Update zu den Szenarien der Geldpolitik

Das FERI Institut fasst in einer kürzlich erschienenen Studie die Überlegungen für die nächsten Schritte der Geldpolitik zusammen. Im Fokus – wenig verwunderlich – die Ideen der Modern Monetary Theory (MMT) und die Helikopter. Die Bilanz fällt wenig verwunderlich sehr verhalten aus. Wobei offen bleibt, was denn die Alternative sein soll. Denn irgendwie müssen wir aus der financialization der Weltwirtschaft herauskommen. Und zwar so, dass es möglichst schmerzfrei erfolgt.

Fassen wir die Überlegungen von FERI zusammen:

  • “Neu ist (…), dass nun eine gezielte Verschränkung von Geldpolitik und Fiskalpolitik’ gefordert wird, also eine bewusste und dauerhafte Verwendung der Notenbankpresse zur Finanzierung staatlicher Schulden und anderer staatlicher Ausgaben. Diese neue Dimension der öffentlichen Debatte (…) ist einerseits überraschend und alarmierend, hat andererseits jedoch auch eine gewisse Zwangsläufigkeit.” – bto: Es ist zwingend angesichts der Lage, in die wir uns manövriert haben.
  • “Vor dem Hintergrund hoher Schulden, leerer Kassen, zunehmender Wachstumshemmnisse sowie gravierender ökonomischer, sozialer und demografischer Probleme prüfen (oder beschreiten bereits) immer mehr Länder gezielt den Ausweg der Monetisierung.” – bto: Was fehlt, sind die Herausforderungen des Klimawandels. Diese sind doch ein hervorragender Grund, monetär so richtig auf das Gaspedal zu drücken.
  • “In enger Verbindung zum Konzept gezielter Monetisierung’ stehen derzeit noch andere Vorschläge, die mit den Stichworten ‘Negativzins-Regime’ und Bargeldabschaffung umschrieben werden können.” – bto: und die völlig logisch sind, wenn es darum geht, den Rentiers das Geld aus den Taschen zu treiben.
  • “Die möglichen Konsequenzen und langfristigen Risiken eines derart massiven Regimewechsels sind äußerst komplex und kaum zu beherrschen. Sowohl das Problem ungezügelt wachsender Staatsverschuldung, das Risiko größerer Inflationsschübe als auch die Tendenz einer langfristigen Zerrüttung ganzer Finanzsysteme werden dadurch zukünftig in Gang gesetzt oder verstärkt.” – bto: wobei nicht zu vergessen ist, dass die private Verschuldung und die Entfesselung des weltweiten Finanzsystems ebenfalls eine wesentliche Ursache für die Entwicklung ist.

Sodann fasst FERI den Weg zur finanziellen Zerrüttung schön zusammen:

FERI gelangt zu dem Fazit:

  • “Die Erfahrungen der Geschichte sprechen nicht dafür, dass substanzlose Vermehrung von Papiergeld eine Lösung für reale Probleme darstellt. Im Gegenteil sind große ökonomische Krisen und soziale Katastrophen des 20. Jahrhunderts, gerade in Deutschland, auf politischen Missbrauch der Notenpresse zurückzuführen.” – bto: wobei ich die Idee, vorhandene Schulden so zu monetarisieren, dass sie von den Notenbanken aufgekauft werden und dann auf lange Zeit zins- und tilgungsfrei sind, nicht pauschal verwerfen würde. MMT und die absehbare direkte Finanzierung der Staaten auch in Europa – dafür wird Madame Lagarde schon sorgen, als politische Spitze der EZB, nicht gebremst von einer Kommissionspräsidentin von französischen Gnaden – werden naturgemäß andere Folgen haben. Doch auch hier gilt, dass es ziemlich lange dauern kann, bis in unserem zunächst strukturell deflationären Umfeld zu einer deutlichen Inflation kommt. Perspektivisch ist eine höhere Inflation aufgrund der schlechteren Relation zwischen Abhängigen und Erwerbstätigen zu erwarten, bis dann aufgrund eines Endes des Bevölkerungswachstums in der Welt der Inflationsdruck nachlässt. Ohnehin dürften wir nach der inflationären Phase einen Neustart in anderer monetärer Ordnung erleben. Ob dies mit einer Privatisierung des Geldes einhergeht – wie beispielsweise mit Libra angedacht – denke ich letztlich nicht. Immer wieder wird die „Demokratisierung“ des Geldes ein Thema sein, wobei damit natürlich die Macht der Politiker gemeint ist …
  • “Offenbar sind die strukturellen Probleme der Weltwirtschaft – von extrem hoher öffentlicher und privater Verschuldung über demographisch und technologisch bedingte Wachstumshemmnisse bis zu massiven sozio-ökonomischen Ungleichgewichten – heute so ausgeprägt, dass der politische Handlungsdruck dramatisch steigt und zunehmend radikale Lösungen erforderlich wären.” – bto: So ist es. Außerdem fehlt in dieser Aufzählung der Euro, der als schwächste aller Währungskonstruktionen besonders anfällig für Krisen und deshalb  von immer radikaleren Maßnahmen abhängig ist.
  • “Ein erster (nicht sehr utopischer) Zwischenschritt könnte bereits die de facto-Übernahme derzeit bestehender Staatsschuldenbestände bei den jeweiligen Notenbanken und deren ewige Prolongation (oder ‘Streichung’) à la OMF sein.” – bto: Das ist sicher und wird in Japan schon seit Jahren praktiziert.
  • “Die Tatsache, dass weltweit – trotz massiver Q.E.-Politik – noch kein spürbarer Anstieg der (Güter- preis-)Inflation festzustellen ist, wird eventuelle Bedenken zerstreuen und so den Weg zu ‘noch mehr offener Geldschöpfung’ ebnen.” – bto: Und das ist auch ein sehr starkes Argument. Die Ursache ist in der Eiszeit zu sehen, die wiederum die direkte Folge der Überschuldung ist. Da eine Deflation die Schulden endgültig und offensichtlich untragbar macht und unser weltweites Ponzi-Schema enttarnt, wird alles versucht werden, dieses Szenario zu verhindern.
  • “Die langfristigen Wirkungen und Risiken einer Politik offener Geldschöpfung können aus heutiger Sicht kaum exakt vorhergesehen werden. Allerdings liefert die Geschichte eine Reihe von Beispielen dafür, wie durch missbräuchlichen Einsatz von Notenbank-Geldschöpfung ganze Finanzsysteme zerrüttet, ruiniert und zerstört wurden.” – bto: was auch nur logisch ist, weil Geld, welches beliebig ohne dahinterliegende produktive Sicherheiten in Umlauf gebracht wird, tendenziell an Wert verlieren muss.
  • Inflationäre Effekte – auf verschiedene Vermögenspreise, grundsätzlich aber auch in der Realwirtschaft – sind aber extrem wahrscheinlich, da dies der eigentlichen Natur von OMF als ‘pure Geldschöpfung’ (‘Fiat Money Creation’) entspricht.” – bto: So ist es, selbst in einem deflationären Umfeld. Wir sehen es ja auch an den Vermögenspreisen, die schon jetzt in vielen Bereichen stark steigen.
  • “Besonders stark sind in der Regel die Impulse für Finanz- und Immobilienmärkte, mit der Folge starker Aufwertungen oder sogar ausgeprägter ‘Blasenbildung’. Mittelbar können daraus – über ‘Zweit- und Drittrunden-Effekte’ – ökonomische Schieflagen, soziale Verwerfungen und gesellschaftliche Verspannungen größeren Ausmaßes induziert werden.” – bto: Das haben wir doch schon, wie ein Blick auf die aktuelle Enteignungsdiskussion in Deutschland zeigt.
  • “Als Konsequenz erwachen dann Frustration und Verbitterung großer Teile der Bevölkerung, was – über politische Agitation und Populismus – nach- haltige Umbrüche politischer Strukturen und Systeme auslösen kann.bto: und maßgeblichen Akteuren der Politik sehr zu Pass kommt. Kann man doch dann mit Verweis auf angebliches Marktversagen und den bösen Kapitalismus noch mehr in unsere Freiheitsrechte eingreifen und bei der Gelegenheit auch noch begründen, weshalb für das höhere Gut der Klimarettung (als wäre diese alleine von Deutschland bewältigbar) Vermögen entwertet und umverteilt werden müssen.
  • “Schon in sehr naher Zukunft ist in nahezu allen westlichen Finanzsystemen von einer anhaltenden, massiven und zunehmend unverblümt durchgeführten Politik monetärer Verwässerung und finanzieller Repression auszugehen. Notenbanken werden so immer stärker zu ‘Bad Banks’ des jeweiligen Finanzsystems, mit dem klaren Auftrag, systemische Altlasten (Schulden) möglichst dauerhaft ‘zu entsorgen’.” – bto: So ist es.
  • “(…) sowohl zunehmender Populismus als auch ein genereller Linksruck diverser Gesellschaften – sollte ebenfalls klar gesehen und entsprechend gewürdigt werden. Mit Blick auf die strategische Ausrichtung und den Schutz von Geld- und Vermögenswerten sollten angemessene Überlegungen angestellt und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden (…).” – bto: soso. Ich sage zwar immer, raus aus Deutschland und raus aus Europa. Nur wohin, wenn in den USA letztlich dasselbe Szenario droht und Länder wie Australien und Kanada angesichts von Immobilienblasen und ihrer Vernetzung in der Welt mitmachen müssen bei diesem Spiel. Uruguay wurde mir empfohlen, Chile ist gut organisiert. Doch Sicherheit für Vermögen sehe ich hier auch nur beschränkt.

→ feri-institut.de: “‘Modern Monetary Theory’ und ‘OMF’”, Juni 2019

Kommentare (27) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. RW
    RW sagte:

    Wenn es also keinen Weg aus der Schuldenmisere gibt, bedeutet dies, das Spiel eben mitzumachen. Warum soll ich mich über etwas aufregen, was ich sowieso nicht beeinflussen kann. Wenn ich zwischen Pest und Cholera entscheiden muss, nehme ich die Krankheit mit der ich am besten zurechtkommen kann. Übertragen heißt dies, ich werde das Medikament nehmen, das mir den höchstmöglichen Cashflow verschaffen kann. Nach Lage der Dinge sind dies weder Cash noch Anleihen noch Gold sondern einzig und allein Aktien. Die ersten drei Dinge sind totes Kapital, da sie keinen Cashflow bringen.

    Meine Strategie setzt sich aus Einzelinvestments von Immobilienaktien zusammen, die 4 Kontinente abdecken und die nach dem Kriterium “Location, Location, Location” investieren und deinvestieren. Wenn möglich, schaue ich mir auch einzelne Immobilien dieser Unternehmen selbst unter diesem Kriterium an.

    Dazu kommen noch einige Rennpferde (sprich Aktien), die ordentliche Kursgewinne abwerfen könnten, weil sie auf einen gesellschaftlichen Trend aufsetzen (z.B. demographischer Wandel, Ernährung, Digitalisierung etc.).

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    • ruby
      ruby sagte:

      Hatte heute “Der Euro” von Thilo Sarrazin von 1999 für die Bundeszentrale für politische Bildung in der Hand; in seinem Fazit hat er auch das Beispiel des Hauses benutzt und beschrieben, daß das Dach fertig ist.

      Antworten
  2. asisi1
    asisi1 sagte:

    Wie kommen wir da wieder heraus? Sie schreiben, das es möglichst “schmerzfrei” ist! Und das ist der größte Fehler!!!! Ist es nämlich schmerzfrei wird sich alles in kürzester Zeit wiederholen! Es müssen die Leute die uns diesen Mist eingebrockt haben, bestraft werden, ansonsten gibt es absolut keinen lehrn Effekt! Island hat es vorgemacht und Banker bestraft , mit Gefängnisstrafen! Sie glauben doch wirklich nicht, das es in diesem desaströsen Europa mit diesen Politikern eine Wende gibt. Dann sollten sie einmal in die Kirche gehen und beten!

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  3. Zweifler
    Zweifler sagte:

    „Doch Sicherheit für Vermögen sehe ich hier auch nur beschränkt“

    Vielleicht sollte man sich von dem Begriff/Gedanken „Sicherheit“ verabschieden.
    Leben ist unsicher.

    Antworten
  4. Thierry
    Thierry sagte:

    Werte Frau Dent,

    normalerweise ist jede Finanzanlage mit einem Gegenparteirisiko belastet, denn sie kontrahieren mit einer Bank, einem Unternehmen, einem Finanzmakler, usw. Wenn Sie da volles Vertrauen haben, weiter so. Wenn nicht, bauen Sie solche Risiken systematisch ab.

    Es gibt natürlich auch Anlagemöglichkeiten, die nicht mit diesem Gegenparteirisiko behaftet sind, als da sind (aber sämtlich nicht durch Kredite finanziert!) Immobilien, Kunst, Antiquitäten, alte Autos, Whiskey, Wein und Rohstoffe, und nicht zuletzt auch GOLD. Hier gilt es abzuwägen, wie sehr man sich staatlichem Zugriff aussetzt, oder dem Zahn der Zeit, wie hoch auch die Lagerkosten sind und das Risiko, mit Gewalt davon getrennt zu werden oder es mitzunehmen bevor es zu spät ist.

    Sie werden feststellen, dass da Gold bei weitem alle anderen Anlageformen schlägt, und das seit Jahrtausenden. Lassen Sie sich davon nicht abbringen, z.B. mit der Sotisse “Gold kann man nicht essen”, das ist ein Schmarrn, denn alle anderen Anlageformen sind auch nicht zum menschlichen Genuss geeignet. Den Gegenwert für ein/zwei Monate Überleben können Sie in Ihrem Puderdöschen verstecken, und im Extremfall ist es das, was zählt.

    Ausschlaggebend ist jedoch eines: VERSCHWIEGENHEIT und BEWEGLICHKEIT.

    Alles Gute von Thierry

    Antworten
    • Eva Maria Palmer
      Eva Maria Palmer sagte:

      @Thierry

      “Gold kann man nicht essen…”

      Selbstverständlich kann man Gold essen.

      Die Vertreter der unproduktiven Finanzindustrien sitzen schon länger in ihren Nobel-Restaurants und verspeisen Blattgold auf ihren Hummerschwänzen.

      Selbstverständlich gibt es keine Alternative zu Gold, vor allem, wenn man die zu erwartenden mauen Renditen bei den überbewerteten Aktien und der kommenden Eiszeit (Dr.Stelter) in Betracht zieht.

      Immobilien können interessant sein, aber möglichst nicht in geschlossene Immobilienfonds investieren.

      Ein Bekannter von mir hat da vor einigen Jahren 10 Millionen verloren. (Immofonds Dr.E…..s).

      Ich als Goldbug freue mich jeden Tag über die Goldpreis-Steigerungen, die es mir finanziell erlauben würden, den Rat von Dr.Stelter anzunehmen:

      R A U S A U S D E U T S C H L A N D !

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  5. Axel
    Axel sagte:

    Werden alle ca. 13 Billionen Euro Staatsschulden monetarisiert, dürfte es einen Inflationsschub geben, den keine Altpartei überleben dürfte.
    Wobei allerdings die Frage ist, wie die Staatsschulden erworben worden sind. Wurden sie auf Kredit gekauft, würden ja bei einem Verkauf an die EZB mit dem eingenommenen Geld nur die Konten wieder auf “0” gestellt werden.

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    • troodon
      troodon sagte:

      @ Axel
      Mal angenommen, die EZB würde “nur” einen Teil der von Ihnen genannten 13 Bio in Form einer 100jährigen Anleihe mit einem Zins von 0%, 0,1% oder 0,25% in ihren Büchern haben.
      Meinetwegen 2 Bio oder auch 3 Bio Euro.
      Würde dann Ihrer Meinung nach auch ein Inflationsschub entstehen ? Und wenn ja, weshalb/wodurch?

      Antworten
      • Axel
        Axel sagte:

        @troodon
        Keine Ahnung, ich bin kein Finanzexperte. Auch sehe ich die gesamte Entwicklung eher wie in einem Schachspiel. Da weiß man auch nicht, wie das Brett in 10 Zügen aussieht. Halt viel zu viele Variablen. Ähnlich verhält es sich mit der Finanzwelt. Hut ab, vor dem, der da sicher weiß, daß die Bankenwelt Ende 2020 den Bach runtergeht.
        2 bis 3 Billionen, über einen längeren Zeitraum aus dem Markt genommen, würden aber natürlich nicht zu einem Inflations-, bzw. Abwertungsschock führen, zumahl auch andere Währungen zu einer Abwertung verdammt sind, wie uns der Währungsstreit zwischen den USA und China gerade vor Augen führt.

        Ob die frei werdenden Billionen hier in Europa den Immobilien, Anleihe- oder Aktienmarkt in die Höhe katapultieren oder das Geld in aufstrebenden Entwicklungsländern angelegt wird, steht m.E. in den Sternen.
        In den Entwicklungsländern wäre natürlich smarter, da es den Sozialneid deutlich stärker befeuert, wenn man vor der eigenen Haustüre erfährt, wie man als Ottonormalverbraucher immer mehr finanziell abgehängt wird..

  6. Thomas M.
    Thomas M. sagte:

    Meine Sicht auf’s Big Picture: Monetäre Verwässerung ist historisch über Jahrtausende eine Konstante. Die Methoden und Geschwindigkeiten mögen sich zeitlich ändern, aber alles in allem steht die Richtung fest – so wie beim Zeitpfeil und der Entropie. Das ist schon einmal wertvolles Wissen für die Anlage.

    Die Mächtigen werden schon schauen, dass ihre Vermögen möglichst und soweit möglich unbeschadet einen monetären Systemwechsel überstehen. Insofern lohnt es sich vermutlich dort investiert zu sein, wo auch die großen Fische investiert sind. Bevor die Käufer von Aktien systembedingt ausgehen und die Kurse ewig unten sind, kauft wohl zur Not die Notenbank, wie man schon praktisch sehen kann und auch Blackrock empfiehlt. Entsprechende Rettungsaktionen für deutsche Lebens- und Rentenversicherungen auf Euro lautend dürften wohl eher nicht kommen.

    Last but not least: Mit Blick auf die letzten 100 Jahre war Deutschland leider kein Hort der politischen Stabilität und des Vermögenserhalts. Die Entwicklungen der letzten Jahre beinhalten aus meiner Sicht wahnwitzige Elemente, die mir vor Augen führen, dass man durchaus ohne Not den Kollaps staatlich herbeiführen kann. Absolute Sicherheit gibt es natürlich nirgendwo, aber bevor man als kleiner Bürger mit Ländern wie Chile experimentiert, sollte man sich m.E. eher an die Länder halten, in denen es in den letzten 100 Jahren innenpolitisch relativ ruhig war und bei denen Enteignungen durch den Staat nicht vorkamen. Die Liste dürfte überschaubar sein.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Thomas M.

      >Monetäre Verwässerung ist historisch über Jahrtausende eine Konstante.>

      Würde ich auch sagen.

      >Die Methoden und Geschwindigkeiten mögen sich zeitlich ändern, aber alles in allem steht die Richtung fest – so wie beim Zeitpfeil und der Entropie.>

      Das ist so.

      Aber das ist nicht alles.

      Mit ENTSCHEIDEND sind die BEDINGUNGEN, unter denen die JETZIGE monetäre Verwässerung initiiert wird und abläuft.

      Da, denke ich, ist Einsicht erforderlich, um wenigstens zu einigermaßen plausiblen Einschätzungen zu kommen.

      Was ich erkenne:

      Noch NIE in der Geschichte der Menschheit ist eine Nation (China) in so kurzer Zeit zu einem GLOBAL bestimmenden Spieler geworden.

      Das ist eine neue QUALITÄT.

      Was abläuft und zu beobachten ist, Tag für Tag, sind Schockwellen mehr oder weniger rund um den Erdball, nachdem die USA mit Trump ein ganz neue Agenda verfolgen.

      Da ist nichts mehr isoliert zu betrachten.

      Das macht die Einschätzungen so schwierig und selektive Entwicklungen bezüglich ihrer Wirkungen sehr ungewiss.

      Antworten
      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Das Wort “Big Picture” sollte ich vielleicht relativieren: Big Picture, was Sparen betrifft. Man findet in allen möglichen Foren erregte Gemüter bzgl. der Entwertung des Geldes. Mir kommt es mittlerweile eher wie ein “Naturgesetz” vor. (Ist es natürlich nicht, ergibt sich aber offensichtlich recht verlässlich aus den Präferenzen der Menschen.) Insofern sollte man es besser akzeptieren und sich darauf einstellen.

        Mir scheint Staatsfinanzierung durch MMT alles andere als ideal, aber allemal sympathischer als finanzielle Repression mit Bargeldverbot.

        Die Grundüberlegungen von MMT sind ja nun nicht verkehrt. Diese böte zumindest die Chance, vom freien Markt nicht nachgefragte Arbeitskräfte in potenziell sinnvolle und sinnstiftende Arbeit zu bringen und zugleich deren Kaufkraft zu steigern und damit einen Ausgleich zu schaffen.

        Allerdings bezweifle ich doch stark, dass bei der Nutzung Maß gehalten würde. Wenn das schon in der “klassischen” Staatsfinanzierung kaum gelingt, wie soll das dann bloß bei MMT werden, wo das Fass bodenlos und der Inhalt zinsfrei und damit gratis ist?

        >Mit ENTSCHEIDEND sind die BEDINGUNGEN, unter denen die JETZIGE monetäre Verwässerung initiiert wird und abläuft.

        Vielleicht gibt das frühere Ausgabeverhalten der Regierungen hier den entscheidenden Anhaltspunkt, wofür zukünftig Geld ausgegeben würde?!

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Thomas M.

        >Vielleicht gibt das frühere Ausgabeverhalten der Regierungen hier den entscheidenden Anhaltspunkt, wofür zukünftig Geld ausgegeben würde?!>

        Ich meine, dass das HEUTIGE Ausgabeverhalten schon entscheidende Anhaltspunkte gibt, jedenfalls das hier (die Idee):

        https://www.zeit.de/arbeit/2019-07/solidarisches-grundeinkommen-langzeitarbeitslose-perspektiven-wirtschaftsforscher-juergen-schupp/komplettansicht

        und hier (die Politik):

        https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/berlin-grundeinkommen-1.4519446

        Die Idee:

        Gering qualifizierte Leute deutlich über ihre Produktivität hinaus für nicht völlig unnütze, aber privatwirtschaftlich nicht nachgefragte Leistungen zu bezahlen.

        Bemerkenswert dabei:

        Das Angebot geht an Menschen, die “nur” ein bis drei Jahre arbeitslos sind, nicht an Langzeitarbeitslose.

        Die Realität:

        „Die BVG bietet Stellen als City-Lotsen, die etwa ältere Menschen in den öffentlichen Verkehrsmitteln begleiten und unterstützen. Und Wohnungsbaugesellschaften stellen Quartierläufer ein, die Wohngebiete auf Sauberkeit und auf Mängel kontrollieren.”

        EUR 30.000 als Quartierläufer:

        Soviel darf es schon mal sein, schließlich wird das Geld „solidarisch“, nicht „bedingungslos“ gezahlt.

        Den Anfang machen 1.000 so Beschäftigte, Dauer 5 Jahre bei Kosten von EUR 36.000/Mensch und Jahr = EUR 180 Mio. Gesamtkosten.

        Hochgerechnet bei 20.000 Menschen, die sich für das Programm allein in Berlin QUALIFIZIEREN würden = EUR 3,6 Mrd. in 5 Jahren.

        So wird es laufen – selbstverständlich SINNSTIFTEND in einer sich in die Anpassung nach unten ergebenden Gesellschaft –, und eben nicht im freien Markt, der Arbeitskräfte nachfragt.

        Ein solches Programm lässt sich natürlich nicht durch Steuern und Abgaben finanzieren und dauerhaft auch nicht durch Verschuldung.

        Also MUSS es durch monetäre Verwässerung finanziert werden.

        Ist doch LOGISCH – oder nicht?

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Danke für die Illustration. Könnte glatt passieren, dass ich dann auch umschule und was sinnstiftendes mache – wäre nur logisch, wenn die Bezahlung relativ zum Stresslevel des Jobs stimmt :>

  7. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Soweit ich sehe, deckt das Szenario weitgehend die diskutierten Maßnahmen der monetären Verwässerung und Monetarisierung ab.

    Verständlich auch, dass der Schwerpunkt darauf liegt.

    Nicht zu übersehen ist aber, dass der „Weg zur finanziellen Zerrüttung“ ganz unten links im Schaubild mit STAGNATION beginnt.

    Das ist ein REALWIRTSCHAFTLICHER Sachverhalt, der nun mit monetärer RADIKALITÄT überwunden werden soll, nachdem der beschleunigte Verschuldungsmechanismus an der realwirtschaftlichen Situation nichts Grundsätzliches geändert, sondern diese nur verfestigt hat.

    FERI bringt es auf den Punkt:

    >„Offenbar sind die strukturellen Probleme der Weltwirtschaft – von extrem hoher öffentlicher und privater Verschuldung über demographisch und technologisch bedingte Wachstumshemmnisse bis zu massiven sozio-ökonomischen Ungleichgewichten – heute so ausgeprägt, dass der politische Handlungsdruck dramatisch steigt und zunehmend radikale Lösungen erforderlich wären.“>

    FERI benennt darüber hinaus auch die RISIKEN radikaler monetärer Verwässerung mit Blick auf die NICHT gelösten und z. T. verschärften realwirtschaftlichen Probleme:

    >„Als Konsequenz erwachen dann Frustration und Verbitterung großer Teile der Bevölkerung, was – über politische Agitation und Populismus – nach- haltige Umbrüche politischer Strukturen und Systeme auslösen kann.„>

    Nimmt man das zusammen, sehe ich das folgende umfassendere GESAMTSZENARIO:

    Die verstärkt verfolgte und letztlich von den entscheidenden Akteuren gewollte Monetarisierung befindet sich im WETTLAUF mit den politisch-sozialen Umbrüchen.

    Es ist m. A. n. überhaupt nicht gesagt, dass die Monetarisierung mehr oder minder problemlos vorangetrieben werden kann und erst DANN politisch-soziale Umbrüche stattfinden oder – Wunschdenken – keine stattfinden werden.

    Es kann auch ganz anders laufen.

    Nur beispielhaft, nicht als an sich schon entscheidend anzusehen:

    Deutsche Autoexporte in die USA werden abgesichert durch die Einfuhr von amerikanischem Rindfleisch in die EU.

    Wenn da noch einiges dazu kommt, wird man sehen, wie die Landwirt reagieren werden – POLITISCH. Und die Landwirte sind nicht die Einzigen, die Grund haben werden, zu rebellieren.

    Kurzum:

    Eine hilfreiche Studie, weil sie eben NICHT nur ein
    „Update zu den Szenarien der Geldpolitik“ ist.

    Antworten
    • Horst
      Horst sagte:

      “Wenn da noch einiges dazu kommt, wird man sehen, wie die Landwirt reagieren werden – POLITISCH. Und die Landwirte sind nicht die Einzigen, die Grund haben werden, zu rebellieren.”

      “Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirtschaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht heute (2012) zwar nur 0,8 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,6 Prozent aus…”
      aus:
      http://information-medien-agrar.de/webshop/mediafiles/PDF/104-117_info-landwirtschaft.pdf

      Die gesellschaftliche Bedeutung der Landwirte ist so gering, die Lobby vergleichsweise schwach, wer soll rebellieren?

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Horst

        >Die gesellschaftliche Bedeutung der Landwirte ist so gering, die Lobby vergleichsweise schwach, wer soll rebellieren?>

        Ich habe nicht von Deutschland geredet, sondern von der EU – und auch da nur mit BEISPIELHAFT.

        Schauen Sie doch einfach mal nach Frankreich, um sich Ihre Frage zu beantworten.

        Deutschland:

        Hier hat es vor einigen Jahren eine Traktoren-Ausflug vors Kanzleramt geben, weil – wie ich mich dunkel erinnere – der Milchpreis nicht mehr die Kosten gedeckt hatte.

        Das war kein Problem, sondern Folklore, aber keine unbedeutende.

        Denn man sah sich genötigt, ganz schnell mal einen mehrstelligen Millionenbetrag zu schütten.

        So funktioniert das bis heute, Frau Klöckner macht das mit dem Lächeln einer Weinkönigin, wenn es darauf ankommt.

        Klar, SOLANGE man noch locker die Ausfälle finanzieren kann, ist Ruhe an der Front.

        Schauen Sie bei uns doch einfach mal auf die Automobilindustrie – da bröckelt es doch auch schon gehörig, wenn auch vorerst nur bei den Zulieferern.

        Die Zahlen dieser Branche haben jedenfalls eine derartige Größenordnung, dass im Falle eines Falles ins Kanzleramt EINGELADEN wird, bevor da jemand unkontrolliert vorfährt.

      • Horst
        Horst sagte:

        In Frankreich sind es 2,8% der Erwerbstätigen, die in der Agrarwirtschaft tätig sind. Also nur unwesentlich höher liegt dort der Faktor als in Deutschland.

        Ich unterstelle, in allen entwickelten Volkswirtschaften liegt der Anteil der Erwerbstätigen in der Agrarwirtschaft auf einem ähnlich geringen Niveau.

        Die Protest- und Gewerkschaftskultur ist wohl in keinem anderen Land der Welt so ausgeprägt wie in Frankreich – quer durch alle Sektoren.

        Und dass Landmaschinen qua ihrer Größe ganze Innenstädte, wenn gewünscht, lahmlegen können, stellt keine originäre Besonderheit dar.

        Das alles entbehrt grundsätzlich nicht der Richtigkeit und Zustimmung des durch Sie aufgezeigten Szenarios – ganz besonders in Hinblick auf die Automobilindustrie.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Horst

        Ist ja richtig:

        Die Masse allein macht’s nicht.

        Andererseits:

        Je mehr eine Gesellschaft gespalten ist, desto geringer kann das Störpotenzial sein, um Instabilität zu erzeugen.

        Mit der Einschätzung des Sachverhalts sind wir uns offensichtlich einig.

        Endlich einmal.

  8. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Es gibt vermutlich keine völlig sicheren Länder in der Krise. Aber die mit einem geringen Mass an Ungleichheit werden wohl sicherer sein als andere. Chile gehört für mich nicht dazu.

    Antworten
    • Thierry
      Thierry sagte:

      @ W.S.

      Das wird schon unsere Krise, schön hausgemacht (EU). Die Chilenen müssen sich da nicht unbedingt anstecken lassen.

      Antworten
    • Evi Dent
      Evi Dent sagte:

      Könnten Sie Länder benennen, die für Sie dazu gehören? Ich werde Sie garantiert nicht festnageln und disclaime Sie ,und natürlich alle anderen Beitragsschreiber(innen) ausdrücklich im Voraus.
      Mir, wie wahrscheinlich allen, geht es darum eigenes Vermögen zu sichern vor Umverteilung von nicht gewählten und/oder gewünschten Machthabern in deren eigene Tasche und an solche Leute, die es partout nicht verdienen.

      Antworten
      • RW
        RW sagte:

        Frau Dent, man sollte sich erst mal selbst einige Gedanken machen, bevor man Dritte fragt. Sie können in Europa, Nordamerika, Asien und Australien investieren. Aus welchem Grund denn nicht? Die Vermögenspreise werden nirgends auf Null fallen, eher steigen und im Notfall monetarisiert. Wo ist da das Risiko? Es sei denn, ein Supervulkan (Yellowstone, Vesuv etc.) bricht aus oder es bebt in Kalifornien. Aber dann würde es ganz andere Sorgen geben. Dann brauchen Sie sowieso kein Geld mehr.

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @Evi Dent und RW:

        Bitte einfach Gini-Koeffizient in Wikipedia eingeben und mal schauen, wo gleichzeitig das Rechtssystem etwas taugt. Es braucht nämlich zwei Faktoren für ein friedliches Zusammenleben: eine halbwegs gerechte Verteilung (kein Sozialismus, der ist nur auf dem Papier gerecht!) und eine funktionierende unabhängige Justiz. Daher würde ich die afrikanischen Länder mit homogener Vermögensverteilung ausschließen wollen. Einzelne Länder schlage ich nur ungern vor, es soll bitte jeder wie von RW vorgeschlagen selbst nachdenken.

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