“The dollar can only escape bad US policy for so long”

Der Dollar profitiert sicherlich davon, dass die USA die dominierende Weltmacht sind und die anderen wichtigen Währungen wie der Euro offensichtlich noch kränker sind. Dennoch stellt sich die Frage, wie wild man es treiben kann, bis auch der Dollar unter Druck gerät. Ein Gastbeitrag in der FINANCIAL TIMES (FT) spekuliert:

  • “The US government has committed three serious policy mistakes since late 2017. (…) cut taxes just as the US economy attained full employment. (…) the Federal Reserve turned hawkish (…) Donald Trump abandoned America’s longstanding commitment to free trade by imposing a broad range of tariffs on Chinese imports. Despite these policy errors, the dollar rose.” – bto: weil alle an die USA glauben wollen. 
  • “Why can the US act in this manner with apparent impunity in the markets? The answer lies in the dollar’s status as the world’s pre-eminent global reserve currency. Such a status is like insurance — it guarantees access to finance in bad times.” – bto: Die USA sind die Weltmacht und im Unterschied zur Eurozone ein Staat.
  • “US government bonds are assigned a 0 per cent risk rating under Basel III because they are considered risk free. Rating agencies do their bit by assigning higher ratings to the US bonds than to bonds in less indebted, faster growth countries without reserve currency status. The cherry on top: central banks earmark more than 60 per cent of the world’s $11tn of forex reserves exclusively to the dollar.” – bto: Die Zentralbanken subventionieren damit die Exporte in die USA.
  • “The dollar may struggle in the medium term (…). Foreign investors accumulated large dollar positions during the era of easy money to participate in the US stock market rally. These positions will now unwind. (…) Without prospect for significant capital gains, total return in the US stock market will therefore increasingly derive from dividend yield, which is many times lower than the yield available on, say, bonds in higher yield markets, such as EM.” – bto: Noch ist es aber so, dass diese Erträge als sicherer angesehen werden.
  • The US economy is heavily indebted and unproductive, but Mr Trump (…) sees more political upside in restoring American competitiveness by inflating and debasing the dollar. This is why he leans heavily on Fed chairman Jay Powell to lower rates, supports strong pro-cyclical fiscal spending and frequently talks down the currency. Such policies are not consistent with a strong dollar.” – bto: Sie wollen auch keinen starken Dollar.
  • “(…) the last time the US pursued similar policies was in the 1970s, when Fed governors Arthur Burns and William Miller oversaw a 50 per cent decline in the dollar, 10 years of high inflation and negative real interest rates. Mr Trump’s inflationary policies will rob future generations of Americans of their savings and dollar weakness will inflict losses on central banks. It is not pretty, but, politically, inflation and currency weakness are seen as a beautiful way to solve America’s economic problems.” – bto: Interessant ist, dass Trump das seit zwei Jahren probiert, bisher ohne Erfolg. Ich hatte übrigens in meiner WiWo-Kolumne schon vor der Wahl geschrieben, dass mit Trump die Reflation kommt.
  • “If Mr Trump deliberately ‘burns’ America’s reserve currency status, his timing may be not bad at all. The trick: to avoid a disorderly dollar collapse. As long as Europe struggles with inherent tribalism and China faces deep-seated prejudices neither the euro nor renminbi pose immediate challenges to the dollar’s hegemony. The dollar looks most likely to lose ground against smaller developed market currencies and emerging market currencies.” – bto: Der Dollar ist relativ weniger “ugly” als die anderen.
  • “If the US slowdown is gentle, EM currencies will outperform higher beta developed currencies, such as the Canadian and Australian dollars and the Norwegian krone. If the US slowdown becomes more intense, there may be more near-term support for the Swiss franc, Japanese yen, gold and even bitcoin. At root, the dollar’s reserve currency status depends on American willingness and ability to lead. As America shrinks from global leadership, it is prudent that all investors begin to take currency diversification far more seriously than they have done in recent years.” – bto: Für uns im Euroraum gilt das schon lange!

→ FT (Anmeldung erforderlich): “The dollar can only escape bad US policy for so long”, 5. Februar 2019

Kommentare (10) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Arda Sürel
    Arda Sürel sagte:

    Venezuela wird der Zugriff auf seine Goldbestaende in England verwaehrt. Personen aus Laendern, die der US-Regierung nicht genehm sind, werden Ziele vor allem finanzieller Sanktionen, es wird seit Jahren geschrieben, dass in der Swift-Zentrale in Belgien ein Vertreter des amerikanischen Finanzministeriums sitzt und die Möglichkeit hat, einzelne Transaktionen zu sanktionieren, immer wieder kommt es zu konzertierten Marktaktivitaeten, deren Gegenstand wie auch immer gestaltete Angriffe gegen einzelne Waehrungen oder sonstige Asset-Klassen sind und die aus üblichen Marktkalkülen heraus nur schwer erfasst und erklaert werden können, die US-Regierung kann jederzeit auf Guthaben auf Korrespondenzkonten und Portfolien auslaendischer Institutionen oder Inhaber zugreifen, Manager von Banken (Halkbank-Türkei), die Geschaefte mit sanktionierten Staaten (Iran) ausserhalb von Dollartransaktionen getaetigt haben (Ölkauf gegen Gold) sitzen in den USA in Haft, die Kernrohstoffe dieser Welt werden zwar überall auf dieser Welt produziert, können aber weitestgehend nur auf angelsaechsisch administrierten Maerkten und nahezu nur gegen Dollar erworben werden. Diese kurze Auflistung kann noch weitergeführt werden.

    Ich vermute, dass neben finanziellen Gründen vor allem solche nicht unbedingt auf ökonomisch/finanzielle Kalküle zurückführbaren Zusammenhaenge dazu führen werden (was derzeit auch geschieht), dass vor allem die Staaten Asiens sich politisch dazu entscheiden, ihre Ökonomien zu Dedolarisieren und künftige Zahlungsströme aus Handelstransaktionen sowie Kreditaufnahmen weitestmöglich nicht mehr in Dollar geschehen zu lassen.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Arda Sürel

      Danke für die sehr konkreten Verweise auf Sachverhalte, die es meistens nicht in die Nachrichten und damit ins öffentliche Bewusstsein schaffen.

      Richtig und wichtig:

      >… die Kernrohstoffe dieser Welt werden zwar überall auf dieser Welt produziert, können aber weitestgehend nur auf angelsaechsisch administrierten Maerkten und nahezu nur gegen Dollar erworben werden.>

      Das zeigt zum einen, welche enorme Bedeutung eine Institution wie z. B. Swift hat.

      Wenn diese „Administration“ derart genutzt werden MUSS, um Interessen zu sichern, wie es der Fall ist z. B. bezüglich der Zahlungsabwicklung mit dem Iran, dann sind zwei Schlussfolgerungen zu ziehen:

      Die USA sind global in der DEFENSIVE, können das aber noch überspielen, weil sie groß sind und eben den Zugriff auf derartige Institutionen haben.

      Die anderen, vor allem die aufstrebenden Länder Asiens werden versuchen, den damit verbundenen Beschränkungen – um es sehr vorsichtig auszudrücken – zu entkommen.

      Deshalb werden sie sich bemühen, der Dolarisierung zu entkommen.

      Mit zunehmenden Gewicht ihrer Wirtschaft – und es wird zunehmen, weil sie das größere Wachstum haben – wird ihnen das auch gelingen.

      Nicht von heute auf morgen und nicht vollständig, aber es wird gelingen.

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  2. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    FT: “At root, the dollar’s reserve currency status depends on American willingness and ability to lead.”

    Das sehe ich anders. Wenn die USA beginnen, hauptsächlich nur noch ihre Heimat zu verteidigen und sich aus der Welt zurückzuziehen, werden Länder wie Neuseeland oder Norwegen mit ihren guten Währungen merken, dass ordentliche Geldpolitik ohne militärische Stärke nicht vor Bedrohungen schützt. Und dann ist die ganze Geldpolitik nichts wert. Was würde denn Neuseeland machen, wenn die USA eine chinesische Aggresion nicht mehr verteidigen helfen?

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Wolfgang Selig

      Richtig, was Neuseeland betrifft; bei Norwegen ist das aber anders, weil es NATO-Mitglied ist.

      Ich glaube, dass was für Neuseeland richtig ist, nicht für Indien und Japan nicht gilt.

      Große, relativ wachstumsstarke Länder mit einer nicht zu sehr von Fremdfinanzierung abhängigen Wirtschaft und ordentlicher Geldpolitik wären in der Lage, eine militärische Abschreckung aufzubauen, die China vor Abenteuern abhalten würde. Sogar die Micky Mouse-Wirtschaftsmacht Nord Korea schafft das gegenüber den USA.

      Ich glaube übrigens, dass dies selbst für ein wirtschaftlich kränkelndes Europa gelten würde.

      Es müsste nur die Mittel aufbringen für eine glaubhafte Abschreckung.

      Wenn man kränkelt, ist das aber schwierig.

      Siehe das Projekt „Aufstockung von Frontex um 10.000 Leute bis 2027“.

      Hier:

      http://www.epc.eu/documents/uploads/pub_8745_frontex.pdf?doc_id=2048

      Jetzt, da mit dem Brexit das Geld sowieso knapp wird, ist fraglich, ob das etwas wird.

      Vermutlich schwappt eher die nächste kriegsbedingte Migrationswelle auf Europa ein.

      Wie auch immer:

      Die USA wollen nicht mehr so führen bzw. dominieren wie früher.

      Sie können es auch nicht mehr.

      Antworten
      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @DT: Ihre Begründung bzgl. Norwegen mit der NATO ist plausibel, solange diese tatsächlich glaubhaft wirkt.

        Wenn Sie die Aussagen von Trump zur NATO sehen, würde mir als Norweger schon etwas ungemütlicher werden. Wenn Sie dann noch den geistigen Rückzug vieler potentieller Mitstreiter Norwegens auf das Nationale sehen (z.B. Italiens Regierung), frage ich mich, ob nicht irgendwann der Punkt kommt, wo die Nationen wieder stärker auf sich gestellt sein werden, weil die Beistandsverpflichtungen das Papier nicht wert sind auf dem sie gedruckt sind. Kurzfristig sehe ich hier allerdings auch kein Problem.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Wolfgang Selig

        >… frage ich mich, ob nicht irgendwann der Punkt kommt, wo die Nationen wieder stärker auf sich gestellt sein werden, weil die Beistandsverpflichtungen das Papier nicht wert sind auf dem sie gedruckt sind.>

        Im Augenblick ist mehr oder weniger Stillstand, die aberwitzigen Absagen an die NATO zu Beginn seiner Amtszeit hat man Trump wohl aus dem Kopf geschlagen.

        Aber es wird auf den Punkt zugehen, den Sie sehen.

        M. A. n. ist das unabwendbar so, weil die Bevölkerungen angesichts von Wohlstandsverlusten ihre Regierungen mehr und mehr dazu zwingen werden, national umzuverteilen statt international aufzurüsten.

        Für Europa könnte der Test die Sicherung der Außengrenzen gegen Migranten aus Afrika sein (Frontex).

        Wenn diese Projekt nicht gelingt und jeder seine Grenzen mit Stacheldraht sichert, war es das für die EU oder das, was es dann noch an beachtlicher Gemeinsamkeit gibt.

        Spätestens dann.

  3. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    „bto: Sie wollen auch keinen starken Dollar.“

    So ist es, Herr Dr. Stelter. Aber: Auch die USA dürfen es nicht übertreiben, wenn sie den Status als Reservewährung Nummer 1 erhalten wollen („bto: Der Dollar ist relativ weniger „ugly“ als die anderen.“). Wenn wir allerdings den Euro nicht konsequent weiter entwickeln, dann haben die USA noch mehr inflationären Spielraum.

    GS hatte seinerzeit sehr erfolgreich divide et impera gespielt. Denn es ging ja nicht um eine Gefälligkeit für GR, sondern in Wahrheit um eine Infizierung des Eurosystems: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/derivategeschaefte-wie-goldman-sachs-den-griechen-zur-seite-sprang/3376400.html

    Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >As America shrinks from global leadership, it is prudent that all investors begin to take currency diversification far more seriously than they have done in recent years.“>

    Guter Ratschlag, der auch befolgt werden wird, weil die USA längst die globale Führungsrolle aufgegeben haben.

    In Asien machen sie keinen Stich gegen China, wie man anhand der Verhandlungen mit Nordkorea erkennen kann. China wird nie und nimmer zulassen, dass ein vereinigtes Korea mit amerikanischem Militär bzw. mit amerikanischen Waffen an China grenzt.

    Aus dem Nahen Osten hatte sich schon Obama zurückgezogen und Trump belässt es dabei. Auch aus Afghanistan wird man sich bald zurückziehen.

    Es ist eben ziemlich teuer für ein Land im ökonomischen Abstieg, Geld im störrischen Ausland zu verbrennen. Und die Märkte lohnen auch nicht wirklich, alles viel zu klein und zersplittert.

    Für die USA des D. Trump zählen nur Deals, am besten Waffendeals, etwa mit den Saudis. Für Waffenverkäufe mit zweistelligem Mrd.-Volumen ist er auch schon mal in Vietnam.

    Die USA werden m. A. n. auch nicht mehr die Führungsrolle zurückgewinnen, die sie seit WK II bis zum Fall des Eisernen Vorhangs hatten.

    Die globalen Wachstumstreiber sind längst in Asien und werden auf lange Zeit auch dort zu finden sein.

    Es ist VERBLENDUNG in gigantischem Ausmaß zu glauben, dass man mit Deals à la Trump eine Volkswirtschaft stark machen kann.

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