“Unsinn über die säkulare Stagnation”

Säkulare Stagnation ist immer wieder ein Thema bei bto gewesen und ist auch in die Eiszeit-These eingeflossen:

„30 Jahre Stagnation der Weltwirtschaft“

Säkulare Stagnation – à la Eiszeit – wirklich das Problem?

In diesem Kontext habe ich dann auch vermutet, dass mit Donald Trump zumindest der Versuch kommt, die US-Wirtschaft mit aller Macht aus der Eiszeit zu holen:

„Mit Trump kommt die Reflation“

Was er auch tatsächlich probiert:

He did it!

Wirklich? Da scheint sich zumindest ein Streit unter den Ökonomen abzuzeichnen, wie die FINANZ und WIRTSCHAFT berichtet:

  • “Seit der Finanzkrise ist die Weltwirtschaft auf Erholungskurs. Doch für den Ökonomen Larry Summers, Finanzminister unter US-Präsident Bill Clinton, geht dieser Aufschwung viel zu langsam. Denn anders als in den Erholungen nach früheren Rezessionen ist diesmal die zuvor geschätzte mögliche Wirtschaftsleistung – der Potenzial-Output – in den USA nie erreicht worden (für die Eurozone und Japan gilt Ähnliches).” – bto: Das stimmt bekanntlich, was auch das Chart zeigt:
  • “Summers hat die These aufgestellt, die Ursache liege in einem Problem am Kapitalmarkt: Der Gleichgewichtszins, um ausreichend Investitionen zu aktivieren, sei unter null gerutscht. Solange die Zentralbanken den Leitzins aber über null fixieren, sei der Zins zu hoch. Die Investitionen würden wegen des zu hohen Leitzinses zu niedrig ausfallen, das Wirtschaftswachstum komme nicht in die Gänge.” – bto: Bekanntlich sehe ich nicht in zu viel Ersparnis, sondern in zu vielen Schulden unser Problem!
  • “Tatsächlich ist nach Ansicht von Ökonomen der US-Notenbank der geschätzte natürliche Zins – das ist das Zinsniveau, bei dem die Volkswirtschaft ihr Potenzial erreicht – im Nachgang zur Finanzkrise erstmals unter die Nullgrenze gerutscht.” – bto: Das zeigt nichts anderes, als dass die Welt die Schuldengrenze erreicht hat. Es war immer unproduktiver. Zugleich sind die Gläubiger in sicherere Geldanlageformen geflüchtet, also vor allem Staatsanleihen.

Spekulationen über die Gründe

  • “Dahinter steht gemäss der These von Summers eine Nachfrageschwäche, die einem langfristigen Trend folgt. Über die Gründe dafür konnte der Harvard-Ökonom nur spekulieren. Ist die Demografie – also eine immer älter werdende Bevölkerung – daran schuld? Oder eine Schwemme von Sparkapital aus Asien? Oder aber eine immer weniger produktive Volkswirtschaft? Immerhin hat er einen Begriff aus den Dreissigerjahren zurück in die ökonomische Diskussion gebracht: säkulare (=langfristige) Stagnation – Secular Stagnation.” – bto: Schulden dürfen es ja nicht sein, hat doch Summers mit Clinton erheblich dazu beigetragen, den Schuldenboom anzufachen.
  • “Nun hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, Ökonom an der Columbia University, in einem Kommentar die säkulare Stagnation zum Mythos erklärt. Sein Hauptindiz dafür: die Trump’sche Wirtschaftspolitik.” – bto: Sollte Stiglitz wie ich vermuten, dass Trump die Eiszeit überwinden (könnte)?
  • “Die Argumentation von Stiglitz: Die Politik habe sich nach der Finanzkrise mit der These einer langfristigen Wachstumsschwäche entschuldigen können – durch staatliche Hilfsmassnahmen lasse sich nicht mehr erreichen, etwa durch ein grösseres Stimuluspaket. (…) Nun habe US-Präsident Donald Trump der Welt gezeigt, wie stark ein fiskalisches Stimuluspaket wirken könne. Stiglitz ist kein Freund von Trump, aber er argumentiert, die verabschiedeten Steuerentlastungen hätten die Wirtschaft angeschoben. Für den Nobelpreisträger ist klar: Hätte die Regierung solch ein Paket vor zehn Jahren geschnürt, wäre der Effekt noch deutlich grösser gewesen.” – bto: Um es klar zu sagen, das denke ich nicht. Ich bleibe dabei, dass höhere Schulden eben nicht wirken, sondern nur das Problem vergrößern, während sie Zeit kaufen.
  • “Doch Stiglitz stellt die These von Larry Summers nicht richtig dar. Darauf macht der Wirtschaftsprofessor Gauti Eggertson aufmerksam. (…) Im Gegensatz zu klassischen Theorien habe man es nämlich in einer langfristigen Stagnation nicht mit kurzfristigen Ursachen hinter der Wirtschaftsschwäche zu tun, die wieder verschwinden. (…) Die These der säkularen Stagnation habe daher stärkere Argumente für eine aggressive Intervention geboten, als es mit den Stimulusmassnahmen im Jahr 2008 tatsächlich passiert sei.” – bto: womit ja alle wieder einer Meinung sind. Es geht also nur darum, mit viel Schulden und Konjunkturprogrammen die Wirtschaft quasi aus der Stagnation “zu bomben”.
  • “Wie unsinnig der Angriff von Stiglitz gegen die These der säkularen Stagnation ist, zeigen auch Äusserungen von Larry Summers. Dieser hatte immer wieder höhere Infrastrukturausgaben in den USA gefordert – auch durch eine höhere Verschuldung des Staates. (…) Seine damalige Rechnung der Wirkung eines höheren BIP: Wenn die Rendite nur 6 % beträgt und der Staat 25 % davon einnimmt, wirft das 1,5 % auf die Investitionen ab. Das ist weit mehr als die realen Schuldzinsen, selbst über einen Horizont von dreissig Jahren. Gerade weil also die Zinsen so tief sind, kann der Staat viel mehr sinnvoll investieren. Etwas, was Joseph Stiglitz anscheinend nicht verstanden hat.”

Ich denke, hier diskutieren ein paar ältere Herren ziemlich theoretisch am Problem vorbei. Wer die Bedeutung der Finanzwirtschaft und der hohen Schulden in dem Spiel weder erwähnt noch berücksichtigt, wirft Nebelbomben.

fuw.ch: “Unsinn über die säkulare Stagnation”, 4. September 2018