Überschuldung als Kernübel

Es ist eine zentrale These von bto, dass wir uns in einer Welt befinden, die eine zu hohe Schuldenlast zu tragen hat, gefangen in einer Spirale, die immer weiter steigende Schulden erforderlich macht, um einen Einsturz des Schuldenberges zu vermeiden: immer billigeres und immer mehr Geld als Therapie für eine Krise, ausgelöst durch zu viel und zu billiges Geld.

Sehr schön fasst das ein Kommentar in der FINANZ und WIRTSCHAFT zusammen. Er hätte von mir sein können:

  • “Niedrige Zinsen und leichter Kreditzugang sollen das Sparen eindämmen, den Konsum anregen, und die Investitionen in Wohnbau und Ausrüstung steigern. Diese zunehmende Nachfrage soll einen raschen Aufschwung einleiten. Aber wie wirksam sind die niedrigen Zinsen? Investition und Ersparnis hängen auch von vielen anderen Faktoren ab. Je mehr sie das tun, desto geringer ist der Einfluss der Zinsen.” bto: Das stimmt. Allerdings haben wir uns in den letzten Jahrzehnten immer mehr von diesen Prinzipien entfernt.
  • “Die Wirksamkeit niedriger Zinsen ist durchaus zweifelhaft. Wenn die Tragbarkeit der Schulden ausgereizt ist, helfen auch niedrige Zinsen nicht mehr, um kreditfinanzierte Ausgaben anzuregen.” bto: Allerdings helfen die tiefen Zinsen, die Schuldenlast zu tragen. Es gibt halt wenig realwirtschaftliche Wirkung, umso mehr dafür an den Vermögensmärkten.
  • “Billige Finanzierung löst zudem das Problem der Unternehmen nicht, dass sie für ihre Investitionen in erster Linie ein gutes Geschäftsmodell und einen Qualitätsvorsprung brauchen. Wenn diese «anderen Faktoren» stimmen, investieren sie auch bei höheren Zinsen.” bto: Ich gehe da noch einen Schritt weiter. Wenn Zinsen höher sind, investieren Unternehmen mehr, weil es nicht alle können und deshalb der Wettbewerbsvorsprung länger hält. Hinzu kommt die (längst überfällige) Bereinigung der Märkte um die Zombies.
  • “Fallende Zinsen führen zu steigenden Preisen für Immobilien, zinstragende Wertpapiere wie Anleihen und für Aktien. Diejenigen, die in der Vergangenheit gespart haben, streichen grosse Vermögensgewinne ein und werden ohne Anstrengung reicher. (…)  mit der Folge, dass sich die Vermögensverteilung künstlich beim obersten 1 % der Bevölkerung konzentriert.” bto: was aber die Experten so nicht wahrhaben wollen, siehe Piketty.
  • “Niedrige Zinsen fördern den wachstumsschädlichen Fehleinsatz von Kapital. Sie lenken die Finanzierung auf kreditabhängige Branchen wie z. B. Immobilienwirtschaft und Fremdenverkehr und benachteiligen innovative und riskante Unternehmen, die sich im scharfen internationalen Wettbewerb behaupten müssen.” bto: Für Letztere sind höhere Zinsen gut!
  • “Niedrige Zinsen verbilligen die Kredite relativ zu risikotragendem Eigenkapital. Sie führen daher zu einer schleichenden Zunahme des Risikos, umso mehr, je erfolgreicher die Niedrigzinspolitik ist, d. h., je mehr sie kreditfinanzierte Investitionen anstösst.” bto: siehe Aktienrückkäufe in den USA.
  • “Die Überschuldung nimmt zu. Steigende Vermögenspreise begünstigen den Kreditzugang, weil sie die Sicherstellung der Kredite erleichtern. Eine schlagartige Korrektur von Vermögenspreisen oder das Platzen einer Immobilienblase sind ein Auslöser von Finanzkrisen. Wenn die Vermögenspreise plötzlich fallen, wird die Besicherung ungenügend, und der Anteil fauler Kredite steigt. Der übermässige Kreditzugang legt den Keim für nächste Krise.” bto: die dann erneut mit noch mehr Geld bekämpft wird!
  • “Eine lang anhaltende Niedrigzinsphase nährt weitere Risiken im Finanzsystem. Private Investoren schichten ihre Portfolios in höher rentierende riskante Anlagen um, (…) Pensionskassen und die Lebensversicherer, die die Vermögen der Arbeitenden verwalten, haben das gleiche Problem. Wenn sie mehr ins Risiko gehen, um noch ausreichend Ertrag zu erwirtschaften, werden sie verwundbarer, wenn die Vermögenswerte wieder fallen. Auch den Banken bekommen die niedrigen Zinsen nicht gut.” bto: Und dennoch folgen wir diesem Weg.
  • “Sind Immobilienbesitzer, Unternehmen und Staaten vorbereitet? Haben die Privathaushalte genügend Eigenmittel angesammelt, damit Immobilienkredite nicht notleidend werden, wenn mit fallenden Preisen der Wert der Besicherung stark abnimmt? Haben überschuldete Unternehmen die Entlastung durch niedrigen Schuldendienst genutzt, um mehr Eigenkapital zu bilden, oder haben sie erst recht neue Kredite aufgenommen? Haben die Staaten ihre Schulden genügend abgebaut, um in der nächsten Krise Spielraum für neue Defizite zu haben und gegensteuern zu können? Zweifel sind möglich.” bto: “Zweifel sind möglich” ja, so klingt es zurückhaltend schweizerisch. Ich würde sagen. NEIN im Gegenteil. Wir haben so richtig Gas gegeben und alles sieht schlechter aus als vor der letzten Krise.
  • “(…) auch die Europäische Zentralbank muss vorsorgen und rechtzeitig die Leitzinsen in kleinen Schritten anheben, damit sie für die nächste Rezession gerüstet ist. Dann muss genug Spielraum da sein, damit sie wieder mit Zinssenkungen gegensteuern kann.” bto: zu spät. Nächstes Mal werden die Staaten direkt finanziert und die Helikopter starten.
  • “Einer neuen Finanz- und Wirtschaftskrise kann man nur vorbeugen, indem man Überschuldung abbaut. Um Spekulation und Überschwang zu unterbinden, müssen die Akteure  mit eigenem Geld einstehen, bevor sie fremdes Geld investieren. Die Schuldentragfähigkeit hat Grenzen und darf nicht überstrapaziert werden. Die Privathaushalte müssen mehr Eigenmittel ansparen, bevor sie mit zusätzlicher Kreditfinanzierung ein Eigenheim erwerben. Unternehmen und Banken müssen Eigenkapital mit einbehaltenen Gewinnen ansparen oder von neuen Eigentümern holen, um das Vertrauen der Fremdkapitalgeber zu erhalten.” bto: Aber wir haben die Grenze doch schon lange überschritten!
  • “Man kann es drehen und wenden, wie man will: Fremdkapital muss teurer und Eigenkapital billiger werden. Der Staat sollte endlich die steuerliche Begünstigung der Verschuldung und die Benachteiligung des Eigenkapitals abschaffen. Und die Europäische Zentralbank sollte die Gunst der Stunde nutzen und die Leitzinsen wieder in kleinen Schritten anheben.” bto: alles richtig, aber zu spät. Von dem Schuldenberg kommen wir nicht auf regulärem Wege runter. Wir bleiben gefangen in der Welt exponentiell steigender Schulden mit sich häufenden Krisen – bis zur finalen.

FINANZ und WIRTSCHAFT: “Das Ende der niedrigen Zinsen?”, 19. Februar 2018