Unser Staat braucht ein Sanierungs­programm

In der vergangenen Woche habe ich in meinem Podcast mit Ritter von Kempski gesprochen. Mittlerweile gewinnt sein Versuchsprojekt an Schwung. Morgen wird er darüber kurz mit mir in der neuen Ausgabe des Podcasts sprechen. Zur Einstimmung dieser Hinweis auf ein Kurzporträt im TV:

ardmediathek.de: „Modellprojekte im Harz – Urlaub unter Corona-Bedingungen“, 8. April 2021

Schwerpunkte bilden morgen der Zustand der deutschen Verwaltung und mögliche Ansätze zur Reform. In “Ein Traum von einem Land” stehen Reformen der Verwaltung an verschiedenen Stellen im Fokus und wir alle wissen aus eigener Erfahrung, was alles im Argen liegt. Dennoch zur Einstimmung einer der vielen Kommentare zum Thema, diesmal aus der ZEIT:

  • “Wir haben ein Problem. Allerdings ist es mit dem derzeit populären Begriff Regierungsversagen nur unzureichend beschrieben. Es ist ja nicht so, dass die Regierung nicht regierte. Beschlüsse werden gefasst, Gesetze geschrieben. Es gibt Geld für das Klima. Es gibt die Sonderprogramme für die Schulen. Es gibt einen großzügig ausgestatteten Schutzschirm für die von der Krise betroffenen Firmen.” – bto: So, so – im Kern ist es nämlich Staatsversagen.
  • “Die Schweiz hat in nur 17 Jahren einen 57 Kilometer langen Tunnel durch die Alpen getrieben; die vor zweieinhalb Jahren eingestürzte Autobahnbrücke der italienischen – italienischen! – Küstenstadt Genua wurde letzten Sommer wiedereröffnet. Die Rheinüberquerung bei Leverkusen ist seit zehn Jahren nur eingeschränkt nutzbar, und der Berliner Flughafen spielt bauzeittechnisch ohnehin in einer eigenen Liga.” – bto: Es ist in der Tat erbärmlich, wie wir regiert und verwaltet werden. Und es liegt nicht am Geld!
  • “Offensichtlich verenden viele Maßnahmen der Regierung irgendwo zwischen Bundestag und Bürgern. Dafür gibt es natürlich Gründe. Der Föderalismus ist bei allen Vorteilen auch eine Politbremse. (…) Hinzu kommt, dass in Deutschland immer alles sorgsam abgewogen und geprüft wird. In normalen Zeiten mag ein solcher TÜV-Fetischismus eine sinnvolle Sache sein, in einer Krise wird er zum Problem, zumal die Bauämter, die Genehmigungsstellen und die Aufsichtsbehörden nach vielen Sparrunden personell ausgezehrt und technologisch abgehängt sind. Dass die Novemberhilfen für die Gastwirte häufig erst im Februar ausbezahlt wurden, liegt auch daran, dass es so lange gedauert hat, die Software für die Antragstellung zu programmieren.” – bto: Nein, es liegt nicht am Geld. Es liegt daran, dass die Politiker das Geld lieber für schöne Projekte ausgegeben haben. Siehe meine Analyse der schwarzen Null.
  • “Wenn vor lauter Bürokratie-Abbau die Bürokratie nicht mehr funktioniert, dann hilft das niemandem. Es geht deshalb um eine Bürokratie-Ertüchtigung. Und das bedeutet manchmal eben: mehr oder besser qualifiziertes Personal, damit zum Beispiel die fähigen Leute die Zocker an der Börse beaufsichtigen, statt selbst zu zocken. Gäbe es das jetzt schon, wäre vielleicht früher jemandem aufgefallen, dass bei Wirecard nie echtes Geld verdient wurde.” – bto: Nun muss man wissen, dass der Autor stramm linke Thesen unterstützt und immer wieder auf Markt- statt Staatsversagen pocht. In Wahrheit ist es eine politische Entscheidung gewesen und keine aufgrund mangelnder Ressourcen.
  • “Die Qualität der staatlichen Verwaltung dürfte im 21. Jahrhundert sogar zum entscheidenden Standortfaktor werden. Nach dem Ende dieser Krise wird ja nicht auf einmal alles wieder so sein, wie es vorher war – im Gegenteil: Die nächste Pandemie wird kommen, der Klimawandel schreitet voran, die digitale Revolution ebenfalls. Wenn die Krise zum Normalzustand wird, dann wird der Staat in Zukunft mehr zu tun haben. Daher muss er in die Lage versetzt werden, der neuen Rolle gerecht zu werden.” – bto: Hier soll also der Esel zum Rennpferd werden. Klar, die Argumentation klingt gut und nachvollziehbar. Dennoch ist sie unzureichend. Wir brauchen Resilienz und die bekommen wir nur, wenn wir uns gesamthaft besser managen.
  • “Hier deshalb ein konkreter Vorschlag: Die nächste Bundesregierung setzt einen ‘Verwaltungszaren’ ein, angesiedelt im Kanzleramt und dem nächsten Kanzler oder der nächsten Kanzlerin direkt unterstellt. Seine (oder ihre) Aufgabe wäre es, Schwachstellen zu identifizieren – und sogar dafür zu sorgen, dass sie behoben werden. Dabei wird es um einfache Genehmigungsfragen gehen, aber auch um Zuständigkeiten, zum Beispiel für die Schulen. Da wird sich doch jemand finden lassen.” – bto: Klar, wir haben ja schon Frau Bär für Digitalisierung. Hahaha!

zeit.de: „Last der Trägheit“, 3. März 2021