Zur Erinnerung: Die demo­grafische Ent­wicklung wird zum bestim­menden Faktor

Demografie ist Schicksal. Das klingt übertrieben, charakterisiert aber sehr gut, was uns bevorsteht. Sie führt zu einem Zeitenwandel in der Wirtschaft, den die Politik nicht versteht, weshalb die falschen Prioritäten gesetzt werden:

Demografie, Zins, Inflation und Ungleichheit

Die Macht der Demografie

Die Demografie dürfte die Realzinsen deutlich drücken

Zur Wirkung der Demografie auf die Finanzmärkte

„Wie die Demografie-Falle Ihr Vermögen bedroht“

Deshalb heute zur Erinnerung ein Kommentar von Roger Bootle, Chairman von Capital Economics im Telegraph, der ein neu erschienenes Buch zum Anlass nimmt, das Thema nochmals zusammenzufassen:

  • “It is now widely believed that depressed aggregate demand, accompanied by ultra-low inflation and near-zero interest rates, is the new normal. (…) Some distinguished economists suggested that we were in an era of secular stagnation. What’s more, they said, there was no obvious end in sight. There came to be pretty general agreement that the world was suffering from an excess of desired savings in relation to desired investment: the so-called savings glut.” – bto: Ich nenne es ja “debt glut”, aber das ist ja egal.
  • “A new book has just appeared that proposes a single major development as an explanation of what has happened: The Great Demographic Reversal by Charles Goodhart and Manoj Pradhan. (…) Their explanation begins with the integration into the global trading system of China and other emerging markets. This effectively amounted to the addition of more than 1 billion workers and not much capital to the world economy. The result, as you would expect, was a depression of real wages in the developed world and higher profits, leading to increased inequality, downward pressure on inflation and, given the savings propensities of these countries, deficient aggregate demand at the global level. This had to be counteracted by ultra-loose monetary policy.” – bto: Das klingt zunächst einleuchtend.
  • “(…) something new (…) is their stress on demographic factors within the developed world. From 1980 to 2010, in most developed countries, the working age population was rising quite significantly, reflecting the earlier baby boom. Meanwhile, the dependency ratio – that is, the ratio of both young and old non-workers to workers – declined as the birth rate fell back and the number of retirees had not yet risen. Moreover, the participation rate in the workforce was also increasing, driven partly by the increased employment of women.” – bto: Das ist nicht neu. Die BIZ hatte das auch schon vor einigen Jahren in einer Studie, die Thema bei bto war.
  • “This internal demographic factor had effects in exactly the same direction as the China factor. So the world economy experienced the largest ever positive labour shock. Goodhart and Pradhan say that between the years of 1991 and 2018, the effective labour force for the world’s trading system more than doubled.” – bto: Und dies wird gerne vergessen.
  • “Because of the attitude of China and other emerging market countries to running current account surpluses, their rise boosted world savings and depressed global demand. The internal demographic factor in the West did the same because of the typical pattern of saving and spending across a person’s lifetime. The peak saving years are the middle ones. In retirement, by contrast, people typically dissave, as they spend in excess of their current income and finance this by running down their accumulated assets.” – bto: Und jetzt werden alle älter! Damit kehrt sich diese Entwicklung um.
  • “They argue that we are now at a demographic turning point. In both the East and West, populations are ageing rapidly. Many countries, including Japan, Germany and China, are going to experience dramatic drops in the working age population, accompanied by major dissaving by the old and retired.” – bto: Damit wird Geld “knapp” und Vermögenspreise fallen. Gut, dass wir dazu auch noch Klimapolitik betreiben.
  • “(…) during the next few decades there will be an intensifying shortage of labour that will drive up real wages and reduce inequality. Meanwhile, as this is accompanied by a revival of aggregate demand, there will be upward pressure on inflation and interest rates.” – bto: So ist es!

telegraph.co.uk (Anmeldung erforderlich): “We are now at a demographic turning point”, 20. September 2020

Kommentare (27) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Heinz
    Heinz sagte:

    Sorry! Aber die Annahmen des Autors entsprechen einfach nicht der ökonomischen Realität, wie ich sie wahrnehme. Sofern es sich nicht um ein Phänomen der „selbstorganisierten Kritikalität“ SOK(1) handelt, wird es nix mit der Inflation und schon gar nicht weltweit.
    Grundsätzlich glaube ich, dass sich die Wirtschaft eher nach thermodynamischen Prinzipien weiterwickelt, als nach von diversen Ökonomen vertretenen Theorien. Ich glaube auch, dass die von Hr. Stelter immer wieder demographische Effekte zu vernachlässigen sind.
    So wie es beim Wetter Tiefdruck und Hochdruckgebiete gibt, gibt es in der Ökonomie Low-Regionen und Boom-Regionen. In den Boom-Regionen gibt es Inflation und höhere Einkommen und in den Low-Regionen sinkende Gehälter und sinkende Preise für Assets. Menschen und Ressourcen werden aus den Low-Regionen in die Boom-Regionen strömen und in dem einen Region, die Vermögensinflation verstärken, die Lohninflation abschwächen und im umgekehrten Fall, die Lohndepression verringern und die Vermögeninflation verstärken. Ich denke nicht, dass sich die rust belts in der USA, zumindest nicht in den nächsten 2 oder 3 Jahrzehnten, erholen werden. Irgendwann wird sich ein prekäres Gleichgewicht einstellen, wie in den bible belts.
    Sofern es keine staatlich aufgestellte künstliche Hürden gibt, werden die Leute von den Low-Regionen in die Boost-Regionen wandern und so löst sich das demographische Problem von allein. Das gilt auch für innerhalb von Europa oder Deutschland. Die Leute gehen dorthin wo es Geld und Jobs gibt. Aus diesem Grund bin auch ganz gespannt auf seine Einschätzung der Lage für Berlin in seinem Podcast am nächsten Sonntag (Low oder Boom).
    Die entscheidende Frage ist daher nicht die Demographie sondern Boom oder Low. Selbst, wenn ich SOK berücksichtige, in Form einer „steileren“ Neigungswinkel durch technologische Durchbrüche oder flacheren Winkel, verursacht durch Naturkatastrophen, Krieg oder Seuchen, wird es immer Regionen geben, die vom Schicksal ein wenig begünstigter sind.
    Für Deutschland sehe ich eine eher düstere Zukunft (Low), da es offensichtlich ist, dass es in Europa Länder gibt, die eine wesentlich intelligentere Migrationspolitik betreiben als dieses. Weltweit bin auch eher skeptisch und hängt mit der Antwort auf die Frage ab: Was bedeutet es, wenn immer mehr Kapital in Unternehmen fließt, deren Ertrag negativ ist? Der Bau der Pyramiden in Ägypten, hat sicher für Vollbeschäftigung gesorgt. Letztlich war ihr Ertrag volkswirtschaftlich gesehen negativ. Was letztendlich in einem Verlust der Zentralmacht resultierte. Indem die Zentralmacht erodiert, ging auch das Gewaltmonopol verloren und zu viele Ressourcen wurden in der Bewältigung lokaler Konflikte verschwendet.
    Es wird immer behauptet, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann. Ich bin der eher der Meinung, dass diese Geisteshaltung Menschen zu Eigen ist, die aus der Geschichte nichts lernen wollen;-)

    (1) https://duepublico2.uni-due.de/servlets/MCRFileNodeServlet/duepublico_derivate_00000104/critisand.html

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  2. Heinz
    Heinz sagte:

    @Tischler
    “Die Pflege der Alten war NIE ein Luxus.”
    Mir zumindest sind andere anthropologische Beobachtungen bekannt. Erst, mit der Eigentumsökonimie, war es möglich, dass zahnlose Greise ihre Söhne über den Tiber sandten (Heinsohn) Vorher war es eher üblich unnütze Fresser zu entsorgen. Siehe den Umgang diverser Völker in der Antike mit ihren Senioren, wie den Galatern, oder auch zeitgenössischer, die diverser Indianerstämme, wie der Sioux.

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    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Heinz

      Ich hatte gesagt:

      >Die Pflege der Alten war NIE ein Luxus.
      Auch sehr arme Gesellschaften mit einem geringen Surplus aufgrund von „Hardskills“ pflegen ihre Alten.>

      Der zweite Satz unterstellt, dass man es sich LEISTEN konnte, die Alten zu pflegen bzw. – für die Vergangenheit angebrachter – sie im Alter zu ernähren.

      Ob dafür die Eigentumsökonomie VORAUSSETZUNG ist, weiß ich nicht.

      Ich sehe allerdings auch nicht, dass sie Voraussetzung sein MUSS.

      NOTWENDIGE Voraussetzung ist auf jedenfalls ein Surplus, d. h. ein Überschuss über das Existenzminimum der Jüngeren, die für die Alten aufkommen.

      Dass es in geschichtlichen Frühzeiten NICHT immer erwirtschaftet werden konnte, dass eine größere Zahl von „Alten“ aus den verschiedensten Gründen durchweg frühzeitig, d. h. in einem Alter, in dem sie noch zu ihrem Lebensunterhalt beitragen konnten, STARBEN, oder dass sie aus wiederum unterschiedlichen Gründen NICHT am Leben erhalten werden konnten (Krieg und Flucht z. B.) ist sicher richtig und besagt, dass „über ein Surplus verfügend“ NICHT hinreichend ist für die Lebenserhaltung der Alten.

      Mit Blick auf Ihre Angaben ist wohl auch richtig, dass es Gesellschaften gab, in denen man die Alten sterben ließ, obwohl man zumindest mit Nahrung ihr Leben hätte verlängern können.

      Auch wenn ich in obigen zweiten Satz nicht „ … ALLE sehr armen Gesellschaften …“ gesagt habe, ist ihr Einwand berechtigt.

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  3. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “during the next few decades there will be an intensifying shortage of labour that will drive up real wages and reduce inequality. Meanwhile, as this is accompanied by a revival of aggregate demand, there will be upward pressure on inflation and interest rates.“ – bto: So ist es!

    Und das ist die alles entscheidende Wende unserer Zeit. Der deflationäre Druck der Integration Osteuropas und Ostasiens in den Weltarbeitsmarkt hat Inflationsraten und Nominalzinsen gesenkt, der demografische Druck erhöht Inflation und nominale Zinsen wieder, vermutlich über Jahrzehnte. Nur dass der Verschuldungsgrad 2020 um Welten über 1990 liegt. Und jetzt wird es spannend werden, wie Inflation und Nominalzinsen interagieren, wenn finanzielle Repression nicht schneller ist als der Zinsanstieg…

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  4. Lele Castello
    Lele Castello sagte:

    Würde auch die Demographie bei der “Demokratischen Mehrheitsfindung” nicht unterschätzen. Es scheint als hätte die Partei PD am letzten Sonntag in der Toscana einen Busservice organisiert, so dass auch die älteren Stammwähler (mehrheitlich PD) zur Wahlurne kommen.

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  5. Namor
    Namor sagte:

    “Damit wird Geld „knapp“ und Vermögenspreise fallen.”

    Dass sich die Demographie (Wegfall/Tod der Babyboomer die alleine in zu großen Wohnungen blieben und deren Kinder, die in die Ballungsräume strebten und in neue Wohnungen zogen) in 5-10 Jahren massiv auf Immobilienpreise auswirken soll, habe ich so gehört. Weil die Nachfrage eben demographiebedingt abnimmt, gleichzeitig der ländliche Raum immer weniger schickt, da ausgedünnt, Osteuropa (weniger Südeuropa) auch ausgedünnt und Geburtenrate unter 2 und Afrika wie Asien in den Größenordnungen nicht integrierbar sind.

    Aber interpretiere ich nun die von mir Eingangs zitierte Aussage richtig als “Cash halten”?

    Antworten
    • Felix
      Felix sagte:

      Lieber nicht. Das die Menschen ihr Kapital auflösen um es zu verzehren und dies die Vermögenspreise belastet, ist zwar richtig, steht aber nicht allein. Zunächst entwickeln sich die Vermögensklassen unterschiedlich. Belastet werden vorwiegend die Vermögensklassen, die vermehrt zum Verzehr verkauft/aufgelöst werden. In Deutschland ist das insbesondere “Geld” (Kontobestände, Sparbücher, Anleihen – oft in der LV). Daneben wirken andere Entwicklungen: Geld verliert allgemein Kaufkraft, der Dollar verliert seinen Status als Sicherer Hafen, Gold und Silber kommen als Sichere Häfen zurück. Rohstoffe sind historisch billig, sind aber von Fall zu Fall zu betrachten. Immobilien haben ihren Höhepunkt erreicht, werden aber weiterhin benötigt. Aktien können weiterhin Werterhalt und Erträge bieten, werden aber in Summe schlechter performen als bisher.

      Cash nur um kurzfristige Kaufgelegenheiten zu nutzen. Ansonsten Gold und einzelne stabile Aktien als liquide Position halten.

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    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Namor

      “Aber interpretiere ich nun die von mir Eingangs zitierte Aussage richtig als „Cash halten“?”

      Wie fast immer in solchen Fällen lässt sich die Frage nicht sinnvoll beantworten, wenn sie so pauschal gestellt ist. Das ist wie wenn Sie in einem Schachforum fragen ob es eine gute Idee ist, einen Läufer auf das Feld C4 zu stellen, das hängt entscheidend davon ab, wo die anderen Figuren stehen.

      Wie viel Cash Sie vernünftigerweise jetzt halten sollten, hängt davon ab, wie alt Sie sind, welche anderen Assets und Versorgungsansprüche Sie haben und was Sie in Ihrem Leben noch für Pläne haben.

      Antworten
      • namor
        namor sagte:

        Danke an Felix und Ott,
        meine Lebenszeit spielt weniger eine Rolle als meine noch jungen Nachkommen für die ich (vor-)sorgen will. Ich bin mir der Schwierigkeit einer Beantwortung der Frage bewusst. Mir scheint, viele Leser hier treibt aber diese Frage um. Und da dachte ich mir, ich stelle die Frage unter dem Demographieaspekt ein weiteres mal. Und nun bin ich bereits dankbar für Antworten und hoffe auf weitere Einschätzungen.

        Eine selbstgenutzte Immo steht im Raum, 30% fremdfinaziert über 10-15 Jahre verschulden. Wenn die Kinder in 15 Jahren außer Haus sind ist die Immo wieder zu groß. Also doch mieten und Aktien oder eine kleine Immo zum vermieten (zahle ich halt Steuern, dafür später durch Familie selbst nutzen) oder am Land wo ich Wurzeln habe ein kleines Haus mit großem Garten (bringt halt gar keine Rendite, dafür Worst-Case-tauglich).

        Mit der heraufdämmernden NWO wird das evtl ein Schachspiel gegen die Taube. Man Stellt die Figuren auf, macht den ersten Zug, …

      • markus
        markus sagte:

        Eine 30% fremdfinanzierte Immobilie (allerdings in keinem Problemviertel) hört sich für mich sehr gut an. Das würde ich mir wünschen und davon träumen sicher auch viele andere. Auf jeden Fall wesentlich besser als zu mieten oder vor kurzem eine Immobilie mit hohem Fremdfinanzierungsanteil gekauft zu haben.

  6. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Die SITUATION:

    >we are now at a demographic turning point … experience dramatic drops in the working age population… accompanied by major dissaving by the old and retired.“>

    Das ist richtig für die entwickelten Volkswirtschaften, aber nicht für die Afrikas z. B.

    Die FOLGE für den Arbeitsmarkt:

    >„(…) during the next few decades there will be an intensifying shortage of labour that will drive up real wages and reduce inequality.>

    Das ist auch richtig mit folgender Ergänzung:

    Die NACHFRAGE nach Arbeit wird vor allem in den relativ schlecht bezahlten Dienstleistungsbranchen Gesundheit, Pflege und Straßenernährung (Fast Food) STEIGEN, weniger in der hochautomatisierten bzw. ausgelagerten Güterproduktion.

    Solange die Migration von den besser bezahlten Jobs zu den schlechter bezahlten läuft, wird selbst bei VOLLBESCHÄFTIGUNG kein Inflationsdruck entstehen – siehe USA.

    DAHER:

    >… as this is accompanied by a revival of aggregate demand, there will be upward pressure on inflation and interest rates.“>
    RICHTIG:

    … nicht schon morgen – da geht es noch um DEFLATION – allerdings in den NÄCHSTEN JAHRZEHNTEN.

    Antworten
  7. Alexander
    Alexander sagte:

    Die demographische Entwicklung ist ein hauptsächliches Problem der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bzw. der zugewanderten Anteile, deren Integration gelungen ist.

    80% der Jugendlichen meiner Heimatstadt haben Migrationshintergrund und entstammen Familien, deren Wertvorstellungen durch heimatliche Normen/religiösen Gewohnheiten geprägt sind – was sich in der Fertilitätsbereitschaft unterhalb westlicher Standards niederschlägt. Unter Vorbehalt von Migration hegen Christen und Muslime dieselbe Wertschätzung für Familie zwecks gemeinsamer Kinder.

    Der Wandel ist kein quantitativer, sondern ein qualitativer wenn ausrangierte Ideale eine Renaissance erleben, d.h. sich das Wahlverhalten durch Werte verändert, die durch keine Schulart oder soap umgeprägt werden könnten.

    Katzenmamas und batikhäxors (Batikhexen) sind die Auslaufmodelle einer nicht nachhaltigen Epoche.
    Preisfindung bis zu Zinssätzen bestimmt am langen Ende immer noch die wertschöpfende Bevölkerung :o)

    Antworten
  8. Gnomae
    Gnomae sagte:

    Solange die Weltbevölkerung nicht schrumpft, wird das Angebot an Arbeitskräften weltweit steigen. Dies hat zur Folge, dass der Faktor Arbeit nicht teurer, sondern international billiger wird. Auf das Lohnniveau in Deutschland bezogen bedeutet dies in der Tendenz sinkende, mindestens stagnierende Arbeitslöhne. Bei in der Tendenz steigenden Vermögenspreisen in Deutschland trifft es die arbeitende Bevölkerung besonders hart. Es kann nichts gespart werden. Die Politik hat in mehreren Stufen falsche Weichenstellungen getroffen, die die Bevölkerung jetzt fatal treffen: Statt auf Produktivität zu setzen, haben wir Millionen Leute aufgenommen, produzieren den teuersten Strom der Welt, kaufen billige Waren aus Ländern, die die hehren Klimaziele einfach missachten, haben unsere Automobilindustrie zerstört und laufen direkt in das nächste Chaos wegen der Corona-Handhabung (fehlerhafte statistische Ansätze und noch dazu fehlerhafte Interpretationen hieraus). Die idealisierte Wunschwelt wird die junge Generation bezahlen müssen. Zugleich ist aufgrund vernachlässigter Bildung vermehrt festzustellen, dass bei Diskussionen vielfach Gefühlslagen mit Fakten verwechselt werden. Selbst grammatikalisch eindeutige Sätze werden nicht mehr richtig verstanden oder einfach falsch interpretiert. Nivellierte Schulbildung führt zu niedrigerem durchschnittlichen IQ. Letzteres hat direkte Folgeauswirkungen auf die Politik: fehlerhafte Gesetzgebung mit der Folge volkswirtschaftlich enormer Schäden.

    Antworten
    • RaS
      RaS sagte:

      @Gnomae
      “Die Politik hat in mehreren Stufen falsche Weichenstellungen getroffen,…”
      “Falsch” oder “Richtig” ist nur eine Frage der Perspektive bzw. der “Zielsetzung”.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ RaS

        >„Falsch“ oder „Richtig“ ist nur eine Frage der Perspektive bzw. der „Zielsetzung“.>

        So ist es.

        Wenn die Bevölkerung etwas explizit will bzw. ein Wollen der Regierung mehr oder weniger stillschweigend akzeptiert, sind die Maßnahmen, die diesem Wollen dienen, NICHT falsch.

        Dass die folgende Generation an den KONSEQUENZEN zu knabbern haben wird, ist ein anderes Thema.

        Es müsste unter „nachteilig für sie“ diskutiert werden.

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Gnomae

      >Solange die Weltbevölkerung nicht schrumpft, wird das Angebot an Arbeitskräften weltweit steigen. Dies hat zur Folge, dass der Faktor Arbeit nicht teurer, sondern international billiger wird.>

      Das Angebot an Arbeitskräften WELTWEIT ist NICHT sonderlich relevant, wenn wir aufgrund der demografischen Entwicklung eine Nachfrage haben, die NUR oder ÜBERWIEGEND nur mit Dienstleistungen HIERZULANDE erfüllt werden kann.

      Antworten
      • markus
        markus sagte:

        @DT:
        Sie unterstellen damit aber, dass dieses Dienstleistungsdefizit nicht durch Migration abgefangen werden kann, wie es die Politik propagiert.

        Anstatt ihren eigenen Kindern eine Inflation und damit eine Aufwertung ihrer Arbeitskraft zu gönnen, setzt der Großteil der Bevölkerung und damit die Politik auf Einwanderung. Dass das bei überwiegen männlichen teils traumatisierten Einwanderern nicht ganz wie gewünscht funktionieren wird, steht auf einem anderen Blatt.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ markus

        >Sie unterstellen damit aber, dass dieses Dienstleistungsdefizit nicht durch Migration abgefangen werden kann, wie es die Politik propagiert.>

        Ja.

        Ich unterstelle, dass es NICHT hinreichend durch Migration kompensiert werden wird.

        Ich gebe zu, dass das eine GEWAGTE Annahme ist.

        Die Politik setzt in der Tat auf Einwanderung von Pflegekräften, habe ich ja auch gesagt. Da sie aber die Zuwanderung von anderen, nicht derart oder anderweitig qualifizierte Menschen nicht wirklich konsequent begrenzt – auch auf Druck von Teilen der Bevölkerung – entsteht bei vielen der Eindruck, Fremde im eigenen Land zu sein.

        Die Politik fördert somit eine IDENTITÄTSKRISE in der Gesellschaft.

        Das Destabilisierungspotenzial ist ihr bewusst („Sept. 2015 darf sich nicht wiederholen“).

        ANDERERSEITS:

        Die junge Generation, vor allem in den Großstädten, wächst ANDERS auf als ihre Eltern und Großeltern, ist viel kosmopolitisch geprägter, fühlt sich „überall zu Hause“, also auch unter Einwanderern (wenn sie der Lebensgewohnheit nach „passen“), beherrscht heute durchweg ein leidliches Englisch etc.

        Sie ist damit OFFENER und ANPASSUNGSFÄHIGER als die Älteren.

        Es wird vermutlich einen Mittelweg geben, also mit einer kontinuierlich beachtlichen Anzahl von zuwandernden Pflegekräften.

        Zwei Einstellungen, die ich in Gesprächen ausgemacht habe und die tendenziell prägend sein könnten:

        a) Ältere Menschen – auch eine beachtlich Anzahl von Frauen – würden sich lieber von einem männlichen Afrikaner gut pflegen lassen als von einem deutschen nachlässig.

        b) Eingewanderte Pflegekräfte haben Zeitverträge und werden nach Ablauf anders tätig, eröffnen z. B. ein Restaurant mit starkem Community-Bezug für andere aus dem gleichen Herkunftsland.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        “a) Ältere Menschen – auch eine beachtlich Anzahl von Frauen – würden sich lieber von einem männlichen Afrikaner gut pflegen lassen als von einem deutschen nachlässig.”

        Eine sehr theoretische Betrachtung. Männliche afrikanische Migranten haben eher selten Interesse an Altenpflege, das gilt dort nämlich als Frauenarbeit.

        Und wenn die männlichen afrikanischen Migranten dazu noch fundamentalistisch muslimisch sind (was im Sub-Sahara-Afrika gar nicht mal so selten ist), lehnen die Pflegetätigkeiten bei alten Frauen schon aus religiösen Gründen ab, ist ja “haram”.

        Einen nach Deutschland zugewanderten Altenpfleger aus Mali sehen Sie wahrscheinlich eher in einer “Wir schaffen das”-Propagandabroschüre der Bundesregierung als in der Realität.

        Nette Idee, funktioniert in der Praxis aber nicht.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        >Nette Idee, funktioniert in der Praxis aber nicht.>

        Wird man sehen.

        Menschen sind jedenfalls sehr anpassungsfähig, vor allem wenn es um die Alternativen schlecht bestellt ist.

  9. Stefan Bohle
    Stefan Bohle sagte:

    “between the years of 1991 and 2018, the effective labour force for the world’s trading system more than doubled” – könnte das der Hauptgrund für die niedrigen Produktionszuwächse in diesem Zeitraum sein, und besteht hier nicht erhebliches Potenzial, was die oben beschriebenen Effekte des demographischen Wandels dann doch deutlich abschwächen könnte?
    Bei einem so dramatischen Zuwachs an billiger Arbeitskraft gab es in den vergangenen 30 Jahren einfach zu wenig Anreiz, Produktivität zu steigern. Das wird sich ändern.

    Antworten
  10. Bernd Naumann
    Bernd Naumann sagte:

    Demografie ist zu kurz gegriffen. Das tatsächlich bestimmende Moment ist die Bildungsdemografie. Zurückgehende Schülerzahlen böten die Chance individueller Förderung und Bestenauslese. Verbunden mit der Anwerbung hoch intelligenter Zuwanderer, gleich welcher Hautfarbe, böte dies die Voraussetzungen für positive zukünftige Entwicklungen. Deutschland und nahezu alle westlichen Länder praktizieren das Gegenteil, d. h. der Durchschnitts IQ wird von Generation zu Generation deutlich niedriger. Die Folgen der Zuwanderung seit 2015 werden erst in ca. 25-30 Jahren vollständig ersichtlich sein. Bildungsdemografie ist ein langsam fallendes, scharfes Schwert. G. Heinsohn hat es mehrfach beschrieben.

    Antworten
    • H. Hoffmeister
      H. Hoffmeister sagte:

      Herr Naumann,
      sehr gute Ergänzung der Ausführungen von Dr. Stelter. Denn tatsächlich wächst – demografisch gesehen – die globale (potenzielle) workforce rapide an, nur eben nicht in den industrialisierten Ländern. Somit sollte Saldoausgleichszuwanderung das Problem der Industrieländer leicht lösen. Tut es aber zumindest in Europa nicht, der Grund ist der Bildungsstatus der Zuwanderer. Verschärfend wirkt hier die kulturell bedingte Verweigerung, insbesondere der aus muslimischen Ländern zuwanderenden potenziellen workforce, diese Bildungsdefizite auszugleichen (Ausnahmen bestätigen die Regel) und, die sich in vielen Ausprägungen spiegelnde Ambitionslosigkeit immer größerer Anteile der autochthonen Bevölkerungen (Wohlstandsverwahrlosung). Für immer mehr Mitbürger wird Wohlstandsmehrung betrieben, indem Leistungen beansprucht werden und nicht dadurch, ersteren eigenhändig zu erarbeiten. Am Ende einer derartigen Entwicklung fabulieren dann unsere von den geschaffenen Transferempfängern gewählten “Eliten” von “Klimaschutz”, “Stromspeicherung im Netz”, “Kobolden in Batterien”, “bedingungs(leistungs)losem Grundeinkommen” und anderen hübschen Ideen. Derweil wird die Gruppe derjenigen, die nutzbare Werte schaffen, täglich kleiner.

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Bernd Naumann, @ H. Hoffmeister

      >Das tatsächlich bestimmende Moment ist die Bildungsdemografie.>

      Es ist ein wesentliches, aber NICHT das bestimmende Moment.

      Selbst wenn wir die Bildung bei uns deutlich verbessern würden mit stärkerer Kompetenz in den MINT-Fächern und somit auch ZUKÜNFTIG mit Exporten Überschüsse erzielen würden, gilt:

      Wir haben einen VERMEHRTEN Arbeitskräftebedarf in den vor allem demografisch bedingt sich ausweitenden Dienstleistungen, der HIERZULANDE bedient werden muss.

      Der wird auch bei deutlich zunehmenden Innovationen die ZUWANDERUNG von NICHT notwendigerweise „hochintelligenten“, sondern empathischen Menschen ERFORDERN.

      Das ist schon heute der Fall – Pflegekräfte werden in Osteuropa und anderswo, sogar in Vietnam angeworben.

      Eine bessere Bildung wie von Ihnen befürwortet, würde es ermöglichen, im Wettbewerb mit anderen Nationen die GEEIGNETSTEN Pflegekräfte und natürlich auch Programmierer etc. zu verpflichten.

      Fazit:

      Ich widerspreche Ihnen nicht, gebe Ihren Ausführungen lediglich einen etwas anderen Fokus.

      Antworten
      • Felix
        Felix sagte:

        Es ist immer alles mit allem verbunden und spielt eine Rolle. Hier würde ich mich aber klar Herrn Naumann und Herrn Hoffmeister anschließen, weil die von ihnen in den Blick genommene Art von Qualifikation entscheidend vor der von Herrn Tischer genannten ist. Pflegekräfte (ob gut oder schlecht) kann sich nur eine Gesellschaft auf Dauer leisten, die mit Hardskills genug Geld verdient um sich diese Art von Luxus zu leisten. Historisch und geographisch eine totale Ausnahme.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Felix

        >Pflegekräfte (ob gut oder schlecht) kann sich nur eine Gesellschaft auf Dauer leisten, die mit Hardskills genug Geld verdient um sich diese Art von Luxus zu leisten.>

        Die Pflege der Alten war NIE ein Luxus.

        Auch sehr arme Gesellschaften mit einem geringen Surplus aufgrund von „Hardskills“ pflegen ihre Alten.

        Die zunehmende Altenpflege ist eine unverzichtbare, SEHR wesentliche Aufgabe, der sich auch unsere Gesellschaft stellen muss.

        Wir werden sie erfüllen – so oder so, ob dabei wie von vielen gewünscht, ist eine offene Frage.

        Wenn man sie mit „Luxus“ erfüllen will, also mit den dafür GEEIGNETSTEN Menschen und Einrichtungen STATE-OF-THE-ART für viele oder gar die allermeisten Bedürftigen, dann – aber NUR dann – muss man die Bildung so sehr forcieren, wie Herr Naumann und Herr Hoffmeister und wir alle, denke ich, es uns wünschen.

        Wenn man auf eine derartige Pflege verzichten WILL, dann muss man die Bildung nicht so sehr forcieren – zwar immer noch und weit mehr als wir es tun, weil sie für den allgemeinen Wohlstand bestimmend ist, aber nicht so sehr wegen der Pflege.

        Kurzum:

        Es kommt auf unsere Ziele an.

        DARAUS ergeben sich die Maßnahmen und die dafür erforderlichen Qualifikationen.

        Es ist nicht dienlich irgendeine Qualifikation als Ziel auszurufen.

        Qualifikation ist IMMER an ein vorgängiges FÜR WAS gebunden.

        Das schließt natürlich nicht aus, dass man sich anhand BESTEHENDER Qualifikationen auch Ziele setzen kann.

  11. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    “during the next few decades there will be an intensifying shortage of labour that will drive up real wages and reduce inequality. Meanwhile, as this is accompanied by a revival of aggregate demand, there will be upward pressure on inflation and interest rates.”

    Ich hoffe eher, die Konsequenz wird ein massiver Stellenabbau bei den sogenannten Bullshit-Jobs sein, aber das ist vermutlich erst nach einem schmerzhaften wirtschaftlichen Zusammenbruch durchsetzbar.

    Wozu braucht zum Beispiel eine Kommune noch eine Gleichstellungsbeauftragte (m/w/d, de facto natürlich fast immer w), wenn es gleichzeitig nicht mehr genug Müllmänner (m/w/d, de facto natürlich fast immer m) gibt?

    Da sorgt die Umschulung zur Müllfrau sogar ganz tatkräftig für mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern, so einen großen Erfolg hatten die meisten Gleichstellungsbeauftragten vorher noch nie…

    Antworten

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