Zur Vollkosten-Betrach­tung von CO2

Am Sonntag geht es in meinem Podcast um die Vollkosten-Betrachtung bei den Bemühungen zum Klimaschutz. Konkret um eine “Voll-CO2-Betrachtung”. Meine Gesprächspartner waren so freundlich, mir einen Text zur Verfügung zu stellen, der morgen an dieser Stelle erscheint.

Zur Vorbereitung heute schon ein Beispiel zur Berechnung. Konkret aus einem SPIEGEL-Online-Beitrag mit dem nüchternen Titel “Hitzschlag”. Was dahingehend interessant ist, dass selbst das IPCC keine höheren Todeszahlen erwartet. Egal.

  • “Wenn die Treibhausgasemissionen der Menschheit nur noch fünf Jahre weiter steigen, dann haben wir dafür gesorgt, dass unsere Atmosphäre den höchsten CO2-Wert seit mehr als 3,3 Millionen Jahren hat. Damals lag der Meeresspiegel etwa 20 Meter höher als heute, in Europa lebten Giraffen, in der Antarktis wuchsen Pflanzen, und Grönland war größtenteils eisfrei.” – bto: wobei wir vermutlich davon ausgehen können, dass in fünf Jahren in der Antarktis noch keine Pflanzen wachsen. Wein wurde übrigens schon früher in nördlicheren Breitengraden angebaut und wir wissen, dass es in einigen Regionen durchaus besser für Menschen und Pflanzen ist, wenn es etwas wärmer ist. In anderen allerdings nicht, weshalb ich verstehe, dass wir den Menschen dort helfen müssen.
  • “Seit der Industrialisierung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Großbritannien begann, verfeuern Menschen immer größere Mengen an fossilen Brennstoffen, um die Produktion von Nahrung, Waren und Mobilität zu steigern. Wir heizen den Planeten so in atemberaubender Geschwindigkeit auf – und wir sind es auch, die etwas dagegen tun müssen. Nur kriegen wir das bisher nicht recht auf die Reihe.” – bto: Seit der Industrialisierung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Großbritannien begann, haben wir die Lebenserwartung der Menschen massiv erhöht. Noch nie war die Menschheit so gut ernährt, so gesund und technologisch so weit. Wir können ein Vielfaches an Menschen ernähren, als man sich in den kühnsten Träumen vor 200 Jahren vorstellen konnte! Wir hätten nur früher das Bevölkerungswachstum in den Griff bekommen müssen. Doch auch hier gilt: Das beste Programm gegen Überbevölkerung ist höherer Wohlstand.
  • “Die Luft an der Erdoberfläche hat sich in den vergangenen 150 Jahren im globalen Mittel bereits um rund ein Grad Celsius erwärmt und die Klimazonen der Erde verschoben. Im Klimaabkommen von Paris 2015 haben sich die Staaten der Welt zwei Ziele gesetzt: Sie wollen den Anstieg der Temperaturen weltweit auf jeden Fall auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen. Noch besser, so heißt es weiter, wäre aber ein Anstieg um nur 1,5 Grad. Zur Erinnerung: Um etwa ein Grad sind die Temperaturen bereits gestiegen.” – bto: Jetzt wissen wir aber, dass es schon mal wärmer war – siehe oben. Fragt sich, ob wir nicht intelligenter damit umgehen sollten, statt Billionen auszugeben, ohne am Ergebnis was zu ändern.
  • “Wenn das CO2 derart lange in der Atmosphäre bleibt, könnte man es im Sinne des Klimas ja dort wieder herausholen. Technisch ist das mit speziellen Anlagen durchaus möglich (…). Allerdings ist das Einfangen von Kohlendioxid aus der Luft im Vergleich zu anderen Klimaschutzmaßnahmen laut Studien bislang nicht nur ineffizient, sondern auch sehr teuer.” – bto: So, so, es ist also “teurer”, was man gar nicht weiß. Denn alle Technologien sind teuer, weil neu. Wir müssen viel mehr in Forschung investieren und dazu gehören auch diese Technologien. Ich erinnere an letzten Samstag, als es um das Beispiel von Großbritannien ging, das hierin ein Geschäft sieht: → Großbritannien: Klima­politik als Geschäft
  • “Der wichtigste Teil des Klimaschutzes wird also darüber stattfinden müssen, dass wir alle weniger Treibhausgase ausstoßen. Laut “Climate Action Tracker” landet die Welt mit ihren aktuellen Maßnahmen bei einem Plus von etwa 2,9 Grad Celsius im Jahr 2100 – und selbst vorausgesetzt, dass alle Länder ihre Selbstverpflichtungen aus dem Klimaabkommen von Paris auch umsetzen, bliebe ein Anstieg von 2,7 Grad Celsius. Also muss noch deutlich mehr passieren.” – bto: Damit sind wir erneut bei dem Thema, dass eine bestimmte Lösung top-down vorgegeben wird.

Was zu den interessanten Erkenntnissen des Beitrages führt:

Quelle: SPIEGEL Online, Kearney

Wir sehen, dass es um grundlegendere Dinge geht. Auch dies verwundert nicht. Denn wir haben auch das hier bereits diskutiert: → Corona zeigt: Verzicht hat kaum Wirkung aufs Klima

Im Interview mit dem Deutschlandfunk äußerte sich Hans-Joachim Schellnhuber, emeritierter Direktor des Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam unter anderem so: “(…) es kommt nicht nur auf die kurzfristigen Entscheidungen der Individuen an. Wenn Sie zum Beispiel entscheiden, wenn Sie sich ein neues Haus bauen wollen, das aus Holz zu bauen statt aus Stahlbeton, dann haben Sie einen riesigen Beitrag zum Klimaschutz gemacht, weil Holz bindet ja sogar CO2, statt bei der Herstellung in irgendeiner Weise CO2 freigesetzt würde. Das heißt, es kommt auf die Individuen an, aber nicht nur auf ihre kurzfristigen Entscheidungen, fliege ich in den Urlaub oder nicht, sondern mittelfristig und langfristig. Es geht darum, welche Art von modernem Leben wir führen wollen, und dazu gehören natürlich auch die Produkte der Schwerindustrie oder des Baugewerbes dazu. (…) Blinder Aktionismus bringt nicht viel. Dass ich als Individuum sage, ich will einen Beitrag leisten, indem ich zum Beispiel auf unnötige Flugreisen verzichte, hat hohen symbolischen Wert und ist auch so etwas wie eine Selbstermutigung. Man fühlt sich nicht mehr hilflos. Aber Politik, die den Klimaschutz wirklich ernst nimmt, die muss in Zwei-Jahres-Schritten, Fünf-Jahres-Schritten, Zehn-Jahres-Schritten, 50-Jahres-Schritten gleichzeitig denken, und das ist natürlich sehr schwer. Politiker sind sehr gut bei kurzfristigen Maßnahmen, (…) Aber strategisch langfristig zu denken, gewissermaßen ein Portfolio von Maßnahmen zu beschließen, das fällt der Politik schwer und das kann eigentlich nur gelingen im engen Dialog mit der Wissenschaft. Das sage ich nicht aus Besserwisserei, aber wir machen genau diese Studien, um zu sehen, auf welcher Zeitskala welche Maßnahme wirklich greift. Um wirklich das Klima zu schützen, muss man sehr viel wissen – Punkt!“

Dazu passt dann die zweite Darstellung im SPIEGEL:

Quelle: SPIEGEL Online, Kearney

Spannend ist dann jedoch die Frage nach der Alternative. Ist die Bahn klimafreundlicher als der Flugverkehr? Morgen gehe ich darauf detaillierter ein.

spiegel.de: “Hitzschlag”, 20. November 2020