Tech ist keine Blase – solange es keine Gegenreaktion gibt

Im Blog der FINANZ und WIRTSCHAFT erschien ein weiteres Warnsignal für die Technologieaktien. Es wird erklärt, weshalb die Aktien in keiner Blase sind (sie sind nun mal hoch profitabel und wachsen schnell) und zugleich, weshalb sie vermutlich doch in einer Blase stecken, nämlich in einer Gewinnblase. Wie man es auch drehen mag. Es wird gesellschaftlich nicht durchzuhalten sein, dass die Unternehmen die Gewinne auf sich konsolidieren, zulasten der Mitbewerber (o. k.), vor allem zulasten von Staat und Arbeitnehmern (nicht o. k.).

  • “In der Kommunikationsbranche, aber auch weit darüber hinaus (die Medienbranche ist nur ein Beispiel) nehmen Tech-Giganten ein immer grösseres Gewicht ein – und dies auf Kosten ihrer Konkurrenten. Wegen ihrer Macht und ihres Erfolgs hat man diesen Unternehmen auch schon den Namen Superstar-Firmen gegeben. Den benützen wir hier.” bto: Es sind nun mal echte Gewinnerfirmen. Das stimmt.
  • “Aber was ist problematisch an dieser Macht? (…) Sie ist das Ergebnis raffinierter technologischer Innovationen, die, wie gesagt, unseren Alltag erleichtern. bto: und das gleich eines globalen Marktes!
  • “Da ist einmal das Prinzip der Skalenerträge: Die Kosten für die Erstellung eines Angebots wie zum Beispiel von Whatsapp werden pro Benutzer immer kleiner, je mehr Benutzer den Kommunikationskanal nutzen. Neueinsteiger auf einem kleineren Markt haben daher immer höhere Kosten pro Nutzer und deshalb geringere Chancen.” bto: und anders als in früheren industriellen Revolutionen gleich auf globaler Ebene.
  • “Dann gibt es den Netzwerk- und den Lock-in-Effekt auf der Nutzerseite: Je mehr einen Dienst wie Whatsapp benützen, desto nützlicher ist er für die Nutzer (Netzwerkeffekt) und desto schwieriger wird es für sie, auf einen anderen auszuweichen (Lock-in), da sich ohne diesen Dienst immer weniger mit anderen Leuten kommunizieren lässt.” bto: was wiederum den Skaleneffekt verstärkt.
  • “Einen solchen Markt zu dominieren, ist daher schon aus technischen Gründen entscheidend. Man spricht dann von winner takes most – der Gewinner räumt den grössten Teil ab. Die nachfolgende Konkurrenz hat kaum mehr Chancen, selbst wenn sie gut ist.” bto: Es ist zunehmend ein “Takes it all“-Markt, wobei wir die Konkurrenz aus China nicht unterschätzen sollten.
  • “Unternehmen wie Google oder Facebook verkaufen ihre Produkte an die breite Masse nicht für Geld, sondern für Daten. (…) Das Wissen dank dieser Daten steigert und festigt die Macht der Superstar-Firmen erst recht. Sie können es in bare Münze umsetzen, indem sie gezielte zahlbare Angebote lancieren oder Daten verkaufen.” bto: was wiederum es noch schwerer für Wettbewerber macht, zu bestehen.

“Die Macht der Superstar-Firmen hat auch negative Folgen für die Volkswirtschaft insgesamt” bto: und legt damit den Keim für den eigenen Niedergang. Eben, weil es nicht auf Dauer gesellschaftliche und damit politische Akzeptanz findet.

  • “Sie hat zur Folge, dass der Anteil der Arbeitseinkommen am Gesamtprodukt schrumpft und die Ungleichheit zunimmt. (…)  Superstar-Firmen (dehnen) ihren Umsatz und ihre Gewinne aus, ohne dass sie dafür mehr Leute einstellen. Je grösser daher der Anteil der Superstar-Firmen an der Gesamtwirtschaft ist, desto geringer ist die durchschnittliche Beschäftigung und desto grösser ist daher auch die Macht der Kapitaleigner gegenüber den Beschäftigten, was wiederum den Lohndruck erhöht. Das ist ein Grund dafür, weshalb trotz besserer Wirtschaftslage die Inflation kaum reagiert.” bto: was erhebliche Folgen auch für die Migrationspolitik haben wird, egal, was heute die Politik erzählt.
  • “Die Superstar-Firmen können dank ihrer Macht immer höhere Profite verzeichnen, aber sie investieren deutlich weniger, als das klassische Unternehmen tun, und sitzen auf hohen Cash-Beständen. Nicht zuletzt, um Konkurrenten aufkaufen zu können, um die eigene Reichweite weiter zu steigern. Die geringere Kapitalnachfrage und die höhere Sparquote haben zur Folge, dass der  Zinssatz fällt und damit das Zinsniveau generell. Das ist mit ein Grund dafür, dass die Notenbanken rascher als früher an die Grenzen ihrer Möglichkeiten mit Zinssenkungen kommen.” bto: Wer nicht investiert, sollte mehr Steuern zahlen.
  • “Ein Blick auf die Daten relativiert schliesslich die positive Wirkung der Superstar-Firmen auf die gesamtwirtschaftliche Produktivität. Seit ihrem Bestehen und ihrer Machtausweitung bleibt das Produktivitätswachstum in der Gesamtwirtschaft unbefriedigend. Es legt nur in den betroffenen Branchen zu, etwa der Kommunikation.” bto: womit sie auch noch unser Wachstumsproblem verschärfen.

In der nächsten Rezession wird die Stimmung richtig kippen und damit der Druck auf die Nach-Steuer-Gewinne zunehmen. Also vielleicht keine Bewertungsblase. Zweifellos aber eine Gewinnblase.

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: “Die dunkle Seite der Tech-Macht”, 30. Oktober 2017

Kommentare (7) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Interessante Links, die zeigen, dass wir auf der Funktionsebene um Erkenntnis ringen.

      Ich würde nicht von vorneherein von schädlichem Einfluss reden, sondern wie der eine Vortrag darlegt, von ungewolltem Einfluss.

      Damit sind wir erst einmal in der Situation, in der wir immer waren:

      Ungewollten Einfluss ABWEHREN.

      Die Einflussnahme in der digitalen Welt hat gegenüber der Vergangenheit eine in vielfacher Hinsicht ganz andere Qualität der Einflussnahme.

      Ich habe keine definitive Meinung dazu, wie wir das Problem in den Griff bekommen.

      Regulierung ist ein Ansatz, wobei meine Ahnung mir sagt, dass es ein sehr schwacher sein wird.

      Ein anderer ist LERNEN, was im digitalen Zeitalter alles REALITÄT sein kann und auch LERNEN, wie man SEINE Interessen im Rahmen der unvermeidlichen Einflussnahme so bestimmen kann, dass man ungewollter Einflussnahme entkommen kann.

      Auch hier würde ich sagen:

      Einige werden das schaffen, auf Massenbasis ist das eher aussichtslos.

      Sich selbst erkennen, d. h. LERNEN wie man manipuliert werden kann ist wiederum ein anderer Ansatz.

      Vielleicht ist es der, der noch am ehesten hilft.

      Meine Befürchtung ist:

      Die Nutzungsvielfalt der Digitalisierung wird zu vieles und zu viele einfach überrollen.

      Und sie ist auch:

      Zu viele Menschen wird das nicht interessieren, solange sie zufrieden mit der Nutzung sind.

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  1. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Ich meine, dass man zuerst einmal zwischen den technologieimmanenten Charakteristiken und Entwicklungen und den marktrelevanten unterscheiden muss.

    Zu den technologieimmanenten zähle ich:

    – sehr ausgeprägte, schnell realisierbare Skaleneffekte – und das global, mit sehr geringen Kosten
    – geringe, wenn nicht sogar negative Beschäftigungseffekte, wenn man die Nachfragerückgang für
    – Güter und Dienstleistungen mit hoher Beschäftigung einbezieht
    – vergleichsweise geringe Investitionen, weil Produktkosten durch nur durch einmalige,
    – entwicklungsbedingte Softwarekosten bestimmt sind, d. h. Grenzkosten nahezu null – extrem
    – die meisten Produkte sind plattform- und geräteübergreifend zu nutzen, d. h. immer und überall
    – Neueinsteiger werden bessere Chancen als je zuvor haben – technologiebedingt

    Zu den marktrelevanten zähle ich:
    – standortunabhängiges Angebot – zu jeder Zeit, an jedem Ort
    – Akzeptanz extrem vom Nutzen abhängig, wenn überhaupt von den Kosten, dann nur geringfügig
    – traditionelle Vertriebskanäle spielen praktisch keine Rolle, Internet ist Vertriebskanal
    – Regulierung der Märkte ist sehr schwierig, weil mit nur mit starken Eingriffen in das
    Nutzerverhalten und letztlich nur durch Abschalten zu beeinflussen (was ist Fake news, was ist
    Hetze?)
    – Obwohl technologisch einfach, wird die Akzeptanz sehr schwierig sein, wenn nicht wirklich innovative Produkte mit überlegenem Kundennutzen angeboten werden (der Markt als Innovationstreiber

    Damit stellen sich ganz neue Fragen und Probleme.

    Beispielsweise:

    Welches Problem habe ich, der Nutzer D. T., wenn ich mit Google Informationen suche?

    Ich habe keines.

    Ich habe allerdings mitunter eines, die Informationen zu bewerten, die ich gefunden habe.

    Das ist aber kein Problem, das ich Google anlasten kann, weil Google mir lediglich den Zugang zu den Informationen verschafft, aber nicht Produzent und Anbieter der Information ist und somit nicht für deren Qualität haftet. Millionen unregulierte und unkontrollierte Informationsanbieter sind dann das Problem.

    Und auch dies (nicht mehr beispielsweise, sondern m. A. n. sehr entscheidend):

    Wie verändert sich das VERHALTEN breiter, wenn nicht praktisch aller Bevölkerungsschichten, wenn quasi ein MONOPOLANBIETER dominiert?

    Kann es, über das technologisch bedingte Verhalten hinaus, durch den einen oder die wenigen Anbieter auf eine bestimmte Art und Weise zu deren Gunsten oder denen anderer MANIPULIERT werden?

    Das ist das eigentliche Thema WETTBEWERB, nicht ob ein Unternehmen große Profite macht, was natürlich auch immer ein Anreiz ist, Verhalten zu manipulieren.

    Kurzum:

    Ich meine, dass wir uns – idealtypisch gedacht – in dieser neuen Welt erst einmal KLAR darüber werden sollten, was wir von ihr erwarten können und was nicht, was uns daran vorteilhaft erscheint und was nicht und mit welchen Verhaltensweisen – DARUM geht es letztlich – wir in dieser neuen Welt operieren wollen und evtl. auch müssen.

    Realistischerweise wird es freilich so sein, dass jeder für sich entscheiden MUSS, wie er individuell damit umgeht – INNERHALB des Rahmens, den die neuen Technologien noch lassen.

    Ich kann HEUTE noch auf den Zahlungsverkehr mit meiner Bank im Internet verzichten, MORGEN vielleicht nicht mehr.

    Das ist dann Schicksal, das ökonomischen Mechanismen, die es morgen genauso wie heute geben wird, geschuldet ist.

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  2. Ralph Klages
    Ralph Klages sagte:

    Man übertrage obiges mal auf die Möglichkeiten der Elektromobilität: Es geht hier in der Hauptsache um effektive Energiespeicherung. Wenn JETZT ein Unternehmen -und sei es noch so klein- mit praktikablen Lösungen aufwarten könnte, die eine ECHTE Konkurrenz zu den tradierten Energieträgern wäre…….. , dann wäre Bill Gates ein ganz kleines Lichtlein.
    Insofern kann man nicht verstehen, dass es zwar seit über einhundert Jahren “Batterien” gibt, sich aber keine Institution wirklich dafür interessiert, die Politik fast zuletzt.
    Aber von ein Land, das seine Bildungsstandards permanent nach unten zieht, nur um sozial möglichst verträglich zu wirken, kann man Erneuerungswillen nicht erwarten. Höchstens kollektive Verdummung. LG

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Sie abstrahieren von KONTEXT und kommen daher zu völlig falschen Einschätzungen.

      Warum sollt sich seit 100 Jahren, also seit es das Produkt Batterie gibt, IRGENDJEMAND dafür interessiert haben, eine Konkurrenz zu den herrschenden Energieträgern zu etablieren?

      Es gab nicht den geringsten Grund es zu tun, solange man mit der PARTIZIPATION im System der herrschenden Energieträger RISIKOLOSER Gewinn machen konnte.

      Wenn es HEUTE Probleme mit den herrschenden Energieträgern gibt, sei es dass die Nutzer sie nicht mehr akzeptieren (was tendenziell, aber noch nicht hinreichend der Fall ist, um neue Energieträger zu entwickeln) oder die Politik sie entwerten und abschaffen will (was offensichtlich der Fall ist), dann – und erst DANN – werden neue Energieträger ein Option.

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  3. Paul Ziegler
    Paul Ziegler sagte:

    Ich denke, Antitrust-Aktionen, aber auch zunehmende Zensurmaßnahmen werden den großen Social-Media-Playern schwer zu schaffen machen. Außerdem glaube ich auch, dass Facebook und co eine Modeerscheinung sind, deren Anziehungskraft auch irgendwann ein Plateau erreichen werden, außerdem werden Ad-Blocker, etc. auch immer besser.
    Generell gilt für den ganzen Tech-Sektor natürlich: er ist unglaublich unprofitabel. Sehr viele Nutzer, globale Märkte und quasi-Monopole, aber kaum Gewinn. Z.B. Whatsapp: Niemand verschickt mehr SMS, weil Whatsapp billiger (gratis) ist. Dafür wird es von Facebook üppig alimentiert. In jeder Krise müssen sich Unternehmen von unprofitablen Teilen verabschieden, das wird auch in Zukunft so sein. Also wird auch Whatsapp seine Kosten auf die Nutzer umlegen müssen. So wird wieder Platz für Wettbewerb geschaffen werden. Im Hardware-Bereich (die Börsenlieblinge von gestern: Dell, Compaq, HP, IBM, etc.) ist es genau so verlaufen, insofern bin ich da ganz entspannt.

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  4. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Ich hoffe immer noch darauf, dass sich etwas bei den wichtigsten Tech-Unternehmen etwas ähnliches wie der “Sherman Antitrust Act” durchsetzt. Damals hatte Rockefeller mit Standard Oil ein Quasi-Monopol auf den damaligen High-tech-Sektor in der Energie: Erdöl. 1911 ordnete der Supreme Court in den USA die Entflechtung an. Im Prinzip profitieren wir indirekt bis heute davon, dass im Energiesektor Wettbewerb herrscht.
    Vermutlich brauchen wir etwas Ähnliches, wenn die Monopolwirkung der großen Techfirmen so groß ist, dass Neueinsteiger auch langfristig bzw. mit neuen Technologien und Ideen keine Chance mehr haben. Google hat noch Yahoo verdrängt; ob jemals jemand mit marktwirtschaftlichen Mitteln ohne staatliche Monopolkommision google verdrängen kann, weiß ich nicht. Wenn nicht, kann man nur darauf hoffen, dass a) die Staaten sich auf diverse sinnvolle Kartellverfahren (ohne Schäden für die Innovationskraft) einigen oder b) die Läden zu schwerfällig werden und über ihre eigenen Beine stolpern. Auch das hat es bei marktbeherrschenden Firmen immer mal wieder gegeben. Als Bürger würde ich a) bevorzugen, weil man sich auf b) nicht verlassen kann und b) auch ganz schön lange dauern kann.

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