Was steht hinter den Rekordmargen der US-Unternehmen?

Die Beiträge von Jeremy Grantham vom Bostoner Vermögensverwalter GMO sind regelmäßig Gegenstand der Diskussion bei bto. In seinem jüngsten Kommentar setzt er sich mit den Profitmargen der US-Unternehmen auseinander, die nicht nur sehr hoch sind, sondern auch noch entgegen aller wirtschaftlichen Theorie hoch bleiben. Es gibt also keinen genügenden Wettbewerb, der dazu führt, dass die Margen sinken. Ein weiterer Grund dürfte sein, dass sich die Gewinne auf wenige Unternehmen mit exorbitanten Margen konzentrieren, die drauf und dran sind ganze Industrien zu kannibalisieren. Sogar die FT greift die Überlegungen Granthams auf: zunächst die Darstellung, die zeigt, dass sich die Umsatzrenditen im S&P 500 und die Gewinne relativ zum BIP nachhaltig erhöht haben:



Quelle: GMO

  • “Grantham suspects historically low rates since 1997 combined with higher leverage play a big part in the story. Even so, it can’t be the only explainer. As Grantham says, in a world of reasonable competitiveness higher margins from long-term lower rates should have been competed away. Since they have not, the anomaly must be down to something else.” bto: Das ist eine entscheidende Frage.
  • Grantham puts the cause down to three other factors: Increased monopoly power, increased political power and increased brand power.” bto: Das klingt schon fast wie Frau Nahles, die den „Reichen“ zu viel politischen Einfluss unterstellt. Im Unterschied zur These von Frau Nahles dürfte Grantham recht haben.
  • “(…) if they had materially more monopoly power, we would expect to see exactly what we do see: higher profit margins; increased reluctance to expand capacity; slight reductions in GDP growth and productivity; pressure on wages, unions, and labor negotiations; and fewer new entrants into the corporate world and a declining number of increasingly large corporations. And because these factors affect the US more than other developed countries, US margins should be higher than theirs. It is a global system and we out-brand them for one thing.” bto: Zugleich wird der (hoch profitable) Tech-Sektor von den USA dominiert.
  • Grantham links the increase in corporate power over the last 40 years (…) the increasingly weighty regulatory environment which counterintuitively ends up benefitting the larger and more politically savvy corporations. (…) Smaller companies can’t, hence there’s been a steady drop of net new entrants into the US business world since 1970.” bto: Da genügt ein Blick in die Bankenregulierung, die kleinere Anbieter so belastet, dass es einen Vorteil für die großen gibt.

 

  • “If Grantham is right, investors should start asking what if anything can nip this phenomenon in the bud. Grantham indicates higher rates may do the trick. Problem is, those are unlikely to come about any time soon. Until they do, it’s likely abnormally high corporate profit margins will remain a thing or even intensify. (…) investors should brace themselves for continued higher multiples than those of the old days.” bto: Bedeutet das dann aber auch, dass die Börsen doch nicht zu hoch bewertet sind?
  • “All in all, from the many possibilities, I prefer my suggestion of a 20-year limping regression that takes us two-thirds of the way back to the good old days pre-1997. What I fear is that if I am wrong, it is less likely to be because regression is more dramatic as some die-hard value managers believe than it is to be even slower.” bto: was noch länger hohe Bewertungen erwarten lässt.
  • The outlook I proposed for the S&P 500 last October of 2.8% real per year for 20 years – the whimper path – has fallen to 2.3% real at recent higher prices. bto: Das dürfte wohl klar sein: immer geringere Erträge beim Tanz auf dem Vulkan.

 FT (Anmeldung erforderlich): „GMO’s Grantham on what’s driving abnormal profit margins“, 2. Mai 2016

Und hier der Link zur Studie:

→ gmo-quarterly-letter

Kommentare (7) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Bill
    Bill sagte:

    für mich sehen die Graphen samt der Auswertungen eher aus wie Erstsemester “Lügen mit Statistiken”.
    Ohne eine genaue Analyse wie die hineingezeichneten Linien zustandegekommen sind die Ergebnisse nicht viel besser als Kaffeesatzleserei.

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  2. jobi
    jobi sagte:

    Mi”abnehmende Bedeutung von materiellem gegenüber immateriellem Kapital..”
    Das ist vermutlich die Hauptursache. Dazu passen auch die abnehmenden Investitionen. Hilfreich wäre hierzu eine entsprechende Darstellung des Kapitalumschlags.

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  3. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Wenn die Margen sehr hoch sind, sind die Markteintrittsbarrieren für potentielle Wettbewerber zu groß. Aber hier würde ich unterscheiden: Der Technologiesektor ist so jung, dass die notwendige Standardisierung (z.B. bei MS Office-Produkten oder Acrobat Reader) die breite Nutzung der Technologie erst möglich gemacht hat. Außerdem sind viele Dinge noch in der Patentlaufzeit und können nicht einfach durch Wettbewerb billiger gemacht werden. Das ist aber bei neuen Techniken (wie aktuell gerade bei der Frage nach der optimalen Ladetechnik in der Elektromobilität) zum Durchbruch notwendig.
    Viel schlimmer ist es, wenn die Margen auch bei traditionellen Branchen wie Getränkeindustrie oder anderen Konsumgütern (z.B. Hygieneprodukten u.ä.) hoch bleiben. Hier sollte der Wettbewerb leichter möglich sein. Aber ich vermute mal, dass die Argumente von Herrn Tischer (Steueroptimierung, Skaleneffekte, immaterielles Kapital) hier den Ausschlag geben. Das wäre mal eine Forschungsaufgabe für Volkswirte mit echtem Praxisbezug, aber ich habe die Hoffnung schon aufgegeben, dass man mit so etwas in Deutschland (und anderswo) als Forscher noch punkten kann – denn die beliebten und gewünschten Drittmittel gibt es dafür wohl eher weniger…

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  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Das Thema ist komplex mit vermutlich multikausalen Erklärungen.

    Mögliche hier nicht genannte Faktoren:

    Steueroptimierung in einem Ausmaß, das es früher so nicht gegeben hat

    Skaleneffekte durch größere homogene Märkte und die Ausweitung des Handels

    Abnehmende Bedeutung von „materiellem Kapital“ im Gegensatz zu „immateriellen Kapital“ (Wissenskapital, Organisationskapital und Informationskapital) bei den Unternehmen, die die digitale Revolution treiben.

    Siehe hierzu:

    http://blogs.faz.net/fazit/2017/05/31/die-unsichtbare-macht-hinter-der-revolution-8778/

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    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Ob sogenannte neo-liberale Grundpositionen trivial sind, lassen wir einmal dahingestellt.

      Es ist aber so, dass die VERÄNDERUNGEN, denen wir ausgesetzt sind, mit konventionellem Ökonomie-Verständnis nicht richtig oder nicht vollständig erklärt werden können.

      Mit dem Rückgriff auf Marx können Sie auch nicht erklärt werden, auch wenn er der große Theoretiker struktureller Veränderung ist.

      Denn seine Theorie ist falsch und mit einer falschen Theorie kann man nichts (richtig) erklären.

      Marx ins Spiel zu bringen, ist der Griff nach dem Strohhalm, nichts weiter.

      Noch nicht einmal die Massen kann man damit mobilisieren.

      Kurzum:

      Die scheinbar steigende Relevanz von Marx ist ein Ausdruck dafür, dass Politiker und Ökonomen, auch Notenbanker, zwar tiefgreifende Veränderungen erkennen, sich aber eingestehen müssen, dass konventionelle Fiskal- und Geldpolitik die damit auftretenden Probleme nicht lösen können.

      Das ist es dann auch schon.

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