Wie endet die Schuldenblase? Inflationär, deflationär, geordnet?

Dies ist wohl die Frage, die ich am meisten gestellt bekomme, gefolgt davon, was man mit seinem Geld am besten machen sollte. Ehrlicherweise muss ich auf beide Fragen antworten, dass ich es letztlich auch nicht weiß. Es hängt nämlich zusammen.

Wenn man erkannt hat, dass wir uns dem Ende einer jahrzehntelangen Schuldenorgie nähern, in der wir Konsum vorgezogen und heftig spekuliert haben, ist die Frage nach dem „Was-nun?“ nur konsequent. Und dieses „Was-nun?“ ist dann auch relevant für die geeignete Lösung, mögliche Szenarien und damit auch für die richtige Strategie, um mit seinem Vermögen darauf zu reagieren, siehe “Eiszeit in der Weltwirtschaft”. Deshalb Martin Wolf von der FINANCIAL TIMES (FT). Ein unstrittig heller Kopf, der aber letztlich auch nur die Szenarien beschreiben und seiner Hoffnung Ausdruck verleihen kann:

  • Some warn that the world of high debt and low interest rates will end in the fire of inflation. Others prophesy that it will end in the ice of deflation. Others, such as Ray Dalio of Bridgewater, are more optimistic: (…) it will be neither too hot nor too cold, (…) at least in countries that have had the fortune and wit to borrow in currencies they create freely.” bto: Letzteres bedeutet eine andere Art der Entwertung von Schulden und Forderungen. Wenn es stimmt, befinden wir uns im Euroraum, wie auch von mir immer wieder beschrieben, in einer wenig komfortablen Lage. Wir müssen 19 Länder unter einen Hut bringen und es wird eine Weile dauern, bis die deutsche Regierung einer Monetarisierung – und um die geht es auch Dalio – zustimmen wird. Und wohl noch länger werden wir darauf warten müssen, dass wir den Blödsinn der „schwarzen Null“ aufgeben.
  • “William White, former chief economist of the Bank for International Settlements, presciently warned of financial risks before the 2007-09 financial crisis. (…) warned of another crisis, pointing to the continuing rise in non-financial sector debt, especially of governments in high-income countries and corporations in high-income and emerging economies. Those in emerging countries are particularly vulnerable, because much of their borrowing is in foreign currencies.” – bto: Und White ist sicherlich der smarteste. Hier ein paar seiner Beiträge auf bto:
  • Zunächst das Szenario Inflation: “Much of what is going on right now recalls the early 1970s: (…) a long period of stable and low inflation has calmed fears of an upsurge, even though unemployment has fallen to low levels. [In the US, it is at its lowest level since 1969.] Some suggest that the Phillips curve — the short-term relationship between unemployment and inflation — is dead, because low unemployment has not raised inflation. More likely, it is sleeping. (…) In some ways, a rise in inflation would be helpful. A sudden jump in inflation would reduce debt overhangs, notably of public debt, just as the inflation of the 1970s did.” – bto: das sicherlich. Die Frage ist, ob der Vergleich passt. Damals hatten wir nicht den enormen Schuldenüberhang wie heute. Zwar waren auch damals Assets teuer, aber längst nicht so teuer wie gegenwärtig. Insofern ist es schwieriger, Inflation zu erzeugen.
  • Aber selbst die Inflation wäre nicht so schmerzfrei wie erhofft: “Yet higher inflation would also lead to a rise in long-term nominal interest rates, which tend to front-load the real burden of debt service. Short-term rates would also jump as they did in the early 1980s. Risk premia would rise. High-flying stock markets might collapse. Labour relations would become more strife-prone, as would politics. This disarray would hit unevenly, causing currency disorder. The loss of confidence in public institutions, notably central banks, would be severe. In the end, the likely stagflation would end in severe recession, as in the 1980s.” – bto: Das unterstreicht, dass die Inflation nicht schmerzfrei ist. Vermutlich würde sie den ohnehin bestehenden Trend gegen das Kapital und die Besitzenden verstärken.
  • Nun zur Deflation (was wohl eher eine deflationäre Depression wäre): “This might begin with a sharp negative economic shock: a worsening trade war, a war in the Middle East or a crisis in private or public finance, possibly in the eurozone, where the central bank is relatively constrained.” – bto: So ist es. Gerade bei uns braut sich das größte Problem zusammen aus einer Kombination einer dysfunktionalen Währungsunion, schlechter Demografie und noch schlechterer Politik.
  • “The result could be a deep recession, even a lurch into deflation, so worsening the debt overhang. The big difficulty would be knowing how to respond given that interest rates are already so low. Conventional policy (lower short-term rates) and conventional unconventional policy (asset purchases) might be insufficient. A range of other possibilities exist: negative rates from the central bank; lending to banks at lower rates than the central bank pays on their deposits (was nichts anderes al seine Subvention der Banken ist, kann man auch einfacher und effizienter organisieren); purchase of a much wider range of assets, including foreign currencies; monetisation of fiscal deficits; and ‚helicopter drops‘ of money.” – bto: Ich denke, wir werden all dies erleben. Ich bin, vor die Wahl gestellt, mehr bei dem Deflationsszenario. Und die Instrumente werden schon vorbereitet.

Quelle: FT

  • “Much of this would be technically or politically problematic, and would require close co-operation with the government. Meanwhile, if governments acted too slowly (or not at all) a depression might ensue, as in the 1930s, via mass bankruptcy and debt deflation.” – bto: Ich denke, wir laufen in Europa ernsthaft in die Gefahr. Generell dürfte es aber so radikale Monetarisierung mit sich bringen, dass wir die Chance haben, dass es nicht so schlimm wird, wie in den 1930er-Jahren.
  • “Mr Dalio argues, a golden mean is possible. Fiscal and monetary policy would then co-operate to generate non-inflationary growth. Changes in fiscal incentives would discourage debt and encourage equity. Government policy would shift income towards spenders, reducing our current reliance on debt-fuelled asset bubbles for sustaining demand. (…) Even if real interest rates rose, perhaps because productivity growth strengthened durably, the impact of robust non-inflationary growth on the debt burden would almost certainly outweigh a move to somewhat higher interest rates.” – bto: Ja, wer wünscht sich das nicht. Mehr Umverteilung hilft (in Ländern wo diese noch nicht funktioniert, wie in den USA), die Idee Eigenkapital besserzustellen und Schulden weniger attraktiv zu machen, bringt Assetpreise unter Druck und damit Schuldner. Gefährlich und deshalb unwahrscheinlich vor der Bereinigung. Danach eher. Woher das Produktivitätswachstum jetzt kommen soll, ist mir nicht klar.
  • “We would (…) be moving out of ‚secular stagnation‘ into something less bad. That shift might be tricky. But it would be to a better world. It is not necessary to repeat the mistakes of either the 1930s or the 1970s. But we have made enough mistakes already and are, collectively, making enough more right now to risk either outcome, possibly both. A breakdown of the global economic and political order seems conceivable. The impact on our debt-encumbered world economy and increasingly fraught global politics is impossible to calculate. But it could be horrendous.” – bto: So ist es. Bleibt der Eindruck, dass Martin Wolf – wie jeder vernünftig denkende Mensch – auf Szenario 3 hofft, es aber nicht für das Wahrscheinlichste hält. Da geht es ihm dann so wie mir.
Kommentare (34) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. asisi1
    asisi1 sagte:

    Die Mehrheit, inclusive der Staatsbediensteten, werden mittlerweile von der Minderheit alimentiert. Es wird sich also bei Wahlen absolut nichts ändern!
    Es muss erst zu einem absoluten Crash kommen, ansonsten wird so weiter gewurschtelt!

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  2. Thomas M.
    Thomas M. sagte:

    To crash, or not to crash…

    “Eine Verbindung von Nullzins und Pfandverzicht wäre insofern das ultimative Interventions-Ass, das die Zentralbanken noch im Ärmel haben.”

    Das kann man so stehen lassen. Und das ist auch einer der Gründe, weshalb die Crash-Prognosen mit Datum mit hoher Wahrscheinlichkeit immer falsch liegen. Die seriösen und fundierten Crash-Prognosen extrapolieren aktuelle Trends und unterstellen aktuelle Regeln in der Zukunft und kommen irgendwann an einen Punkt, wo etwas kollabiert.

    An oder vor diesem Punkt werden aber Gegenmaßnahmen ergriffen, dass es nicht crasht. Und diese Maßnahmen kennen keine Grenzen wie man an 0- und Negativzins, QE und den zukünftig angedachten Interventionen sieht. Vielleicht hatte Yellen insofern sogar recht (sinngemäß “no more financial crises in our lifetime”), weil sie wußte, wie weit die FED gehen kann und wird. Natürlich ist das eine mehr als steile Ansage – vor allem für die Welt. Aber womöglich stimmt sie mit Blick auf die USA und Ereignisse wie um 2007/2008 herum.

    Zum Beispiel dieses neue Quasi-Quantitative Easing. Das passierte ruckzuck, um Liquidität bereitzustellen: “The Federal Reserve said Friday that it would begin buying government-backed securities to expand its balance sheet, a move meant to keep an obscure but critical corner of financial markets functioning smoothly.”

    Die Fed sorgt also dafür, dass ein obskurer, aber kritischer Teil des Finanzmarktes glatt läuft. Das ganze ging ruckzuck (“The Fed did not have a lot of time to come up with this plan: Last month’s market volatility was bad, and unexpected, news for the central bank.”) Hört sich nicht so an, als ob man hierzu erst einmal einen Arbeitskreis gebildet hätte und dann lange diskutiert hat. Womöglich hat man für die diversen Störungen schon Aktionspläne in der Schublade.

    Quelle für die Zitate: https://www.nytimes.com/2019/10/11/business/economy/federal-reserve-treasury-bills.html

    Worauf will ich hinaus: Per Definition ist ein Schwarzer Schwan-Ereignis nicht antizipierbar. Alles was Crash-Prognosen zugrunde liegt, ist beobachtbar und damit auch Gegenstand massiver Gegenmaßnahmen, die einen Crash verhindern.

    Das Durchbrechen der Zinsschranke von 0 ins negative Territorium markiert m.E. das Ende der Normalität bzw. eines Geldwesens, was noch irgend etwas mit Geld zu tun hat, wie wir es im Alltagsgebrauch verstehen. Und die Fed hat signalisiert, dass sie auch für Negativzins offen ist (z.B. Powell: „certainly not be appropriate in the current economic environment“ = auf jeden Fall denkbar, wenn es die Umstände erfordern).

    Ein kleiner Seitenhieb sei mir abschließend erlaubt (ich inkludiere mich): Wenn die Zentralbanken von Deutschen geleitet würden, würde auch die Crashgefahr steigen aufgrund von Prinzipientreue: Die schwarze 0 steht, jetzt crasht es halt – Andere Nationalitäten scheinen deutlich experimentierfreudiger und offener für unorthodoxe Lösungen. ;)

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  3. ikkyu
    ikkyu sagte:

    “bto:… Zwar waren auch damals Assets teuer, aber längst nicht so teuer wie gegenwärtig.”

    Derzeit sind nicht alle Assets teuer.
    Z.B. Rohstoffe wie Kupfer, Lithium, Cobalt oder die fossilen Energierohstoffe wie Uran, Öl + Gas sind nach meiner Beurteilung spott billig.

    Denn was wird bei einem größeren Konjunktureinbruch passieren?

    Es werden Konjunkturprogramme z.B. in den Bereichen Klimaschutz, Energie-und Mobilitätswende, Infrastruktur Wohnungsbau aufgelegt.

    Und was braucht man für die Elektrifizierung aller Wirtschaftssektoren?

    Fachpersonal für Planung und Ausführung – und sehr große Mengen ROHSTOFFE!

    Es besteht also die Möglichkeit, durch die Investition in internationale Bergbauunternehmen (Kupfer, Lithium, Cobalt, Nickel, Silber, Platin, Scandium) und Infrastrukturfirmen mit den kommenden Konjunkturprogrammen für den Klimaschutz Geld zu verdienen.

    Wenn dann die negativen Auswirkungen des massiven Ausbaus der Erneuerbaren Energien für Umwelt, Versorgungssicherheit (Strom) und Wohlstand von den Politikern und den Medien nicht mehr zu leugnen sind, werden wiederum die Preise für die fossilen Energieträger explodieren.

    Deswegen sollte man rechtzeitig auch in die Aktien aus diesem Bereich (Uran, Gas+Ö) investiert sein.

    Auf diese Weise kann man aus dem ganzen Klima-Irrsinn seinen Vorteil ziehen und diese gesellschaftliche Massenhysterie ohne negative psychologische Folgen an sich vorbeiziehen lassen. :-)

    PS:
    Der Anteil von Europa an der weltweiten Bergbauproduktion war im Jahr 1900 bei ca. 40% und ist jetzt bei ca. 3%.

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    • Thomas M.
      Thomas M. sagte:

      So isses. Zudem korrelieren die Aktien der rohstoff-fördernden Unternehmen kaum mit den ZB-gepushten Indizes. Ein Merkmal, was für ein robustes Portfolio wichtig ist.

      Wer hätte vor 10-20 Jahren gedacht, dass es mal pfui sein könnte, Anteile an Öl- und Kohle-Unternehmen zu haben. Daran sieht man, dass sich die Invest-Etikette deutlich schneller ändert, als die darunter liegende wirtschaftliche und technische Realität. Letzteres versteht die “Wasch mich, aber mach mir das Fell nicht naß”-Fraktion leider nicht.

      Auf dem Wege ins regenerative 22. Jahrhundert werden noch eine Menge Öl- und Kohle verfeuert werden.

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  4. Marloh
    Marloh sagte:

    “Wenn man erkannt hat, dass wir uns dem Ende einer jahrzehntelangen Schuldenorgie nähern…”

    So reden sie, die Crash-Gurus, seit den 1970er Jahren.
    Immer waren die Defizite irgendwie “zu hoch”.
    Niemand konnte jedoch ernsthaft vorrechnen, wo die Grenze ist.
    Paul C. Martin hatte immerhin die Freundlichkeit, zuzugeben, daß er sich geirrt hatte: ” Aufwärts ohne Ende “.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Marloh
      “‘Wenn man erkannt hat, dass wir uns dem Ende einer jahrzehntelangen Schuldenorgie nähern…’
      So reden sie, die Crash-Gurus, seit den 1970er Jahren.”

      Dass das Gerede der bösen Crash-Gurus ausgerechnet in den 1970er Jahren anfing und nicht vorher, könnte vielleicht damit zusammenhängen, dass Nixon die Bindung des US-Dollars an Gold genau 1971 aufgehoben hat. ;)

      Antworten
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      @Marloh: Und hatten die Crash-Gurus nicht recht?

      Wer in den 60er-Jahren in den USA einen normalen Job hatte, konnte als Mann seine Familie als Alleinverdiener ernähren, einen Mittelklassewagen kaufen und eine vernünftige Immobilie dazu. Heute muss die Frau dazu verdienen, ob sie will oder nicht (und unabhängig von dem Gesundheitszustand des Kindes), der Wagen ist geleast und die Ausbildungskosten der Kinder unbezahlbar. Die Kreditkarte überzogen und die Umgebung oft in einem prekären Zustand, was Sicherheit, Sauberkeit, Drogenfreiheit und Nachbarschaft betrifft.

      Ich würde es einen Crash auf Raten nennen, vor allem in Bezug auf die Altersvorsorgesysteme und die Kaufkraft der Löhne. Der einzige Vorteil ist, dass die Berufstätigkeit der verheirateten Frau nicht mehr in Frage gestellt wird. Ah ja, und die oberen 0,01 % der Vermögenden sind bisher auch ganz gut weg gekommen mit ihren diversifizierten Portfolios aus Immobilien, Aktien, Anleihen und Oldtimern…

      Aber klar, wenn man nur auf die asset-Märkte schaut, haben wir keinen Crash, allerdings auch keinen Renditen mehr.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Susanne Finke-Röpke

        Sehr erhellender Kommentar.

        Denn Sie richten den Blick auf die REALITÄT.

        Die zählt offensichtlich immer weniger als „Wert“, weil wir uns mit Kurzzeitgedächtnis den sich wandelnden Verhältnissen geschmeidig anpassen.

        Stattdessen ist ein Crash die überfallartige Zahlenänderung auf dem Depotausdruck.

        Da kann man schon ins Grübeln kommen und sich fragen, in welche Welt wir leben, wenn die Maßstäbe sich so verschoben haben.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Susanne Finke-Röpke
        Sie beschreiben sehr schön die Situation vieler Familien.
        Erschreckend ist, das ganz offensichtlich in der Politik dies nicht als Problem angesehen wird, was angepackt werden muss. Man beschließt stattdessen immer wieder irgendwo Pflaster auf die Wunden zu kleben, obwohl man doch wissen muss, dass die keine Lösung ist. Ob es eine echte Lösung gibt, sei mal dahingestellt. Pflaster verteilen, ist es aber definitiv nicht.

        Warum gibt es keine überwältigende Mehrheit in der Politik für eine tiefgreifende Steuerentlastung geringer und mittlere Einkommen ?
        Warum wird der Mindestlohn nicht langsam, aber stetig überproportional erhöht, so dass die Menschen von dem Einkommen vernünftig leben UND später auch eine ausreichende Rente beziehen können? So verschiebt man das Problem nur auf später und muss dann wieder Sozialleistungen aufstocken.

        Die FDP fordert die Abschaffung des Solis für die letzten 10% Zahlungspflichtigen. Kosten ~ € 10 Mrd.
        Gleichzeitig will man die breite Masse durch eine Verschiebung des Mittelstandsbauches zunächst nur um 3,5 Mrd entlasten. Das passt doch nicht zusammen, wenn man die Gesellschaft nicht weiter auseinander brechen lassen will. Von der Thematik, dass bei niedrigem Einkommen Lohnerhöhungen teilweise zu 100% durch wegfallende Sozialleistungen kompensiert werden, mal ganz abgesehen. Wo sind die Formate, die das zur besten Sendezeit thematisieren? Abgabequoten von 70% für Einkommensmillionäre, was gäbe es da für einen Aufschrei. Die Talkshows wären voll davon.

        Österreich hatte in den letzten Jahren einen Spitzensteuersatz von 55% (ab 1 Mio). Diese Spitzenverdiener brauchen sich trotzdem sicher nicht beklagen.

        Na ja, wenigstens die Politik versorgt weiterhin ihr Klientel auf lokaler Ebene. Berlinzulage von €150 monatlich für alle Beamte und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die unter €5000 brutto verdienen. Hätte andere sicher auch gerne. Aber bestimmt sind die Verwaltungsjobs alle sooo stressig.
        Wie wäre es stattdessen mit einer allgemeinen Steuerreform, die genau dies leistet (wenn man denn min € 150 pro Monat Lohn-Einkommenssteuer zahlt) ? Nö, schwarze Null muss stehen. Und das gilt auch in der Scholz SPD.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        >Warum gibt es keine überwältigende Mehrheit in der Politik für eine tiefgreifende Steuerentlastung geringer und mittlere Einkommen ?>

        Antwort:

        Es gibt sie nicht, weil es die schon an der Wahlurne nicht gibt.

      • ruby
        ruby sagte:

        @Warum?
        Wettbewerbsfreiheit in die Welt bedeutet gewollte Produktion hin zu den kostenminimalen Bedingungen bis in den letzten diktatorisch-totalitaristischen Winkel der Welt.
        Siehe VW Fabrik neben dem Gulag für Minderheiten im Nordosten Chinas.
        Politik, Wirtschaft, Militär salutieren den unmenschlichsten Bedingungen.
        Ich sehe immer noch die passlosen Auslandsarbeitskräfte in Quatar, die nach der Schicht noch als Zwangszuschauer ins WM Leichtathletikstadion per Bus gekarrt wurden, um die Illusion einer Technikevolution zur Wohlstandsgesellschaft im G20 System und Weltvölkerbelustigung einen Anschein von Jubelpose zu geben. Danach geht es zurück in die menschenunwürdigen Massenquatiere deren Kosten vom Lohn abgezogen werden.

        Ungleichheit ist das Geschäftsmodell dieser Globalelite.

        Können – wollen wir darauf verzichten bei all den finanziellen, rechtlichen und technischen, persönlichen Verknüpfungen?

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @ruby

        >Ungleichheit ist das Geschäftsmodell

        Fairness muss man sich leisten können, die Überschüsse für fairness erlaubt sein.

        Hähme, Gemeinheit, Neid, Unfähigkeit sind keine Privilegien irgendwelcher Klassen, alle Individuen haben die Wahl und die Mehrheitsentscheidung ist niederschmetternd eindeutig.
        Ein paar gute Jahre korrumpieren den kleinen Mann wie eingebildete Macht kleine Abgeordnete. Man verzichtete auf nichts, wollte von allem sein Stück abhaben – egal um welchen Preis.

        Unsere Gesellschaften sind nicht unverschuldet in diese Krise geschlittert und haben sich anstehende Lehren redlich verdient, bis zuletzt.

        there is (nicht nur) no free lunch, sondern auch
        there is no mercy

        Sinnerman…
        https://www.youtube.com/watch?v=zC7U9bGEwMs

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        >Dann liegt es daran, dass es nicht ausreichend politisch thematisiert wird.>

        OBERFLÄCHLICH ja.

        Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen zu THEMATISIEREN, hieße u. a. Folgendes:

        Ihr 73% der Befragen, die ihr diese Steuersenkungen wollt, MÜSST dann auch WOLLEN, dass der Staat WENIGER ausgibt, weil er weniger Einnahmen hat, oder andere MEHR besteuert, um wieder genügend Einnahmen zu haben oder sich MEHR verschuldet, um wieder genügend Einnahmen zu haben.

        UND:

        Ihr müsst Euch zu mehr als 50% für eine Alternative ENTSCHEIDEN, damit Euer Wunsch für Steuersenkungen erfüllt werden kann.

        UND, Konsequenz daraus:

        Wenn es diese Mehrheit gibt, nehmen wir Euren Wunsch für Steuersenkungen zusammen mit Eurem kompensatorischen Gestaltungsvorschlag in unser Wahlprogramm auf.

        Was glauben Sie, wie sich das für die betreffende Partei auszahlen würde an der Wahlurne, wenn es dazu käme?

        Meine Meinung:

        Es wäre ein Desaster, weil andere Parteien sagen würden:

        Diese Partei will kürzen oder die Steuern erhöhen oder sich verschulden – wir nicht, wählt uns.

        Gegen den allgemeinen Unverstand kann keine vernünftige Politik gemacht werden.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Dietmar Tischher

        Da stimme ich mit Ihnen nicht überein.

        “MÜSST dann auch WOLLEN, dass der Staat WENIGER ausgibt, weil er weniger Einnahmen hat, oder andere MEHR besteuert, um wieder genügend Einnahmen zu haben oder sich MEHR verschuldet, um wieder genügend Einnahmen zu haben.”

        Erstens frage ich mich (und Sie) warum müssen die Wähler gerade bei diesem Thema sich über die Gegenfinanzierung konkret Gedanken machen bzw. der Politik die Antworten liefern ?
        Bei sonstigen Ausgaben wird das auch nicht gefragt bzw. erwartet…

        Zweitens. und das wäre dann die “Rechtfertigung”, nimmt der Staat (Bund, Länder,Gemeinden) gem. Finanzplanung von 2020 bis 2024 PRO Jahr über 25 Mrd. € MEHR an Steuern ein.
        Wenn man fordert, dass davon ein Teil (z.B. p.a 10-15 Mrd) an die STEUERZAHLER zurückgegeben wird, bedeutet dies eben nicht, dass dadurch automatisch mehr Schulden gemacht werden müssen oder die Ausgaben generell sinken müssen. Sie können vielleicht weniger stark steigen, das war es dann aber auch.
        Zudem käme es, wenn tatsächlich für die genannte Gruppe die Steuern gesenkt werden , zu einem beträchtlichem Teil zur einer automatischen Selbstfinanzierung. Die unteren 40% der Steuerpflichtigen sparen insgesamt nicht. Wenn diese, was nicht bei allen aufgrund fehlender Steuerzahlungen der Fall wäre, mehr Einkommen hätten, würden somit annähernd 100% wieder ausgegeben. Ohne jetzt Steuerexperte zu sein oder mich da tief einzulesen, unterstelle ich, dass insgesamt mehr als 50% der “Kosten” für die Steuersenkung gar nicht auftreten. Es macht keinen Sinn, dass ich mich da mit eingehend beschäftige, da ich weder politischer Entscheider bin, noch wird es in der Realität wohl dazu kommen.

        Und um die Größenordnung pro Steuerzahler mal einzuordnen : Die FDP schreibt in ihrem neuen Steuerkonzept, dass es 3,5 Mrd Einnahmeausfall bedeuten würde, wenn man den ersten “Eckwert” im Steuertarif (aktuell bei 14.532 Euro) um €1000 verschiebt.
        Bei ~10 Mrd, könnte man somit um € 3.000 verschieben.

        Das dürfte die tatsächlichen Lohn-und Einkommenszahler pro Kopf um €300 entlasten. Leider nicht pro Monat, sondern pro JAHR. 4 Jahre wiederholt, wäre man bei € 100 pro Monat.

        Es sei jetzt mal dahingestellt, ob man da bei den höchsten Einkommen noch gegenfinanziert oder nicht und ob man statt Verschiebung des Eckwertes lieber den Grundfreibetrag erhöht. Es geht ums Prinzip.

        Wir reden hier über Größenordnungen, die schon lange für die Masse der Bevölkerung überfällig sind UND nach Zahlenlage problemlos darstellbar sind.

        Dies muss m.E. , wie geschrieben, verbunden werden mir einer stetigen Erhöhung des Mindestlohnes (nicht auf einen Schlag), damit es sich auch für Niedriglohnbezieher lohnt zu arbeiten und nicht Harzt 4 zu beziehen.
        Wenn in manchen Gemeinden die Gesamtkosten pro Hartz4 Bezieher bei € 1000 liegen, dann sollte jeder der VOLLZEIT arbeitet spürbar mehr haben. €1500 brutto und ledig, sind Netto ~1125, Dabei mussten noch ~ 70€ p.M. Steuern gezahlt werden. Der Abstand zu Hartz4 ist aus meiner Sicht, aus REIN finanzieller Sicht, nicht ausreichend, um damit einen starken Arbeitsanreiz zu schaffen.

        Diesen sollte es meiner Meinung nach in einer sozialen Marktwirtschaft aber geben.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        o.k., keine Übereinstimmung.

        Ist ja höchste Zeit, dass auch das mal einer von uns beiden sagt.

        Erstens:

        >Bei sonstigen Ausgaben wird das auch nicht gefragt bzw. erwartet…>

        GERADE weil das so ist, muss den Leuten klar gemacht werden – nicht nur bei diesem Thema -, dass nicht alles geht, sondern als Regel grundsätzlich nur
        ALTERNATIVEN zur Wahl stehen, wobei Ausnahmen die Regel bestätigen sollten.

        Es geht mir hier um die dringend erforderliche „Didaktik“, damit die Politik aus der dauernden Überforderung herauskommt. Es muss in der Gesellschaft um Präferenzen gehen, nicht um die Illusion, dass bei gutem Willen nahezu alles machbar ist.

        Zweitens:

        Ich habe Mehreinahmen bzw. Wirtschaftswachstum und damit Verteilungsspielräume bewusst aus dem Spiel gelassen, weil sie zum einen kontraproduktiv zu erstens sind und zweitens keine Konstante, mit der man immer rechnen könnte.

        Wenn Politik und Gesellschaft bereit wären, bei ausbleibenden Wachstum und Steuermehreinnahmen auf Ansprüche zu verzichten, hätte ich prinzipiell keine Probleme mit Ihrem Einwand.

        WIE man den Verteilungsspielraum nutzt, ist dann ein eigenes Thema, das wiederum von gesellschaftlichen Präferenzen abhängt.

        Ich bin auch der Meinung, dass es für Niedriglohnbezieher starke Arbeitsanreize geben sollte. Ich tendiere dazu, den Grundfreibetrag anzuheben für mehr Netto vom Brutto statt mit den Mindestlohn das Brutto zu erhöhen.

        Denn andernfalls bestünde die Gefahr, dass sie bei einer Konjunkturflaute ganz schnell den Job bei einem zu hohen Mindestlohn verlieren. Dabei brauchen m. A. n. gerade diese Beschäftigten aufgrund ihrer in der Regel geringen Qualifikation eine vergleichsweise hohe Job-Sicherheit, um bei relativ geringem Einkommen eine dauerhaft positive Einstellung zur Arbeit zu gewinnen und zu festigen.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Dietmar Tischer
        “Ich tendiere dazu, den Grundfreibetrag anzuheben für mehr Netto vom Brutto statt mit den Mindestlohn das Brutto zu erhöhen.”
        Ich würde beides in den Angriff nehmen wollen. Denn wenn der Mindestlohn gar nicht erhöht würde, nutzt eine alleinige Erhöhung des Grundfreibetrags m.E. zu wenig, um eine deutlichen Spread zu Hartz4 zu schaffen.
        Auch mit dem Risiko, dass teilweise Arbeitsplätze verloren gehen. Alternative wäre eine negative Einkommenssteuer. Allerdings würde dies wieder alle Steuerzahler belasten und ich denke schon, dass der AG nicht komplett aus der Verantwortung gelassen werden sollte. Letztlich wird man sehen, wohin die Reise geht. Ich habe da nichts zu melden…

        Merz hat sich gerade übrigens nicht komplett gegen eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ausgesprochen, FALLS die Mittelschicht dafür entlastet wird. Geht doch ;)
        https://www.welt.de/politik/deutschland/article203999458/Ex-Unionsfraktionschef-Merz-offen-fuer-hoeheren-Spitzensteuersatz-unter-einer-Bedingung.html

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        Ich sehe Ihren Punkt bezüglich des Mindestlohns, bleibe aber bei meiner Auffassung mit folgender Ergänzung:

        Ein höherer Lohn ist zwar wünschenswert, sollte aber nicht administrativ, sondern durch Produktivitätssteigerung erzielt werden.

        Heißt:

        Die Unternehmen, die eh schon einen Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern erfahren, sollten IM Unternehmen Anreize für eine bessere Qualifizierung setzen – mit und für die Menschen, die dort arbeiten.
        Dort also, wo die betriebliche Erfahrungswelt und die erlebte Erfolge bzw. Misserfolge UNMITTELBAR Rückmeldungen und Justierungen ermöglichen.

        Praxis, Praxis, Praxis ….

        Das kann auch mit GEZIELTER staatlicher Unterstützung erfolgen.

        Zu Merz:

        Ich bin offen viel vieles, wenn damit etwas BESTIMMTES verbunden wird.

        Ob es Steuersenkungen für die Mitte sein sollten, ist für mich eine offene Frage.

        Es wäre wieder einmal Umverteilung.

        Aus diesem Modus müssen wir raus.

        In diesem Land muss eine Aufbruchsstimmung erzeugt werden:

        Mehr CHANCEN statt mehr GELD.

        Ich weiß auch nicht, wie das zu schaffen ist, bin mir aber sicher, dass es ohne Bürokratieabbau und Investitionen nicht möglich ist.

      • troodon
        troodon sagte:

        “bin mir aber sicher, dass es ohne Bürokratieabbau und Investitionen nicht möglich ist.”
        Zustimmung.
        Bin nur skeptisch, was die Chancen einer Umsetzung angehen. Und in Bezug auf die mögliche Geschwindigkeit sogar sehr skeptisch.
        Deshalb wenigstens die eigentlich schnell umsetzbare Steuerthematik anpacken.

    • Felix Schroeder
      Felix Schroeder sagte:

      @ Marloh:
      Politik und Wirtschaft folgen seither einem bekannten Motiv: “Nach mir die Sintflut.” Typischerweise ist diese schwer zu erkennen, wenn das Wasser langsam steigt… .

      Antworten
    • Quintus
      Quintus sagte:

      Da sie Paul C. Martin bemühen, so möchte ich auf einen seiner wichtigsten Sätze hinweisen: Gelingt es nämlich nicht, einen Nachschuldner zu stellen, kommt es unvermeidbar zur Krise. Das ist der kapitalistische Kettenbrief. Paul C. Martin: “Kredit auf Kredit – es funktioniert so lange, bis es nicht mehr funktioniert.”
      Erst wenn sie mir einen potenteren Nachschuldner als China nennen können, glaube ich an eine Verlängerung. Wenn nicht, wird es wie 2008 enden, nur dieses mal um einen Multiplikationsfaktor bereichert.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Quintus

        Was Paul C. Martin dem Zitat nach offensichtlich nicht gesehen hat:

        Es gibt diesen „Nachschuldner“.

        Es sind die Notenbanken, die JEDE Schuld „aufsaugen“(kaufen) und sterilisieren können, so dass sie nicht mehr im System auftaucht.

        Damit sind sie nicht nur Nachschuldner, sondern SYSTEMÄNDERER.

        Denn mit dieser Funktionalität wird das System auf der monetären Ebene geändert – weg vom Schuldgeldsystem.

        Das würde weitreichende Änderung in der Realwirtschaft haben.

        Unabhängig davon:

        Es kann natürlich wie 2008 enden.

    • weico
      weico sagte:

      Herr Paul C.Martin hat nicht etwas “zugegeben” sondern,in einem Interview der FAZ (2009) auf die Frage… :
      “Wie geht die aktuelle Krise aus – Aufschwung ohne Ende? Oder Game over? ”

      ..geantwortet:
      “Aufschwung ohne Ende, sofern die weltweiten Uneinbringlichkeiten sämtlich auf den Staat gebucht werden, alternativ: Bankenverstaatlichung. Game over, sobald der Schwindel mit der Staatsverschuldung durchschaut ist. Immerhin hat sich die deutsche Staatsverschuldung seit 1948 verhundertsechzigfacht. Irgendwann lässt sich nicht mehr länger verheimlichen, dass da etwas nicht stimmen kann.”

      Frage: “Wie lautete die historische Antwort auf eine solche Problematik in der Regel?”

      Antwort:
      “In der Geschichte sind seit dem englischen Mittelalter mindestens 200 Staats- (oder Stadt- ) Bankrotte auszumachen. Deutschland durchlebte im vorigen Jahrhundert deren zwei: 1923 und 1948.”

      Mit der Nullzinspolitik der ZB’s wird die Entscheidung/Grenze bzw. die “Antwort” WANN ein “Crash” kommt also lediglich hinausgeschoben.

      Quelle: https://blogs.faz.net/chaos/2009/07/06/aufschwung-ohne-ende-bis-zum-bitteren-ende-36/

      Nebenbei:
      Treffend hat auch Gunnar Heinsohn,seit Jahren schon, vor den Folgen/Auswirkung einer “Nullzinspolitik” berichtet.Auch in diesen Tagen beschreibt Er die Nullzinspolitk und wie die ZB’s das “Endgame” noch länger hinausschieben bzw. verzögern “könnten” !

      Quelle : https://www.achgut.com/artikel/kommt_das_helikoptergeld_

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ weico

        „Aufschwung ohne Ende“.

        Den gibt es nicht, weil der Staat und seine Zentralbank ihn nicht herbeiführen können.

        Im verlinkten Artikel sagt G. Heinsohn:

        >Eine Zentralbank kann also sehr viel dafür tun, um Eigentumsreiche noch reicher zu machen. Auf das Produktivitätswachstum von Unternehmen hingegen hat sie keinen Einfluss. So benötigen Leute, die innovative Geschäftsideen umsetzen wollen, für ihre Kreditfähigkeit Eigenkapital. Das kann ihnen eine Zentralbank genauso wenig verschaffen wie die Geschäftsbank, wo die vielversprechenden Tüftler einen Kredit bekommen wollen, aber kein Pfand stellen können.>

        Er hat Recht, was das Produktivitätswachstum betrifft und widerlegt somit Paul C. Martin.

        Denn die Leute mit innovativen Geschäftsideen werden nicht vom Staat und auch nicht von der Zentralbank in die Welt gesetzt.

        Er hat Unrecht, was das Eigenkapital betrifft.

        Tesla ist ein Beispiel dafür – ein seltenes zugegebenermaßen, aber dennoch eines -, dass man kein Eigenkapital benötigt, um innovative Geschäftsideen umzusetzen.

        Das ist der Fall, wenn Eigentumsreiche, vermutlich auch solche, für die eine Zentralbank sehr viel getan hat, auf den Erfolg des Innovators wetten und ihm das benötigte Eigenkapital vorstrecken.

        Das Innovationsversprechen ersetzt die Kreditfähigkeit.

        Zum Crash ist G. Heinsohn doppeldeutig:

        Er sagt er:

        „Die fälligen Mega-Bankrotte könnten dann nur noch durch zentralbankliche Ankäufe dieser Bonds nahe ihrer Ausgabekurse herausgezögert werden.“

        Herauszögern ist nicht abwenden – es wird dieser Aussage nach also einen Crash als Folge einer letztlich nicht zu verhindernden Kettenreaktion von Mega-Bankrotten geben.

        Er sagt auch:

        „Eine Verbindung von Nullzins und Pfandverzicht wäre insofern das ultimative Interventions-Ass, das die Zentralbanken noch im Ärmel haben.“

        Pfandverzicht heißt für ihn:

        „Da wäre Helikoptergeld zwar keine weisere, aber doch die demokratischere Lösung. Auf alle Konten würden Summen überwiesen, ohne dass die Empfänger Pfand und Tilgung zusagen müssten.“

        Pfandverzicht könnte auch heißen:

        Die Zentralbank könnte ALLE notleidenden Anleihen aufkaufen.

        Rechtlich darf die EZB das (noch) nicht, aber technisch ist es möglich.

        Würde sie es tun, gibt es keine Mega-Bankrotte und im Idealfall überhaupt keine.

        Es besteht zwar ein funktionaler Unterschied zwischen der Überweisung von Geld auf die Konten, ohne dass ein Pfand hinterlegt wird, Zinsen zu zahlen sind und getilgt werden muss (Helikoptergeld) und der Überweisung von Geld auf die Konten für das Einreichen wertloser Bonds oder Kredite.

        Entscheidend ist aber:

        In beiden Fällen erfolgt die Geldschöpfung ohne werthaltige Pfänder.

        Wenn die Zentralbanken die eine oder andere oder beide Arten der Geldschöpfung koordiniert und konsequent handhaben, gibt es keinen Crash.

        Wenn es einen gibt, dann aus anderen Gründen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        “Tesla ist ein Beispiel dafür – ein seltenes zugegebenermaßen, aber dennoch eines -, dass man kein Eigenkapital benötigt, um innovative Geschäftsideen umzusetzen.”

        Elon Musk hatte schon ein Vermögen von über hundert Millionen US-Dollar (aus dem Verkauf seiner Anteile an PayPal) als er bei Tesla eingestiegen ist. Oder denken Sie dabei an die ursprünglichen Gründer von Tesla, die dann von Musk aus dem Konzern rausgesqueezed wurden?

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        Ich hatte an ersteres gedacht.

        Dass er natürlich ein paar Scheine mitgebracht hat, ist klar.

        NUR eine Idee zu haben, genügt nicht – da könnte ja jeder kommen.

        Mein Punkt ist:

        Nicht nur etwas zu erfinden, sondern von 0 auf 100 Automobile zu PRODUZIEREN und die bis heute nahezu durchgängigen Anlaufverluste – ich nenne das mal wohlwollend so – zu FINANZIEREN, ist nicht das, was G. Heinsohn meint mit „vielversprechende Tüftler einen Kredit bekommen wollen, aber keinen Pfand stellen können“.

        Das war nie das Finanzierungskonzept von E. Musk.

        Er wird vermutlich auch ein paar Kredite haben und dafür auch Sicherheiten stellen müssen, aber das Unternehmen ist nicht mit „Kredit bekommen wollen, aber keinen Pfand stellen können“ initiiert und zu dem geworden, was es dem Aktienkurs nach ist:

        Ein Unternehmen, das TROTZ permanenter Geldverbrennung annähernd so viel wert ist wie GM.

        Banken würden diesen Weg nicht mitgehen.

        Es ist ein Nebenthema, das nichts damit zu tun hat, dass Zentralbanken funktional möglich einen Crash verhindern können.

      • weico
        weico sagte:

        @Dietmar Tischler

        Entscheidend ist aber:

        “In beiden Fällen erfolgt die Geldschöpfung ohne werthaltige Pfänder.

        Wenn die Zentralbanken die eine oder andere oder beide Arten der Geldschöpfung koordiniert und konsequent handhaben, gibt es keinen Crash. ”

        Wenn wir nicht von theoretischen Konstrukten ausgehen,sonder von in der jetzigen realen Welt,dann werden ZB’s sicherlich NICHT koordiniert und konsequent ZUSAMMMEN handeln (können),weil die ZB’s im Dienste der Währungspolitik/Volkswirtschaft usw. Ihres jeweiligen Landes/Währungsraumes und damit in Konkurrenz stehen (Stichwort “Währungskrieg”) .

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ weico

        Ich stimme Ihnen zu, obwohl es hier nicht um „theoretische Konstrukte“ geht, sondern um die FUNKTIONALITÄT, d. h. die TATSÄCHLICH umsetzbaren Möglichkeiten der Zentralbanken.

        Sie haben in der Vergangenheit koordiniert gehandelt und werden das auch in der Zukunft tun – im KRISENFALL.

        Das bedeutet jedoch nicht, dass dies hinreichend sein wird, um den Crash zu verhindern.

        Eher nicht, weil die Zentralbanken – wie Sie richtig sagen – ZUERST einmal nationalen Interessen folgen.

        Dabei lauern DE FAKTO überall schwarze Schwäne.

        Gerade wird berichtet, dass in Indien eine gigantische Immobilienkrise droht:

        https://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/baubranche-in-der-krise-in-indien-zeichnet-sich-eine-milliardenschwere-immobilienkrise-ab/25279966.html?ticket=ST-66648755-gavdNOsYKodPGC9EweJP-ap5

        Wenn eine Großbank in USA dadurch in Schwierigkeiten käme, würde die Fed diese selbstverständlich stabilisieren.

        Aber andere, die irgendwo in der Welt davon betroffen wären, wenn es deren Staaten und Notenbanken nicht vermögen und sich die Insolvenzwelle aufgrund der internationalen Vernetzung des Finanzsystems wie ein Flächenbrand ausbreitet?

        Es könnte vergebens sein, selbst wenn man dann noch retten wollte.

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Dietmar Tischer

        –>
        In beiden Fällen erfolgt die Geldschöpfung ohne werthaltige Pfänder.

        Wenn die Zentralbanken die eine oder andere oder beide Arten der Geldschöpfung koordiniert und konsequent handhaben, gibt es keinen Crash.

        Wenn es einen gibt, dann aus anderen Gründen.
        <–

        Per Inflation und Deflation versuchen Marktteilnehmer Preise zu finden.
        Wenn keine Möglichkeit zur Preisfindung erlaubt wird, entfällt beides und es sieht danach aus.

        Was bleibt ist Funktionsunfähigkeit der Gesellschaft. Damit meine ich die Fortsetzung der verantworltichen Politik (=Gewaltmonopolist) und ihrer gesellschaftlichen Steuerungsfunktion.

        Preisdruck hätte geholfen einen anderen Weg zu finden, ohne Preisdruck bekommen wir viel mehr Politikversagen in Energie, Bildung, Infrastruktur, Sozialversicherung, Zuwanderung….und alles andere mehr.

        Seit Grenzöffnung halte ich alles für möglich, was meine Vorstellung VOR 2015 nicht zugelassen hat. Darin erkläre ich auch die scheinbare Prognosefehlbarkeit eines P.C.Martin oder die Vorsicht von Heinsohn….

        Natürlich ist alles in bester Ordnung und noch nie ist es dem Bundesbürger so gut gegangen, wie heutzutage.

        Wir schaffen das.

  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Wie endet die Schuldenblase?

    Nur kurz zu den einzelnen Punkten:

    INFLATION ist nicht zu kreieren, wenn die hochbezahlten Arbeitsplätze in der Güterproduktion wegfallen und Beschäftigung in den gering bezahlen Dienstleistungsbranchen zunimmt.

    Das ist ein STRUKTURWANDEL, den die Phillips-Kurve nicht erklären kann.

    >Nun zur Deflation (was wohl eher eine deflationäre Depression wäre) … Gerade bei uns braut sich das größte Problem zusammen aus einer Kombination einer dysfunktionalen Währungsunion, schlechter Demografie und noch schlechterer Politik.>

    Die HAUSGEMACHTE schlechte Politik, mit der Energiewende jetzt noch einmal getoppt, ist das ganz GROSSE Risiko.

    Dalio sieht einen Vermeidungspfad, den es nur THEORETISCH gibt.

    Er verkennt die unterschiedlichen Interessen in Demokratien und in der Welt sowie das Zerstörungspotenzial, insbesondere durch die Energiewende.

    Meine Sicht der Dinge, die sich unter dem Eindruck, dass die Notenbanken in den letzten Jahren eine immer STÄRKERE Rolle gespielt haben und jetzt immer stärker dazu „animiert“ werden, eine NOCH STÄRKERE zu spielen (insbesondere durch Finanzierungsunterstützung im Rahmen der Energiewende), etwas gewandelt hat:

    Wir, speziell die EU/Eurozone, bewegen uns TENDENZIELL in ein deflationäres Szenario, das politisch, etwa durch die Fiskalpolitik nicht zu vermeiden ist.

    Die Fiskalpolitik rettet nichts mehr und wo sie aktiv ist, verschlimmert sie nur – siehe Deutschland, wo in den letzten Jahren viel konsumiert, aber nur wenig investiert worden ist.

    Kommt eine nachhaltige konjunkturelle Abschwächung, wird noch mehr konsumiert werden – schon die automatischen Stabilisatoren eines starken Sozialstaats lassen nichts anderes zu.

    Der Keynesianismus hat demnach seine Schuldigkeit getan – im wahrsten Sinne des Wortes auch mit Verschuldung – und muss abgelöst werden als DIE Lösung, zumal er nach Lage der Dinge auch noch kontraproduktiv wirkt.

    Bleibt nur noch die MONETARISIERUNG durch die Notenbanken als der Mechanismus, der ein nachhaltige Deflation/Depression verhindern kann.

    Er ist vorgezeichnet, siehe Japan.

    Es gibt allerdings ein Problem bzw. eine Frage, die bei M. Wolf weitgehend ausgeblendet wird:

    Endet die Schuldenblase TROTZ aller Maßnahmen der Notenbanken vielleicht doch UNGEORDNET, weil sich die Entwicklung POLITISCH nicht kontrollieren lässt?

    Das ist für mich die Frage der Fragen.

    Antworten
    • jochen selig
      jochen selig sagte:

      “Endet die Schuldenblase TROTZ aller Maßnahmen der Notenbanken vielleicht doch UNGEORDNET, weil sich die Entwicklung POLITISCH nicht kontrollieren lässt?” Spannende Frage. Wer hätte schon erwartet, dass sich in der Subprime-Krise die Banken kein Geld mehr leihen?
      In Deutschland lässt das vernagelte Parteiensystem meines Erachtens keine politischen Änderungen wie in anderen Ländern zu, beispielsweise wären Macron oder Kurz in Deutschland so nicht denkbar. Der Knall könnte daher umso heftiger sein, weil er aus einer (wieder mal) völlig unerwarteten Ecke kommt.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ jochen selig

        Fundamentale Änderungen lässt nicht nur das vernagelte Parteiensystem, sondern die EINSTELLUNG der Deutschen nicht zu.

        Unabhängig davon, was wünschenswert ist oder nicht, die Deutschen folgen mehrheitlich DOGMEN und sind VERNAGELT.

        Siehe schwarze Null, siehe Geldpolitik der EZB.
        So konnte die letzte Illner-Sendung mit einer Grafik und der Aussage beginnen, dass die deutschen Sparer im dreistellen Bereich Milliarden-Verluste durch Niedrigzinsen erlitten hätten. Und der ehemals höchste Richter des Landes, Prof. Paul Kirchhof, erklärt öffentlich in prominenten Medien, dass das Recht auf Eigentum durch niedrige Zinsen missachtet werde.

        Dass auch bei hohen Zinsen real eine Entwertung auf dem Sparbuch stattfindet, wenn die Inflation höher ist als die Zinsen und dies sehr oft und sogar überwiegend der Fall ist, kapiert kaum einer.

        Von Deutschland aus wird das Schuldgeldsystem durch die EZB nicht stabilisiert.

        Und es in der Eurozone OHNE uns zu stabilisieren, wird schwierig.

      • Evi Dent
        Evi Dent sagte:

        Ich sage provikativ. Die Schuldenblase endet darin, dass alle Menschen Grossimmobilienbesitzer werden, denn nun ist es möglich mit geliehenem Geld Häuser etc. zu kaufen und zusätzlich zur Miete den Kredit sich selbst abzahlen zu lassen.
        Glauben tu´ ich seber nicht so recht daran, denn dieses perpetuum mobile wäre zu schön. Meine Angst beschreibe ich am Kürzesten mit einem Vergleich: In der Landwirtschaft gibt es Herbizide, welche als Wuchsstoff bezeichnet werden. Die damit bekämpften Umkräuter beginnen eine unkontrollierte Zellteilung und wachsen sich zu Tode.
        Vielleicht mag jemand anders hier in wissenschaftlicherer Sprache mich bestätigen oder widerlegen.

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