Summers gegen Stiglitz – Ökonomie am Bei­spiel der Inflation

Wir erleben in der deutschen ökonomischen Debatte immer wieder, dass Ökonomen sich gegensätzlich zu Themen äußern. Und dies erwartbar: der prominente Marcel Fratzscher immer auf Linie der SPD, zunehmend der Grünen, andere eher in Richtung Union. Leider, ohne mit Beipackzettel und Warnhinweis versehen zu sein.

In den USA ist das ähnlich. Umso überraschender, wenn zwei aus „demselben Lager“ sich offen streiten. So zumindest kann man die Replik von Stiglitz auf Summers lesen.

Beginnen wir mit Summers, der sich in der Washington Post geäußert hat:

  • The covid-19 chapter in U.S. economic history is coming to a close more rapidly than almost anyone expected, including me. Within weeks, gross domestic product will reach a new peak, and it is likely to exceed its pre-covid trend line before year’s end, as the economy enjoys its fastest year of growth in decades. Job openings are at record levels, and unemployment may well fall below 4 percent in the next 12 months. Wages and productivity growth are increasing.“ – bto: Das ist sehr erfreulich und die Folge massiver staatlicher Stimulierung.
  • „Inflationary pressures are mounting from the boost in demand created by the $2 trillion-plus in savings that Americans have accumulated during the pandemic; from large-scale Federal Reserve debt purchases, along with Fed forecasts of essentially zero interest rates into 2024; from roughly $3 trillion in fiscal stimulus passed by Congress; and from soaring stock and real estate prices.“ – bto: Es ist ein wahrer Geldregen, der sich über die Wirtschaft ergießt.
  • The consumer price index rose at a 7.5 percent annual rate in the first quarter, and inflation expectations jumped at the fastest rate since inflation indexed bonds were introduced a generation ago. Already, consumer prices have risen almost as much as the Fed predicted for the whole year.” – bto: Es sind bedeutende Werte und ein klarer Unterschied zurzeit nach der Finanzkrise.
  • Fed and Biden administration officials are entirely correct in pointing out that some of that inflation (…) is transitory. But not everything we are seeing is likely to be temporary. A variety of factors suggests that inflation may yet accelerate — including further price pressures as demand growth outstrips supply growth; rising materials costs and diminished inventories; higher home prices that have so far not been reflected at all in official price indexes; and the impact of inflation expectations on purchasing behavior. Higher minimum wages, strengthened unions, increased employee benefits and strengthened regulation are all desirable, but they, too, all push up business costs and prices.“ – bto: Packen wir dazu noch die Maßnahmen mit dem Ziel, den Klimawandel zu bekämpfen.
  • It is possible that the Fed could contain inflationary pressures by raising interest rates without damaging the economy. But in the current environment, where markets around the world have been primed to believe that rates will remain very low for the foreseeable future, that will be very difficult, especially given the Fed’s new commitment to wait until sustained inflation is apparent before acting. The history here is not encouraging. Every time the Fed has hit the brakes hard enough to slow growth meaningfully, the economy has gone into recession.“ – bto: Eine solche Rezession ist wiederum auch nicht gut mit Blick auf den Schuldenstand.
  • So how best can we contain overheating risks and promote sustainable growth while also making necessary investments in infrastructure, greening the economy and helping low- and middle-income families?“ – bto: Wie kann man also alles machen, was man machen will, ohne die Inflationsfolge?
  • First, starting at the Fed, policymakers need to help contain inflation expectations and reduce the risk of a major contractionary shock by explicitly recognizing that overheating, and not excessive slack, is the predominant near-term risk for the economy. Tightening is likely to be necessary, and it is critical to set the stage for that delicate process. Meanwhile, the administration needs to continue to respect the independence of the Fed as it changes course. Clear statements that the United States desires a strong dollar will also be helpful in anchoring inflation expectations.“ – bto: vor allem weil ein starker Dollar die Importpreise dämpft.
  • Second, policies toward workers should be aimed at the labor shortage that is our current reality. Unemployment benefits enabling workers to earn more by not working than working should surely be allowed to run out in September; in some parts of the country they should end sooner. Re-employment bonuses should be considered, and a major focus should be on promoting mobility and training workers for occupations where labor is short.“ – bto: Generell sollten die Maßnahmen dazu dienen, die seit Jahren fallende Erwerbsbeteiligung der Amerikaner nach oben zu drehen.
  • Third, it is essential to make long-term public investments to increase productivity and enable more people to work. It would be a grave error to cut back excessively on public-investment ambitions out of inflation concerns. That is not because of the immediate jobs they create, but because of the long-term increases they generate in productive potential, sustainability and inclusivity. But where possible, infrastructure investments should be financed by reprogramming of Rescue Plan funds, such as those now being used by some states to finance tax cuts. Additionally, current spending financed by future taxes might further stimulate an already overheated economy. The opposite — revenue increases ahead of spending, or at least parallel to spending — can ensure more sustainable growth.“ – bto: auch hier die für die USA nachvollziehbare Idee, über höhere Steuern nachzudenken.

Soweit Summers. Aussage im Kern: Ihr übertreibt es, geht vom Gas und vor allem, macht es anders.

Nobelpreisträger Joseph Stiglitz schien das gar nicht zu gefallen. Bei Project Syndicate reagiert er direkt und spricht von einer „falschen Fährte“:

  • Läuft die Regierung von US-Präsident Joe Biden mit ihrem 1,9 Billionen Dollar schweren Rettungspaket und Plänen für zusätzliche Ausgaben für Investitionen in die Infrastruktur (…) Gefahr, eine Überhitzung der Konjunktur herbeizuführen? Derartige Sorgen sind angesichts der tiefen Unsicherheit, der wir nach wie vor ausgesetzt sind, verfrüht.“ – bto: Die Aussage ist also, dass es unklar ist, wie wir aus der Krise kommen, weshalb es richtig ist, weiter auf dem Gaspedal zu bleiben. Andererseits stellt sich schon die Frage, wie das letzte beschlossene Programm ohne Preissteigerungen über die Bühne gehen soll.
  • Zudem rührt der derzeitige Inflationsdruck weitgehend als kurzfristigen Engpässen beim Angebot her, die unvermeidlich sind, wenn man eine vorübergehend heruntergefahrene Wirtschaft wieder hochfährt. Wir haben ausreichende weltweite Kapazitäten zum Bau von Autos oder Halbleitern, doch wenn alle Neuwagen Halbleiter verwenden und die Nachfrage nach Autos (wie während der Pandemie) von Unsicherheit bestimmt ist, wird die Halbleiterproduktion eingeschränkt.“ – bto: Das ist sicherlich nachvollziehbar so. Das ist dann die Argumentation eines kurzfristigen Schubes.  
  • Doch gibt es insbesondere angesichts der insgesamt bestehenden weltweiten Kapazitätsüberschüsse keinen Grund zu der Annahme, dass diese Bewegungen Inflationserwartungen befeuern und so eine Inflationsdynamik herbeiführen werden. Es lohnt, sich zu erinnern, wie kurz es erst her ist, dass einige, die jetzt vor durch eine exzessive Nachfrage bedingten Inflation warnen, von einer durch eine unzureichende Gesamtnachfrage bedingten „säkularen Stagnation“ sprachen (trotz Nullzinsen).“ – bto: Gemeint ist hier Lawrence Summers, der, nachdem er jahrelang vor einer durch zu viel Ersparnis ausgelösten säkularen Stagnation warnte, plötzlich davon ausgeht, dass nun Inflation droht.
  • In einem Land mit tiefer, langjähriger, durch die Pandemie aufgedeckter und verschärfter Ungleichheit ist ein angespannter Arbeitsmarkt genau die richtige Medizin. Bei einer hohen Nachfrage nach Arbeitskräften steigen die Löhne in den unteren Lohngruppen, und marginalisierte Gruppen werden in den Arbeitsmarkt eingebunden. Freilich ist es angesichts von Berichten über Arbeitskräftemangel trotz nach wie vor deutlich unter dem Niveau vor der Krise liegender Beschäftigungszahlen diskussionswürdig, wie angespannt der US-Arbeitsmarkt derzeit tatsächlich ist.“ – bto: Das kann man wohl sagen!
  • Statt in Inflationsängste zu verfallen, sollten wir uns Sorgen darüber machen, was mit der Gesamtnachfrage passiert, wenn die durch die fiskalischen Rettungspakete zur Verfügung gestellten Mittel versiegen. Viele Menschen am unteren Ende der Einkommens- und Vermögensverteilung haben große Schulden angehäuft – darunter in einigen Fällen mehr als ein Jahr an Mietrückständen aufgrund des vorübergehenden Schutzes vor Zwangsräumung.”
  • “Die verringerten Ausgaben durch die verschuldeten Haushalte dürften von denen ganz oben, von denen die meisten während der Pandemie zusätzliche Ersparnisse aufgebaut haben, kaum ausgeglichen werden. (…) Ohne neue Staatsausgaben könnte die Wirtschaft erneut unter einer unzureichenden Nachfrage leiden.“ – bto: Das glaube ich auch, aber die Frage ist doch, ob nicht dennoch das Risiko besteht, dass die Programme, die ja auf einen Umbau der Wirtschaft zielen, nicht doch inflationär sind.
  • Und selbst wenn der Inflationsdrück wirklich besorgniserregende Ausmaße annehmen sollte, verfügen wir über die Instrumente, um die Nachfrage zu dämpfen. Zunächst einmal ist da die Zinspolitik der US Federal Reserve. Die in Nullnähe liegenden Zinsen der vergangenen mehr als zehn Jahre waren wirtschaftlich nicht gesund. Der Knappheitswert von Kapital ist nicht null. Niedrige Zinsen sorgen für Verzerrungen an den Kapitalmärkten, indem sie ein Renditestreben auslösen, das zu übertrieben niedrigen Risikoaufschlägen führt. Eine Rückkehr zu einem normaleren Zinsniveau wäre etwas Gutes (auch wenn die Reichen, die die hauptsächlichen Nutznießer dieser Ära ultraniedriger Zinsen waren, das womöglich anders sehen).“ – bto: Ich denke nicht, dass das so einfach ist, führen höhere Zinsen doch zu erheblichen Problemen im Finanzsystem.
  • Der Instinkt, die Inflation zu bekämpfen, ist in die DNA der Notenbanker eingebettet. Wenn sie die Inflation derzeit nicht als das Kernproblem ansehen, dem sich die Wirtschaft derzeit gegenübersieht, sollten Sie es auch nicht.
  • Das zweite Instrument sind Steuererhöhungen. Die langfristige Gesundheit der Volkswirtschaft sicherzustellen, erfordert viel höhere staatliche Investitionen, und die müssen bezahlt werden. Die US-Steuerquote ist insbesondere angesichts der enormen Ungleichheit in Amerika viel zu niedrig. Es besteht die dringende Notwendigkeit einer stärker progressiven Besteuerung, von höheren Umweltabgaben zur Bekämpfung der Klimakrise gar nicht zu reden.“ – bto: Nun ist die Steuerlast in den USA auch weitaus tiefer als bei uns beispielsweise.
  • Wir sollten die derzeitige ‘Inflationsdebatte’ als das betrachten, was sie ist: eine falsche Fährte, die von denjenigen gelegt wird, die die Bemühungen der Regierung Biden zur Behebung einiger der grundlegendsten Probleme der USA zu behindern suchen. Eine erfolgreiche Politik erfordert mehr öffentliche Ausgaben.“ – bto: Nun müssen wir überall mehr investieren. Die Frage ist nur, wie wir das machen und finanzieren. Das Risiko ist groß, dass schlechte „Investitionen“ getätigt werden, die eben nicht den Charakter von Investitionen haben, sondern von Konsum.

washingtonpost.com: „Opinion: The inflation risk is real“, 24. Mai 2021

project-syndicate.org: „Falsche Fährte Inflation“, 7. Juni 2021

Kommentare (37) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. JürgenP
    JürgenP sagte:

    Wenn man sich die zitierten Passagen durchschaut, kommt man geschätzt auf 30, vielleicht 40 Faktoren, die argumentativ vernetzt wurden. Nun sind es nicht absolut identische Faktoren der beiden Experten der Ökonomie, sondern sie differieren um rd. 25 Faktoren. Also wurden rd. 85 – 105 Faktoren zur Ableitung von Wirkungen aus Ursachen herangezogen. Ein jüngst behandeltes vernetztes Modell mit etwa der gleichen Anzahl von Faktoren brachte es auf moderate 200 Verbindungen zwischen den Faktoren bei 125.000 Wirkungsschleifen. Irgendeine sinnvolle Ableitung von vernünftigen (zukünftigen) Wirkungen des modellierten dynamischen Systems ist in dem Fall zwei Dutzend Experten nicht gelungen. Es bedarf zuvor eines sehr tiefen Eindringens in die Zusammenhänge und Dynamiken. Dabei war das behandelte Thema im Vergleich zur „Inflation“ sehr abgegrenzt.

    Gestalt und Dynamik des „Systems Inflation“ innerhalb des Übergeordneten „Systems Weltwirtschaft“ mit all seinen SubSubSub-Systemen dürften extrem Komplex sein.

    Selbstverständlich ist es denkbar, dass EIN erfahrener Professor der Ökonomie aus >125.000 Wirkungszusammenhängen genau die herausfischt, die nach Pareto von größter Relevanz sind. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass er so treffsicher ist und gleichzeitig eine halbwegs brauchbare Ableitung des Zukunftsgeschehens in ein paar Tagen, Wochen, Monaten oder gar Jahren abbildet.

    = Null

    Deswegen gibt es offenbar zwei gegensätzliche Darstellungen.

    Im Ergebnis: heiße Luft von Herrn Prof. Dr. Summers und Herrn Prof. Dr. Stiglitz. Es sei denn, es werden die transparenten Systemmodelle mit Gewichtungen der Faktoren und Ableitungen auf den Tisch gelegt.

    Ansonsten dienen die Veröffentlichungen nur der politisch gefärbten Manipulation und Meinungsbildung des Publikums. Dann sollte sie nicht so wichtig genommen werden.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ JürgenP

      >Irgendeine sinnvolle Ableitung von vernünftigen (zukünftigen) Wirkungen des modellierten dynamischen Systems ist in dem Fall zwei Dutzend Experten nicht gelungen.>

      Das glaube ich Ihnen.

      Es ist aber NICHT das Thema.

      Es geht hier NICHT um >125.000 Wirkzusammenhänge oder <125.000 Wirkzusammenhängen oder … oder, sondern das Thema ist:

      Wenn es als EFFEKT von wieviel Wirkzusammenhängen auch immer Inflation geben SOLLTE – was nun wirklich nicht auszuschließen ist im vorliegenden Fall –, MUSS prinzipiell WAS getan werden?

      PRINZIPIELL – mit Blick auf welche antizipierten Wirkungszusammenhängen auch immer.

      Daher, sorry keine heiße Luft von Herrn Prof. Dr. Summers und Herrn Prof. Dr. Stiglitz, sondern Sie haben das Thema missinterpretiert.

      Antworten
      • JürgenP
        JürgenP sagte:

        @DT
        Das Thema ist, dass „… dass Ökonomen sich gegensätzlich zu Themen äußern“. Die Kernfrage ist, wieso sie zu gegensätzlichen Ergebnissen ihrer Überlegungen bei ein und demselben Kerninhalt – hier „Inflation“ – kommen.

        Wenn Sie von der Hypothese ausgehen, dass Inflation als Phänomen kommen muss (was sollte dagegen sprechen, dass das irgendwann der Fall sein wird ) und deshalb nach Prinzipien des „was tun“ (Herangehensweise) fragen, so darf ich doch nach „wie das richtige tun erkennen“ fragen.

        Zur Debatte steht also die Methodengrundlage des Erkennens der Wirkungszusammenhänge.

        Eine Methode ist altbekannt: die Kausalanalyse. Schönes Beispiel: „„Zudem rührt der derzeitige Inflationsdruck weitgehend als kurzfristigen Engpässen beim Angebot her, die unvermeidlich sind, wenn man eine vorübergehend heruntergefahrene Wirtschaft wieder hochfährt“.

        So so.

        Folglich besteht nach demselben Muster alljährlich Inflationsdruck bei Kartoffeln, weil Kartoffelbauern ihre Reserven verkauft haben und ihre Landwirtschaft „hochfahren“ – sprich ernten – müssen. Obst, Gemüse, Zuckerrüben, weihnachtlicher Gänsebraten – überall entsteht Inflationsdruck, der sich nach Ernte oder Schlachten wieder abbaut.

        Das ist allerdings ökonomische Weisheit mit Nullerkenntnis für die Frage, ob tatsächlich Inflation entsteht. Dazu müssten, um im Beispiel zu bleiben, die Hintergründe des Kartoffelanbaus, der Kartoffelverwertung, der mittel- und langfristigen Verfügbarkeit von Kartoffeln, von Erntemaschinen und Kartoffeläcker etc.etc. mit einbezogen werden.

        Wer sagt denn, dass nicht hinter dem altbekannten Verlaufsmuster eine ganz andere Entwicklung steckt. Die Betrachtung von drei, vier, fünf beliebig herausgegriffene gleichartige Wirkungszusammenhänge sagt gar nicht nichts, wenn sie nicht zuvor als Teil eines wesentlich umfangreicheren Sachzusammenhangs zu betrachtet wurden.

        Das aber müsste PRINZIPIELL immer geschehen, bevor irgendwelche Rückschlüsse auf „Inflation“ erfolgen.

        Die Argumentation der Professoren lässt nicht den Schluss zu, dass komplexe Wirkungszusammenhänge methodisch erfasst und bewertet wurden. Deswegen bleibe ich dabei: heiße Luft mit Professorentitel. Nichts Wert, um daraus auf Inflation oder das Gegenteil davon zu schließen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ JürgenP

        >Wenn Sie von der Hypothese ausgehen, dass Inflation als Phänomen kommen muss (was sollte dagegen sprechen, dass das irgendwann der Fall sein wird ) und deshalb nach Prinzipien des „was tun“ (Herangehensweise) fragen, so darf ich doch nach „wie das richtige tun erkennen“ fragen.>

        Selbstverständlich dürfen Sie das fragen.

        Nur:

        Die VORRANGIGE, aber natürlich nicht ausschließliche Frage ist, OB mögliche Inflation bekämpft werden soll – wie Summers meint schon jetzt, oder Stiglitz erst später oder auch nicht, wenn die Fed die vorhandenen Instrumente möglicherweise nicht einsetzen will mit der Begründung, dass die Inflation nur temporär sei (was heute ein gute Begründung ist, übermorgen aber eine schlechte und daher nicht angemessene sein könnte).

        Das WIE ist eine ANDERE Frage, die von Summers gestreift (Kontraproduktive unemployment benefits im Herbst kürzen, öffentliche Investitionen bei der Inflationsbekämpfung nicht übermäßig zurückfahren) und von Stiglitz nicht thematisiert wird.

        Wenn das SO ist (mit der durchaus zu rechtfertigen WIE-Thematisierungsverweigerung von Stiglitz), dann können Sie NICHT die NICHT-thematisierte WIE-Frage aufrufen und sagen, dass Summers und Stiglitz heiße Luft produzieren.

        Ihr anderes Themen-INTERESSE ist KEIN Kriterium, die beiden zu bewerten.

        Das ist meine Kritik an Ihnen.

        >Die Betrachtung von drei, vier, fünf beliebig herausgegriffene gleichartige Wirkungszusammenhänge sagt gar nicht nichts, wenn sie nicht zuvor als Teil eines wesentlich umfangreicheren Sachzusammenhangs zu betrachtet wurden.>

        Summers greift nichts BELIEBIGES heraus.

        Das Problem ist ein anderes, nämlich die BEDINGUNGEN für Wirkmechanismen, die es so noch nicht gegeben hat, wie ich am Thread vor 2 Tagen gesagt habe:

        >Die gegenwärtige, Inflation bestimmende Lage ist so einzigartig, dass es m. A. n. nicht möglich ist, DETERMINIERENDE Wirkmechanismen zu bestimmen:

        Eine Pandemieentwicklung, die nicht einschätzbar ist, eine enorme Geldschöpfung, die vor allem durch Fiskalpolitiken in Nachfrage umgesetzt wird und die Energiewende, deren Transformationseffekte nicht vorhersehbar sind.>

        Wenn das so ist, FORDERN Sie etwas, das NIEMAND mit Verlässlichkeit liefern kann.

        Es wird auch weiterhin und vermutlich verstärkt gelten:

        Wir IRREN vorwärts.

    • J
      J sagte:

      Ich studiere VWL seitdem ich 16 bin in Schule und Universität…Ihr Kommentar ist die beste Zusammenfassung der VWL und der Meinungsverschiedenheiten (& Sinnfreiheit)in einem Fach die ich bisher gelesen habe. Danke.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ J

        Meinungsverschieden kann es geben und gibt es in jedem Fach.
        Es MUSS sie auch geben, wenn man die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachtet oder von anderen Prämissen ausgeht.

        Aber erklären Sie doch bitte einmal, was Sie unter SINNFREIHEIT der VWL verstehen.

        Das können Sie doch sicher, wenn Sie sich ein Urteil dazu erlauben.

  2. foxxly
    foxxly sagte:

    wenn die geldmenge stärker steigt, als die gütermenge, dann ist das inflation.
    diese entwicklung haben wir verstärkt etwa ab den 1980er jahren, dann den turbo ab ca 2000, und jüngst nochmals eine beschleunigung.

    diese divergenz ist ungesund, – das weiß jeder.

    dazu kommt systemisch, dass geld ein kredit ist und darauf zinsen zu bezahlen sind. also kredit plus x.
    die zinsen haben mit dem güterwachstum nichts zu tun und deshalb wirkt dies zusätzlich als teuerung.

    aber daraus resultiert die mehrproduktion um die zinsen bezahlen zu können: also den wachstumszwang.

    die inflationsraten über den warenkorb zu bestimmen, sind irreführend, weil zb. mieten und anlage-steigerungen, nicht bzw. nicht ausreichend darin berücksichtigt sind.

    insofern ist die unkomplizierte regel mehr aussagekräftig:
    geldmengenwachstum minus wirtschaftswachstum, ist inflation. hier wären die gesamte wirtschaftsleistung und die steigerung aller finanzkonstrukte mit enthalten.

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Der Unterschied zwischen Summers und Stiglitz (was den Kern der hier wiedergegebenen Auffassungen betrifft):

    Stiglitz:

    >„Wir sollten die derzeitige ‘Inflationsdebatte’ als das betrachten, was sie ist: eine falsche Fährte, die von denjenigen gelegt wird, die die Bemühungen der Regierung Biden zur Behebung einiger der grundlegendsten Probleme der USA zu behindern suchen. Eine erfolgreiche Politik erfordert mehr öffentliche Ausgaben.“>

    Summers:

    >„Third, it is essential to make long-term public investments to increase productivity and enable more people to work. It would be a grave error to cut back excessively on public-investment ambitions out of inflation concerns.>

    Summers bekennt sich klar zu MEHR öffentlichen Ausgaben, diese aber eben in Form von INVESTITIONEN.

    Für Summers gibt es KEINE Inflationsdebatte, wenn es um öffentliche INVESTITIONEN geht.

    Stiglitz will durch seine PAUSCHALE Abwertung der Inflationsdebatte als „falsch Fährte“ davon ablenken, dass wesentliche Teile der Biden-Programme zwar als wünschenswert angesehen werden können, aber die SUMME der Ausgaben eben auch ein Inflationsrisiko mit negativen Implikationen darstellt.

    Er will NICHT darüber diskutieren, was unter dieser Prämisse „erfolgreiche Politik“ sein müsste.

    Stiglitz:

    >„Und selbst wenn der Inflationsdrück wirklich besorgniserregende Ausmaße annehmen sollte, verfügen wir über die Instrumente, um die Nachfrage zu dämpfen.>

    Wo ist sein BEKENNTNIS, dass die Instrumente auch dann eingesetzt werden MÜSSEN, wenn sie u. a. nachteilige Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt hätten?

    Da kommt nichts.

    Wie schon gesagt, Stiglitz ist ein Schwätzer.

    Man kann natürlich bezweifeln, ob Summers richtig liegt mit seinen Ansichten, aber er ist kein Leichtgewicht wie Stiglitz.

    Antworten
    • Rolf Peter
      Rolf Peter sagte:

      “Wie schon gesagt, Stiglitz ist ein Schwätzer.
      Man kann natürlich bezweifeln, ob Summers richtig liegt mit seinen Ansichten, aber er ist kein Leichtgewicht wie Stiglitz.”

      Stiglitz hat in der Forschung Bahnbrechendes geleistet. Er hat in verantwortlichen Führungspositionen bei der Weltbank und der US-Regierung gearbeitet. Schauen Sie sich mal seine Veröffentlichungsliste an. Er hay auch, neben Fachpublikationen, zahlreiche hervorragende Sachbücher fuer ein allgemeines Publikum geschrieben. Wenn er eines kann, dann ökonomische Analyse.
      Der Mann spielt natürlich in einer anderen Liga als die Kralls, Ottes und Stelters dieser Welt. Vielleicht übersteigt das Ihre Auffassungsgabe; es sei Ihnen verziehen. Aber erheben Sie nicht den Anspruch, ernstgenommen zu werden.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Rolf Peter

        Was Stiglitz oder Summers in ihrem akademischen und sonstigen Leben geschrieben haben, steht hier NICHT zur Debatte.

        Denn ich habe gesagt:

        >Der Unterschied zwischen Summers und Stiglitz (was den Kern der hier wiedergegebenen Auffassungen betrifft): … >

        Sie können offensichtlich nicht lesen.

        Gerade DESHALB muss man Sie ernstnehmen – als einen weiteren SCHWÄTZER.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        “Er hat in verantwortlichen Führungspositionen bei der Weltbank und der US-Regierung gearbeitet”

        Puh, das haben Paul Wolfowitz und George W. Bush auch.

        Beides brilliante Denker, nicht wahr?

        Oder sind reine Autoritätsargumente vielleicht doch ein bisschen dumm?

      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        @ R. Ott
        “Oder sind reine Autoritätsargumente vielleicht doch ein bisschen dumm?”

        Ja, sind sie. Ich habe ja nicht geschrieben, weil Stiglitz das alles gemacht hat, hat er recht. Wenn man sich die verlinkten Artikel der beiden durchliest, dann sieht man, dass beide was von der Sache verstehen und klar ökonomisch argumentieren, aber zu unterschiedlichen Schlüssen kommen. Auf wessen Seite man sich stellt, falls man überhaupt Stellung beziehen will, bleibt jedem selbst überlassen.
        Man sollte auch Experten kritisch hinterfragen, absolut. Aber diese DT-Masche, irgendein “Bekenntnis” zu fordern und etwas zu unterstellen, und dann jemand wie Stiglitz zu einem Schwätzer und Leichtgewicht abzustempeln, ist halt einfach heisse Luft, wenn auch mit Inbrunst geblasen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Rolf Peter

        Ich hab anhand des Textes dargelegt, dass Summers öffentliche INVESTITIONEN für so wichtig hält, dass sie auch bei Inflationsbedenken NICHT umfangreich zurückgefahren werden sollten.

        Das ist eine POSITION, die eine fiskalpolitische Handlungsoption präferiert und zwar so entschieden, dass sie dafür dem Ansatz nach AUCH Inflation akzeptiert.

        Wo ist eine VERGLEICHBAR dezidierte Position, die auch eine andere sein könnte, bei Stiglitz?

        Es gibt sie nicht, jedenfalls hier nicht.

        „Wir verfügen über Instrumente“ oder „Der Instinkt, die Inflation zu bekämpfen, ist in die DNA der Notenbanker eingebettet“ sind KEINE Positionen.

        Was es alles gibt an Instrumenten und Instinkten ist jedenfalls keine Aussage darüber, WAS unter welchen BEDINGUNGEN getan werden sollte.

        Stiglitz ist UNVERBINDLICH im Vergleich mit Summers.

        Nehmen Sie doch endlich einmal Stellung zu diesem UNTERSCHIED!

        Sie müssen ja nicht mit Summers Auffassung übereinstimmen, aber wenigsten den QUALITATIVEN Unterschied erkennen – oder ist das zu viel verlangt?

      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        @ DT
        “Sie müssen ja nicht mit Summers Auffassung übereinstimmen, aber wenigsten den QUALITATIVEN Unterschied erkennen – oder ist das zu viel verlangt?”
        Also, erstens wuerde ich persönlich eher Summers Position zuneigen, auch aus zusätzlichen Gründen, nicht nur aus den von ihm genannten. Ich befürchte nämlich, das mit dieser Abhängigkeit des Staates und der Wirtschaft von der Zentralbankfinanzierung und “billigem Geld” irgendwann die Fähigkeit, noch gegenzusteuern verloren geht; jedenfalls wird es nicht mehr funktionieren, ohne tiefe Verwerfungen anzurichten.
        Deshalb muss ich Stiglitz ja nicht beleidigen.
        Auch in dem Aufsatz hier sagt er ja mehr als Sie zitieren. Seine These ist, dass wir noch nicht wissen, ob wir überhaupt auf eine Inflationsphase zusteuern. Er sieht noch zuviel Unsicherheit. Daher kann er nicht sagen, was unter welchen Bedingungen getan werden sollte. Ausserdem verteidigt er ja im Grunde die Biden-Politik, daher muss er auch keine Alternative vorschlagen.
        Letztlich sind das die Positionen:
        Summers: wir bewegen uns auf eine Ueberhitzung zu und sollten schonmal anfangen, gegenzusteuern. Ausnahme: Investitionen.
        Stiglitz: wir wissen noch nicht, ob wir tatsächlich eine Ueberhitzung vor uns haben; zu geringe Nachfrage kann immer noch ein Problem sein. Daher noch nicht gegensteuern; und falls die Ueberhitzung doch kommt, hat die FED die richtigen Instrumente.
        Wie gesagt, ich wuerde der Position von Summers zuneigen, sehe aber In Stiglitz’ Position nichts, was eine derartige Beleidigung rechtfertigen wuerde.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Rolf Peter

        Endlich eine einigermaßen vernünftige Antwort.

        Dennoch:

        >Ich befürchte nämlich, das mit dieser Abhängigkeit des Staates und der Wirtschaft von der Zentralbankfinanzierung und “billigem Geld” irgendwann die Fähigkeit, noch gegenzusteuern verloren geht;>

        Mag sein, ist aber HIER nicht das Thema.

        Es ist die ENTSTEHUNG von Inflation und darüber hinaus nicht die Fähigkeit zur Gegensteuerung, sondern der WILLE ihr gegenzusteuern.

        Summers wird Stiglitz zustimmen, dass die Zentralbank gegensteuern kann.

        Darüber haben sie keinen Disput.

        >Seine These ist, dass wir noch nicht wissen, ob wir überhaupt auf eine Inflationsphase zusteuern. Er sieht noch zuviel Unsicherheit.>

        Stiglitz schließt eine Inflationsphase aber auch NICHT aus und hätte daher sagen MÜSSEN, um mit einer EMPFEHLUNG an die Fed und/oder Politik auf das NIVEAU von Summers zu kommen:

        a) Wenn, an was immer zu bemessen, die Inflation zu sehr steigt, MUSS die Fed versuchen, den Anstieg mit ihrer Geldpolitik zu bremsen (was etwas ANDERES ist, als festzustellen, dass sie die Instrumente dafür hat – warum begreifen Sie das nicht?)

        und/oder

        b) müsste die Fiskalpolitik dies oder jenes tun.

        Stiglitz muss dies nicht KONKRET in $ US oder mit speziellen Maßnahmen benennen, genauso wenig wie sich Summers über die Art der öffentlichen Investitionen auslassen muss, die getätigt werden sollten, aber es MUSS auch nach Stiglitz etwas GESCHEHEN, wenn die Inflation zu sehr steigt.

        Er bekennt sich nicht zu diesem prinzipiellen MUSS, sondern verweist lediglich auf das Instrumenten-Kann und Sie liegen daher falsch mit einem auf konkretes Was abzielendem Tun, das niemand verlangt:

        >Daher kann er nicht sagen, was unter welchen Bedingungen getan werden sollte>

        Wenn die Inflation steigen sollte, ist DIES die Bedingung unter der ETWAS – was auch immer – den Inflationsanstieg Bremsendes getan werden muss.

        >Ausserdem verteidigt er ja im Grunde die Biden-Politik, daher muss er auch keine Alternative vorschlagen.>

        Das verlangt niemand und es wäre neben der Sache in dieser Diskussion, eine Alternative vorzuschlagen.

        Biden darf tun, was er gesetzlich durchbringt.

        Er bzw. die Fed müssen Summers Empfehlungen nicht folgen.

        Aber Stiglitz muss schon zur Kenntnis nehmen, dass Summers kein dummes Zeug redet, sondern dass es reale Sachverhalte sind, auf die er hier verweist.

        Wenn DAHER erhebliche RISIKEN bestehen, die angesichts der vorgesehenen Finanzierungsvolumina – gemessen am Haushaltsdefizit meines Wissen nach WK II so noch nie beschlossen in USA – NICHT abzustreiten sind, dann kann man NICHT sagen, wir wissen ja gar nicht, ob wir überhaupt auf eine Inflationsphase zusteuern.

        Das ist genau die vorherrschende Einstellung, die wir jeden Tag von der Politik hören müssen, aber von Wissenschaftlern NICHT hören wollen:

        Wir kennen die Zukunft nicht und müssen daher auch nicht über sie nachdenken. Es genügt, dass jemand Instrumente hat.

        Stiglitz ist angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, unsäglich beliebig.

        Dies festzustellen, soll eine Beleidigung sein.

        Toll.

    • Thomas M.
      Thomas M. sagte:

      @Hr. Tischer:

      >Sie können offensichtlich nicht lesen.

      Ich denke nicht, dass er Ihren Beitrag inhaltlich gelesen, geschweige denn verstanden hat. Der achtet bekennend mehr auf Lebensläufe als auf Inhalt. Wenn’s mit der Auffassungsgabe nicht zur unabhängigen Analyse und Beurteilung reicht, muss man sich halt am Renommee orientieren. Tja, da sind Sie dann leider raus; da können Sie noch so intelligent analysieren, Herr Tischer ;)

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Thomas M.

        Ja, das ist mein Schicksal.

        Was ich nicht verstehe, vermutlich in diesem Leben auch nie mehr verstehen werde:

        Wenn ich etwas sage bzw. schreibe, biete ich an, DIES zu kritisieren, d. h. zu ergänzen, aus einer anderen Sicht zu bewerten oder es begründend als falsch zu erklären.

        NUR das.

        Wenn jemand dieses Angebot annimmt, erwarte ich, dass er DARAUF eingeht.

        Ist das eine überzogene Erwartung?

        Ich denke nicht.

        Denn im sonstigen Leben geht doch auch jeder auf die Angebote ein.

        Wenn irgendetwas zu, sagen wir, € 22,75 angeboten wird, zahlen die Leute jedenfalls € 22,75 und nicht eine andere Summe, wenn sie darauf eingehen, d. h. dieses Angebot annehmen.

        Selbst an einem Blog wie diesem ist das bei weitem nicht immer so.

        Das ist irritierend, finde ich ;-)

        Auf jeden Fall aber mühsam.

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        @Herr Tischer: Ja, sollte man meinen… Ich hab in den 20+ Jahren der WWW-Nutzung jedenfalls keine positive Entwicklung der Online-Kommunikation feststellen können. Insofern wird es wohl auch weiterhin mühsam und irritierend bleiben…

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @die Herren

        “Entwicklung der Online-Kommunikation”

        Ganz am Anfang, so ungefähr bis Ende der 90er Jahre, war es noch angenehmer, weil der Zugang zum Internet damals so schwierig war, dass die größten Idioten schon an der Aufgabe “online gehen” scheiterten. Dann kam schon AOL, in Deutschland bezeichnenderweise mit Boris Becker (“Ich bin drin – das ist ja einfach!”) als Werbefigur und es ging abwärts.

        Und dann kamen das iPhone und Social Media, und heute kann wirklich jeder mit ein paar Touchscreen-Eingaben seine Arschwackel-Videos hochladen und das sogar noch monetarisieren.

        Da hilft nur, sich eine dicke Haut zuzulegen. Wenn ich mir vorstelle, worüber ich mich im Jahr 2000 im Internet aufgeregt hätte und was ich heute schulterzuckend hinnehme – das Medium ist ein völlig anderes geworden.

  4. Gnomae
    Gnomae sagte:

    “Ohne neue Staatsausgaben könnte die Wirtschaft erneut unter einer unzureichenden Nachfrage leiden.“ – bto: Das glaube ich auch, aber die Frage ist doch, ob nicht dennoch das Risiko besteht, dass die Programme, die ja auf einen Umbau der Wirtschaft zielen, nicht doch inflationär sind.”

    Die Frage der Inflation wird sich nur zeitverzögert zeigen, da staatliche Programme einer Umsetzung bedürfen. Große Infrastrukturvorhaben werden jahrelang bearbeitet, insofern werden die staatlichen Mittel auf der Zeitachse verteilt.

    Das größere Problem bei staatlich induzierten Investitionen zum Umbau der Wirtschaft dürfte sein, dass überteuerte Leistungen erbracht werden von den Konzernen, die z.B. Windkraft etc. errichten. Es geht also primär nicht um die Weltrettung, sondern möglichst viel am Kuchen zu partizipieren. Gemeinschaftliche Schulden der EU werden also wieder im Süden versickern unter dem Deckmantel grüner Energie, der nächste Großbetrug.

    Antworten
  5. foxxly
    foxxly sagte:

    die ganze entwicklung und szenario der ökonomie, gleicht einer analogie von arzt und patient:

    der arzt hält den patienten möglichst lange am leben. ein gesunder mensch bringt dem arzt nichts.
    der patient wird aber im laufe der zeit mit unmegenen an pillen langsam vergiftet.

    es scheint, als würden die menschen/patienten ohne arztbesuch länger leben (zb. in der corona-zeit)

    offensichtlich ist auch niemand interessiert die ökologie von dem “kredit-tumor” zu heilen. (arbeitsleistung ist eine kreditschuld)

    bisher haben alle “systemiker” von ökonomen, keinerelei heilung dieser krankheitsentwicklung “kreditgeldsystem”, bewirkt.
    d.h. sie waren und sind bisher auf dem holzweg!
    die bisher angebotenen lösungen waren sinngemäß: wohin schicken wir den patienen diesmal, – zu welchen röntgen- oder kernspin- geräten etc. – dann die neuerste und unbekannte medizin: akt. gentherapie der menschen bei viruserkrankung: die immunabwehr geht verloren.

    die weltökonomie bleibt ein experimentierfeld, weil wenige davon prächtig verdienen. und weil macht geil ist!

    Antworten
    • weico
      weico sagte:

      @foxxly

      “die ganze entwicklung und szenario der ökonomie, gleicht einer analogie von arzt und patient:

      der arzt hält den patienten möglichst lange am leben. ein gesunder mensch bringt dem arzt nichts.
      der patient wird aber im laufe der zeit mit unmegenen an pillen langsam vergiftet.”

      Richtig !

      Die Arznei in diesem Nullzinsumfeld sind die ANLEIHEN .

      Herr Heinsohn “predigt” dies schon seit Jahren und die Anleihenvolumen geben im Recht.

      Warum die EU so zwanghaft und verzweifelt eine Schuldenunion/gemeinsamen EU-Anleihen will ..hat Heinsohn schon vor 9 Jahren ,in folgendem Artikel, aufgezeigt.

      https://www.welt.de/debatte/article109259707/Statt-eines-echten-Euro-gibt-es-17-Waehrungen.html

      Man am Ende des Artikels :
      Der Autor hat mit Otto Steiger (1939-2008) zwischen 1997 und 2003 in mehr als 30 Artikeln die Besicherungs -Unterschiede zwischen den Emissionsbanken des Euro als seine Achillesferse identifiziert.

      Nebenbei:
      Es sei auch nochmals auf folgendes “Schuldenparadox” hingewiesen:
      https://www.cmegroup.com/de/education/featured-reports/the-economic-stimulus-relief-debt-paradox.html

      Antworten
  6. Tom96
    Tom96 sagte:

    “Nun müssen wir überall mehr investieren. Die Frage ist nur, wie wir das machen und finanzieren.” BTO

    Hierzu der Hinweis auf einen beliebten Podcaster (vor Herrn Stelter im Ranking) der eine jüngere Sichtweise und Zielgruppe hat, aber die oben zitierte Frage ganz dezidiert analysiert und beantwortet : dezentral und durch die einzelnen Menschen, die den Aufwachungsprozeß für eine wirtschaftliche Kick Off Phase und Technologie Push Up aus der total untergehenden gescheiterten Systemideologie leben.
    Bitte als Angebot den eigenen Horizont, wie ein ergänzendes wunderschönes Kartenwerk unserer Wirtschaften auf der Erde sehen/versuchen:
    “Wie wird die neue Welt aussehen – Verbinde die Punkte”
    https://youtu.be/8N0OH8XUP6g
    Wird Realwirtschaft kreditiert, die entsprechende Wertberichtigungen sowohl aktivseitens bei Anlagevermögen als passivseitens mit korrespondierenden Verbindlichkeiten abschreibt und ausbucht, löst dies die Inflation/Deflation Scheindiskussion auf, wie Prof. Richard Werner zeigt.
    My Inflation is my deflation of lifetime.

    Antworten
  7. Susanne Finke-Röpke
    Susanne Finke-Röpke sagte:

    bto: “Das Risiko ist groß, dass schlechte „Investitionen“ getätigt werden, die eben nicht den Charakter von Investitionen haben, sondern von Konsum.”

    So ist es. Und der Hintergrund ist auch nicht verwunderlich. In einer Zeit, in der Sänger, Sportler, Börsenmakler oder Topmodels als berufliches Vorbild (und auch so bezahlt werden!) gelten, während qualifizierte Handwerker nicht aufzutreiben sind, hat Biden ein Riesenproblem. Schön ist dabei das Gespräch mit Personal- und Immobilienverantwortlichen deutscher Konzerne in den USA. Die USA brauchen einfach viel mehr Leute, die ganz normale Berufe in einem ganz normalen Industrieland lernen wollen und können. Schwarzmalerei? Vielleicht, aber wer das Straßensystem, die Eisenbahnen, die Brücken, die Qualität vieler Immobilien, die öffentliche Infrastruktur von staatlichen Schulen über Stromleitungen, Wasserwerken bis zu den Stadtbüchereien in den USA so ansieht, kann sich des Eindrucks denke ich nicht erwehren, dass die Prioritäten vieler Leute an der falschen Stelle liegen.

    Die Gefahr ist groß, dass mit den staatlichen Geldern Konzerthallen, Theater, Sportarenen, Philosophiefakultäten und Genderprofessuren ausgebaut werden, während die reale Eisenbahnbrücke über den nächsten Fluss so bleibt wie sie ist und der Physiksaal in der öffentlichen High School um die Ecke wieder nicht renoviert wird..

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Frau Finke-Röpke

      “Und der Hintergrund ist auch nicht verwunderlich. In einer Zeit, in der Sänger, Sportler, Börsenmakler oder Topmodels als berufliches Vorbild (und auch so bezahlt werden!) gelten, während qualifizierte Handwerker nicht aufzutreiben sind, hat Biden ein Riesenproblem.”

      Raten Sie mal, wer in den meisten US-Bundesstaaten die am besten bezahlten öffentlichen Angestellten sind.

      Es sind Football- oder Basketballtrainer für die Universitätsmannschaften:

      https://deadspin.com/infographic-is-your-states-highest-paid-employee-a-co-489635228
      (die hübsche Grafik basiert auf den 2013er Zahlen, aber grundsätzlich geändert hat sich seitdem nichts)

      So sehen die Prioritäten aus.

      Antworten
      • Susanne Finke-Röpke
        Susanne Finke-Röpke sagte:

        @Herrn Richard Ott:

        Ich bin ja schon froh, dass der Dekan der medizinischen Fakultät oder der Präsident eines Colleges auch mal über einem Coach steht. Dachte schon, solche Bundesstaaten gibt es gar nicht mehr.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        Angesichts der Einkommensentwicklung im Profisport seit 2013 würde ich schätzen, dass solche Bundesstaaten immer seltener werden. Sich die Daten zusammenzusuchen, ist aber ziemlich mühsam, die einzelnen Bundesstaaten rücken die Informationen immer erst auf Anfrage heraus…

    • foxxly
      foxxly sagte:

      @ s finke-röpke
      …..wer will noch diese “niederen” arbeiten verrichten, und dabei eine familie nur mühsam über die runden zu bringen?
      zu einen falschen geldsystem kommt die verteilungsfrage der vorandenen einkommenressourcen, dazu.

      der wirkliche sozial-neid liegt in den höheren schichten, weil den unteren schichten ein gutes gehalt nicht gegönnt wird.

      wie wäre es damit:
      die gewinne werden nur dann nach oben umverteilt, wenn es den unteren schichten gut geht?
      da bliebe immer noch einiges übrig!

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Susanne Finke-Röpke

      >bto: “Das Risiko ist groß, dass schlechte „Investitionen“ getätigt werden, die eben nicht den Charakter von Investitionen haben, sondern von Konsum.”

      So ist es.>

      Ich stimme Ihnen voll zu und füge an:

      Mit Blick auf die in USA wie bei uns unabwendbar vorangetriebene Energiewende wird gerade in Deutschland gewaltig investiert werden und zwar in den ABBAU produktiven Sachkapitals und in den AUFBAU von neuem, das hoch subventioniert als „Rendite“ den Verzicht auf gewohnten Konsum erzwingen wird.

      Dies wird u. a. dazu führen, dass die eingeforderten bzw. eingeklagten Finanzierungserfordernisse die kontinuierliche Staatsverschuldung nicht nur ungebrochen in die Höhe treiben, sondern in letzter Konsequenz ÜBERWIEGEND der Alimentierung arbeitslos werdender Menschen und anderer dienen wird.

      Denn anders bekommt man nicht die demokratisch legitimierte Akzeptanz zum Umbau der Wirtschaft – wenn man sie denn ab einem Punkt überhaupt noch bekommt.

      Das on top der unabhängig davon weiter steigenden Sozialleistungen.

      Ich verweise auf das gestrige höchstrichterliche Urteil zu den Pflegekosten, das den Sozialstaat, der kompensierend eingreifen muss, weiter aufblähen wird.

      Antworten
      • Thomas v ZH
        Thomas v ZH sagte:

        Dazu sei auch noch angemerkt, dass für viele Familien die Pflege zu Hause damit finanziell nicht mehr zu stemmen ist, somit mehr Alte in die Pflegeheime müssen die den Altenpflegekonzernen natürlich Umsatz und Profit bescheren.
        Ob das im Sinne der betroffenen ist?
        Oder der ausländischen häuslichen Pflegerinnen? Ein weiterer Zwang hin zum Markt.

  8. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: “Wir erleben in der deutschen ökonomischen Debatte immer wieder, dass Ökonomen sich gegensätzlich zu Themen äußern. Und dies erwartbar: der prominente Marcel Fratzscher immer auf Linie der SPD, zunehmend der Grünen, andere eher in Richtung Union. Leider, ohne mit Beipackzettel und Warnhinweis versehen zu sein.”

    Wir sollten ein Gesetz verabschieden, dass die Ökonomen dazu verpflichtet, die Namen der Geldgeber für ihre “Forschungen” als Aufnäher auf ihrer Kleidung anbringen zu lassen. So ähnlich wie das die Sponsoren auf den Overalls von Formel-1-Fahrern oder auf den Trikots von Radrennfahrern schon aus kommerziellem Interesse machen, weil die ja gesehen werden wollen und sich nicht verstecken möchten.

    https://www.diw.de/de/diw_01.c.598936.de/seiten/ueber_uns.html#c_598932

    Mit einem dicken “Die Bundesregierung”-Logo auf der Brust und den Länderemblemen am Kragen und auf den Ärmeln würde sich niemand mehr wundern, wenn Fratzscher mal wieder ein Loblied auf die Regierungspolitik anstimmt…

    Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        Die nicken die Regierungspolitik mittlerweile genauso ab wie ihre DIW-Freunde. Wo erkennen Sie da noch wesentliche Kritik?

        Die Kontroversen in nebensächlichen Details (aber niemals an der grundsätzlichen Strategie) sollen die Illusion eines offenen Diskurses erzeugen, das hat schon Noam Chomsky vor Jahrzehnten schön formuliert:

        “The smart way to keep people passive and obedient is to strictly limit the spectrum of acceptable opinion, but allow very lively debate within that spectrum — even encourage the more critical and dissident views. That gives people the sense that there’s free thinking going on, while all the time the presuppositions of the system are being reinforced by the limits put on the range of the debate.”

      • Susanne Finke-Röpke
        Susanne Finke-Röpke sagte:

        @Herrn Richard Ott:

        Wesentliche Kritik kam auch früher nicht. Selbst Prof. Sinn, der kritischer war als Prof. Fuest, hat nie den Dexit gefordert oder die Wiedereinführung der D-Mark. Die wirkliche Kritik kam immer von den in den Universitäten totgeschwiegenen Vertretern der österreichischen Schule, den Goldbugs und von den politischen Outlaws wie z.B. in den letzten Jahren der AFD oder früher von den Republikanern. Das war und ist auch nicht zu erwarten. Wes´Brot ich ess´, des Lied ich sing´, galt immer schon. Wer den Staatsbüttel macht, muss entweder mitsingen oder gehen. Wobei ich Herrn Fuest wesentlich leichter ertrage als Herrn Fratzscher und das habe ich denke ich mit vielen hier gemeinsam, nicht zuletzt mit Herrn Dr. Stelter.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        “Wobei ich Herrn Fuest wesentlich leichter ertrage als Herrn Fratzscher und das habe ich denke ich mit vielen hier gemeinsam, nicht zuletzt mit Herrn Dr. Stelter.”

        Ja, das stimmt schon, aber gerade verglichen mit Sinn finde ich den Fuest schon sehr lau.

        Da hinterlassen die Weihnachtsvorlesungen von Sinn ja mehr Eindruck als die tägliche Arbeit von Fuest übers ganze Jahr hinweg. Ich kann mich an keinen einzigen öffentlichen Auftritt von Fuest und keine markante These erinnern, der plätschert immer so vor sich hin.

      • Susanne Finke-Röpke
        Susanne Finke-Röpke sagte:

        @Herrn Richard Ott:

        Natürlich können Sie sich nicht an Herrn Fuest erinnern, deswegen hat man ihn ja ausgewählt. Man wollte einen stillen Forscher und keinen politischen Querulanten wie Herrn Prof. Sinn, der ja seine Berufung noch vor den Dammbrüchen der EZB erhalten hat, als die Union und die SPD noch eine seriöse Geldpolitik unterstützt haben. Die Politiker sind doch nicht blöd und fangen sich einen zweiten Sinn ein. Das wäre ja, wie wenn Herr Weidmann als Bundesbankpräsident abgesetzt würde und durch einen jungen Karl Otto Pöhl ersetzt werden würde. Never ever, solange diese Währung und die EU existieren.

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