“Übertriebene Risiken und zu tiefe Zinsen sind Ursache für die nächste Krise”

John B. Taylor ist der Vater der „Taylor-Formel“, an der sich die Geldpolitik orientieren sollte. Es geht dabei um einen „neutralen Zins“, der der gesamtwirtschaftlichen Lage angemessen ist, gemessen an Wachstum und Inflation. Liegt der tatsächliche Zins zu hoch, wird die Wirtschaft gedämpft. Liegt er zu tief, vor allem wenn es längere Zeit andauert, dann entstehen Blasen an den Märkten für Vermögenswerten. Die Grundlage für die nächste Krise.

Die NZZ hat den Ökonomen interviewt. Hier die Nuggets:

  • NZZ: “Sie fordern mehr Regeln. Heißt das, dass die Politik zu willkürlich geworden ist?” – Taylor:  “Die empirische Evidenz zeigt (…), dass die stärker interventionistische, weniger regelbasierte Politik nicht gut funktioniert hat.” – bto: Sie hat immer größere Blasen aufgepumpt.
  • NZZ: “Sie haben vorgeschlagen, dass Notenbanken den Leitzins bestimmen sollen als Summe des realen Gleichgewichtszinses plus der Abweichung der Inflation vom Zielwert und der Differenz zwischen tatsächlichem und potenziellem Wirtschaftswachstum. Wieso haben Sie nicht etwas Komplizierteres vorgeschlagen?” – Taylor: “Ich sah die Herausforderung darin, eine Vereinfachung zu finden, welche die wichtigen Elemente erfasste und praktikabel war. Deshalb hat die Regel auch eine solche Beachtung gefunden, wobei ich ursprünglich selber überrascht war, wie sehr ihr vor allem Marktteilnehmer Beachtung schenkten. Sie wollten damit verstehen, was die US-Notenbank als Nächstes tun würde.” – bto: was ja in der Theorie eine gute Idee ist, finde ich.
  • Ich denke, dass die Abweichung von der Regel ein Grund für die Finanzkrise war. Wenn es eine Krise gibt, muss eine Zentralbank als lender of last resort auftreten, das sehe auch ich so. (…) Wovor ich warne, sind völlig unkonventionelle Massnahmen.” – bto: weil sie eben die Probleme vergrößern, nicht lösen.
  • Die geldpolitischen Lockerungsprogramme der Grossen haben starke Spillover-Effekte. Daher glaube ich auch, dass wir ein stärker regelbasiertes internationales System brauchen. Ein solches kann entstehen, wenn jedes einzelne Land sich transparent auf Regeln als Richtlinien verpflichtet.” – bto: Das setzt aber voraus, dass man Willens ist, mehr zu kooperieren. Danach sieht es zurzeit allerdings nicht aus.
  • Ich denke, die verschärften Eigenmittelvorgaben sind nützlich. Wichtig ist auch, dass Banken abgewickelt werden können, weshalb ich für ein Konkursverfahren für Banken plädiere. Man hat sich nach der Krise aber zu sehr auf ein Mikromanagement der Regulierung verlegt. Ich denke, wenn Institute genug Kapital haben, sollten sie auch nicht mehr so detailliert reguliert werden.” – bto: Das sehe ich ganz genauso.
  • NZZ: “Die Finanzkrise bremste das Wachstum stark und die Inflation lag sehr tief. Ihre Taylor-Regel hätte da bestimmt einen negativen Zins vorgeschlagen. Wie tief wäre er gewesen?” – Taylor: „Das Fed berechnete 2009 intern, dass er etwa –6 % hätte sein können. Ich war überrascht. Ich kam nie auf solche Zahlen, sondern vielleicht auf –1 oder –2%.” – bto: wobei man in einer akuten Krise wohl eher zu viel als zu wenig machen sollte.
  • Das Fed sagt zwar, ihre Lockerungsprogramme hätten den gleichen Effekt gehabt wie eine Zinssenkung um einen Prozentpunkt. Doch dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Wichtig ist auch der Zeithorizont. Kurzfristig hatten Lockerungsprogramme offensichtliche eine Wirkung, aber längerfristig hebt sich das wieder auf. Einige argumentieren gar, dass die Lockerungsprogramme restriktiv wirkten, weil sie Unsicherheit schürten.” – bto: Und weil sie die Zombies am Leben hielten!
  • NZZ: “(…) ging es den Notenbanken mit QE nicht primär darum, die eigene Währung zu schwächen?” – Taylor: “Das Fed hat das nie gesagt. Draghi jedoch nannte den Wechselkurs, als er 2014 das QE-Programm startete, die Japaner auch. Es gibt auch andere Gründe für solche Programme, etwa den Willen, die Langfristzinsen zu beeinflussen oder die Vermögenspreise. Meine empirische Analyse zeigt, dass die Wechselkurseffekte gross und signifikant sind. (…) Allan Meltzer sagte 2016 an der Jackson-Hole-Konferenz, die QE-Politiken seien eine Politik der kompetitiven Abwertung. Das ist eine starke Aussage. Meine empirischen Analysen deuten in diese Richtung.” – bto: Und das war das Ziel, egal was die Fed (nicht) sagt.
  • NZZ: “(…) was würden Sie der Europäischen Zentralbank empfehlen?” – Taylor: “Sie sollte sich auch Gedanken machen über eine Normalisierung der Geldpolitik. Aufgrund der genannten internationalen Effekte braucht es eine globale Normalisierung. Wenn nun das Fed damit vorangeht und die Bilanz verkürzen will, eröffnet das anderen Zentralbanken bessere Möglichkeiten, dasselbe zu tun. Die Geschwindigkeit ist dabei zwar abhängig von den lokalen Bedingungen. Wichtig ist aber, dass das Vorgehen berechenbar und graduell ist, wie derzeit beim Fed.” – bto: Es gibt sonst die unerwünschten Wechselkurseffekte.
  • Eine Frage ist zudem, warum die QE-Politik und die Bilanzausdehnung nicht inflationär wirken. Die Erklärung lautet, dass diese Massnahmen das Geldwachstum nicht stark erhöht haben. Das Geld blieb grösstenteils in den Bankbilanzen. Und allenfalls wirken diese Massnahmen auch nicht so stimulierend, wie dies die Menschen glauben.” – bto: was allerdings die Frage aufwirft, was passiert, sollte das Geld die Bankbilanzen verlassen.
  • NZZ: “Können Sie sich dann eine Situation vorstellen, in der die Inflation zurückkehrt auf Niveaus wie in den 1970er Jahren?” – Taylor: “Ja. Die grundsätzliche Theorie ist nicht ausser Kraft gesetzt. Inflation ist nicht von dieser Welt verschwunden. Inflation bleibt ein monetäres Phänomen, und Zentralbanken können Inflation generieren. Sie tun es auch, rund um den Globus. Schauen Sie etwa nach Brasilien, oder vor kurzem auch Argentinien.” – bto: wobei ich da bei der Auffassung bleibe, dass wir – wenn es so einfach wäre – schon längst Inflation hätten! Ich denke, der deflationäre Druck ist schlichtweg zu groß. In den Assetmärkten haben wir natürlich Inflation.
  • NZZ: “Ein Kernelement Ihrer Regel ist der gleichgewichtige Realzins. Mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte scheint dieser gesunken zu sein. Wie erklären Sie sich das?” – Taylor: “Genauer zu klären wäre die Rolle der Notenbanken, welche die Leitzinsen stark gesenkt haben. Ein Zins von –0,75 % ist kein Marktzins. Dadurch könnten die Zinsen auf breiterer Basis gedrückt worden sein. Bevor sich die Geldpolitik nicht normalisiert hat, werden wir das nicht sicher wissen. Wir befinden uns in einer völlig neuen Welt. Seit Jahrhunderten hatten wir nie derart tiefe Zinsen.” – bto: was an verschiedenen Faktoren liegt und sicherlich auch an den Notenbanken.

bto: womit die Notenbanken die Grundlage für die nächste Krise legen.

→ NZZ:”John B. Taylor: Übertriebene Risiken und zu tiefe Zinsen waren die Ursache für die Finanzkrise“, 28. September 2017

Kommentare (17) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Hier die neuesten „Liebesgrüße aus Frankreich“ von – so die Behauptung – der Denkfabrik Macrons, weil direkt ihm unterstellt, mit einem BAHNBRECHENDEN Vorschlag, nämlich dem, wie man von den hohen Staatsschulden herunter kommt:

    http://www.handelsblatt.com/politik/international/denkfabrik-der-franzoesischen-regierung-enteignung-fuer-den-schuldenabbau/20442186.html

    ENDLICH befasst sich einmal jemand damit, wie es zu machen ist.
    Dr. Stelter wird seine helle Freude daran haben.

    Und die Koalitionsverhandlungen in Berlin werden dadurch ganz bestimmt mit viel Schwung beginnen.

    Denn auch Lindner & Co. werden glänzende Augen bekommen, wenn sie lesen, aus welcher Ecke der Strategieberater kommt.

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Ja, die “helle Freude” habe ich…kommentiere ich nur kurz morgen früh. Verschiedene leser haben mich darauf hingewiesen. Es ist wie von mir in Back to Mesopotamia – da durfte ich bei BCG noch schreiben, was ich denke – vorhergesagt.

      Antworten
  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Hier AKTUELL zum Umgang mit Regeln (nicht kostenlos):

    https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/10/11/banken-europa-nervoes-ueberraschend-hohe-nachfrage-bei-ezb-tender/?nlid=6c6068c488

    Daraus (meine Hervorhebung durch habituelle Großschreibung):

    „ Hintergrund könnte eine sich abzeichnende neue Bankenkrise in Italien sein. Der Grund sind neue EZB-REGELN, gegen die bereits Matteo Renzi PROTESTIERT hatte: Nach den neuen EZB-Vorgaben müssen Banken ab 2018 alle Darlehen, die neu als ausfallgefährdet eingestuft werden, schrittweise vollständig über Rückstellungen abdecken.

    In Italien wird laut Reuters behauptet, dass Banken wegen der NEUEN REGELUNG noch mehr Kredite abschreiben müssen. Dies könnte letztendlich das Wirtschaftswachstum dämpfen. In der Euro-Zone entfallen etwa 30 Prozent des mehr als 900 Milliarden Euro großen Bestands an Problemdarlehen auf Banken in Italien. Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan äußerte bereits Zweifel an der Vorgehensweise der EZB-Bankenaufsicht. Italiens Notenbank hofft einem Insider zufolge, dass die neuen REGELN noch AUFGEWEICHT werden.

    Die EU-Kommission will laut einem Entwurf bis zum Frühjahr Bankenregeln vorstellen, die auch zu erfüllende Mindestniveaus an Rückstellungen für faule Kredite enthalten könnte. … Der parallele Vorstoß der Kommission könnte aber den Prozess VERLANGSAMEN, da alle EU-Mitgliedstaaten den Plänen zustimmen müssten. Bis die Pläne Gesetz werden, können im Zweifelsfall Jahre vergehen.

    Protestieren, aufweichen, verlangsamen …

    Wenn schon Regeln, dann aber bitte so.

    Oder will jemand, dass irgendwo etwas nicht mehr kontrollierbar schief läuft?

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Wir befinden uns in einer völlig neuen Welt. Seit Jahrhunderten hatten wir nie derart tiefe Zinsen.“>

    Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass dies REALWIRTSCHAFTLICH und MULTIKAUSAL, aber NICHT institutionell bestimmt ist.

    >„Genauer zu klären wäre die Rolle der Notenbanken, welche die Leitzinsen stark gesenkt haben. Ein Zins von –0,75 % ist kein Marktzins. >

    Richtig, aber die Notenbanken haben nachgezogen, den TREND zu tieferen Zinsen jedoch nicht durch Leitzinsenkungen ausgelöst (nachdem Paul Volcker in den 80er Jahren die zweistelligen Zinsen in USA auf ein tolerierbares Niveau runtergeknüppelt hatte).

    >„Die geldpolitischen Lockerungsprogramme der Grossen haben starke Spillover-Effekte. Daher glaube ich auch, dass wir ein stärker regelbasiertes internationales System brauchen. Ein solches kann entstehen, wenn jedes einzelne Land sich transparent auf Regeln als Richtlinien verpflichtet.“>

    Was wir BRAUCHEN, ist eine Sache, was wir kriegen KÖNNEN, ist eine völlig andere.

    Im nationalen und regionalen KRISENMODUS, siehe z. B. aktuell Katalonien/Spanien und in der Eurozone durch bevorstehende Änderung der Geldpolitik der EZB, MÜSSEN die Regeln REGELMÄSSIG außer Kraft gesetzt werden, um die Krisen nicht zur Katastrophe werden zu lassen.

    Denn wenn z. B. Staaten auf die EINHALTUNG der Maastricht-Kriterien hin Politik betreiben würden, dies also die RICHTLINIE ihrer Politik sein würde, wäre die Eurozone innerhalb kürzester Zeit pulverisiert.

    Fehlende Transparenz der Regeln ist nicht das Problem. Es ist auch nicht ihre Komplexität, die sie haben müssen, damit Abweichungen von den Regeln als in den Regeln vorgesehene Ausnahme leicht begründbar sind – genau das, was erforderlich ist, um Katastrophen zu verhindern.

    Anlässlich der Auseinandersetzung vor dem BVerfG um die Befugnisse des Bundestags bezüglich des ESM, habe ich den Vertrag einmal gelesen, z. T. auch in Englisch. Ich kann nur sagen: ein Meisterwerk juristischer Kompetenz für die Auslegung bei Krisenfällen.

    Sei es bei internationalen oder nationalen Regelsystemen:

    Intransparenz hilft also bei der erforderlichen Regelverletzung und sie hilft dabei, die Menschen möglichst im Glauben zu lassen, dass die Regeln eingehalten werden.

    >„Ich denke, die verschärften Eigenmittelvorgaben sind nützlich. Wichtig ist auch, dass Banken abgewickelt werden können, weshalb ich für ein Konkursverfahren für Banken plädiere.>

    Dafür plädieren praktisch ALLE, die von den Problemen etwas verstehen – und ein solches Konkursverfahren für die Abwicklung von Banken gibt es schon in der Eurozone.

    Es kann aber nicht angewendet werden, obwohl die Kriterien glasklar für die Anwendung erfüllt sind.

    Warum kann das Konkursverfahren für Banken z. B. nicht angewendet werden in Italien und warum – TROTZ des Verfahrens, das alle so gewollt haben – sind alle damit einverstanden, dass es nicht angewendet wird?

    Es kann nicht angewendet werden, weil es sonst in Italien eine Katastrophe gibt:

    Viele Menschen, die Gläubiger der italienischen Banken sind, würden ihr Erspartes verlieren und damit das Land vermutlich in die komplette Unregierbarkeit stürzen – Dominoeffekte in andere Länder durch das verkette Finanzsystem noch nicht einmal eingerechnet.

    Noch Fragen zu dem Regelverständnis von Taylor und dem, was wir brauchen?

    Keine?

    Dann formuliere ich eine:

    Wie, Mr. Taylor müsste Ihrer Meinung nach eine „Ökonomie der Regelverletzung“ beschaffen sein, wenn Regelverletzung wie von mir dargelegt ein FAKT ist, um in Krisenzeiten so viel ökonomische Stabilität zu gewährleisten, dass es nicht zu Katastrophen kommt?

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      “Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass dies REALWIRTSCHAFTLICH und MULTIKAUSAL, aber NICHT institutionell bestimmt ist.”

      So ist es, Herr Tischer. Und wer hier einer anderen Glaubensgemeinschaft angehören sollte, der kann sich ja einfach mal mit den Sachargumenten befassen: https://zinsfehler.com/2013/09/06/allmachtsfantasien-zur-zinssetzungshoheit/

      “Warum kann das Konkursverfahren für Banken z. B. nicht angewendet werden in Italien und warum – TROTZ des Verfahrens, das alle so gewollt haben – sind alle damit einverstanden, dass es nicht angewendet wird?”

      Man könnte schon, wenn man denn wollte. Bei einer Insolvenz ist ja nicht alles Geld verloren, sondern eher 10 bis 20 Prozent. Bis 100.000 Euro ist alles abgesichert und würde aber vermutlich teilweise durch eine höhere Staatsverschuldung finanziert werden müssen. Tatsächlich geht es um die hohen Vermögen der 10 Prozent; und deshalb werden die anderen 90 Prozent in Geiselhaft genommen und die Marktbereinigung im Finanzsektor verhindert.

      Insofern hätte ich geschrieben: “sind alle LOBBYISTEN DER 10 PROZENT damit einverstanden, dass es nicht angewendet wird.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        >Bis 100.000 Euro ist alles abgesichert und würde aber vermutlich teilweise durch eine höhere Staatsverschuldung finanziert werden müssen.>

        Bei wenigen Bankpleiten ginge das wohl bei den Einlagen bis 100.000 Euro, aber nicht wenn der Stein ins Rollen kommt.

        Lass es aber mal so stehen, weil das ein Nebenkriegsschauplatz ist.

        Ihr ALLES ist falsch, weil es nicht nur um Einlagen geht.

        >Tatsächlich geht es um die hohen Vermögen der 10 Prozent; und deshalb werden die anderen 90 Prozent in Geiselhaft genommen und die Marktbereinigung im Finanzsektor verhindert.>

        Das ist meiner Ansicht nach Schönrednerei.

        Nicht nur die oberen 10%, sondern viele Leute sind durch Lebensversicherungen oder direkten Erwerb von Schuldversreibungen GLÄUBIGER von PRIVATEN Banken, die nicht unter die Einlagensicherung bis 100.000 Euro fallen.

        Das war auch bei uns nach der Lehman-Krise der Fall, als die Leute, die Lehman-Papiere gekauft hatten, auf ihren Verlusten sitzen blieben. Zur Info: In Deutschland fallen Schuldverschreibungen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, aber nicht die von Privatbanken unter den Einlagensicherungsfonds.

        Ich kenne die Regeln in Italien nicht, gehe aber davon aus, dass es dort ähnlich ist.

        Deshalb ist es nicht zur Abwicklung der insolventen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena gekommen, sondern zur „Rettung“ mit 5,4 Milliarden Euro, die der italienischen Steuerzahler hat aufbringen müssen.

        Hier das KONKRETE Beispiel von gestern, zweiter Post von Bakwahn:

        https://think-beyondtheobvious.com/stelter-in-den-medien/taugt-japan-als-vorbild-2/ – comment-26650

    • Alexander
      Alexander sagte:

      @Dietmar Tischer
      “Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass dies REALWIRTSCHAFTLICH und MULTIKAUSAL, aber NICHT institutionell bestimmt ist. ”
      +
      “habe ich den Vertrag einmal gelesen, z. T. auch in Englisch. Ich kann nur sagen: ein Meisterwerk juristischer Kompetenz”

      Eine wichtige Voraussetzung für die politische Karriere war das Jurastudium(?). Selbst zwischen H.Clinton und D.Trump zeigen sich deutliche Unterschiede, wie auch zwischen Markus Söder und Hort Seehofer.

      Ein Vertrag kann Grundlage eines Geschäftsabschlusses sein, geliefert wird immer etwas anderes – diese Qualität muss stimmen. Was nutzt ein makelloser Vertrag, wenn die Kontrahenten gar nicht zahlen/liefern können? Man beschloss die Euroeinführung aus politische Gründen (Mitterand, 2+4) und ließ sich bewusst durch griechische Statistiken belügen (Maastricht).

      Historiker hätten Auskunft geben können über die Erfahrungen mit den Südländern der Eurozone, wie Soziologen das Konsumverhalten der chronisch defizitären Länder – sobald die Finanzierungssätze auf historische Tiefststände fallen und die Liquidität unbegrenzt scheint.

      Dass Griechenland heute über die größte Panzerarmee Europas verfügt, erscheint gar nicht so dumm, bedenkt man die geographische Bedeutung dieses Landes – nur hätte Resteuropa dann das Gerät verschenken müssen, anstelle so zu tun als ob man ein gutes Geschäft gemacht habe. Diese Illusion kann nur platzen.

      Wie begründen Sie vor dem Hintergrund ihre Meinung, es läge kein institutionelles Versagen vor?

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Ich habe nicht Jura studiert.

        Die Voraussetzung für ein gutes Verständnis der BIEGSAMKEIT von Verträgen ist genaues Lesen und das Nachdenken darüber, WIE Begriffe und Begriffskonstruktionen INTERPRETIERT werden können. Juristische Kenntnisse sind natürlich auch erforderlich, wenn man den BEZUG zu anderen Verträgen oder Gesetzen verstehen und bewerten will. Das kann ich nicht leisten.

        >Wie begründen Sie vor dem Hintergrund ihre Meinung, es läge kein institutionelles Versagen vor?>

        Ich habe mich am anderen Thread nur auf die Maastricht-Verträge bezogen und deren Zustandekommen als POLITISCHES VERSAGEN bezeichnet.

        Ich halte mich berechtigt, diese Aussage zu treffen, weil BESTIMMTE Politiker das wollten, was die Verträge abdecken, Kohl und Waigel z. B. auf deutscher Seite.

        Politiker sind keine Institutionen. Nationale Regierungen sind Institutionen, EINRICHTUNGEN, die man geschaffen hat, damit bestimmte Aufgaben wahrgenommen werden können. Das BVerfG ist die Institution, die auf nationaler Ebene über kontroverse Auffassung letztgültig entscheidet.

        Die Institutionen entscheiden nicht ALS Institutionen, sondern sie sind die anerkannte „Plattform“ auf der MENSCHEN entscheiden.

        Ergänzung zu den Verträgen von Maastricht:
        Meine Feststellung des Versagens habe ich mit „im Nachhinein“ qualifiziert.

        Als die Verträge zur Debatte standen, waren sie auch unter Fachleuten umstritten.

        W. Sinn z. B. , der heute die Folgen verdammt, war damals dafür.

  4. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    “Ich denke, die verschärften Eigenmittelvorgaben sind nützlich. Wichtig ist auch, dass Banken abgewickelt werden können, weshalb ich für ein Konkursverfahren für Banken plädiere.”

    Sehe ich auch so.

    “Ich denke, wenn Institute genug Kapital haben, sollten sie auch nicht mehr so detailliert reguliert werden”

    Sehe ich genau so. Nur: was ist genug? Basel III sicher nicht. Und von den Forderungen von Hellwig und/oder Kashkari sind wir noch meilenweit entfernt. Aber so etwas geht auch nicht über Nacht sondern benötigt sicherlich noch weitere 10 Jahre.

    “Inflation bleibt ein monetäres Phänomen, und Zentralbanken können Inflation generieren.”

    Der ersten Teilaussage stimme ich zu, der zweiten nicht. Mit dem Zins hat die ZB nur ein sehr stumpfes Instrument, um Inflation zu verhindern. Für eine höhere reale Inflation ist sie hingegen abhängig von der Kreditwilligkeit sowie der Kreditwürdigkeit potentieller Kreditnehmer.

    “Ein Zins von –0,75 % ist kein Marktzins.”

    Auch hier bin ich anderer Meinung. In einer übervermögenden Welt benötige ich jemanden, der diese monetären Überschüsse “einlagert”. Und dafür zahlt man eine zeitliche Lagergebühr, also einen Negativzins. Auch zu Bundesbankzeiten gab es Phasen mit negativen Realzinsen wegen hoher Inflation. Da hat es nur keiner bemerkt, da wir uns von nominellen Illusionen haben blenden lassen. Für positive Marktzinsen müsste zuerst die Inflation anspringen, was aber durch Geldpolitik alleine nicht erreicht werden kann.

    Wenn die Austrians ihre eigene Theorie endlich mal konsequent zu Ende denken würden, dann müssten sie nicht mehr so viel heiße Luft verblasen. In diesem Punkt waren von Weizsäcker und ich uns letztes Jahr einig: https://zinsfehler.com/2016/06/22/kapitalismus-in-der-krise/

    LG Michael Stöcker

    Antworten
    • Alexander
      Alexander sagte:

      Ausbuchen von faulen Krediten durch Liquidation von Pfändern hat nichts mit Austrians zu tun. Wenn Kredittilgung in einem Kreditgeldsystem gar nicht möglich ist – ohne Deflation zu erzeugen ist das wessen Schuld?

      Das Ausbuchen von fauler Schuld straft alle Beteiligten und das ist der Schutz, den eine Geld emittierende Gesellschaft braucht um nicht an Moral hazard zu scheitern; d.h. kleine Krisen sind besser als Katastrophen.

      Wer glaubt es gäbe keine Grenzen?
      Insofern ist es gefährlich idiotisch zu hoffen, man dürfe straffrei Zentralbanken missbrauchen.

      Den strukturellen Wandel, den wir politisch zu verhindern versuchen, erleben wir sobald der letzte Glauben an Geldpolitik zerstört ist. Dieser Wandel interessiert sich kaum für die Wünsche von Merkel, Özdemir oder Macron…

      Antworten
      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        “Ausbuchen von faulen Krediten durch Liquidation von Pfändern hat nichts mit Austrians zu tun.”

        Sehe ich auch so, war aber auch nicht mein Punkt. Der bezog sich auf das Unverständnis für ein negatives Zinsniveau. Auch Thomas Mayer kriegt das nicht auf die Reihe.

        “Wenn Kredittilgung in einem Kreditgeldsystem gar nicht möglich ist – ohne Deflation zu erzeugen ist das wessen Schuld?”

        Es ist niemandes Schuld. Es ist ein grundsätzlich systemisches Problem, für das es eine einfache Lösung gibt: Monetisierung von Schulden sowie fiskalische Abschöpfung via Erbschaftssteuer. Dann benötigen wir auch keine Jubeljahre mehr.

        “d.h. kleine Krisen sind besser als Katastrophen.”

        Sehe ich auch so. Aber diese Weisheit hilft uns in der aktuellen Problemlage nicht weiter.

        “Wer glaubt es gäbe keine Grenzen?”

        Die Grenze ist grundsätzlich die Zielinflationsrate.

        “Den strukturellen Wandel, den wir politisch zu verhindern versuchen, erleben wir sobald der letzte Glauben an Geldpolitik zerstört ist.”

        Sorry, dass ich mich schon wieder wiederholen muss: It takes two to tango. Wenn die Geldpolitik mit ihrem Latein am Ende ist, dann ist die Fiskalpolitik gefordert. Auch hier sind Summers, Turner, Carney, Blyth, Dalio et al. einschlägig; keinesfalls aber ein Hans Werner Sinn, der in internationalen Kreisen gerne als Beispiel angeführt wird für die miserable Qualität der deutschen Ökonomenzunft. Wer die Diskussion mit Martin Hellwig und/oder Olaf Sievert kennt, der wird wissen, wovon die Rede ist.

        LG Michael Stöcker

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Michael Stöcker
        Also ist die Zauberformel: “Monetisierung von Schulden sowie fiskalische Abschöpfung via Erbschaftssteuer” ?

        ….falls die Erbschaftsteuer -dann- nicht reicht, ergänzt man um die “Vermögenssteuer”. Die gescheiterte Politik (Fiskalpolitik) ist selbstverständlich fähig die Folgen ihrer Fehlentscheidungen durch neue Steuern zu beheben? Dieselben Leute, oder doch lieber Herr Schulz in einer Koalition mit Sarah?

        Wenn das alles so einfach ist und es nur an miserablen Ökonomen wie H.W. Sinn liegt – ja dann….

  5. Alexander
    Alexander sagte:

    Aus der Gemengelage versuche ich folgende Fragen:
    – die EZB kann für unterschiedliche Volkswirtschaften keinen einheitlich richtigen Zins setzen?
    – eine zukünftige Welt-Zentralbank könnte ebenso wenig für Gesellschaften von Texas bis Saigon einen einheitlich richtigen Zinssatz setzen?
    – die Zentralbanken können für ihre “kleinräumigen” Volkswirtschaften keine richtigen Zinssätze setzen, die Einflussfaktoren aus Wechselkursen, Globalisierung von Wertschöpfung, Geldschöpfung/Geldmenge zur Rettung, Sparverhalten, Fiskalpolitik, Strukturwandel, Innovationsträgheit, Demographie wechselwirken -unplanbar-…wie das Wetter.

    Mein Fazit wäre, dass wenn Gläubiger und Schuldner individuell Zinsen vereinbaren, das Risiko von Fehleinschätzung noch enorm hoch ist, Plankomitees unter politischen Diktat unmöglich so wichtige Entscheidungen wie den wichtigsten Preis=Zins setzen können.

    It´s Planwirtschaft, stupid.

    Ich gehe davon aus, dass wir extreme Fehlentwicklungen haben und seit langer Zeit viel vom Falschen produziert haben (Produkte-Berufe). Die offensichtliche Deflation ist der natürliche Versuch zur Korrektur, den wir -natürlich- verhindern müssen.

    Bevor man Verantwortliche sucht oder Retter, sollte man sich vielleicht privat verantwortlich verhalten…

    (Vom deflatorischen Charakter negativer Zinssätze wird nicht gesprochen? Negative Zinssätze schrumpfen die Geldbasis für Giralgeldschöpfung….?)

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      “die EZB kann für unterschiedliche Volkswirtschaften keinen einheitlich richtigen Zins setzen?”

      So ist es. Von daher benötigen wir für einen so heterogenen Wirtschaftsraum ein dreistufiges Geldsystem, damit sich die Zinsen wieder nach dem Risiko ausspreizen können: https://soffisticated.wordpress.com/123-stufige-geldsysteme/

      Auf nationaler Ebene werden diese Probleme insbesondere durch einen (Länder)Finanzausgleich sowie Regionalförderung abgemildert.

      “Bevor man Verantwortliche sucht oder Retter, sollte man sich vielleicht privat verantwortlich verhalten…”

      Und wie sähen Ihre Vorschläge hierzu ganz konkret aus?

      “Negative Zinssätze schrumpfen die Geldbasis für Giralgeldschöpfung….?”

      Nein, das tun sie nicht. Das ist die Irrlehre vom Geldschöpfungsmultiplikator. Die Geldbasis ist – wenn überhaupt – eine FOLGE der Giralgeldschöpfung.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Alexander
        Alexander sagte:

        “So ist es. Von daher benötigen wir für einen so heterogenen Wirtschaftsraum ein dreistufiges Geldsystem, damit sich die Zinsen wieder nach dem Risiko ausspreizen können”
        –> sobald sich Risiken in Zinsen wiederfinden ist der Bedarf an “Finanzausgleichen” noch größer als gegenwärtig. Damit wird kein Problem gelöst und Abhängigkeit gesteigert.

        “„Bevor man Verantwortliche sucht oder Retter, sollte man sich vielleicht privat verantwortlich verhalten…
        Und wie sähen Ihre Vorschläge hierzu ganz konkret aus?”
        –> das ist (k)ein Witz. Die demokratische Mehrheit glaubt an ihre Vorsorgeprodukte…

        BG Alexander

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