Transferunion ist keine Ret­tung, sondern be­schleunigt den Nieder­gang

Immer wieder war es Thema auf diesen Seiten, weshalb es nicht genügt, auf Umverteilung zu setzen, um den Euro zu retten:

Selbst der Ex-Chefvolkswirt des IWF erkennt, dass eine Fiskalunion den Euro nicht retten kann

Pflichtlektüre für die GroKo: IWF zeigt, dass Eurozone nicht funktioniert

Euro – unter 50, aber mit erheblichen Vorerkrankungen

Kurzfassung für Eilige in Bildern: Warum Macrons Umverteilung nichts bringt und unfair ist

Nun eine aktuelle Ergänzung dazu mit Blick auf die Wirkungen von Corona:

  • Spätestens seit der Finanzkrise von 2007/08 hat die Europäische Währungsunion (EWU) divergierende wirtschaftliche Entwicklungen erlebt. Wie Gehringer (2020) zeigt, ist die Divergenz für die Dynamik des realen BIP, der Produktivität und Arbeitslosigkeit sowie der Staatsfinanzen besonders ausgeprägt. Die Covid-19-Pandemie hat diese Tendenz verschärft.“ – bto: Das kann nicht verwundern, ist es doch klar, dass schwächere Staaten schwerer damit umgehen können.
  • Ohne die Möglichkeit eine Anpassung über Wechselkursänderungen zuzulassen, wurden massive geld- und fiskalpolitische Maßnahmen ergriffen, um die Divergenz auf einem politisch tolerierbaren Niveau einzudämmen. Die Schaffung einer „Transferunion“ birgt jedoch neue Risiken. Insbesondere können Geldtransfers innerhalb des Euroraums die Wahrnehmung der Menschen erhöhen, durch die EU-Politik ungerecht behandelt zu werden, und damit das Gegenteil vom Ziel erreichen.“ – bto: Vor allem ist es eben eine Transferunion und keine einmalige Sache. Es muss nur offen gesagt werden, auch von den Medien, die hier immer noch Märchen erzählen.
  • Dank der Corona-Krise hat die Streuung des realen Pro-Kopf-BIP innerhalb des Euroraums den höchsten Stand seit 2002 erreicht. Abbildung 1 zeigt die Differenz zwischen dem maximalen und dem minimalen Abstand zwischen dem Pro-Kopf-BIP jedes Landes und dem Mittelwert der Länder der Eurozone. Im Jahr 2002 verzeichneten die Niederlande und Portugal die größten Unterschiede beim realen Pro-Kopf-BIP, wobei die Niederlande 44 % über und Portugal -30 % unter dem Mittelwert der Eurozone lagen. Im zweiten Quartal 2020 waren die Länder mit den größten Unterschieden die gleichen wie im Jahr 2002, diese haben sich allerdings auf 46 % für die Niederlande und -36 % für Portugal vergrößert.“ – bto: Da muss man zum Beispiel auch auf die Patente blicken, wo Portugal faktisch keine Rolle spielt (adjustiert auf Bevölkerungszahl). Das ist ein Land, das davon lebt, günstiger zu sein und nun mit Ländern außerhalb des Euro konkurriert, die deutlich günstiger sind. Ähnliches gilt beim Urlaub zwischen Italien und der Türkei.
  • Abbildung 2 zeigt, dass der BIP-Rückgang in der ersten Hälfte des Jahres 2020 umso stärker ausfiel, je niedriger das Pro-Kopf-BIP im Jahr 2002 (im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone) war. Die am stärksten betroffenen Länder im Jahr 2020 waren die südlichen Länder Spanien, Portugal, Italien und – als Neuling in dieser Gruppe – Frankreich. Bereits 2019 zeichnete sich eine Nord-Süd-Teilung ab, die sich während der Covid-19-Pandemie aufgrund der Unterschiede in der Schwere der Gesundheitskrise und der Anfälligkeit der Wirtschaft für die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung, die zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus ergriffen wurden, vertieft hat. Abbildung 3 zeigt, dass die positive Abweichung in den Niederlanden, Österreich, Finnland, Deutschland und Belgien in 2020-Q2 zunahm, während die negative Abweichung in Portugal, Spanien und Italien entweder ebenfalls zunahm oder in etwa unverändert blieb (Frankreich).“ – bto: Dies unterstreicht, weshalb die EU zur Umverteilung als Waffe greift, aber auch, warum es am Ende nicht genügen kann. Die Unterschiede sind zu massiv.

Quelle: FvS

  • „(Es) werden zwei politischen Strategien gefolgt, um zu verhindern, dass Divergenzen politische Kräfte entfesseln, die die EWU auseinanderreißen könnten. Erstens, dass die Europäische Zentralbank zu einem Kreditgeber letzter Instanz, nicht nur für die Banken, sondern auch für die Regierungen wird. Zweitens, dass (schrittweise) eine “Fiskalunion” mit gemeinsamer Schuldenaufnahme geschaffen wird.“ – bto: die, wie der IWF vorrechnet, gar nicht groß genug sein kann …
  • Die durch die europäischen Institutionen organisierten Transfers schwächen jedoch die demokratische Kontrolle der Steuerzahler über die Staatsausgaben in den zahlenden Ländern und können die Wahrnehmung einer ungerechten Behandlung in den Empfängerländern verstärken. So wurde z.B. die Zustimmung zur Teilnahme Deutschlands am EU-Programm zur Bekämpfung der Pandemie schnell durch das Parlament gedrungen, ohne dass eine gründliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der Transfers stattfand. EU-Bürokraten, die den Steuerzahlern gegenüber nicht verpflichtet sind, werden das Geld verteilen, wahrscheinlich auf recht undurchsichtige Weise. Wenn die Divergenz nicht verringert wird – was nach den bisherigen Erfahrungen mit ähnlichen Programmen wahrscheinlich ist – werden die Steuerzahler merken, dass ihr Geld verschwendet wurde.“ – bto: und dass man sie angelogen hat, denn auch das passiert systematisch.
  • Auf der Empfängerseite erleichtern die Regierungsausgaben zunächst einige der dringendsten Bedürfnisse. Angesichts der schwachen öffentlichen Governance-Strukturen in vielen Empfängerländern werden die Transfers jedoch höchstwahrscheinlich eher zum Nutzen der Politiker und ihrer Klientel und weniger zur Verbesserung der Produktivität und des Wirtschaftswachstums eingesetzt werden. Wie Abbildung 4 zeigt, schneiden die südeuropäischen Länder im Korruptions-Index (Corruption Perception Index), der stark mit dem Rückgang des BIP im Jahr 2020 korreliert, schlecht ab. Die am schlimmsten betroffenen Länder, die am meisten finanzielle Unterstützung benötigen, sind auch diejenigen, in denen die Regierungen das Geld, das sie erhalten, am ehesten Verschwenden würden.“ – bto: Und bei uns redet man von Steuererhöhungen.

Quelle: FvS

  • Anstatt den politischen Zusammenhalt im Euroraum zu fördern, können Transfers vielmehr die Desintegration vorantreiben. Populistische Politiker werden wahrscheinlich ‘der EU’ die Schuld dafür geben, dass ihre potenziellen Wähler benachteiligt werden, und könnten als Gegenmittel den Wunsch aufbringen, die EWU zu verlassen. Die Wähler in den zahlenden Ländern werden für diese Entwicklungen nicht blind sein und ihren politischen Entscheidungsträgern die Schuld dafür geben, dass sie ihre Steuergelder verschwendet haben. Auf diese Weise könnte die EWU von zentrifugalen politischen Kräften sowohl im Norden als auch im Süden auseinandergerissen werden.“ – bto: Mit Blick auf die deutschen Bürger mache ich mir keine Sorge. Die merken es nicht, weil es ihnen keiner sagt bzw. weil die Politik immer vom Nutzen des Euro spricht, und sie interessieren sich nicht dafür, weil sie es nicht verstehen.
Kommentare (22) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Hier ein aktuelles Narrativ, wie Geld EINGESETZ und DAMIT die EU flott gemacht werden soll:

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/von-der-leyens-rede-ueber-klimaschutz-migration-und-brexit-16956254.html

    Daraus:

    >EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer ersten Rede zur Lage der Union ihre politischen Prioritäten skizziert, um die Pandemie zu überwinden und Europa wieder in Schwung zu bringen. Es gehe darum, „eine bessere Lebensweise für die Welt von morgen zu schaffen“, sagte sie im Europäischen Parlament. Beim Klimaschutz setzte sie für 2030 ein CO2-Einsparungsziel von „mindestens 55 Prozent“, verglichen mit dem Bezugsjahr 1990. Die Kommission will außerdem 37 Prozent des 750 Milliarden Euro schweren Pakts für den Wiederaufbau für den Green Deal ausgeben. Wie von der Leyen zudem ankündigte, sollen 20 Prozent der Mittel in Digitaltechnik investiert werden. Die Kommission muss die nationalen Wiederaufbaupläne genehmigen und kann die Quoten so durchsetzen. Die Präsidentin stellte außerdem konkrete Vorhaben im Gesundheitsschutz, bei der Kulturförderung und bei der Bekämpfung des Antisemitismus vor.>

    Können die Menschen glauben oder nicht, kann man wollen oder nicht, kann auch umgesetzt werden oder nicht.

    Ob so mit großem oder kleinerem Gezerre ist letztlich nicht entscheidend.

    Vielmehr:

    Am Ende des Tages werden die Menschen ZEIGEN und darüber ABSTIMMEN, ob sie das, was dabei erreicht worden ist, als BESSERE LEBENSWEISE für SICH ansehen oder nicht – eine „Welt von morgen“ findet dabei allenfalls ganz am Rande ihre Beachtung.

    Dem kann keine v. d. Leyen und auch keine/r der anderen Entscheider ausweichen.

    Falls die Menschen den Daumen senken sollten, helfen Narrative nicht mehr.

    Denn nach einer derartigen Urteilsverkündung erfolgt die VOLLSTRECKUNG.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Tischer

      Dem berühmten schwedischen Schulmädchen mit den Angststörungen geht der EU-Plan natürlich nicht weit genug:

      “Die Klima-Aktivistin Greta Thunberg hat kritisch auf den Vorschlag von Kommissionschefin Ursula von der Leyen für ein ehrgeizigeres EU-Klimaziel reagiert. Für Wissenschaftler und diejenigen, die der Ansicht seien, man solle die Versprechen des Pariser Weltklimaabkommens erfüllen, sei der Vorschlag nicht genug, schrieb die Schwedin am Mittwochabend auf Twitter.

      https://www.welt.de/politik/ausland/article215893286/Greta-Thunberg-zum-EU-Klimaziel-Koennen-nicht-mit-Natur-verhandeln.html

      Und da hat sie auch völlig recht, da geht noch viel mehr. Pleite gegangangene Firmen nach Einstellung der Geschäftstätigkeit und aus der EU abgewanderte Unternehmen haben in der EU immer einen CO2-Ausstoß von “Null”, das ist 100% weniger als das Emissionsniveau von 1990.

      Antworten
  2. Alexander
    Alexander sagte:

    > Mehr Geld wird die EWU nicht retten >

    Die Geschichte der EU ist ein einziges Wohlstandsversprechen, wobei Reisefreiheit + Niederlassungsfreiheit und Rechtssicherheit schon national Erfolgsrezepte waren. Innovationen sind das keine gewesen.

    Das Wohlstandsversprechen zu verlängern ist Ziel aller Geldrettungsaktionen. Dabei nimmt man alle Ungleichgewichte billigend in Kauf (Nord-Süd, 99.9-0.1%), wenn für den Plebs noch ertragbare Zustände abfallen. Das gilt für DEUTSCHLAND genauso wie jeden anderen Staat der Eurozone.

    Außer Wohlstand gibt es keinen gemeinsamen Wert innerhalb Europas und die Angst vor Krieg dient nur der Konditionierung, weil es gar keine kriegerischen Potentiale gibt es sei denn unter jungen Männern mit Migrationshintergrund (Banlieues)…

    Der Versuch alte Werte wie Kultur (Kulturalismus), Religion (Islamophobie), Ethnie (Rassismus), Geschichte (Kolonialismus), Leistungsfähigkeit (Chauvinismus) zu dekonstruieren und neue Werte zu prägen, wie Klimaschutz, Gleichheit, gender und open borders scheitert gerade an den Folgen derselben.

    Der Missbrauch einer gemeinsamen Währung war bereits bei ihrer Gründungsidee das Ziel, wenn der Euro der Preis der dt. Einheit sein sollte. Außer deutscher Haftung hatte niemand die Absicht mehr politische Integration herzustellen, wenn politische Einheit den Durchgriff auf historische Unsitten bedeutet hätte. Egal ob Griechenland, Italien, Spanien, Frankreich jedes Land pflegt seine Wähler spezifisch und niemand wollte sich Vorschriften durch Nachbarn machen lassen.

    Der Deal des Euros war offensichtlich, die Deutschen arbeiten mehr und der Rest verschuldet sich auf der Grundlage europäischer Bonität unter in Kaufnahme von Preisblasen und Scheinkonjunktur…

    Selbstverständlich ist die Transferunion der nächste Schritt der monetären Integration, wobei man ehrlich erklären darf, dass deutsche Besicherung zur Geldschöpfung das wertvolle Pfand ist und keine deutschen Steuerzahlungen (wg. lockdown Konjunkturkollapse)… Weil das so ist, wird auch zukünftig keine deutsche Kartoffel auf die Idee kommen, man könnte ihr die Rechnung für unsere gemeinsame europäische Illusion aufmachen.

    Wie in einer Ehe ist Wohlstand keine Grundlage für einen gemeinsamen Haushalt, wenn schlechte Zeiten programmiert sind. Wie in einer Ehe wird die Scheidung hässlich, wenn ihre Grundlage Illusionen und Lügen waren.

    Prof. Erich Weede zur Perversion des Euros
    https://youtu.be/5rDK6meR5KI

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    > Mehr Geld wird die EWU nicht retten >

    Das ist doch längst ein No-Brainer.

    Interessanter ist eine weitere hier verkündete Besserwisser-Feststellung:

    >„Anstatt den politischen Zusammenhalt im Euroraum zu fördern …>

    WIE bitte kann der politische Zusammenhalt ANDERS als mit Geld GEFÖRDERT werden?

    Von Leuten, die behaupten, dass es eine gangbare Zusammenhalts-ALTERNATIVE zum Geld gäbe, würde ich gern einmal hören, worin diese bestehen soll.

    Da ich noch nie etwas gehört habe und die geballte Weisheit aller Entscheider auf allen Ebene auch nichts anderes tut als mit Geld zur retten, erlaube ich mir die Auffassung:

    Es gibt KEINE Zusammenhalts-Alternative zum GELD.

    Mit Geld bzw. Geld-Transfers sitzen die EWU-Bewohner einigermaßen verträglich im Boot und es kentert nicht.

    Das IST der Zusammenhalt, der MAXIMAL zu erreichen ist.

    Er ändert aber nichts daran, dass das Boot auf die Niagarafälle zutreibt und davon NICHT abzubringen sein wird – weder durch noch mehr Geld oder sonst etwas, was es nicht gibt.

    Ich sehe jedenfalls NICHT, wie man sich mitten auf dem Wasser bewegend aus dem existierenden Boot ein anderes herstellen kann, mit dem man von den Fällen wegsteuern könnte.

    Die EWU wird vermutlich nicht kentern, aber abstürzen, was im Endeffekt aufs Gleiche hinausläuft:

    NICHT zu retten.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Tischer

      “WIE bitte kann der politische Zusammenhalt ANDERS als mit Geld GEFÖRDERT werden?”

      Naja, Möglichkeiten gibt es da theoretisch schon. Wir könnten Russland (wegen bösem Putin) oder die USA (wegen bösem Trump) oder China (wegen bösem CO2) so lange provozieren, bis die uns den Krieg erklären. Weniger ambitionierte EU-Strategen können vielleicht auch UK (wegen bösem Brexit) als neuen Lieblingsfeind aufbauen.

      Ein gemeinsamer äußerer Feind fördert immer den inneren Zusammenhalt, und wenn man den richtigen Propagandadreh wählt, dann reißen auch unsere Haltungsjournalisten und Grünen begeistert den Arm hoch und schreien laut “Hurra!” oder “Heil Merkel!” oder “Wir schaffen das!”.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        Noch NICHT einmal THEORETISCH.

        Die Lage ist so prekär (das Boot so instabil), dass jegliche ernsthafte PROVOKATION unübersehbare Rückwirkungen haben würde.

        Das gilt für unser Land, siehe u. a. den Wirbel um Nord Stream 2, auch wenn man mit der Aufgabe dieses Projekts Russland kaum ernsthaft provozieren würde.

        Es gilt für die Eurozone/EU insgesamt:

        Zu SCHWACH, um sich Provokationen erlauben zu können.

        Ich weiß es nicht, mache daher keine Vorhersage, kann mir aber vorstellen, dass in einer nicht zu fernen Zukunft China mit seinem Engagement in Südosteuropa die Eurozone/EU provozieren wird.

  4. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: Mit Blick auf die deutschen Bürger mache ich mir keine Sorge. Die merken es nicht, weil es ihnen keiner sagt bzw. weil die Politik immer vom Nutzen des Euro spricht, und sie interessieren sich nicht dafür, weil sie es nicht verstehen.

    Sehr geehrter Herr Dr. Stelter,

    das glaube ich nicht. So schwer zu verstehen ist das nicht, wenn einer Transfers an andere zahlen muss. Jeder Unterhaltspflichtige kapiert das zügig nach der ersten Überweisung. Es ist den meisten Leuten im Moment nur egal, weill wir aufgrund der Niedrigzinspolitik derzeit unser Kapital aufzehren und von den Lorbeeren der Vergangenheit leben, weswegen die meisten zu bequem für Protest sind, weil es ihnen noch nicht schlecht genug geht. Der Kühlschrank ist voll, WLAN läuft und den Job gibts auch noch. Aber der Protest wird kommen, denn Deutschland (nicht die EZB) ist bzgl. des Euro der “lender of last ressort”. Wenn die Bonität Deutschlands weg ist, geht es schnell bergab, und dann (natürlich, wenn es zu spät ist) endet auch die Bequemlichkeitsphase.

    Warten Sie einfach ab, bis die Kaufkraft des Normalbürgers entsprechend gelitten hat bzw. alternativ oder gleichzeitig die Arbeitslosenquote eine bestimmte Höhe erreicht hat. Dann kommt schon Schwung in die Debatte. Meine Sorge ist eher, dass wie schon in früheren Jahrhunderten in Deutschland dann mal wieder kurzfristig unschuldige Sündenböcke gesucht werden, z.B. Sinti und Roma, Juden, Ketzer, Hexen, die Edelmetallbesitzer, die von der anderen Konfession, die von der anderen Religion, die “Reichen”, die “Erben”, die “Banker”, die “Politiker”, usw. Es sind vermutlich nicht die gleichen wie beim letzten Mal, aber irgendjemand wird der Sündenbock sein. Vielleicht die “Marktgläubigen” wie Sie und ich. Dann haben die regelmäßigen Foristen auf diesem Blog vermutlich nichts zu lachen…

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Wolfgang Selig

      100% Zustimmung.

      >Mit Blick auf die deutschen Bürger mache ich mir keine Sorge. Die merken es nicht, weil es ihnen keiner sagt …>

      Es ist VÖLLIG falsch, ein MERKEN (spüren, fühlen, REALISIEREN) der Bürger daran festzumachen, ob ihnen jemand sagt oder nicht sagt, was Sache ist.

      Was zählt, ist die ERFAHRUNG der Menschen.

      Diese ist REAL, lässt sich nicht betrügen oder schönreden.

      Sie ist das ULTIMATIVE Kriterium für ihr WOLLEN.

      Antworten
      • Summon
        Summon sagte:

        Also irgendwie finde ich Ihre ständige Haarspalterei recht anstrengend… Was ist Ihr Punkt?

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Summon

        Ist die Unterscheidung zwischen dem, was Menschen GESAGT wird und dem, was sie als Lebenswirklichkeit ERFAHREN Haarspalterei?

        Wenn es für Sie anstrengend ist, diesen Unterschied festzustellen, liegt das an Ihnen, nicht an mir.

        Sie sollten einmal ihr Urteilsvermögen überprüfen.

        Vielleicht kommen Sie dann darauf, WAS mein Punkt ist und, wie Sie vielleicht festgestellt haben, nicht nur meiner.

      • Dieter Zorn
        Dieter Zorn sagte:

        Dazu Gottfried Benn in seiner unnachahmlichen Prägnanz in WEINHAUS WOLF, 1937: „Keine Propaganda kann Exkremente in Maiglöckchen verwandeln.“

  5. ruby
    ruby sagte:

    Die EU als verdeckte Umpolungsstation von Positivzins zum Negativzins?
    Gewinnler bleiben die Vermögensammler / Zinseikassierer
    https://m.youtube.com/watch?v=Hk87bhcmWhk
    Schöne Schaubilder und Prozesserklärung mit den Händen.
    Können, wollen, dürfen wir als Betroffene mitsteuern oder sind wir nur Ausführende in diesem europäischen Institutionenrahmenvertragswerken?

    Antworten
    • markus
      markus sagte:

      @Ruby:
      Ich habe mir das Video angeschaut. Als Pessimist habe ich mir zwei Sachen gedacht: in einer Negativ-Zins-Ökonomie werden die Unternehmen die Zinseinkünfte vor allem zur Steigerung der Marktmacht nutzen (das ist ja auch jetzt schon ein Ziel), das andere war der Wegfall des Zwangs zur Produktivitätssteigerung. Ansonsten muss man sagen: Sie birgt viele Risiken (Lobbyismus, Korruption, Cronies) aber auch sehr viele Chancen (demokratische Kontrolle vormals undemokratischer Kapitalflüsse). Es liegt an uns.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @markus

        “demokratische Kontrolle vormals undemokratischer Kapitalflüsse”

        Chapeau, das ist ja ein fast schon poetischer Euphemismus für “Planwirtschaft”.

  6. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    “So wurde z.B. die Zustimmung zur Teilnahme Deutschlands am EU-Programm zur Bekämpfung der Pandemie schnell durch das Parlament gedrungen, ohne dass eine gründliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der Transfers stattfand. EU-Bürokraten, die den Steuerzahlern gegenüber nicht verpflichtet sind, werden das Geld verteilen, wahrscheinlich auf recht undurchsichtige Weise.”

    Und das ist genau so von den regierenden Politikern in Deutschland gewollt.

    Schäuble hat in seiner berühmten Schreibtischschublade anscheinend seine Ehrlichkeit wiedergefunden und sagt ganz offen, worum es geht, hier in einem Interview mit der Neuen Westfälischen Zeitung:

    “SCHÄUBLE: Die Corona-Krise ist eine große Chance. Der Widerstand gegen Veränderung wird in der Krise geringer. Wir können die Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hinbekommen – auf der Grundlage der Überzeugung, dass derjenige, der entscheidet, auch die Verantwortung dafür übernimmt. In diese Richtung haben wir uns mit dem Hilfspaket bewegt.”

    https://wolfgang-schaeuble.de/die-pandemie-ist-eine-grosse-chance/

    Antworten
    • Horst
      Horst sagte:

      “Und das ist genau so von den regierenden Politikern in Deutschland gewollt.”

      Mittlerweile ziehe ich diese Perspektive durchaus rational begründet in meine Überlegungen ein.
      Vorsicht: Verschwörungstheorie!

      Deutschlandfunk
      10:08 Uhr
      Länderzeit
      In Zeiten von Populismus und Verschwörungsmythen
      Wie gespalten ist unsere Gesellschaft?

      Ein interessantes Gespräch mit ebenso interessanten Analysen seitens der Wissenschaft und Politik.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Horst

        Wo ist da die “Verschwörung”? Schäuble zeigt doch ganz klar auf, was das Ziel ist. Sie müssen es nur lesen.

      • Horst
        Horst sagte:

        “Wo ist da die „Verschwörung“? Schäuble zeigt doch ganz klar auf, was das Ziel ist. Sie müssen es nur lesen.”

        Die “Verschwörung” ist deshalb – noch immer – “Verschwörung”, weil ein Großteil der Menschen, nicht nur hier im Lande, das, sollten Sie es lesen, Schäubles Äußerungen sind eher als pars pro toto zu werten, nicht wahrhaben wollen (so zumindest mein Eindruck).

        An diesem Punkt spielt auch das Gespräch von heute morgen eine erhebliche Rolle, das durchgehend beschwichtigend wirkt, einen Laissez-faire Kurs favorisiert, so dass wir an diesem Punkt ganz bei der von Stöcker oft ins Spiel gebrachten “kognitiven Dissonanz” angelangt sind, die vollends wirkt.

        Uns allen wird gerade das Fell so gewaltig über die Ohren gezogen, dass es schlicht nicht glaubhaft sein kann. Auf die Geschichtsschreibung in 30 Jahren bin ich sehr gespannt.

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