“Why we face 50 years of austerity”

Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal im Dezember 2013 bei bto. Ein weiteres Beispiel, dass das Ponzi-Schema der westlichen Welt auf ein Problem zuläuft.

Ein exzellenter Beitrag zur wirtschaftlichen Zukunft Großbritanniens. Man kann durchgehend Großbritannien durch Deutschland ersetzen. Für uns trifft die Analyse ebenfalls zu, allerdings mit zwei bitteren Abweichungen. Wir haben keine potenziell billige Energie, sondern stellen uns mit der viel zu teuren Energiewende selber ein Bein. Und wir haben eine viel schlechtere demografische Entwicklung. Weniger Kinder und weniger Einwanderung. Absolut lesenswert, dennoch hier für Eilige die Kernpunkte:

  • England hat die höchste Wachstumsrate der entwickelten Volkswirtschaften, Steuereinnahmen steigen, und das Staatsdefizit sinkt. – bto: Wir hatten schon früher den Aufschwung nach der Krise, und der Staat macht Überschüsse. Schuldenstand (rund 80 Prozent vom BIP) allerdings nicht so unähnlich von England (89 Prozent).
  • Durch Geburtenrückgang und längere Lebenserwartung verändert sich die Alterspyramide drastisch. Folge: weniger Steuereinnahmen, mehr Ausgaben.
  • Die Kosten für Pensionen, Gesundheit und Pflege werden von 36 Prozent auf 40 Prozent des BIP steigen.
  • Auch die Erträge aus Nordseeöl fallen weiter (die haben wir in Deutschland ohnehin nicht). Folge: noch mehr Notwendigkeit, die Staatsausgaben zu kürzen.
  • Projektionen gehen davon aus, dass die Staatsschulden bis 2060 auf 100 Prozent des BIP steigen und die Zinsen einen immer größeren Teil des Budgets ausmachen.
  • Um dies zu verhindern, müsste der Staat in den kommenden fünf Jahrzehnten pro Jahrzehnt die Ausgaben um 0,5 Prozent vom BIP kürzen. Das klingt zunächst wenig. Ist aber eine erhebliche Einsparung. In Deutschland entspräche dies heute rund 14 Milliarden Euro.
  • Nicht eingerechnet in diese Projektionen sind die steigenden Kosten des Gesundheitswesens. Die Produktivität im staatlichen Gesundheitswesen Englands wächst um rund 1 Prozent pro Jahr während die restliche Wirtschaft die Produktivität um 2,2 Prozent steigert. Gelingt es nicht, die Produktivität des Gesundheitssektors auf das Niveau der restlichen Wirtschaft zu heben, wird die Staatsschuld bis 2062 auf 211 Prozent des BIP steigen! Auch wenn wir in Deutschland ein anders organisiertes Gesundheitssystem haben, können wir relativ gesichert davon ausgehen, dass es bei uns nicht besser aussieht. Aus unserer Sicht gibt es erhebliche Effizienzpotentiale (Stichwort: Apothekendichte, um nur ein Beispiel zu nennen). Strukturell dürfte aber der Produktivitätszuwachs aufgrund der Personalintensität begrenzt sein.
  • Verbleibt die Hoffnung auf „Fracking“ oder starke Zuwanderung aus dem Ausland. England braucht aus Sicht der Autoren Millionen an qualifizierten und steuerzahlenden Migranten. Die Dimensionen sind gigantisch: Ohne Zuwanderung steigt demnach die Staatsschuld auf 174 Prozent des BIP im Jahr 2062, bei Zuwanderung von 140.000 pro Jahr auf 99 Prozent und bei Zuwanderung von 260.000 pro Jahr auf 73 Prozent. Qualifizierte Zuwanderer wohlgemerkt!!

Wenn Sie den Artikel lesen, denken Sie ruhig an Deutschland: Demografie schlechter, Energie kein Rückenwind, sondern Gegenwind, unzureichende Zuwanderung von Qualifizierten (ja, hat sich gebessert, aber wir haben zu wenige, die wirklich dauerhaft bleiben). Kein Wunder, dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in einer Simulation die Staatsschulden in Deutschland Richtung 400 Prozent des BIP steigen sieht, wenn nicht entschieden gegengesteuert wird. Was das beinhaltet, habe ich hier zusammengefasst. Doch was macht unsere Regierung? Gibt mehr Geld aus und belastet die nachfolgende Generation noch mehr. Wahnsinn.

→ The Telegraph: Why we face 50 years of austerity , 4. Dezember 2013

Kommentare (21) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Ulrich
    Ulrich sagte:

    Was mir fehlt ist die Betrachtung der neuen Technologien. Diese werden die Produktivität erheblich steigern auch im Gesundheitswesen. Insofern dürften neue Fragestellungen wie werden die nichtbeschäftigten alimentiert? Ich denke der domagrafische wandel wird eher Segen als Fluch sein. Übrigens die chinesen und Japaner haben diese Probleme ebenso….nur heftiger als wir…..

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  2. Bakwahn
    Bakwahn sagte:

    Als ich in den Jahren um 1980 herum zur Verbeamtung anstand (was dann nicht geklappt hat), da gab es mehrere Aufsätze über die Problematik der Finanzierung von zukünftigen Beamtenpensionen (Spiegel, Zeit etc.). In 30 bis spätestens 35 Jahren könnten dann der Bund und die Länder ihre Beamtenpensionen nicht mehr bezahlen. Die Vorhersage bezog sich auf die Jahre 2010 bis 2015. Alle diese Artikel waren von Fachleuten geschrieben, offensichtlich sauber recherchiert und mit einem Wust von Zahlen gut abgesichert. Alles schien sehr plausibel zu sein.
    Sind diese traurigen Vorhersagen eingetroffen? Nein.

    Die Schwarzmalerei zu fast jedem Thema und Problem von Stelter ist – wie würde die Raute sagen? – wenig hilfreich.

    Wenn sich Probleme zuspitzen, oder, um es mit Hölderlin zu sagen „Wo aber Gefahr ist, wächst
    Das Rettende auch.“ dann sind da immer auch Menschen, die mindestens genauso klug sind wie wir, die nach einer Lösung suchen und diese in der Regel auch finden und damit die Katastrophe abwenden.

    Stelter zeigt auf, entfaltet, durchforscht, analysiert mit großem Sachverstand, Scharfsinn, Realismus gekoppelt mit einer gehörigen Portion wirtschaftswissenschaftlicher und finanztechnischer Theorien die Probleme von Wirtschaft und Finanzen der Euro-Zone. Dann malt Stelter seine Untergangsszenarien, seine apokalyptischen Krisensituationen, wobei er jedoch das Weiterdenken komplett einstellt. Er unterstellt dann einen Automatismus, der sich mit naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeit und Zwangsläufigkeit abspielt und zur Katastrophe, zum Zusammenbruch, zu Fiasko und Crash führt.
    Für jede drohende Situation gibt es auch Rettendes.

    „Im Finstern wohnen
    Die Adler und furchtlos gehn
    Die Söhne der Alpen über den Abgrund weg“

    Diese Hölderlinschen Adler, die über den Abgrund hinweggehen, und Lösungen bieten, die übersieht Stelter permanent.
    Bezogen auf Euro, Griechenland und Italien heißt das:
    Es wird weiter mit Hilfe der EZB vor sich hin gewurschtelt. Kein Land wird austreten. Der Euro wird weiter Bestand haben.
    Diese Länder folgen ihrem inneren Kompaß. Begriffe wie Kultur, Identität, Mentalität sind für das Wirtschaften, für den Umgang mit Geld von zentraler Bedeutung. Culture matters!

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    • Olaf
      Olaf sagte:

      Hallo Bakwahn,
      natürlich findet sich immer eine Lösung für die (zukünftigen) Probleme.
      Am Beispiel der Beamtenpensionen: Seit 1980 ist die Abgabenlast für Arbeitnehmer gewaltig gestiegen: Die Einkommensteuerlast aufgrund der kalten Progression, der Mehwertsteuersatz stieg von 13% auf 19% und die Sozialversicherungsbeiträge von 32,4 auf 39,75% (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, gehört auch dazu aufgrund der ständigen und notwendigen Verschiebungen zwischen Staatshaushalt und Sozialversicherungshaushalt).
      Der Staat hat sich das Geld für die Beamtenpensionen also von den Bürgern besorgt ohne jedoch die Qualität der Leistungen entsprechend zu steigern.

      Ich arbeite fast nur mit jungen Leuten zusammen, und in fast allen Branchen reicht das Einkommen aus 40 Stunden Arbeit nicht mehr um damit eine Familie zu ernähren. Die meisten können sich in Hamburg nur noch WG-Zimmer (bis weit über 30 Jahre!) leisten.

      Aber auch hier setzt gerade eine Gegenbewegung ein: Der akute Arbeitskräftemangel führt seit 2-3 Jahren zu steigenden Löhnen. 2018 ist extrem, unser Handwerker können zugesagte Aufträge nicht bearbeiten da Leute fehlen, und man bekommt bei Neuaufträgen oft keine Angebote mehr. Alle Meister suchen händeringend Personal. Auch in der Gastronomie müssen jedes Jahr 100 EUR mehr Monatsgehalt gezahlt werden um überhaupt Mitarbeiter bekommen zu können.

      Das macht mir Hoffnung. Wenn dann die aufgrund der Lohnsteigerungen sprudelnden Steuereinahmen genutzt würden um Steuern und Abgaben für einfache Arbeitnehmer zu senken könnten die sich auch bald wieder eine eigene Familiengründung leisten.

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  3. SB
    SB sagte:

    “Ohne Zuwanderung steigt demnach die Staatsschuld auf 174 Prozent des BIP im Jahr 2062, bei Zuwanderung von 140.000 pro Jahr auf 99 Prozent und bei Zuwanderung von 260.000 pro Jahr auf 73 Prozent. Qualifizierte Zuwanderer wohlgemerkt!!”

    Alle westlichen Industriestaaten benötigen demnach qualifizierte Zuwanderung in ganz erheblichen Größenordnungen. Wo sollen all diese qualifizierten Leute herkommen? Und warum sollen die zu uns einwandern? Es wird also darum gehen, welches Land die besten Bedingungen bietet? D geht wieder einmal einen Sonderweg und holt sich zwar Millionen von Zuwanderern ins Land, die allerdings zu fast 100 Prozent unqualifiziert sind. Also das genaue Gegenteil von dem, was eigentlich zu tun wäre. In D sorgen eben nicht die im Altersdurchschnitt jungen Zuwanderer für die alten Autochthonen, sondern die alten Autochthonen für die jungen Zuwanderer. Ein Land, das Kopf steht.

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    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @SB: woher die kommen? Ich habe persönlich gerade einen Kunden. Gebürtiger Tunesier, der dort über Fernhochschule ein westliches Informatikstudium erfolgreich absolviert hat dank bildungsbeflissener Eltern (denn die Kosten waren sehr überschaubar). Sein erster Job bietet ein derart hohes Bruttoeinkommen, dass er legal nach Deutschland einreisen konnte.

      Das wäre für mich ein Beispiel, wie es laufen könnte. Die Goethe-Institute und ähnliches ausbauen und vor Ort Anreize für Bildung bieten. Wenn es einer aus dem Dorf mit Anstrengung legal und erfolgreich (echter Job, kein Hartz 4) in den Westen schafft, spricht sich auch das herum. Das wird Jahrzehnte dauern, aber im Prinzip wäre der Weg auch nicht so viel anders als bei uns auf dem Land nach dem zweiten Weltkrieg, als die Gymnasien in allen Kreisstädten gebaut wurden und die Schulgebühren dafür abgeschafft wurden. Natürlich startet man in Afrika von einem niedrigeren Niveau, aber die Richtung müsste für die Bürger dort erkennbar sein.

      Antworten
      • SB
        SB sagte:

        @Wolfgang Seelig:

        Das ist ein schönes Beispiel und solche Werdegänge gibt es ja auch nicht erst seit gestern. Andererseits habe ich gewisse Zweifel, dass auf diesem Wege der Massenbedarf an qualifizierten Arbeitskräften im Westen gestillt werden kann. Es sind ja mehrere Hunderttausend jedes Jahr, die gebraucht würden.

        Die Sache hat aber noch eine andere Seite, die man auch nicht vergessen sollte: Diese qualifizierten Leute fehlen in ihren Heimatländern. Das sind aber diejenigen, die dort ebenfalls gebraucht werden und zwar auch deshalb, weil sie um sich herum ein höherwertiges wirtschaftliches Umfeld schaffen können. Gehen die so Qualifizierten ins Ausland, sinkt die Chance, dass es in ihren Ländern besser wird, noch einmal erheblich.

    • mg
      mg sagte:

      > Wo sollen all diese qualifizierten Leute herkommen?

      Es ist heute leichter sich zu qualifizieren, weil mit dem Internet der Zugriff auf Quellen viel einfacher geworden ist. Oder salopp ausgedrückt: da gibt es eine App für. KhanAcademy, Coursera, Udacity, iTunes U, usw. usf.

      An anderer Stelle hat, glaube ich, Herr Selig vorgeschlagen, dass Flüchtlinge in Bildung- und Ausbildungsfragen in Vorleistung treten sollten. Man könnte Migration in die EU deutlich erschweren und stattdessen anbieten, die Aufnahme an den erfolgreichen Abschluss von Ausbildungsprogrammen ausserhalb der EU zu koppeln. Das macht in meinen Augen Sinn.

      Antworten
  4. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Gelingt es nicht, die Produktivität des Gesundheitssektors auf das Niveau der restlichen Wirtschaft zu heben, wird die Staatsschuld bis 2062 auf 211 Prozent des BIP steigen!”

    Dazu nur zwei Punkte:

    1. Steigt der Meeresspiegel bis 2062 so wie erwartet, weil sich das Klima ändert, ist die höhere Staatsverschuldung bei einer Insel-Nation aufgrund der Gesundheitskosten dann noch das wesentlich unbedeutendere Problem. Und bis jetzt erkenne ich weltweit außer Lippenbekenntnissen keine echten CO-2-Einsparungen. Die erste Sturmflut bei gestiegenem Meeresspiegel 2050 oder 2060 bei ein paar britischen Hafenstädten und Sie haben einen Großschaden, der etliche Jahre Neuverschuldung übertrifft.

    2. Wie ist die Lösung des Wohlstandsproblems? Es wird wieder stärker so werden wie bis zur Mitte des 20. Jahrhundert bei geringerem Wohlstand in Westeuropa üblich und in vielen Ländern heute noch aktuell:
    Wer arbeiten kann, arbeitet so lange er kann bzw. was er kann. Urlaubsreisen in ferne Länder sind nur noch etwas für Reiche und nicht für die breite Masse. Fleisch gibt es einmal die Woche. Wegwerfmode wird durch nachhaltigere Kleidung ersetzt. Teure Sportarten werden eine Randerscheinung für Reiche. Familien müssen wieder zusammenhelfen bei Kinderbetreuung, Pflege, Arbeitslosigkeit und Krankheit. Stadtbücherei statt eigenem Bücherregal, Fahrrad statt Auto, usw. Ein Alptraum? Jetzt vielleicht für den geneigten Leser, aber es gibt auch heute schon Leute, die den aktuell üblichen Lebensstil nicht als das Nonplusultra im Leben erachten. Nachhaltig ist er nämlich nicht. Sondern in vielen Fällen auf Kosten künftiger Generationen über die Verschuldung, die Demographie (“Wofür eigene Kinder? Ich habe schließlich Rentenbeiträge einbezahlt!”) und vor allem über die Umwelt.

    Mit diesen Aussagen mache ich mich vermutlich gerade nicht beliebt, aber das ist auch nicht mein Ziel.

    Antworten
    • HN
      HN sagte:

      zu 1.:
      Ändert sich das Klima? Und wenn ja, ist dieser Wandel menschengemacht?
      Das wird mit propagandistischer Vehemenz behauptet, aber ich suche immer noch nach einem Papier, einer Studie o.ä., die das auch wissenschaftlich belastbar beweist. Kennen Sie so etwas?.
      Da jeder, der hier einen wissenschaftlichen (!) Beweis (!) erbittet, wie ein Holocaust-Leugner behandelt wird, glaube ich bis zum Beweis der Kausalität nicht daran, denn zur Verteidigung einer wissenschaftlich belastbaren Theorie sind Diffamierungen von Kritikern nicht nötig ;-)
      Es dürfte sich eher um ein clever aufgezogenes Multi-Billionen-Geschäft des deep state handeln, um ganze Industrien und Staaten auszuplündern.

      Antworten
      • mg
        mg sagte:

        @HN:
        > Kennen Sie so etwas?

        Ja.

        > Da jeder, [snip]

        Aber wirklich JEDER.

        > Multi-Billionen-Geschäft des deep state

        Geh wo anders trollen.

      • mg
        mg sagte:

        @SB: der anthropogene Anteil des Klimawandels ist sehr gut belegt und die Formulierungen von HN empfinde ich als ausgesprochen crackpot-like, weit entfernt davon die Qualitätsansprüche wohlwollender Persiflage zu erfüllen. In meinen Augen war das ein Versuch (unter vielen) das hiesige Forum unter zu Hilfenahme von Sockenpuppen zu diskreditieren.

        Dass Herr Stelter das Forum moderiert und dabei recht freigiebig Beiträge freischaltet, finde ich im Übrigen gut.

      • SB
        SB sagte:

        @mg: “..der anthropogene Anteil des Klimawandels ist sehr gut belegt.” – Vielleicht von staatlich finanzierten und deshalb der linksgrünen Doktrin zusprechenden “Instituten”, wie dem in Potsdam. Schalten Sie einfach mal um auf “alternativ”, auch wenn es so etwas offiziell nicht mehr gibt (geben soll, geben kann).

        Auch, wenn das in Ihren Augen ein Versuch war, um das bto-Forum zu diskreditieren (was ich nicht so sehe), sollten Sie mit Trollvorwürfen “ein wenig” zurückhaltender umgehen und besser in der Sache antworten. Wenn Sie den menschgemachten Klimawandel also beweisen können, so helfen Sie @HN…und vielen anderen, wie auch mir.

      • mg
        mg sagte:

        Zunächst einmal führen die Naturwissenschaften streng genommen keine Beweise. Das ist der Mathematik vorbehalten. In den Naturwissenschaften operieren wir mit Arbeitshypothesen und Modellen. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass eine Theorie überhaupt als wissenschaftlich betrachtet werden darf, ist ihre grundsätzliche Falsifizierbarkeit. Bestehende Theorien werden immer wieder modifizieren und verfeinern, ein bekanntestes Beispiel hierfür ist die Weiterentwicklung der newtonschen Mechanik zur relativistischen Mechanik.

        Das Absorptions- und Emmisionsverhalten der Erde wird durch das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz beschrieben. Die Strahlung der Sonne wird von der Erde zum Teil absorbiert, zum Teil reflektiert, zum Teil gestreut und zum Teil in chemisch gebundene Energie umgewandelt. Die absorbierte Strahlung wird wieder emmitiert, allerdings in dem Frequenzbereich bzw. Wellenlängenbereich, welcher der Oberflächen-Temperatur des emmitierenden Körper entspricht. Die Infrarotstrahlung, welche von der Erdoberfläche abgegeben wird, erreicht mitnichten das Weltall sondern wird von den Klimagasen in der Erdatmosphäre absorbiert und erneut emmitiert. Und wieder absorbiert und emmitiert. Das wiederholt sich so oft, bis die Strahlung aus den oberen Atmosphärenschichten schliesslich in das Weltall entweicht. Umso höher der Anteil der Klimagase (H2O, CO2, CH4, etc.) am Gasgemisch ist, umso mehr Strahlungsenergie wird von der Atmosphäre zurück gehalten. Nimmt er zu, wandert die Oberfläche, von der IR-Strahlung in das Weltall gelangt, weiter nach oben. Dort ist es kälter und entsprechend des Kirchhoffschen Strahlungsgesetzes ist die abgegebene Strahlung langwelliger d.h. energieärmer.

        Diese Überlegungen sind nicht nur in sich konsistent, schlüssig und im Einklang mit allen physikalischen Modellen, sondern – und das ist das Entscheidende – decken sich vor allen Dingen mit den Beobachtungen. Die Veränderung des Abstrahlungsverhalten der Erde wird seit den 1970er von Sateliten beobachtet. Der Planet ist mit Wetterstationen überzogen, die Konzentration von Gasen in der Atmosphäre wird mit nie dagewesener Genauigkeit bestimmt.

        Die penilen Charaktere der hiesigen Foristen mögen jetzt vielleicht einwenden, soll der doch erst einmal die Infinitesimalrechnung rausholen, wenn er hier mitspielen will. Das überlasse ich gerne denjenigen, die sich für Höheres berufen halten. Wer den anthropogenen Klimawandel für politisch gewollten Unsinn, Impfungen für Teufelszeug und Hömeopathie für wirksam hält, dem ist auch mit Mathematik nicht zu helfen. Wer mit der Thermodynamik hantiert ohne sie in Ansätzen verstanden zu haben und den Klimaforschern unterstellt, sie würden behaupten, kalte Luftschichten würden den Boden erwärmen, der wirft Nebelkerzen.

      • mg
        mg sagte:

        es muss natürlich heissen:

        emittiert, penibel, ein bekanntes…

        Wer weitere Fehler findet, darf sie behalten. ;-)

    • mg
      mg sagte:

      @Selig: just my 5 cent zu Ihrer Zukunftsprognose…

      > Wer arbeiten kann, arbeitet so lange er kann bzw. was er kann.

      Aber in Altersteilzeit, 25 Stunden die Woche, der eine mehr, der andere weniger.

      > Urlaubsreisen in ferne Länder sind nur noch etwas für Reiche und nicht für die breite Masse.

      Glaube ich nicht dran.

      > Fleisch gibt es einmal die Woche.

      Das könnte ich mir am ehesten vorstellen. Wenn 7 Milliarden Menschen jeden Mittag Rind essen wollten, würde es eng.

      > Wegwerfmode wird durch nachhaltigere Kleidung ersetzt.

      Der Trend geht bisher noch in genau die andere Richtung. Recycling soll auch mit Textilien möglich sein.

      > Familien müssen wieder zusammenhelfen bei Kinderbetreuung, Pflege, Arbeitslosigkeit und Krankheit.

      Unterstützt durch Roboter. Japan macht es heute bereits vor.

      > Stadtbücherei statt eigenem Bücherregal,

      Internet.

      > Fahrrad statt Auto, usw.

      Weniger Krach auf den Strasse? E-Bikes? Saubere Luft? Das wäre ein Segen.

      > Ein Alptraum? Jetzt vielleicht für den geneigten Leser, aber es gibt auch heute schon Leute, die den aktuell üblichen Lebensstil nicht als das Nonplusultra im Leben erachten.

      So ist es. Und diese Haltung betrifft nicht nur das Konsumverhalten.

      Antworten
    • Thomas
      Thomas sagte:

      “Fleisch gibt es einmal die Woche. Wegwerfmode wird durch nachhaltigere Kleidung ersetzt. Teure Sportarten werden eine Randerscheinung für Reiche. Familien müssen wieder zusammenhelfen bei Kinderbetreuung, Pflege, Arbeitslosigkeit und Krankheit. Stadtbücherei statt eigenem Bücherregal, Fahrrad statt Auto, usw. Ein Alptraum?”

      Hört sich nach meiner Kindheit in den 70ern an… an die erinnere ich mich gerne. War okay und tat nicht weh. Ganz im Gegenteil.

      Die moderne psycho-stressinduzierende Maloche, um hohe Mieten in der Stadt, das ggf. fette Auto plus Wartung und teuren Sprit und dann teuren Urlaub zwecks Stressabbau zu finanzieren, sollte man durchaus einmal kritisch hinterfragen.

      Antworten
    • RW
      RW sagte:

      “Teure Sportarten werden eine Randerscheinung für Reiche.” Dann bekommen wir endlich wieder gierige Straßenkicker, die auch mal einen Weltmeistertitel verteidigen könnten. Saturierte Altstars sind bei einem solchen Vorhaben nur hinderlich. Die WM in Russland aus deutscher Sicht ist geradezu eine Parabel für das, was gerade in Deutschland und Europa abläuft. Wir brauchen Disruption auf allen Ebenen. Schumpeter lebe hoch!

      Antworten
  5. RW
    RW sagte:

    Zitat:”Strukturell dürfte aber der Produktivitätszuwachs aufgrund der Personalintensität begrenzt sein.” Der Gesundheitsbereich ist so gut wie gar nicht digitalisiert. Hier werden durch Digitalisierung und AI Produktivitätszuwächse möglich sein. Wieder ein Kassandraruf ohne fundierte Berücksichtigung des technologischen Fortschritts auch in diesem Bereich. Ich beabsichtige jedenfalls mit diesem in Großbritannien Geld zu verdienen. Ebenso wie in China mit seinen 5,7 Millionen Krankenhausbetten oder in Japan mit seinen 1,1 Milionen Krankenhausbetten. Im Vergleich hierzu erscheinen die Probleme in Großbritannien oder Deutschland allerdings geradezu niedlich dagegen. Wir stehen somit, da gebe ich Herrn Stelter recht, an einer Zeitenwende. Aber gerade dann, das zeigt die Wirtschaftsgeschichte immer wieder, ist für den Wagemutigen der Zeitpunkt gekommen, Geld zu verdienen.
    Oder anders gesagt: Der Pragmatiker wird gewinnen, der Dogmatiker, der immer nur auf die schlechte Zukunftsperspektive verweist, wird verlieren. Ich sage einfach: Du hast keine Chance -nutze sie.

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