnen Sektoren, so zeigt sich nur bedingt ein besseres Bild. So haben die privaten Haushalte ihre Verschuldung in den letzten 10 Jahren im Westen abgebaut, während die chinesischen aufgeholt haben, vor allem beim Kauf von Immobilien.

    Quelle: IFF 

    • Das Hauptproblem dürfte die stark gestiegene Unternehmensverschuldung sein. Vor allem US-Unternehmen sind so hoch verschuldet wie noch nie. Sie haben das billige Geld dazu genutzt, um mit immer mehr Schulden eigene Aktien zurückzukaufen oder andere Unternehmen zu übernehmen. In Europa kam es auch zu einem Anstieg, wenngleich nicht annähernd im selben Umfang. Interessanterweise ging in Japan die Unternehmensverschuldung weiter zurück.

     

    Quelle: McKinsey

    • In China stieg vor allem die Verschuldung der Staatsunternehmen. Auch der Staat steht, wenn man die Lokalregierungen dazurechnet, nicht so gut da, wie man denken könnte. Nicht umsonst hat die Regierung erklärt, sich in Zukunft von der Droge der Schulden loszumachen. Das dürfte eines der wichtigen Themen der kommenden Dekade sein.
    • Fazit: Von „Sparen“ kann keine Rede sein – übrigens auch nicht in Deutschland, wenn man genauer hinsieht, auch dies ein Thema für einen der kommenden Podcasts.
    • Nun fordern verschiedene Seiten, allen voran der IWF, dass die Regierungen endlich noch mehr Schulden machen sollten, um das Wachstum anzuheizen. Dabei dürften die hohen Schulden eine wesentliche Ursache für die abnehmende Wachstumsrate sein.

    5. Deutlicher Anstieg der Vermögenspreise

    • Irgendwo musste das viele Geld der Notenbanken ja hin. Überwiegend blieb es in den Bilanzen der Banken stecken. Ein gewisser Teil schaffte es in die weltweiten Vermögensmärkte: Aktien und Immobilien profitierten am meisten.

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    • Die US-Börse hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt. Die japanische Börse war fast genauso gut, China liegt trotz zweier zwischenzeitlich geplatzter Blasen ebenfalls fast ebenso gut. In der Eurozone haben die Börsen rund 50 Prozent zugelegt.

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    • Auch die Immobilienmärkte haben weltweit zugelegt. In den Industrieländern liegt das Preisniveau bereits über dem Stand vor der Finanzkrise (die bekanntlich vom Immobilienmarkt ausgelöst wurde). In den Schwellenländern war die Entwicklung noch besser. Verwundern kann es nicht. Trifft doch ein fast unbeschränkt schaffbares Gut – Geld – auf ein knappes Gut, Immobilie.


    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    • Daten der BIZ sind eindeutig: Seit 2010 sind die Hauspreise in den Industrieländern um 33 Prozent gestiegen, in den Schwellenländern um 60 Prozent.
    • Nach Region: Eurozone (+15 Prozent), Japan (+15 Prozent), Dubai (+31 Prozent), Australien (+32 Prozent), China (+35 Prozent), Thailand (+31 Prozent), Brasilien (+51 Prozent), USA (+51 Prozent), Kanada (+60 Prozent).

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge
    • In den Wirtschaftszentren war der Preisanstieg noch deutlicher. Immobilien wurden in London, den meisten europäischen Hauptstädten (Deutschland ist da die Ausnahme, da München und Frankfurt besonders teuer wurden und Berlin trotz Anstiegs immer noch günstig ist), New, Boston, L.A., San Francisco, Sydney, Melbourne und Vancouver besonders teuer.

    Nirgendwo macht sich das billige Geld so bemerkbar wie am Markt für Immobilien.

    6. Zunahme der Ungleichheit und Abnahme ­der­ Ungleichheit

    • Ungleichheit war ja Thema des letzten Podcasts vor Weihnachten, dabei aber mit Fokus auf Deutschland. Darin habe ich gezeigt, dass die Einkommensverteilung nach Umverteilung in den letzten 10 Jahren stabil geblieben ist auf einem auch im internationalen Vergleich sehr „gleichen“ Niveau.
    • Global gesehen sind die Armutsraten in den letzten 10 Jahren eine gute Nachricht! Absolute Armut, definiert als weniger als 1,90 USD/Tag ist von 5,4 Prozent auf 3,1 Prozent gesunken (2015, letzte verfügbare Daten). Das dürfte der tiefste Wert in der Geschichte der Menschheit sein und bedeutet ein besseres Leben für Hunderte Millionen Menschen. In Ostasien ging der Wert von 3,8 auf 0,5 Prozent zurück, in Latein Amerika von 2,8 auf 1,3 in Süd-Asien von 6,6 auf 3 und in Afrika (südlich der Sahara) von 5,7 auf 3,1 Prozent. Nur im Mittleren Osten/Nord-Afrika stieg die Quote von 0,5 auf 1,0 Prozent, was unter Migrationsgesichtspunkten für Europa ein Problem darstellt.

    Quelle: Saxo Bank via Zero Hedge

    • In der westlichen Welt war das anders. Die Ungleichheit hat vor Umverteilung zugenommen was die Einkommen betrifft. Während einige Länder wie Deutschland und Frankreich durch erhebliche Umverteilung korrigierend eingreifen, erfolgt das in den USA und im UK beispielweise weniger.
    • Dabei setzt sich der Trend fort, den wir schon seit Jahren kennen. Die Einkommen der Unter- und Mittelschicht bleiben unter Druck in Folge der Globalisierung. Wir haben dadurch einerseits einen Rückgang der globalen Armut, andererseits aber eine höhere Spreizung der Einkommen in den Industrieländern. Das ist das „Elephant-Chart“, das ich vor Weihnachten an dieser Stelle besprach.
    • Hinzu kommt der Anstieg der Vermögenspreise, getrieben vom billigen Geld, von dem naturgemäß nur jene profitieren, die Vermögen haben. Dies führt zu weiterer Ungleichheit, was die Vermögensverteilung betrifft.

     

    Der Chairman des World Economic Forum Klaus Schwab sagte in Davos 2019: ”Now we have to look after the losers, after those who have been left behind. So, if you speak about globalization 4.0, it has to be more inclusive, more sustainable.” 

    7. Populismus und Radikalität

    Die letzten 10 Jahre waren politisch gekennzeichnet durch eine Renaissance des Populismus. Ray Dalio, Gründer und Chef des wohl erfolgreichsten Hedgefonds der Welt, Bridgewater, hat mit seinem Team dazu die historischen Daten ausgewertet. Die Aussage ist interessant: https://www.bridgewater.com/resources/bwam032217.pdf

     Quelle: Bridgewater

    Wie in den 1920er-Jahren können wir einen deutlichen Anstieg des Zuspruchs für populistische/Anti-Establishment-Parteien sehen. Blickt man auf die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre, kann das nur bedingt überraschen. Während der Zuspruch für die AfD in Deutschland sicherlich mehr mit kulturellen und Identitätsthemen im Zuge der politischen Veränderung der CDU unter Führung von Frau Merkel und mit der Migration zu tun hat, bezweifeln wenige Beobachter, dass die Wahl Donald Trumps und der Brexit auch zu einem erheblichen Teil auf die wirtschaftlichen Umstände zurückzuführen sind.

    Bridgestone dazu: „Populism is a political and social phenomenon that arises from the common man being fed up with 1) wealth and opportunity gaps, 2) perceived cultural threats from those with different values in the country and from outsiders, 3) the “establishment elites” in positions of power, and 4) government not working effectively for them. These sentiments lead that constituency to put strong leaders in power. Populist leaders are typically confrontational rather than collaborative and exclusive rather than inclusive. As a result, conflicts typically occur between opposing factions (usually the economic and socially left versus the right), both within the country and between countries. These conflicts typically become progressively more forceful in self-reinforcing ways.” – Es ist also die Folge des Versagens der “etablierten” Parteien.  

    8. Versagen der Führung, die Grundprobleme zu lösen

    Zusammenfassung:

    • Ein weiterer Rückgang der globalen Wachstumsraten, nicht erwartet nach dem Einbruch 2009.
    • Ein unerklärlicher (oder unerklärter?) Rückgang der globalen Total Factor Productivity (TFP).
    • Ein weiterer Anstieg der Schulden, in den Industrieländern vor allem beim Staat und teilweise bei den Unternehmen (USA); in den Schwellenländern vor allem im Privatsektor. Spitzenreiter ist China.
    • Ein deutlicher Anstieg der Vermögenspreise, vor allem US-Aktien und Immobilien weltweit.
    • Eine Abnahme der globalen Armut allerdings bei Zunahme der Ungleichheit in den Industrieländern, die nicht überall so weitgehend durch Umverteilung kompensiert wurde wie in Deutschland und Frankreich.
    • Die Zentralbanken bleiben gefangen in der Politik des billigen Geldes. Jeder Versuch, aus dieser Politik auszusteigen, ist gescheitert,
    • weshalb die Zinsen heute nahe der Tiefststände der letzten 10 Jahre liegen oder oft so tief, wie noch nie in der Geschichte.

    2010 bis 2019 waren also gute Jahre mit Blick auf Wachstum in den Schwellenländern und Reduktion der absoluten Armut. Sie waren enttäuschend mit Blick auf das Wachstum in der westlichen Welt, die relative Armut/Ungleichheit innerhalb der Industrieländer und vor allem mit Blick auf die Glaubwürdigkeit der Notenbanken. Deshalb ist der Anstieg des Populismus auch keine Überraschung.

    Das ist also die Ausgangslage für das nächste Jahrzehnt. Was uns da erwartet, ist Thema der kommenden Woche.