Transferunion ist keine Ret­tung, sondern be­schleunigt den Nieder­gang

Immer wieder war es Thema auf diesen Seiten, weshalb es nicht genügt, auf Umverteilung zu setzen, um den Euro zu retten:

Selbst der Ex-Chefvolkswirt des IWF erkennt, dass eine Fiskalunion den Euro nicht retten kann

Pflichtlektüre für die GroKo: IWF zeigt, dass Eurozone nicht funktioniert

Euro – unter 50, aber mit erheblichen Vorerkrankungen

Kurzfassung für Eilige in Bildern: Warum Macrons Umverteilung nichts bringt und unfair ist

Nun eine aktuelle Ergänzung dazu mit Blick auf die Wirkungen von Corona:

  • Spätestens seit der Finanzkrise von 2007/08 hat die Europäische Währungsunion (EWU) divergierende wirtschaftliche Entwicklungen erlebt. Wie Gehringer (2020) zeigt, ist die Divergenz für die Dynamik des realen BIP, der Produktivität und Arbeitslosigkeit sowie der Staatsfinanzen besonders ausgeprägt. Die Covid-19-Pandemie hat diese Tendenz verschärft.“ – bto: Das kann nicht verwundern, ist es doch klar, dass schwächere Staaten schwerer damit umgehen können.
  • Ohne die Möglichkeit eine Anpassung über Wechselkursänderungen zuzulassen, wurden massive geld- und fiskalpolitische Maßnahmen ergriffen, um die Divergenz auf einem politisch tolerierbaren Niveau einzudämmen. Die Schaffung einer „Transferunion“ birgt jedoch neue Risiken. Insbesondere können Geldtransfers innerhalb des Euroraums die Wahrnehmung der Menschen erhöhen, durch die EU-Politik ungerecht behandelt zu werden, und damit das Gegenteil vom Ziel erreichen.“ – bto: Vor allem ist es eben eine Transferunion und keine einmalige Sache. Es muss nur offen gesagt werden, auch von den Medien, die hier immer noch Märchen erzählen.
  • Dank der Corona-Krise hat die Streuung des realen Pro-Kopf-BIP innerhalb des Euroraums den höchsten Stand seit 2002 erreicht. Abbildung 1 zeigt die Differenz zwischen dem maximalen und dem minimalen Abstand zwischen dem Pro-Kopf-BIP jedes Landes und dem Mittelwert der Länder der Eurozone. Im Jahr 2002 verzeichneten die Niederlande und Portugal die größten Unterschiede beim realen Pro-Kopf-BIP, wobei die Niederlande 44 % über und Portugal -30 % unter dem Mittelwert der Eurozone lagen. Im zweiten Quartal 2020 waren die Länder mit den größten Unterschieden die gleichen wie im Jahr 2002, diese haben sich allerdings auf 46 % für die Niederlande und -36 % für Portugal vergrößert.“ – bto: Da muss man zum Beispiel auch auf die Patente blicken, wo Portugal faktisch keine Rolle spielt (adjustiert auf Bevölkerungszahl). Das ist ein Land, das davon lebt, günstiger zu sein und nun mit Ländern außerhalb des Euro konkurriert, die deutlich günstiger sind. Ähnliches gilt beim Urlaub zwischen Italien und der Türkei.
  • Abbildung 2 zeigt, dass der BIP-Rückgang in der ersten Hälfte des Jahres 2020 umso stärker ausfiel, je niedriger das Pro-Kopf-BIP im Jahr 2002 (im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone) war. Die am stärksten betroffenen Länder im Jahr 2020 waren die südlichen Länder Spanien, Portugal, Italien und – als Neuling in dieser Gruppe – Frankreich. Bereits 2019 zeichnete sich eine Nord-Süd-Teilung ab, die sich während der Covid-19-Pandemie aufgrund der Unterschiede in der Schwere der Gesundheitskrise und der Anfälligkeit der Wirtschaft für die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung, die zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus ergriffen wurden, vertieft hat. Abbildung 3 zeigt, dass die positive Abweichung in den Niederlanden, Österreich, Finnland, Deutschland und Belgien in 2020-Q2 zunahm, während die negative Abweichung in Portugal, Spanien und Italien entweder ebenfalls zunahm oder in etwa unverändert blieb (Frankreich).“ – bto: Dies unterstreicht, weshalb die EU zur Umverteilung als Waffe greift, aber auch, warum es am Ende nicht genügen kann. Die Unterschiede sind zu massiv.

Quelle: FvS

  • „(Es) werden zwei politischen Strategien gefolgt, um zu verhindern, dass Divergenzen politische Kräfte entfesseln, die die EWU auseinanderreißen könnten. Erstens, dass die Europäische Zentralbank zu einem Kreditgeber letzter Instanz, nicht nur für die Banken, sondern auch für die Regierungen wird. Zweitens, dass (schrittweise) eine “Fiskalunion” mit gemeinsamer Schuldenaufnahme geschaffen wird.“ – bto: die, wie der IWF vorrechnet, gar nicht groß genug sein kann …
  • Die durch die europäischen Institutionen organisierten Transfers schwächen jedoch die demokratische Kontrolle der Steuerzahler über die Staatsausgaben in den zahlenden Ländern und können die Wahrnehmung einer ungerechten Behandlung in den Empfängerländern verstärken. So wurde z.B. die Zustimmung zur Teilnahme Deutschlands am EU-Programm zur Bekämpfung der Pandemie schnell durch das Parlament gedrungen, ohne dass eine gründliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der Transfers stattfand. EU-Bürokraten, die den Steuerzahlern gegenüber nicht verpflichtet sind, werden das Geld verteilen, wahrscheinlich auf recht undurchsichtige Weise. Wenn die Divergenz nicht verringert wird – was nach den bisherigen Erfahrungen mit ähnlichen Programmen wahrscheinlich ist – werden die Steuerzahler merken, dass ihr Geld verschwendet wurde.“ – bto: und dass man sie angelogen hat, denn auch das passiert systematisch.
  • Auf der Empfängerseite erleichtern die Regierungsausgaben zunächst einige der dringendsten Bedürfnisse. Angesichts der schwachen öffentlichen Governance-Strukturen in vielen Empfängerländern werden die Transfers jedoch höchstwahrscheinlich eher zum Nutzen der Politiker und ihrer Klientel und weniger zur Verbesserung der Produktivität und des Wirtschaftswachstums eingesetzt werden. Wie Abbildung 4 zeigt, schneiden die südeuropäischen Länder im Korruptions-Index (Corruption Perception Index), der stark mit dem Rückgang des BIP im Jahr 2020 korreliert, schlecht ab. Die am schlimmsten betroffenen Länder, die am meisten finanzielle Unterstützung benötigen, sind auch diejenigen, in denen die Regierungen das Geld, das sie erhalten, am ehesten Verschwenden würden.“ – bto: Und bei uns redet man von Steuererhöhungen.

Quelle: FvS

  • Anstatt den politischen Zusammenhalt im Euroraum zu fördern, können Transfers vielmehr die Desintegration vorantreiben. Populistische Politiker werden wahrscheinlich ‘der EU’ die Schuld dafür geben, dass ihre potenziellen Wähler benachteiligt werden, und könnten als Gegenmittel den Wunsch aufbringen, die EWU zu verlassen. Die Wähler in den zahlenden Ländern werden für diese Entwicklungen nicht blind sein und ihren politischen Entscheidungsträgern die Schuld dafür geben, dass sie ihre Steuergelder verschwendet haben. Auf diese Weise könnte die EWU von zentrifugalen politischen Kräften sowohl im Norden als auch im Süden auseinandergerissen werden.“ – bto: Mit Blick auf die deutschen Bürger mache ich mir keine Sorge. Die merken es nicht, weil es ihnen keiner sagt bzw. weil die Politik immer vom Nutzen des Euro spricht, und sie interessieren sich nicht dafür, weil sie es nicht verstehen.