Vermögen besteuern – wieder ein scheinbar kluger Vorschlag

Was ich nicht verstehe: Wir wissen, dass der Staat sich weitgehend verschulden kann, da er das Geld selbst herstellt. Diese Ansicht ist bei eher linken Ökonomen weit verbreitet. Dennoch kommt aus dieser Richtung die Forderung nach einer höheren Steuerlast, um für die Folgen von Corona zu bezahlen. In Deutschland ist das angesichts der tiefen Verschuldung ohnehin ökonomisch unnötig und mit Blick auf die Haftungsgemeinschaft im Euro selten dämlich.

International werden viele Ideen vorangetrieben, bei denen es nicht um die Finanzierung geht, sondern eigentlich um den Wunsch, Vermögen zu reduzieren. Das kann man durchaus nachvollziehen, ist doch die Vermögensverteilung anderswo ein anderes Problem als bei uns: nämlich die Folge wirklich großer Vermögen und nicht Resultat fehlender Vermögen der Mitte.

Nun die Idee, Börsenkapitalisierungen zu besteuern. Übrigens ein perfekter Grund, um Unternehmen von der Börse zu nehmen! Ein Fest für Private-Equity-Firmen, Delisting als Steuersparmodell. Da muss man erst mal draufkommen. Und natürlich gleichzeitig ein Programm zur Kapitalherabsetzung und mehr Leverage. Ach, wie schön all das, was wir nicht wollen sollten. Egal. Ein Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) erklärt es:

  • Einfach und gerecht soll sie sein, die neue Steuer, die bekannte linke Ökonomen vorschlagen: Jedes Jahr sollen 0,2 Prozent des Börsenwertes von Firmen an den Staat gehen.“ – bto: parallel dazu einen Zwangsanteil am Immobilieneigentum. Läuft.
  • „(…) der bekannte französische Ökonom Gabriel Zucman eine neue Idee vorgestellt, wie die G-20-Länder rasch an zusätzliche 180 Mrd. $ pro Jahr kommen könnten. Zucman und sein Co-Autor Emanuel Saez sind zusammen mit Thomas Piketty («Das Kapital im 21. Jahrhundert») die Galionsfiguren einer neuen Ökonomie deutlich links der Mitte. Ihre Ideen finden oft starken Widerhall (…).“ – bto: wenig beachtet, wenn die Kollegen wegen schlampigen Umgangs mit Daten in der Kritik stehen. Ist auch egal, Hauptsache, die Message stimmt.
  • „Zucman und Saez schlagen vor, die Börsenkapitalisierung der Firmen in den G-20-Staaten mit jährlich 0,2% zu besteuern. Einzuziehen wäre das Geld über die Börsenplätze, wo diese Unternehmen kotiert sind. Sie würden die Steuer in frisch ausgegebenen Aktien entrichten, die der Staat dann über die Börse verkaufen könnte.“ – bto: Die Folgen sind sinkende Börsenwerte und zugleich ein Boom an Delistings. Statt möglicher breiter Beteiligung der Bürger kommt es zu einer Konzentration bei den wirklich Reichen.
  • Da die Firmen an allen Aktienmärkten der G-20 einen kombinierten Wert von 90 Bio. $ haben, kämen bei einer Abgabe von 0,2% jährlich 180 Mrd. $ zusammen. Diesen Betrag könnte man auf die einzelnen Länder verteilen oder damit internationale Organisationen sowie Klimaschutzmassnahmen finanzieren, erläuterte Zucman. Er sieht seinen Vorschlag zum einen als Antidot zum Wettbewerb um tiefere Firmensteuern, den er für schädlich hält.“ – bto: Wettbewerb ist Linken ohnehin ein Graus. Zumindest dann, wenn sie ihn nicht bestehen. Deshalb auch der Wunsch, diesen auf allen Feldern auszuschließen, vor allem zwischen Staaten. Es ist das Äquivalent der Mauer nur eben nicht sichtbar.
  • „Der im kalifornischen Berkeley lehrende Franzose wies darauf hin, dass in den USA das Steueraufkommen der Firmen nur noch gut 1% am Bruttoinlandprodukt (BIP) betrage. In den 1960er Jahren waren es 4% gewesen. Allerdings sind die USA hier ein Ausreisser. So sind die Einnahmen der OECD-Länder aus Firmensteuern seit 1965 im Trend leicht von 2% auf gut 3% am BIP gestiegen (wenn sie auch unter dem Peak von 2007 liegen) – und das trotz abnehmenden Steuersätzen.“ – bto: Wir wissen ja, entscheidend ist immer den für die gewünschte Aussage passenden Zeitraum auszuwählen.
  • „Summiert man die Steuer nämlich über viele Jahre auf, kommt man auf einen Wertverlust von 5%. Da Aktienmärkte Informationen sofort in ihren Kursen abbilden, würde der Wert der Valoren etwa um diesen Betrag sinken, sobald ein solcher Plan verabschiedet würde.
    Die Firmen würden deshalb versuchen, einer solchen Steuer auszuweichen. (…) der grösste Nachteil liegt darin, dass Firmen Eigen- durch Fremdkapital ersetzen würden. Dabei werde Eigenkapital schon im heutigen Steuersystem benachteiligt. Die Krisenanfälligkeit von Volkswirtschaften würde dadurch zunehmen. Um dies zu verhindern, könnte man zwar auch Unternehmensanleihen und Bankkredite ins Visier nehmen. Dies würde dann aber auf etwas Ähnliches wie eine Steuer auf der Bilanzsumme hinauslaufen.“ – bto: Das könnte man dann ja gleich auf alle Unternehmen anwenden. Aber ist es dann nicht leichter, einfach die Gewinne höher zu besteuern?
  • „Zu erwarten wäre auch, dass die Firmen die Börse verlassen oder sich gar nicht erst kotieren lassen. Als Lösung schlug Zucman vor, auch grössere Privatunternehmen mit der Abgabe zu belegen. Daraus folgt, dass letztlich immer mehr Vermögensklassen mit der Abgabe belastet werden müssten, um Ausweichreaktionen zu verhindern.“ – bto: Wie nennen wir das? Genau: Interventionsspirale.
  • Immerhin wird im Papier von Saez und Zucman klar, worum es im Kern geht. Ein Abschnitt ist mit dem Titel Die Sozialisierung der Firmenvermögen’ überschrieben. Das englische ‘Socializationkann man auf Deutsch auch mit Vergesellschaftung’ übersetzen. Was Saez und Zucman in kleinen, vermeintlich verdaulichen Scheiben servieren, wäre in letzter Konsequenz ein ziemlich unbekömmliches Mahl.“ – bto: Sozialismus am Werk. Und Medien jubeln (zumindest in Deutschland) und die Bürger auch, weil sie es nicht verstehen. Siehe die 60 Prozent Zustimmung zum Mietendeckel.

nzz.ch: „Finanzierung der Corona-Krise: Was taugt die 180-Milliarden-Dollar-Idee?“, 18. April 2021