Was gegen Kredite und Staats­beteili­gungen spricht

Am Wochenende habe ich mich für eine Unterstützung der Wirtschaft in Form einer Umsatzausfallgarantie starkgemacht. Zwar gab es den einen oder anderen Kommentar, der eine solche Hilfe für die “Reichen” nicht gut fand, überwiegend aber Zustimmung.

Ebenfalls am Wochenende erschien dieser Beitrag von Henrik Müller, der – ohne auf meinen Vorschlag einzugehen – gut begründet, weshalb es notwendig wäre, meine Idee umzusetzen:

  • “Wenn die Corona-Krise länger andauert, dann wird das unsere Wirtschaftsordnung massiv verändern. Die Marktwirtschaft, wie wir sie kennen, wird dann wohl in Teilen abgeschafft. Privateigentum und Wettbewerb werden an Bedeutung verlieren, der Staatseinfluss wird massiv steigen. Es wäre ein ungeplanter Systemwandel, nicht aus revolutionärem Antrieb, sondern aus der schlichten Notwendigkeit heraus, einen wirtschaftlichen Kollaps im Angesicht des weltweiten Lockdown zu verhindern.” – bto: Wir bekommen den “demokratischen Sozialismus” durch die Hintertür und werden damit in Zukunft massiv an Wohlstand verlieren.
  • “In der abgelaufenen Woche hat eine Gruppe von Epidemiologen des Londoner Imperial College eine Studie veröffentlicht, die (vorrechnet), dass die Corona-Epidemie erst dann nachhaltig verschwinden wird, wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht. Und das kann nach Lage der Dinge – und angesichts der zeitraubenden üblichen Zulassungsverfahren – 18 Monate dauern. Bis dahin gehe es darum, die Zahl der Infizierten so niedrig zu halten, dass die Gesundheitssysteme nicht kollabieren. Die Forscher gehen davon aus, dass die Neuinfektionen wieder rapide ansteigen, sobald die Mobilitätsbeschränkungen und das Social Distancing gelockert werden. Das Resultat wäre ein Stop-and-Go-Szenario: In Phasen, in denen die Maßnahmen gelockert werden, steigen die Fallzahlen wieder an, sodass die Behörden abermals einschneidende Maßnahmen ergreifen müssen. In der Simulation der Londoner Forscher sind die Phasen mit Beschränkungen übrigens deutlich länger als Phasen der relativen Bewegungsfreiheit.” – bto: Damit haben wir ein Ende der heutigen Wirtschaft und in der Tat keine Rezession, sondern eher eine Depression.
  • “Es wäre der Einstieg in eine andere Wirtschaftsordnung. Unternehmen, deren Eigenkapital durch die Corona-bedingten Umsatzausfälle in weiten Teilen aufgezehrt ist, könnte der Staat beispringen, indem er gegen Geldinjektionen Unternehmensanteile bekäme – oder indem er Kredite vergibt, die sich bei Rückzahlungsproblemen automatisch in Eigenkapitalanteile verwandeln (‘Debt Equity Swaps’).” – bto: Ist es wirklich das, was wir tun sollten? Ich bin dagegen.
  • “Dieses Vorgehen hätte mehrere Vorteile: Viele Unternehmen würden auch im Laufe eines ökonomisch sehr schwierigen, länger andauernden Lockdown-Szenarios nicht pleitegehen. Jobs blieben erhalten, unterstützt durch Kurzarbeitergeld und andere staatliche Maßnahmen. Der Staat, dessen Schulden durch die Krise massiv steigen werden, würde nicht nur Geld in die Wirtschaft pumpen, sondern im Gegenzug auch an Vermögenswerten beteiligt.” – bto: Das ist aber eben nur eine Form der Kostenallokation. Ich denke, es gibt bessere Alternativen. Besser: Es muss sie geben.
  • “Im Endeffekt könnte ein deutscher Staatsfonds entstehen, der Beteiligungen an weiten Teilen der heimischen Wirtschaft hält – eine Art Treuhand-Anstalt 2.0. Ich schlage an dieser Stelle schon mal einen Namen dafür vor: German Recovery and Investment Financial Facility, was sich zu dem schönen Akronym GRIFF verdichten lässt.” – bto: der ultimative Albtraum. Die massive Enteignung zum Nachteil.

Das sieht auch Henrik Müller so: “Allerdings wäre eine solch großflächige Auffanglösung in vielerlei Hinsicht problematisch. Ich greife fünf Felder heraus:”

“1. Großunternehmen werden systematisch bevorzugt. Wo auf einen Schlag zig- oder sogar hunderttausende Jobs verloren zu gehen drohen, wird sich der Staat eher beteiligen als an kleineren Mittelständlern. Dies entspricht der Erfahrung und auch der administrativen Notwendigkeiten: Sich an vielen kleineren Unternehmen zu beteiligen, dürfte die öffentliche Verwaltung schlicht überfordern. Der Mittelstand ist in Familienhand. Die allermeisten deutschen Unternehmen sind nicht börsennotiert, viele nicht mal als Kapitalgesellschaften verfasst. Sich daran zu beteiligen, wäre schwierig und juristisch enorm aufwändig.” – bto: Die Umsatzausfallgarantie hingegen ist simpel, fair, transparent und effizient.

“2. Wettbewerbsverzerrungen sind unvermeidlich. Unternehmen, die auf eine Staatsbeteiligung verzichten und versuchen, aus eigener Kraft weiterzumachen, würden ins Hintertreffen geraten, weil sie sich schlechter finanzieren können. Unternehmer, die ihr eigenes Vermögen für den Fortbestand der Firma einsetzen, würden implizit bestraft.” – bto: Der Staat wäre der größte Zombie-Zoo-Betreiber.

“3. Wie und durch wen übt der Staat Kontrolle aus? In Unternehmen kontrollieren die Besitzer die Geschäftsführung. Wo der Staat beteiligt oder alleiniger Besitzer ist, müsste er folglich unternehmerisch tätig werden. Gibt es dafür eigentlich genug geeignete Leute? Werden Beamte in Aufsichtsräten und vielleicht sogar Vorständen nicht jedwedes unternehmerische Risiko durch übermäßige Vorsicht abwürgen?” – bto: endlich genügend Posten für unsere Politiker. Mir graut.

“4. Der Staat dürfte auf Jahre im Geschäft bleiben. Der GRIFF wäre als vorübergehende Krisenmaßnahme gedacht. Wenn das Corona-Virus und danach auch die Wirtschaft erst unter Kontrolle sind, sollte der Staat sich wieder zurückziehen. Das aber kann sehr lange dauern, wie das Beispiel der Commerzbank zeigt, an der auch nach einem Jahrzehnt guter Konjunktur immer noch der Bund beteiligt ist. Möglich, dass Staat und Politik Gefallen am direkten Zugriff auf große Teile der Wirtschaft finden.” – bto: So ist es. Es ist die DDR 2.0 durch die Hintertür.

“5. Wer killt die Zombies? Im Zuge der Corona-Krise hat die Bundesregierung versprochen, Unternehmen ohne Ansehen des Einzelfalls zu helfen. Sollte dies auch für Beteiligungen gelten, wird am Ende der Krise ein breites Portfolio im GRIFF der öffentlichen Hand sein, und zwar vermutlich auf Jahre (siehe oben). Dann gilt es, einen Strukturwandel zu managen, über dessen Natur wir heute nur mutmaßen können. Aber die schockierenden Erfahrungen der Pandemie und ihrer Folgen werden die Wirtschaftsstrukturen verändern. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob wir zur globalen Hypermobilität und zum Dauerurlauben der vergangenen Jahre zurückkehren. Sollte es zu einem massiven Rückgang der Mobilität kommen, blieben massive Überkapazitäten bei Airlines, Touristik oder Autoherstellern zurück. Wo Überkapazitäten entstehen, müssen sie abgebaut werden. Kapitalmärkte sind ziemlich gut darin, solche Bereinigungen anzustoßen. Die Politik tut sich dabei viel schwerer. Denkbar, dass wir am Ende mit einer großen Anzahl von strukturell verlustreichen Zombie-Unternehmen dastehen, die mit staatlichen Billigkrediten so gerade eben aufrechtgehalten werden.” – bto: zusätzlich zu jenen, die wir schon haben. Und das sind nicht wenige!

Fazit Müller: “Am Ende lautet die gute Nachricht: Der Staat kann den ökonomischen Kollaps verhindern. Ein Systemzusammenbruch lässt sich aufhalten. Doch je länger die Krise dauert und je einschneidender die Auffanglösungen sein müssen, desto stärker wird sich die Wirtschaftsordnung auf Dauer verändern. Und zwar nicht unbedingt zum Besseren.”

Fazit bto: und damit das Wachstum noch weiter drücken und die Probleme, vor denen wir ohnehin stehen, verschärfen!

manager-magazin.de: “Eine Corona-Treuhand-Anstalt”, 22. März 2020