Innovations­skepsis unserer Politiker ver­nichtet Wohlstand

Gestern besprach ich den Beitrag der F.A.Z. zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die teuren politischen Folgen – vor allem mit Blick auf unseren Wohlstand, gibt es doch nach der Logik der Akteure nur den Weg über Verzicht. Das Handelsblatt berichtet von Berechnungen meiner ehemaligen Kollegen der Boston Consulting Group (BCG):

  • “Um die neuen Klimaschutzziele zu erreichen, dürften etwa bereits ab 2023 keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr installiert werden, schreiben die BCG-Experten weiter. Zugleich müsse es im Verkehrssektor bis 2030 “de facto” zu einem Verbrennerausstieg bei Neuzulassungen kommen. Außerdem müssten sich die Emissionsminderungen des Industriesektors bis 2030 im Vergleich zu den Jahren 2010 bis 2020 um den Faktor sechs erhöhen, heißt es in den BCG-Berechnungen. Bereits 2030 statt 2038 müsse der Ausstieg aus der Kohleverstromung komplett vollzogen sein.” – bto: Das ist nichts anderes als die beschleunigte Vernichtung vorhandener Vermögenswerte. Dies kann man ja wollen, aber wir sollten mal offenlegen, wie viel des Wohlstandes das kostet. Dies weiß aber keiner und niemand fragt nach.
  • “Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß gegenüber dem Stand von 1990 um 65 Prozent sinken. Bislang waren 55 Prozent geplant. Klimaneutralität wird nun bis 2045 angestrebt. Bislang galt hier 2050 als Zieljahr. Die Novelle folgt einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Ende April sowie der Erhöhung des EU-Klimaziels für 2030 von 40 auf 55 Prozent.” – bto: Das passiert, wenn man technologischen Fortschritt zur Lösung der Probleme komplett ausschließt.
  • “Bundesumweltministerin Svenja Schulze (…) gerät ins Schwärmen. ‘Wir haben jetzt die Chance zu einem gesellschaftlichen Aufbruch, der mit großen Schritten beim Klimaschutz in eine bessere Zukunft führt (…) Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Verbände, Länder und Kommunen müssten aktiv mitwirken.’” – bto: Das klingt nicht nur ein bisschen nach dem sozialistischen Paradies, das ist auch so.
  • “Wenn das CO2-Einsparziel für 2030 von 55 auf 65 Prozent erhöht wird und Klimaneutralität bereits 2045 erreicht werden soll, bedürfe es nun einer ‘unglaublichen Kraftanstrengung’, sagt BCG-Energieexperte Patrick Herhold.” – bto: Und diese wollen alle Bürger machen? Erinnert mich daran, dass laut Umfragen 80 Prozent für eine restriktivere Migrationspolitik sind, aber es keiner hören will oder in den Medien sagt. Meine Quelle ist die NNZ von letzter Woche.
  • Ab 2023 dürfen laut BCG beim Austausch einer Heizung in Bestandsgebäuden und auch in Neubauten keine Öl- und Gasheizungen mehr installiert werden, ebenfalls ab 2023 müssen doppelt so viele Gebäude pro Jahr energetisch saniert werden wie bisher (…).” – bto: Jetzt wissen wir, dass sich das a) nicht rechnet, b) es auch hier technischen Fortschritt gibt, c) bisher nichts gebracht hat; die Nutzer leben jetzt etwas wärmer.
  • “Gebäudesanierungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, sorgen zwar für CO2-Reduktionen. Am Ende der Sanierung steht aber in den seltensten Fällen ein tatsächlich klimaneutrales Gebäude. Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft, GdW, warnt regelmäßig, dass die bisherigen Instrumente und Maßnahmen nicht ausreichen. Ein Paradigmenwechsel müsse her: weg von immer teureren energetischen Sanierungen und immer mehr Dämmung, die häufig auch teuer für die Mieter seien, hin zu dezentraler, CO2-armer Energieerzeugung und besserer Gebäudetechnik. Allein im Mietwohnungssektor (…)  seien in den nächsten drei Jahrzehnten Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro zusätzlich erforderlich – pro Jahr. Betrachtet man den gesamten Gebäudebestand in Deutschland, ergeben sich gigantische Summen. Die bundeseigene Deutsche Energie-Agentur (Dena) war in einer Studie 2018 zu dem Ergebnis gekommen, die energetische Sanierung des Gebäudebestands werde – je nach Technologieansatz – zwischen 518 und 932 Milliarden Euro kosten. Allerdings unterstellte die Studie noch CO2-Reduktionsziele von 80 bis 95 Prozent bis 2050. Ziel war noch nicht die Klimaneutralität bis 2045.” – bto: Diese Rechnungen berücksichtigen nicht, dass Arbeitskräfte und Materialien knapp und damit teuer sein werden.
  • “(Es gibt) zwei Pfade, um bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestands rasch voranzukommen: Entweder man maximiert die Effizienzmaßnahmen, um den Endenergiebedarf so weit wie möglich zu senken. Oder man fokussiert sich auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und heizt beispielsweise mit elektrischen Wärmepumpen. Das Problem des ersten Pfades: Technische und denkmalschutzbedingte Restriktionen beim Dämmen sorgen dafür, dass sich der Endenergiebedarf nur um maximal 60 Prozent reduzieren lässt. Pfad zwei dagegen erhöht den Bedarf an Strom aus erneuerbaren Quellen erheblich.” – bto: Es wird nur in Kombination von Maßnahmen gehen. Übrigens würden länger laufende Atomkraftwerke auch hier helfen.
  • “Laut BCG muss der Kohleausstieg bis 2030 vollzogen sein, der jährliche Zubau von Wind- und Photovoltaikanlagen muss sich verdoppeln, die Gaskraftwerkskapazitäten müssen bis 2030 um 30 Gigawatt (GW) erhöht werden. Die praktische Umsetzung könnte allerdings schwierig werden. Denn der Ausbau der Erneuerbaren, insbesondere der Windkraft an Land, kommt nicht voran. Zu den wichtigsten Gründen dafür zählen der Natur- und Artenschutz, knappe Flächen und restriktive Mindestabstandsgebote in Ländern wie Bayern oder NRW. Die künftige Bundesregierung wird daher noch viele Regelungen verändern müssen, um beispielsweise beim Ausbau der Windkraft voranzukommen.” – bto: Und selbst dann wird es nicht genügen.
  • Das gilt auch für den Bau neuer Gaskraftwerke mit einer Leistung von 30 GW innerhalb der verbleibenden neun Jahre bis 2030. Das entspräche einer Verdopplung der derzeit installierten Gaskraftwerkskapazitäten. Es sei zwar ‘energiewirtschaftlich dringend geboten’, in den kommenden Jahren reichlich Gaskraftwerke zu bauen, weil der Wegfall der gesicherten Leistung von Kohlekraftwerken kompensiert werden müsse, sagt ein Brancheninsider. Andererseits sei es aus heutiger Sicht ‘völlig utopisch’, dass die Investitionen auch tatsächlich erfolgten, zumal sich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Klagewahrscheinlichkeit noch deutlich erhöhe.” – bto: Das muss man sich mal vor Augen führen. Das Bundesverfassungsgericht setzt auf hiesige Deindustrialisierung, weil nur so das Klima zu retten sei. Unser Anteil an der Welt: 1,8 Prozent.
  • “Ein um den Faktor sechs höheres Tempo bei den Emissionssenkungen in den Jahren 2020 bis 2030 im Vergleich zur vorangegangenen Dekade. Die Umstellung von 25 Prozent der Stahlproduktion auf klimaneutrale Verfahren. Dazu neue Anlagen zur Prozesswärmegewinnung, die komplett auf Gas, Öl und Kohle verzichten – das sind die Perspektiven, die BCG für die Industrie aufzeigt, wenn sie ihre Klimaschutzziele erreichen will.” – bto: In anderen Ländern wird derweil in Zukunftstechnologie investiert.
  • “Die Industrie rechnet selbst mit Multimilliarden-Investitionen, die für die Dekarbonisierung notwendig werden. Beispielsweise 30 Milliarden bei Stahl oder 45 Milliarden in der Chemie (…). Noch größer sind die langfristigen Probleme. Wasserstoffbasierter Stahl ist mit deutlich höheren laufenden Kosten verbunden, die irgendwie gedeckt werden müssen (…). Außerdem brauche allein die Chemie für die Klimaneutralität mehr grünen Strom, als der derzeitige gesamte Stromverbrauch in Deutschland ausmache – und das zu günstigen Preisen und rund um die Uhr.” – bto: Nein, das wird sie nicht brauchen, die Produktion findet dann zukünftig woanders statt.
  • “Einen Verbrennerausstieg bei Pkws ‘de facto’ bis 2030, einen Anteil der Zulassungen CO2-neutraler Lkws von 50 Prozent und Importe CO2-neutraler Kraftstoffe in Höhe von vier Millionen Tonnen bis 2030 schreibt BCG dem Verkehrssektor ins Lastenheft. (…) Was geschieht mit den 46 Millionen Pkws mit Verbrennungsmotor im Fahrzeugbestand, die 2030 noch nicht am Ende ihrer Lebensdauer angelangt sind? Klimaneutrale Kraftstoffe könnten hier helfen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Das gilt auch für Lkws sowie den Schiffs- und Flugverkehr. Aber: Derzeit gibt es die erforderlichen synthetischen Kraftstoffe noch nicht.” – bto: Und sie werden auch von der Politik boykottiert, die diese nicht als klimafreundlich betrachtet und dementsprechend mit CO2-Abgaben belastet.

Die Lösung kann nur in neuen Technologien liegen. Darauf sollten wir den Fokus legen, statt nun einen Wandel zu erzwingen, wenn es noch zu früh und damit zu teuer ist.

handelsblatt.com: „Das teure Gesetz: Was mit den neuen Klimazielen auf die Wirtschaft zukommt“, 12. Mai 2021