Zeit, aus den Bondmärkten auszusteigen?

In den letzten Wochen kam es zu den ersten größeren Abzügen aus Fonds, die auf Hoch-Risikoanleihen spezialisiert sind. Zeit wird es, wie wir gestern gesehen haben! Ambroise Evans-Pritchard diskutiert im Telegraph ob wir die Zinswende gerade erleben:

  • “The credit markets have sharp antennae. They issued early warning alerts four to eight weeks before each episode of stress over the last 20 years, although with several false alarms along the way.” bto: Ja, so ist das mit den Indikatoren. Zuverlässig weiß man es immer erst hinterher.
  • The shake-out in the US junk bond market last week had an ominous feel for traders and may finally mark the top of the post-Lehman boom in corporate credit. The exuberant reach for yield is nearing its limits.bto: Und wenn da jemand „Feuer“ schreit, ist die Panik da.
  • The metric watched by markets – the Bank of America Merrill Lynch high yield option-adjusted spread – has jumped 40 basis points to 3.8pc over the past two weeks. Blackrock’s iShares HYG fund, the biggest exchange traded fund (ETF) for junk debt, fell to a seven-month low on Friday.”bto: Wenn nun die echten Profis aussteigen sollten, wäre das natürlich ein deutliches Warnsignal.
  • Auch in Europa: “The iTraxx Crossover index measuring bond risk in Europe jumped 25 basis points to 248 over five trading sessions.”bto: Gerade bei uns sind die Risiken völlig aus dem Ruder gelaufen.
  • Institutional investors are holding back 4.7pc in cash and are not yet fully committed. Keep your nerve until it falls to 4.2pc, says Bank of America.”bto: Das sind die mit dem „Ikarus-Trade“ (hatten wir bei bto) und die glauben, es geht noch bis nächsten Sommer gut.
    US-Börsen wie der Ikarus?
  • The initial trigger for the latest jitters was a shift at the Bank of Japan, which is having second thoughts about purchasing $4.5bn (£3.4bn) a month of ETFs ­under its quantitative easing programme. The BoJ’s statement said “extreme measures” aimed at boosting inflation endanger financial stability and could do more harm than good.”bto: In Japan ist die Inflationsrate derweil die höchste der Industrieländer. Arbeitskräfte sind knapp.
  • A parallel shift is under way at the European Central Bank where several governors suggested a total halt to QE as soon as next September. The ECB has already announced that it will halve bond purchases from €60bn to €30bn a month at the start of 2018. Ireland’s central bank chief Philip Lane said there are signs that inflation is snapping back‘ and warned that the ECB may have to tighten sooner than people expect.” bto: Da die EZB jedoch nicht gegen Inflation kämpft, sondern für die zahlungsunfähigen Schuldner, wird sie das nicht machen.
  • The coup de grace came from Washington where the Senate Republicans rejected the House bill on tax reform, demanding a delay in corporation tax cuts until 2019. (…)The plan to cut corporation tax from 35pc to 20pc has been a crucial prop for Wall Street. S&P calculates that a 1 percentage point fall in busi­ness taxes adds 1.2pc to equity prices, ceteris paribus. The open question is to what degree investors have pocketed the tax cuts in advance, leaving no margin for disappointment.” bto: Könnte es also doch sein, dass Aktien mal wieder fallen?
  • What events in Asia, Europe, and the US all have in common is a hint that governments can no longer be relied on to keep propping up asset markets.” bto: Sie dürften es aber nach dem nächsten Einbruch wieder machen.
  • Serious sell-offs in high-yield credit typically see spikes of at least 120 basis points, three times last week’s move. But nobody knows where the pain threshold lies in the post-QE world. The structure of global debt has been distorted by emergency policies. The interest rates of the G4 central banks are minus 1.5pc in real terms. The quartet has purchased $11 trillion of assets since 2009.” bto: Man denke an die Studie über die Zinsentwicklung der letzten 700 Jahre aus der letzten Woche. Wenn die Zinsen wirklich steigen, könnte es zu einer raschen Bewegung kommen, die sich angesichts der hohen Verschuldung verstärkt.
  • (…) the ECB has been soaking up investment-grade bonds, pushing buyers into junk debt. “People are buying anything they can still find with yield and nobody wants to get left behind. Money is still pouring in. We’ve smashed all previous records this year for issuance in Europe,” (…)“Actually it is not even high-yield any more because there is no yield at all. We have never been in a situation like this before and at some point there will be crisis (…).” bto: Das stimmt zweifellos, die Frage ist nur wann. Bin ja gespannt, wie die Jamaika-Profis darauf reagieren werden.
  • The bubble has been astonishing. Yields on the ICE Bank of America Merrill Lynch euro index for junk debt dropped from 6.4pc in early 2016 to 2pc just before the latest sell-off. This is lower than yields on 10-year US Treasuries, usually regarded as the benchmark safe-haven asset for the world.” bto: Natürlich könnte man jetzt noch denken, der Euro wird gegenüber dem US-Dollar aufwerten. So man wirklich glaubt, der Euro habe eine Zukunft.
  • Veterans say the market moves over recent days recall the micro-tremors in late 2006: the first nagging concerns about US subprime and a local eruption in Iceland, against a backdrop of eurozone hubris. The party was to run for another half year but the best was over.” bto: Dass das Beste hinter uns liegt, bedarf keiner großen Analyse. Spannend ist, wie es weitergeht.

The Telegraph: “Is it time for investors to leave the party after the latest bond market

Kommentare (12) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. ZIRP
    ZIRP sagte:

    Die Frage muß eher lauten, wann es an der Zeit ist, Sicherheit in erstklassigen Staatsanleihen zu suchen.

    Leider hat die verantwortungslose Zentralbankpolitik in der westlichen Welt gerade in den wirtschaftskräftigen Ländern Immobilienblasen entstehen lassen, so daß in einer zukünftigen wirtschaftlichen Krise dort das Bankensystem im Risiko stehen wird und nicht nur in Ländern wie Spanie und Italien zuvor.

    Zumal die Immobilienbesitzerquote überall eine viel höhere ist als beispielsweise die Aktionärsquote.

    Zudem besondere Exponierung in Ländern mit Vollfinanzierung aufgrund steuerlichem Anreizsystem wie Schweiz, Schweden, Finnland, Norwegen, etc.

    https://www.presseportal.de/pm/35604/2322072

    https://www.boerse.de/dai/anteil-aktionaere/grafik

    Antworten
  2. Timo
    Timo sagte:

    Ein ziemlich reißerischer Titel für einen vagen, nichtssagenden Artikel mit vielen coulds and when.
    Aus welchem Bondmarkt soll man aussteigen ? Staatsanleihen,Corporates, Kurzläufer, Langläufer, Investmentgrade, High Yield, EM, USA, Europa ? Als gäbe es DEN homogenen Bondmarkt.
    HYG schwankte zwischen 84,81 und 88,65 in den letzten 52 Wochen. Das Siebenmonatstief lag bei ca.87. Geben diese “gewaltigen” Kursschwankungen einen Hinweis auf einen Zinsanstieg? Europäische HY- renditen geben vielleicht einen Hinweis auf die Irrationalität der Anleger, aber als Ausstiegssignal für den gesamten Bondmarkt?
    Der drohende Zinsanstieg wird immer wieder als drohendes Menetekel an die Wand gemalt. Kommt er und wäre er, zumindest für den Anleger, wirklich so negativ?

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      Für den Eigenkapital anlegenden Anleger wäre er nicht negativ. Für den, der auf Pump anlegt, schon. Für die Bank, die den zweiten Typ finanziert, auch. Vor allem aber für den, der ein vermeintlich sicheres Guthaben bei dieser Bank hat.

      Antworten
  3. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Und wenn da jemand „Feuer“ schreit, ist die Panik da.”
    Bis jetzt schreit aber noch keiner. Natürlich, irgendwann wird einer schreien. Ob es dann ein Wahlergebnis in Deutschland oder Frankreich ist, ein Bankenunfall in Japan oder ein Erdbeben in Kalifornien ist eigentlich schon egal. Aber die Ausgangsbasis ist m.E. anders. Einen Vergleich mit dem Jahr 2006 halte ich daher für überzogen, da im Gegensatz zu damals die Notenbanken mit ihren “unkonventionellen” Maßnahmen nach wie vor Gewehr bei Fuß stehen und das Vertrauen in die wesentlichen Währungen noch nicht erschüttert ist. Das kann m.E. nicht so schnell kommen, denn im Gegensatz zur Lehmann-Pleite erodiert das Währungsvertrauen eher in der Geschwindigkeit eines schwimmenden Eisbergs. Der verkleinert sich langsam, aber unaufhaltsam und nur in der Schlussschmelze zügig. Ich rechne erst im kommenden Jahrzehnt damit.

    Antworten
    • Contumax
      Contumax sagte:

      In mehr als vierzig Jahren als privater Investor habe ich ein halbes Dutzend schwarze Schwäne kennengelernt und finanziell überlebt. Keiner glich dem anderen. Die beiden letzten erwiesen sich als sehr spendabel. Ich bin nicht erpicht darauf, den nächsten schwarzen Vogel zu sehen. Er dürfte eher einer Hydra gleichen. Maßnahmen, um – nicht nur in finanzieller Hinsicht – einigermaßen zu bestehen, hat Herr Tischer vor kurzem in diesem Blog genannt. Next time it’s different.

      Antworten
      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        Da dürften Sie recht haben, denn das nächste mal wird der Staat die Immobilieneigentümer und andere mit Lastenausgleich u.ä. belasten, was seit der Nachkriegszeit vergessen ist. Herr Dr. Stelter verwies nicht umsonst auf Macrons thinktank. Der nächste schwarze Schwan ist m.E. eher mit einem schwarzen Loch zu vergleichen, dessen Auswirkungen man schon spürt, weil man schon von seiner Schwerkraft angezogen wird. Man sieht es nur noch nicht. Es ist nur unklar, ob es einen ganz verschlingt oder man mit Schäden noch rauskommt. Und natürlich bleibt die Frage, wie lange der Gravitationsstrudel braucht, um einen ganz einzusaugen…

      • Contumax
        Contumax sagte:

        @Wolfgang Selig
        Der Vergleich des sich nähernden schwarzen Vogels mit einer schwarzen Singularität ist treffend.
        Da Sie den Lastenausgleich ansprechen, den heute, wie Sie schreiben, kaum jemand erinnert: Die Unterlagen meiner Großeltern über jahrzehntelange Ausgleichszahlungen für das selbstgebaute, mit einer Hypothek belastete, im Herbst 1939 (!) bezogene Eigenheim (das wegen fehlenden Holzscheines 2 Jahre ohne Dach blieb), liegen in meinem Familienarchiv. Der Großvater zog nicht ein, sondern für etwa 6 Jahre nach Rußland, die Großmutter bewohnte den provisorischen Luftschutzkeller. Nachdem – mit viel Glück – auch alle vier Kinder halbwegs unversehrt zurückgekehrt waren, belegte der Bürgermeister der rheinischen Fast-Großstadt einen Raum für sich mit Beschlag.
        Der Lastenausgleich ließ nicht lange auf sich warten. Meine Großmutter trug die Last weitgehend alleine, ihr Mann starb an den Folgen der Gefangenschaft Mitte der Fünfziger Jahre. Mehrere Anträge auf Stundung von Raten wurden bewilligt.
        Eigentum verpflichtet. Immerhin zahlte sie keine Miete; – nach heutigen Maßstäben war sie arm wie die sprichwörtliche Kirchenmaus. Das ist keine Klage, und es ist auf die heutigen Verhältnisse nicht 1:1 übertragbar. Next time it’s different.

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      >… das Vertrauen in die wesentlichen Währungen noch nicht erschüttert ist. Das kann m.E. nicht so schnell kommen, denn im Gegensatz zur Lehmann-Pleite erodiert das Währungsvertrauen eher in der Geschwindigkeit eines schwimmenden Eisbergs.>

      Das ist der eine Aspekt.

      Der andere ist, dass die Notenbanken seit der Lehman-Krise sehr viel krisensensitiver geworden sind und auf Verwerfungen im Finanzsektor sehr viel effektiver, weil gezielter und umfassender reagieren können.

      Es gibt natürlich nichts schön zu reden, was die Verschuldung und den Finanzsektor betrifft, ich glaube aber dennoch, dass auf der monetären Ebene die Dinge relativ gut zu kontrollieren sind.

      Ich sehe daher das RISIKO destruktiver Verwerfungen in erster Linie nicht bei den Finanzmärkten, bei denen es „nur“ um BEWERTUNGEN geht.

      Das Risiko unkalkulierbar, nicht beherrschbarer Entwicklungen liegt meinem Verständnis nach in der REALWIRTSCHAFT, speziell in der durch Arbeitslosigkeit sich verfestigender Kompetenzverluste bezüglich nachhaltiger Wohlstandssicherung.

      Das wird sozusagen existenziell erfahren und kann nicht monetär kompensiert werden.

      Ich würde daher sagen:

      Irgendwann ist irgendwo eine Panik da und es gibt keine Feuerwehr, die löschen könnte.

      Dann wären wir vermutlich schnell in einem Modus, bei dem Bewertungen längst nicht mehr das Wichtigste sind.

      Antworten
      • Paul Ziegler
        Paul Ziegler sagte:

        Wo genau, Herr Tischer, sehen Sie die Grenze zwischen monetärer Ebene und Finanzmärkten?
        Auch am Geldmarkt werden ja letztendlich Bewertungen gehandelt und Banken finanzieren ihre Kreditauslagen mit Anleihen. Bankkredite wiederum fließen in Häuser-, Aktien-, etc Märkte, also ich habe echte Schwierigkeiten, hier eine Unterscheidung vorzunehmen?

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Paul Ziegler
        “bei denen es „nur“ um BEWERTUNGEN geht”

        Zitat Gunnar Heinsohn:
        Würde nun freier Markt für Staatspapiere und damit ihre Deflation von – sagen wir – 10.000 Nennwert auf durchschnittlich 5.000 Preis (Kurs) zugelassen, wären fast alle Banken und viele Betriebe umgehend ausgelöscht. Denn die 5.000, die man durch Anlage in Staatspapiere verliert, kann man nicht aus einem Eigenkapital glattstellen, das ebenfalls aus Staatspapieren besteht, die ihrerseits um 5.000 gefallen sind. Danach muss es von vorne losgehen und weder Politiker noch ihre Wähler wollen das persönlich erleben. Hochschulden so lange es geht, bleibt deshalb die Parole auch im Jahre 2013.

        http://www.achgut.com/artikel/deflation_und_inflation_auch_2013_eintraechtig_beieinander/

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Paul Ziegler

        Danke, dass Sie fragen.

        Ich habe mich nicht hinreichend deutlich ausgedrückt mit

        >Ich sehe daher das RISIKO destruktiver Verwerfungen in erster Linie nicht bei den Finanzmärkten, bei denen es „nur“ um BEWERTUNGEN geht.>

        Statt „Risiko“ hätte ich besser sagen sollen:

        Das Risiko URSÄCHLICHER destruktiver Verwerfungen ….

        Selbstverständlich bewerten die Märkte und handeln die Märkte aufgrund von Bewertungen mit Auswirkungen auf die Realwirtschaft – Sie haben natürlich recht und darüber gibt es nichts zu diskutieren.

        Auf die Fehlbewertungen, die aufgrund der Geldpolitik bestehen, hat Alexander vor mir hingewiesen.

        Wenn es diesbezüglich Korrekturen gibt – und die wird es geben –, dann sind diese m. A. n. auf der „Geldebene“, also bezüglich der Stabilität des Finanzsystems vermutlich zu meistern.

        Das ist meine Vermutung mit Blick insbesondere auf die Notenbanken, die sich seit der Lehman-Krise ff. viel intensiver mit dem Zustand der Finanzwirtschaft und insbesondere der Banken beschäftigen und auf Verbesserungen gedrungen haben z. B. der Ausstattung mit Eigenkapital.

        Wenn das richtig ist, dann liegt das Risiko URSÄCHLICHER destruktiver Verwerfungen woanders – in den SOZIALEN und POLITISCHEN Verhältnissen.

        Wie aller Orten zu beobachten ist, können Regierungen sie nicht derart stabilisieren oder verbessern, dass es „ruhig“ bleibt – und dies TROTZ oder WEGEN der Maßnahmen auf der monetären Ebene.

        Vielleicht sollte ich es so sagen:

        Die Finanzmärkte haben mit erheblichen Rückwirkungen auf die Realwirtschaft gravierende Auswirkungen auf den Zustand von Wirtschaft und Gesellschaft, aber in gewisser Weise – mal salopp ausgedrückt – sind sie nur SYPTOME – unterliegender REALER Entwicklungen, die ich mit Megatrends bezeichne.

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Timo Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.