Wir brauchen keinen System­wandel, um das Klima zu retten

Zurzeit geht es in meinem Podcast um das Thema “Wachstumszwang”. Muss unsere Wirtschaft wachsen aufgrund des Schuldgeldsystems und ist dies ursächlich für den Klimawandel? Teil 3 des Themenblocks kommt am Sonntag.

Generell zum Thema Wachstumszwang empfehle ich meinen Themenblock Eigentumsökonomik:

Eigentumsökonomik

Doch zunächst ein Blick auf ein sehr interessantes Interview mit dem US-Ökonom Andrew McAfee vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der WeLT. Die Highlights:

  • “Wenn Sie sich die Entwicklung bis 1970 in Amerika anschauen, waren Luft- und Wasserverschmutzung immer schlimmer geworden. (…) Daher habe ich einen Mordsrespekt vor der Umweltbewegung, die vor einem halben Jahrhundert die amerikanischen Straßen eroberte. Sie bewirkte, dass der Clean Air Act, der Clean Water Act und der Marine Mammal Protection Act verabschiedet wurden. Wenn sie auf die reichsten und wohlhabendsten Länder der Erde blicken, hat man doch überall diese fantastische Wende, diese Umkehr erlebt. Natürlich ist beileibe vieles noch nicht in Ordnung. Aber die Luft in Berlin, in London oder New York ist viel sauberer als vor 50 Jahren.” – bto: Und man kann im Rhein schwimmen. Ich habe das in Basel gemacht. Ein cooles Erlebnis.
  • “Greta sagte ja mehrfach, man müsse nur auf die Wissenschaftler hören. Da stimme ich ihr zu. Sie sollte nur auf uns hören: Es gibt eine Reihe von Wissenschaftlern – zu denen auch ich mich zähle –, die die Statistiken und Zahlenmaterialien der letzten 50 Jahre intensiv studierten und zum Schluss kamen, dass es absolut problemlos geht, ökonomisch weiterzuwachsen und zugleich die Umweltverschmutzung und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren.” – bto: Das sehe ich ganz genauso. Wir müssen einfach die Innovationskraft stärken.
  • Apokalyptisches Denken ist ja nicht neu, auch wenn die jungen Leute immer glauben, sie sähen die Dinge als Erste, sie entdeckten alles neu: Schon in den 70ern waren die Menschen enorm besorgt und beängstigt wegen der Überbevölkerung und der Unterernährung auf der Welt. Man glaubte, unsere Ressourcen würden uns ausgehen, und unsere Ökonomien würden kollabieren. Ich wünschte mir, dass sich die heutigen Aktivisten diese Geschichte genau anschauen. Um zu begreifen, dass die apokalyptischen Szenarien allesamt nicht eingetreten sind.” – bto: Wir können sie aber realisieren, indem wir aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen.
  • “WeLT: Die Wachstumskritiker betonen: Weniger ist mehr. Sie plädieren für Negativwachstum, weniger Konsum, mehr Recycling. Ihr Mantra hingegen ist: mehr aus weniger. Bloß nicht den Prozess anhalten, sondern Gas geben. Lasst uns mehr Kapitalismus wagen, denn er bedeutet Fortschritt. (…) meine These (ist): dass der Kapitalismus mit seinem unerbittlichen Durst nach Gewinn und Profit Erstaunliches bewerkstelligt. Geht es um die Minderung des Ressourcenverbrauchs auf unserem Planeten, dann ist Kapitalismus unser bester Freund und nicht unser Feind. Das ist die größte kontraintuitive Herausforderung, dass der Hunger nach mehr Profit auch ein Hunger nach weniger Kosten, also Ressourcenschonung ist. Beide gehen Hand in Hand.” – bto: Warum ist das so? Weil ein Kostenvorteil zu einem Wettbewerbsvorteil wird. Wer es also schafft, den Ressourceneinsatz zu reduzieren, ist im Vorteil. Dies setzt voraus, dass die Ressource etwas kostet.
  • “Ein ambitionierter Kapitalist kann das erreichen, er wird effizienter, innovativer. Besonders, wenn er in harter Konkurrenz steht. Das konnte ich in Summe für Amerika feststellen, dass der Ressourcenverbrauch seit 2008 zurückgeht, also seinen „Peak“ überschritten hat. Wenn wir mit unseren Ressourcen und der Umwelt schonender umgehen wollen, müssen wir auf mehr Wettbewerb setzen, technologischen Fortschritt und auf die Märkte.” – bto: Es ist eine Effizienzmaschine.
  • “Das Smartphone, das ein Massai-Krieger benutzt, gibt ihm mehr Informationen als einem US-Präsidenten vor 20 Jahren. Das ist ein Sprung nach vorne, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Die meisten denken nur an die Milliarden Handys, die produziert werden, an den Abfall aus Plastik und anderen Feinmetallen. Aber denken Sie an die Welt ohne das Smartphone! Wie viele mehr Geräte, wie viele Kameras, Aufnahmegeräte, Wecker, Karten, Faxmaschinen, Fernseher, Videorekorder, DVD-Player wären produziert worden – das wäre ein Riesenberg. Das Smartphone ist ein ökologischer Triumph für die Welt! Für mich ist diese Dematerialisierung sinnbildlich.” bto: Das, muss ich gestehen, ist ein gutes Beispiel.
  • “Nigeria wird niemals ein Festnetz mit Kupferdrähten haben. Man wird auch nicht alle Wälder roden, um Bücher und Zeitungen zu drucken. Diese Länder überspringen einfach diese Phase, die wir westlichen Industriegesellschaften am eigenen Leib erlebten, ja durchleiden mussten. Das alles bringt das Smartphone mit sich, mehr Wohlstand, mehr Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen – ohne Zerstörung des Planeten. Denn mit dem Innovationsschub geht auch eine größere Sensibilität für den Planeten und seinen Schutz einher.” – bto: Wir sehen ja, wie sehr es die Effizienz steigert (wenn auch nicht in den offiziellen BIP-Daten in Form von Produktivitätsfortschritten).
  • “Wenn wir alles gut handhaben, werden immer mehr Menschen in Wohlstand leben können, die heute noch in bitterer Armut vor sich hinvegetieren. Und Armut, das sagte schon Indira Gandhi, ist der größte Umweltverschmutzer. Die Armen wollen ihre Lebensumstände verbessern, und es ist unsere Pflicht, ihnen dabei zu helfen.” – bto: Das tun wir nicht, wenn wir Ressourcen planwirtschaftlich völlig falsch einsetzen.
  • “Der Marxismus/Kommunismus hat die Menschen so weit zurückgeworfen, er hat den Gesellschaften so viel Leid zugefügt und war eine Tragödie. Hätten wir unsere Lektion gelernt, wäre das nicht geschehen. Es werden leider immer noch zu viele autoritäre Führer gewählt, zudem gibt es enorme gesellschaftliche Polarisierung. Zu viele Menschen lassen sich von Beweisen nicht erschüttern. Sie fürchten sich allen gegenteiligen Argumenten zum Trotz vor 5G, genetisch veränderter Saat, der Atomenergie. Aber das können technologischer Fortschritt und Märkte eben nicht: aus Menschen absolut rationale Wesen zu machen.” – bto: auch zu beobachten an der völlig irrationalen Klimapolitik hierzulande und der Sucht nach der DDR 2.0.
  • “Auf alle Fälle ist der Klimawandel das größte Umweltproblem im 21. Jahrhundert. Es ist aber nicht die einzige Schlacht, die wir gewinnen müssen: Wir müssen viel mehr Naturschutz betreiben, die Natur vor den Märkten schützen. Auch müssen die Krankheiten weltweit bekämpft werden; wir müssen uns schon jetzt auf die nächste Pandemie vorbereiten, denn die kommt gewiss. Das ist die Schwäche der Umweltbewegung, dass sie glaubt, dass man alle Kraft nur gegen die Klimaerwärmung einsetzen sollte. Und die anderen großen Menschheitsprobleme ignorieren, die unseren Planeten und unseren Wohlstand auch bedrohen?” – bto: Es sind knallharte wirtschaftliche und politische Interessen, die dazu führen, dass ein einzelnes Thema zur alleinigen Herausforderung stilisiert wird.
  • “Die deutsche Energiewende besagt, dass man sehr stark fossilem Druck ausgesetzt ist und dies zudem äußerst teure Energie im Ergebnis bringt. Und auch die CO2-Ausstöße sind höher als beim Nachbarn Frankreich, das auf Atomenergie setzt. Daraus muss man doch auch Schlüsse ziehen! (…) Wir haben derzeit nur eine Energiequelle, die sauber und sicher ist, worüber sich viele aufregen: die Atomenergie. Trotz aller Unfälle ist diese Energie sicher im Vergleich zu allen anderen, wenn man die Todeszahlen von Tschernobyl etwa mit den Toten durch Kohleemissionen vergleicht.” – bto: Andere Länder setzen auch weiter auf Atomkraft, auch wenn bei uns immer erzählt wird, das brauchten wir nicht. Wir müssten nur die Stromnachfrage senken.
  • “In der Natur zu sein, ist für mich ein enorm wichtiges Moment, wie für jeden Menschen. Das Beste, was wir zu ihrem Erhalt tun können, ist in der Tat großformatige Produktion, das heißt eine Industrialisierung der Nahrungsproduktion. Mittlerweile nimmt das Weideland weltweit ab. Auch wenn unser Proteinhunger wächst, geschieht dies auf weniger Fläche. In den entwickelten Ländern ist der Anteil der landwirtschaftlichen Flächen am Sinken. Somit begreifen wir, dass wir der Natur Land zurückgeben sollen.” – bto: Auch dies ist nichts anderes als die Folge von Effizienz.
  • “(…) ich halte es dennoch für unrealistisch und unnötig, dass Menschen freiwillig auf ihren Wohlstand und Lebensstandard verzichten oder Regierungen mit einem fast diktatorischen Programm daherkommen. Das müssen wir nicht tun. Wir müssen einfach weiter gehen – mit mehr Markt, mehr Erfindungsreichtum, smarten Regulierungen, selbstbewussten Bürgern und guten Regierungen. Und dann haben wir die beste aller Welten.” – bto: Nur wo sollen wir die smarte Regierung herbekommen?

welt.de (Anmeldung erforderlich): „‘Da stimme ich Greta zu – sie sollte auf uns Wissenschaftler hören’“, 24. Oktober 2020