Worauf es bei der Klimapolitik ankommt

Morgen kommt also das berühmte Ergebnis der GroKo zum Thema “Klima” auf den Tisch. Grund genug, nochmals auf das Thema einzugehen.

Bevor wir das tun, der Hinweis auf den “Faktencheck” bei hartaberfair, den ich zugegebenermaßen nicht ganz fair finde:

→ hartaberfair: “Der Faktencheck zur Sendung vom 16.09.2019

 

Warum? Nun, Peter Altmaier hat behauptet, Deutschland sei Weltspitze beim Thema “erneuerbare Energien” und damit der Energiewende. Ich habe dem mit Quellenangabe (!) widersprochen. Dazu schreibt der “Faktencheck”: “Die Aussage, dass Deutschland laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums auf Platz 55 beim Ausbau erneuerbarer Energien liegt, können Dr. Stefan Thomas und Oliver Wagner vom Wuppertal-Institut nicht nachvollziehen.” – bto: soso. Dass sie das nicht nachvollziehen können, mag ja sein. Aber es steht so in der Studie, wie es ein anderer Experte dann am Ende auch bestätigt. Frage ich mich allerdings, wieso man das dann nicht so klar sagt: Altmaier hat eindeutig nicht die Wahrheit gesagt, ich jedoch schon.

 

Dann ging es um den Aspekt, dass die Experten des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung den Effekt des Kohleausstiegs, wie wir ihn organisieren, bezweifeln wegen der Wirkung auf den Preis von Zertifikaten. Dazu wird dann im “Faktencheck” behauptet: ” Herr Stelter hat demnach die Kernaussage des PIK so verkürzt, dass sie stark verfremdet wurde.” Damit soll der Eindruck erweckt werden, ich hätte etwas Falsches gesagt. Dabei steht dort ebenfalls: “Das PIK sagt (…), dass der Kohleausstieg nur dann für die Stabilisierung unseres Klimas etwas bringt, wenn er entweder mit einem Mindestpreis auf CO2 kombiniert wird oder Emissionszertifikate gelöscht werden.” – bto: Also genau das, was ich auch gesagt habe. Von einer “Verkürzung” ist also keine Rede (abgesehen davon, dass man sich, wenn man ständig unterbrochen wird, auch kurzfassen muss). Wie richtig meine Aussage war, kann am Ende selbst der “Faktencheck” nicht unterschlagen, ohne es aber eindeutig zu sagen: “Wenn Deutschland durch Maßnahmen wie Kohleausstieg und Erneuerbare-Energien-Ausbau Emissionen einspart, werden Zertifikate nicht mehr gebraucht, die damit von anderen Unternehmen, in anderen Ländern oder auch zu späteren Zeitpunkten genutzt werden können. Die Emissionsmenge reduziert sich damit in Europa tatsächlich erst einmal nicht.”

 

Wo wir schon beim Thema “Vorbild für die Welt” sind, diese Aussagen aus einem Interview bei der WirtschaftsWoche:

 

Kernaussage: “Auf internationalen Konferenzen wird Deutschland oft als Beispiel angeführt – aber als Negativbeispiel. Was wir in Sachen Energiewende tun, hat mit effektivem Klimaschutz nur wenig zu tun.” – bto: Aber Altmaier darf das im Fernsehen behaupten und man lässt ihn damit durchkommen.
  • “Wir geben Milliarden für die Förderung erneuerbarer Energien aus, aber in den letzten Jahren ist es uns nicht gelungen, entsprechend CO2-Emissionen zu vermeiden. Die CO2-Emissionen sind sogar gestiegen! Außerdem tragen wir mit unserer zwar teuren, aber selbstzentrierten nationalen Klimapolitik nicht viel zum globalen Klimaschutz bei.”– bto: Wir verschwenden Milliarden für nichts.
  • Indem wir erneuerbare Energien subventionieren, werden die frei werdenden Verschmutzungsrechte anderswohin verkauft und machen dort das Verbrennen von klimaschädlicher Kohle günstiger und damit attraktiver. Das ist der sogenannte ‘Wasserbetteffekt’ des Emissionshandels. Aber selbst ohne Emissionshandel ist wohl davon auszugehen, dass ein Großteil der fossilen Brennstoffe, die wir nicht in Deutschland verbrennen, lediglich in andere Regionen der Erde gelenkt werden.” – bto: Aber was kümmert uns das? Wir lassen uns von den Medien und den Politikern erzählen, wir müssten das tun und es würde etwas bringen.
  • Unilaterale Maßnahmen verpuffen oft wirkungslos. Zuweilen schaden sie sogar. Einseitige nationale Verpflichtungen können dazu führen, dass CO2-intensive Produktion ins Ausland abwandert oder dass wir bei internationalen Klimaverhandlungen nichts mehr anbieten können. Wenn das passiert, schadet dies nicht nur der Wirtschaft, sondern schafft auch Anreize für andere Staaten, beim Klimaschutz nicht mitzumachen.” – bto: Ich vermute, dass dieser Herr auch nicht zu Wort gekommen wäre.
  • Reine Symbolpolitik, nur damit wir uns irgendwie besser fühlen, hilft niemandem und verschwendet gewaltige Ressourcen. Doch es geht keineswegs darum, dass wir weniger machen, sondern das Richtige.” – bto: Aber der Zug ist rein intellektuell bei uns schon abgefahren.
Es gibt zwar noch Politiker, die erkennen, was zu tun wäre. So wie Karsten Linnemann und Oswald Metzger vom CDU Wirtschaftsrat. Doch auf sie hört ohnehin keiner. So verwundert es nicht, dass die beiden einen nüchternen Beitrag bei n-tv publizieren und keiner bekommt es mit. Liegt wohl auch daran, dass man es nicht hören mag in der Politik, passt es doch nicht zur Tonlage:
  • „Die Panik, die Greta Thunberg nach eigenem Bekunden auslösen wollte, hat sie ausgelöst. Nicht nur bei vielen Bürgern, deren Sorge vor den Folgen des Klimawandels massiv zugenommen hat, sondern auch bei Politikern und Parteien, die einen regelrechten Überbietungswettbewerb führen, um als Klimaretter wahrgenommen zu werden.“ – bto: Geht es doch um den Erfolg bei den Wahlen. Wie immer, wenn die Politiker Panik bekommen, wird es für die Bürger teuer.
  • „Der Erfolg der deutschen Klimaschutzbemühungen entscheidet sich weniger an deutschen Fleischtheken oder in Heizungskellern als vielmehr beim Europäischen Rat oder auf der nächsten UN-Klimakonferenz. (…) Über 97 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes werden außerhalb Deutschlands emittiert. Das Klima interessiert sich nicht für Landesgrenzen, kluge Klimapolitik sollte es genauso wenig tun.“ – bto: Es herrscht eine Emotionalisierung der Debatten.
  • “Wenn wir nun unsere Kohlekraftwerke so schnell wie möglich abschalten wollen, erneuerbare Energien massiv subventionieren oder CO2-Steuern einführen, dann spart das allein noch kein CO2 ein. (…) Wenn bei uns die Nachfrage nach Rohöl oder nach Emissionszertifikaten rückläufig ist, sinken die jeweiligen Preise und das Rohöl findet in China oder das Emissionszertifikat in Polen dankbare Abnehmer. Wenn wir im nationalen Alleingang unsere energieintensiven Industrien signifikant belasten, verlagern diese ihre Produktionsstätten ins Ausland (…).“ – bto: Schon hier steigen die Befürworter radikaler Maßnahmen – ich habe sie Montag nach hartaberfair persönlich kennengelernt und gesprochen – aus. Diese sehen in der freiwilligen Deindustrialisierung eine globale Vorbildfunktion. Das ist mir nicht verständlich.
  • „Eine Klimapolitik, der es nicht um eine aufgehübschte nationale Klimabilanz, sondern um die zielsichere Reduktion der weltweiten CO2-Emissionen geht, kommt an einem globalen Emissionsrechtehandel nicht vorbei. (…) Der Emissionsrechtehandel (…) ist technologieneutral und reizt die Marktteilnehmer dazu an, innovative Wege zum Schutz des Klimas zu finden. Den Verkehrs- und Wärmesektor in den EU-Emissionsrechtehandel einzubeziehen, wäre ein wichtiger Schritt zu einer globalen Lösung für ein globales Problem. Deutschland könnte dazu einen Antrag bei der Kommission stellen oder zunächst mit einer Koalition der Willigen ein zweites Handelssystem einrichten. In jedem Fall sollten wir damit beginnen, das europäische Emissionshandelssystem mit anderen Systemen zu verknüpfen. Dieser Weg ist besser, effizienter und klimapolitisch wirkungsvoller als eine rein nationale CO2-Steuer.“ – bto: Das ist ganz anders als die Argumentation am Montag. Da wurde ja suggeriert, dass die Einsparungen im Verkehr besonders teuer seien und deshalb bei diesem System die energieintensiven Branchen besonders unter Druck gerieten. So ganz nachvollziehbar war die Argumentation allerdings nicht.
  • „Wenn wir der Welt zeigen wollen, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum kein Widerspruch sind, müssen wir weniger auf nationales Ordnungsrecht und mehr auf marktwirtschaftliche Preisanreize setzen – etwa für die energetische Gebäudesanierung. (…) Wir müssen der Welt konsequent zeigen, dass steigender Wohlstand und sinkender CO2-Ausstoß kein Widerspruch sind. Nur so finden wir Nachahmer, statt zum abschreckenden Beispiel zu werden.“ – bto: Aber das abschreckende Beispiel sind wir doch schon lange. Die Welt lacht doch über eine Energiewende für 200 (bis jetzt) und 500 (bald) Milliarden, die keinen positiven Effekt auf das Klima gehabt hat.
  • „Ein weiterer Schlüssel zur Lösung der weltweiten Klimaprobleme liegt in Deutschland: Technologie und Innovation! (…) Wir sollten den CO2-Ausstoß nicht verlagern, sondern die Technologien entwickeln, um ihn zu minimieren. Dazu müssen wir Universitäten und Unternehmen bei der Forschung unterstützen, ohne ihnen Technologievorgaben zu machen. Wenn wir wie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz Technologien vor hohen Marktrisiken faktisch schützen und mit hohen Renditen belohnen, bremsen wir die Innovationsfähigkeit aus. Bei der Förderung von Antrieben und Kraftstoffen dürfen wir diesen Fehler auf keinen Fall wiederholen und uns nicht als Politik etwa auf Elektromobilität festlegen.“ – bto: So ist es. Ich erinnere an die Förderung der Solarindustrie mit 82 Milliarden, die nun in China steht.

→ n-tv.de: “Worauf es bei der Klimapolitik ankommt”, 11. September 2019