Thomas Mayer stimmt mir zu: Ohne Vollgeld stirbt der Euro

Man könnte fast glauben, Thomas Mayer hätte von mir abgeschrieben, aber das hat er nicht nötig:

„Die Schweizer Lösung für die Eurokrise“

Inhaltlich kommt er in seinem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung allerdings zu einer ähnlichen Schlussfolgerung wie ich in meinem Kommentar für manager magazin online:

  • Vollgeld ist wie ein theoretisch wirksames Krebsmedikament, das von der Schulmedizin (noch) nicht akzeptiert ist. Man nimmt es nur, wenn der Krebstod sonst unausweichlich erscheint. Vollgeld wurde durch die Erfahrung des finanziellen Nahtods während der Finanzkrise populär. Mit dem Abklingen dieser Erfahrung hat es an Attraktivität verloren.” – bto: Und es bietet die Möglichkeit des Taschenspielertricks zur Entschuldung!
  • Im moribunden Euroraum könnte es ein Comeback erleben. (…) Statt die notwendige Anpassung durchzusetzen, haben sich viele Euroländer hoch verschuldet. Nachdem die eigene Tragfähigkeit der Schulden nicht mehr gegeben war, wurden andere Länder über den Europäischen Stabilitätsmechanismus und das System europäischer Zentralbanken zu Hilfsträgern verpflichtet. Die Kreditforderungen des ESM und seiner Vorgänger betrugen im April dieses Jahres 355 Milliarden Euro, die im Interbankzahlungssystem Target2 aufgelaufenen Außenstände der Zentralbanken von Ländern mit Zahlungsbilanzüberschüssen 1,3 Billionen Euro.” – bto: So ist es knapp zusammengefasst.
  • “Dennoch fordern Länder wie Italien noch mehr „europäische Solidarität“ durch die Vergemeinschaftung öffentlicher Schulden, des Restrisikos bei Bankabwicklungen und der Versicherung von Bankeinlagen. Dem stemmt sich eine Nordallianz kleinerer Staaten entgegen, sodass die Zentrifugalkräfte in der EWU wachsen.” – bto: glücklicherweise! Denn Frau Merkel würde bedenkenlos unser Geld opfern für einen Formelkompromiss in der Flüchtlingskrise. Immer deutlicher wird, dass die Währungsunion mit den herkömmlichen Mitteln nicht zu retten ist. Dadurch könnte Vollgeld ins Spiel kommen.
  • “Die Europäische Zentralbank könnte zum Beispiel die Banken zum Angebot einer „sicheren Einlage“ veranlassen, die durch die Hinterlegung von Zentralbankgeld vollständig gedeckt wäre. Damit gäbe es eine sichere Anlage, und die kontroverse Diskussion über die Einführung von staatlichen Gemeinschaftsanleihen zu diesem Zweck und über eine gemeinsame Einlagenversicherung würde sich erledigen.” – bto: was die Schuldner natürlich nicht wollen, ich denke, das Angebot der Entschuldung ist politisch relevanter!
  • “Die von vielen beklagte tödliche Verbindung zwischen Staaten und Banken würde aufgelöst, da die sichere Einlage (wie Bargeld) von der Zahlungsunfähigkeit von Banken und Staaten nicht berührt würde. Konventionelles Kreditgeld wird dagegen vernichtet, wenn die Kredite, mit denen es geschaffen wurde, ausfallen. Folglich wären konventionelle Einlagen wie andere Schuldverschreibungen von Banken mit einem höheren Risiko und daher höherer Verzinsung und einem variablen Preis relativ zur sicheren Einlage.” – bto: Das ist richtig, aber so kann man es den Politikern nicht verkaufen, weil die Schulden dann ja noch da sind.
  • “Der Aufbau des für die Deckung der sicheren Einlage notwendigen Bestands an Zentralbankgeld könnte durch einen weiteren Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB erfolgen. Da die EZB die Anleihen als Deckungsstock für das Zentralbankgeld und die damit besicherte sichere Einlage dauerhaft halten würde, könnte durch die Umstellung sogar die an den Märkten zu finanzierende Staatsverschuldung verringert werden.” – bto: Jetzt sind wir beim Thema. So kann man die Politiker gewinnen, allerdings muss es radikaler sein, wie ich in meinem Artikel geschrieben habe.
  • “Doch würde mit der Umstellung des Euros auf Vollgeld durch die Einführung einer sicheren Einlage den Staaten und Banken die Quelle verlorengehen, die ihnen heute Geld über Kreditvergabe wie von Zauberhand in beliebiger Höhe schaffen kann. Vom Gold spinnenden Rumpelstilzchen würde die EZB auf ihre ursprünglich in den EU-Verträgen vorgesehene Rolle als neutrale Instanz zur Geldemission zurückgestutzt. Staaten und Banken wären wie jeder Bürger für ihre Finanzen selbst verantwortlich und müssten mit dem Bankrott rechnen, wenn sie sich in Euro überschuldeten.” – bto: Deshalb muss die Entschuldung heute umso radikaler sein, damit das funktioniert.

faz.net: “Ohne Vollgeld stirbt der Euro”, 16. Juni 2018