So teuer wäre es, wenn die EU ­ (oder Teile) zerfiele

Eine ausgesprochen interessante Frage werfen Professor Felbermayr und Kollegen in einer Studie auf: Was wäre, wenn die EU zerfiele? Zurzeit schaut die EU ja angesichts der Art und Weise, wie die Briten den Brexit managen und dank dem Einstieg in die Transfer- und Schuldenunion, stabilisiert aus. Aber, die Probleme gären weiter und es darf niemanden verwundern, wenn die nächste Krise nur einer Frage der Zeit ist. Nach Italien nehme ich nunmehr auch die Niederlande ganz nach oben auf meine Liste der potenziellen Austrittskandidaten.

  • Economists have regularly assessed the economic consequences of undoing Europe, or, conversely, the benefits of maintaining or deepening the EU. (…) By now, 27 countries form the EU (EU27). Nineteen of them are members of the European Monetary Union. Twenty-two EU members participate in the Schengen Agreement, where they are joined by some, but not all, members of the European Free Trade Association (EFTA). Three of the four EFTA members, in turn, have joined the EU27 in forming the European Single Market. Moreover, the EU27 members’ budgets are linked through fiscal transfers, they form a Customs Union, and the EU as a legal entity has signed numerous regional trade agreements (RTAs) with countries all over the world. Therefore, a reversal of any or several steps of integration would affect European countries very differently.“ – bto: Vor allem wäre es sehr kompliziert.
  • A second source of complexity relates to the economic nature of integration. Over decades, deeply intertwined production processes in Europe and beyond have emerged, connecting firms from different sectors and countries. Hence, the economic effects of reversing an agreement would not be confined to its members, but would spill over to other countries along the demand and supply linkages that form the European and international production network.“ – bto: Auch das ist natürlich eine durchaus gewollte Komplexität der Integration, weil dies dem Anspruch nach Unumkehrbarkeit dient.
  • The estimated costs of a reversal of European integration are large, but vary greatly across agreements. Membership in the Single Market brings about 8 percentage points lower (non-tariff) trade costs in manufacturing and a 31 percentage points trade cost saving in services. Membership of the euro area yields trade cost savings of about 2 percentage points in goods and about 10 percentage points in services trade. The evaluation of the Schengen Agreement is more involved – how bilateral trade costs between two countries are affected depends on whether the transit countries between them are Schengen members (Felbermayr et al. 2016, 2018). Accounting for this complication, we find that abolishing border controls at one border reduces trade costs by 3 percentage points for goods and by 5 percentage points for services.” – bto: Wir sehen aber ganz klar, dass der Nutzen vor allem im gemeinsamen Markt liegt, nicht so sehr in der gemeinsamen Währung. Vor allem berücksichtigen die Einsparungen im Handel nicht die negative Wirkung des Euro auf die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Staaten.
  • The simulated consequences of the trade cost hikes on trade and production in Europe are huge. Table 1 shows that a reversal of all agreements (Scenario ‘All (1)-(5)’) would slash intra-EU trade by almost 40%, compared to a 3% decline in exports to non-EU countries. Production and consumption in Europe are depressed; output falls by 7%, domestic sales (unaffected by trade cost increases!) drop by 3%. Higher border costs in Europe also destroy value chains. European value added in domestic sales drops even more than domestic sales as foreign sources become more competitive.“ – bto: Auch hier ist es interessant zu sehen, dass die Auflösung des Euro längst nicht so negative Folgen hätte.

Table 1 Aggregate agreement-specific and cumulative output and export effects

  • „(…) the net effect of the sectoral adjustments resulting from undoing Europe is deindustrialisation: manufacturing in the EU loses about 0.2 percentage points of its share in total value added in the baseline simulation.” – bto: Das dürfte vor allem mit den Ecomomies of Scale zu tun haben.
  • A complete breakdown of the EU would generate statistically significant real consumption losses for all EU members(see Table 3). Small open countries such as Malta, Luxembourg, Belgium, and Ireland would lose 20%, 19%, 12%, and 11%, respectively; larger countries such as Germany, France and Italy would lose 5%, 4%, and 4%, respectively. The least exposed EU country is Greece (-3%). Besides the small open economies, younger and poorer EU members from central and Eastern Europe have the most to lose. Being disproportionately reliant on demand from Europe and, compared for example to Germany, being less integrated in international production networks with global players such as China and the US, border barriers to intra-EU trade are hitting these states disproportionally hard.“ – bto: Irgendwie hätte man das auch erwartet. Gerade für kleinere Länder ist der Effekt größer.

Table 3 Agreement-specific and cumulative real consumption losses from reversing the European Integration (in %)

  • Putting an end to within-EU budget transfers creates further pain for the new EU members, slashing additional 7 percentage points (7 percentage points, 6 percentage points, 5 percentage points, 55 percentage points) off of real consumption in Hungary (Lithuania, Bulgaria, Latvia, Poland) (see Table 3, Column titled “Difference (6)-(5)”).“ – bto: Klar, Polen ist einer der größten Profiteure der EU.
  • Conversely, ending transfers reduces the losses from a reversal of the steps of integration for net contributors like Germany, Sweden, Austria and Finland and brings positive terms of trade effects. Yet, these positive effects are an order of magnitude smaller than the losses associated with re-establishing the border barriers in Europe.“ – bto: Auch das kann nicht so sehr überraschen.

Man kann es aber auch anders darstellen:

Das liest sich dann so: Deutschland zahlt netto ein, deshalb ein negativer Wert von 0,2. Umgekehrt haben wir einen Nutzen aus dem Binnenmarkt etc., der sich in einem Wohlstandsgewinn von 5,2 Prozent gegenüber Situation ohne Binnenmarkt etc. niederschlägt. Meine These wäre dann, dass es in jenen Ländern, wo der Nutzen relativ zum eigenen Beitrag gering ist, die Bereitschaft zum Ausscheiden im Zuge von politischen und wirtschaftlichen Problemen am größten wäre. Italien sticht hier neben Spanien heraus. Großbritannien hatte gemäß diesen Daten den geringsten Nutzen aus dem Binnenmarkt.

Auffällig auch: Der Binnenmarkt ist entscheidend, nicht der Euro.

voxeu.org:”Complex Europe: Quantifying the cost of disintegration”, 6. September 2020

Kommentare (40) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dr Stefan Lehnhoff
    Dr Stefan Lehnhoff sagte:

    Eine ganz interessante akademische Fingerübung, aber nicht mehr.
    Nachkommastellen ohne Konfidenzangabe?
    Wie soll das ernsthaft berechnet sein.
    Und was genau ist die Vergleichsteferenz?
    Was ist mit dem gewaltigen Potenzialen aus der Anschaffung der Eurokratie?
    Allein die Kosten für Politiker und Beamte plus die Kosten für überwiegend schlechte Regulierung der letzten 20 Jahre schätze ich auf einen Konsum bzw Effizienzgewinn von 20% oder mehr.
    Und dann hat ja auch niemand was gegen eine Zollunion z. B.
    Ambesten treten ALLE aus und der Laden wird neu gegründet- mit ordentlichen Subsidaritäten, einer gemeinsamen Armee, einem tatsächlich demokratischen Parlament und sehr schlanken Befugnissen.
    Ok, ich sollte jetzt wieder aufwachen.

    Antworten
    • Rolf Peter
      Rolf Peter sagte:

      “Was ist mit dem gewaltigen Potenzialen aus der A[b]schaffung der Eurokratie?”

      Die EU-Kommission beschäftigt ungefähr soviele Leute wie die Stadtverwaltung von München. Dazu kommen zwar noch die anderen Organe und EU-Einrichtungen, aber so gross ist die Bürokratie nicht.
      Im übrigen müssten die Aufgaben dann woanders gelöst werden durch andere Bürokratien, die dann auch nicht unbedingt weniger Leute benötigen.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        “Die EU-Kommission beschäftigt ungefähr soviele Leute wie die Stadtverwaltung von München.”

        Die Beamten der EU-Kommission sind deutlich teurer als die Mitarbeiter der Stadtverwaltung von München. Und dabei erbringt die Stadtverwaltung von München tatsächlich nützliche Dienstleitungen, zum Beispiel bei der Instandhaltung von öffentlichen Gebäuden in kommunaler Trägerschaft.

        Die hochbezahlten EU-Beamten produzieren bürokratischen Schwachsinn wie diesen hier:

        https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2008:040:0017:0025:DE:PDF
        “Veröffentlichung eines Eintragungsantrags nach Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EG)
        Nr. 509/2006 des Rates über die garantiert traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln

        (…)

        Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels, das den unter Ziffer 3.1 angegebenen Namen führt
        Die „Pizza Napoletana“ STG ist eine kreisförmige Backware mit variablem Durchmesser von höchstens 35 cm mit erhabenem Teigrand (cornicione) und mit Belag bedecktem Inneren. Das Innere ist 0,4 cm dick, wobei eine Toleranz von ± 10 % zulässig ist, der Teigrand ist 1-2 cm dick. Die Pizza ist insgesamt weich und elastisch und lässt sich leicht wie ein Buch zusammenklappen.
        Die „Pizza Napoletana“ STG hat als Merkmal einen erhöhten Teigrand mit einer für Backwaren typischen goldbraunen Farbe. Sie ist beim Anfassen und im Biss weich; ihr Inneres hat einen Belag, auf dem das Rot der perfekt mit dem Öl vermischten Tomate und, je nach verwendeten Zutaten, das Grün des Oregano und das Weiß des Knoblauchs ins Auge fallen; ebenso das Weiß der Mozzarella in mehr oder minder dicht beieinander liegenden Flecken und das durch das Garen mehr oder weniger dunkle Grün der Basilikumblätter. Die Konsistenz der Pizza Napoletana muss weich, elastisch und biegsam sein. Das Erzeugnis ist beim Schneiden weich, hat einen charakteristischen angenehmen Geschmack durch den Teigrand, welcher den typischen Geschmack von gut gegangenem und ausgebackenem Brot hat, kombiniert mit dem säuerlichen Geschmack der Tomate, dem Aroma von Oregano, Knoblauch oder Basilikum und dem Geschmack der gebackenen Mozzarella. Die Pizza verströmt nach beendetem Garungsprozess einen charakteristischen aromatischen Duft. Die Tomaten geben nur das überschüssige Wasser ab und behalten ihre dichte Konsistenz. Die „Mozzarella di bufala campana DOP“ oder die „Mozzarella STG“ ist auf der Pizza-Oberfläche geschmolzen. Basilikum, Knoblauch und Oregano entwickeln ein intensives Aroma und sehen nicht verbrannt aus. (…)”

        Die Pizza ist nur dann gut, wenn der Belag nicht verbrannt aussieht. Hätten Sie es ohne EU gewusst?

        Seit ich diesen EU-Rechtsakt kenne, habe ich beim Italiener auch immer einen Messschieber dabei, um zu kontrollieren, ob die Pizza Napoletana auch tatsächlich die von der EU definierte Dickentoleranz von 0,4 +/- 0,04 mm einhält…

  2. Rolf Peter
    Rolf Peter sagte:

    Solch eine Analyse mag zwar fuer gewisse Zwecke interessant sein, sie kann aber den Nutzen der EU nicht wirklich beschreiben. Statt dessen müsste ein Vergleich zwischen dem Ist-stand mit EU und einem Zustand, wie er heute herrschen wuerde ohne EU, durchgeführt werden. Dieser hypothetische Zustand waere aber durch einen blossen Wegfall bestimmter institutionellen Rahmenbedingungen, die die EU vorgibt, nicht zutreffend beschrieben.
    Statt dessen hätten sich die Staaten Europas ohne die EU völlig anders entwickelt. Diese hypothetische Entwicklung kennen wir nicht. Ich bezweifle aber, dass sie Deutschland auch nur annäherungsweise den Frieden und Wohlstand ermöglicht hätte, die die Deutschen heute genießen. Dasselbe gilt fuer die meisten anderen Europäer.
    Da die meisten Leute diese Einsicht demonstrieren, bin ich in Bezug auf die weitere Entwicklung der EU optimistisch.

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    • Felix
      Felix sagte:

      Wir haben durchaus Vergleiche. Europa hat sich ohne Euro und mit EWG gut entwickelt und stünde heute vermutlich ebenfalls besser da, als mit mehr Bürokratie, mehr zentralen Entscheidungen, die sich nicht mit den Haltungen der Bürger decken, und mit einer Kunstwährung, die die meisten Menschen ruiniert.

      Antworten
      • markus
        markus sagte:

        @Felix:
        Europa der pre 90er soll mit danach verglichen werden? Das ist ja wie Äpfel mit Birnen vergleichen.

    • Alexander
      Alexander sagte:

      @Rolf Peter

      Ganz richtig.

      Am Nutzen eines einigen Europa gibt es so geringen Zweifel wie am Nutzen gemeinsamer Märkte ohne Grenzen. Die Euroeinführung ohne politische Union war der Fehler der die Kritik jetzt gegen jene Politiker und Vertreter der Brüsseler Kommission zielrichtet, die ihre Fehler endlos zu prolongieren versuchen. Im Gegenteil erscheinen immer mehr Massnahmen immer weniger mit der europäischen Idee des Nachkriegseuropas zu tun zu haben.

      Kurios, dass man mit Kriegsgefahr für diese EU wirbt um gleichzeitig die Nachkriegslehren zu vergessen. Man zündelt eifrig an seinen Grenzen….

      Wäre Europa seinem Kurs ohne Euroeinführung treu geblieben, hätte es weder einen Brexit gegeben noch die ökonomischen Ungleichgewichte, die jetzt die Überlebenfähigkeit in Frage stellen.

      Ganz sicher benötigt Europa das Ende dieser EU+Euro, denn die angesammelten Aparatschicks stehen der Entwicklung schon länger im Weg.

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Rolf Peter

      >Solch eine Analyse mag zwar fuer gewisse Zwecke interessant sein, sie kann aber den Nutzen der EU nicht wirklich beschreiben.>

      Die Analyse ist NICHT für gewissen Zwecke interessant, sondern für einen sehr BESTIMMTEN und zudem noch RELEVANTEN Zweck, nämlich die Beantwortung der folgenden Frage:

      Wenn die ALTERNATIVE ist, die EU aufzulösen, was wären die FOLGEN, falls sie aufgelöst würde?

      Was der NUTZEN der EU ist oder – möglicherweise – auch der SCHADEN, wenn es sie nicht gäbe, ist eine andere Frage, die eine ANDERE Analyse für die Beantwortung bräuchte.

      >Statt dessen müsste ein Vergleich zwischen dem Ist-stand mit EU und einem Zustand, wie er heute herrschen wuerde ohne EU, durchgeführt werden.>

      Nicht „stattdessen“ – das ist Ihr Ausweichmanöver, weil für Sie die Auflösung der EU keine Alternative ist.

      Man könnte VERSUCHEN, einen derartigen Vergleich durchzuführen.

      Es wäre KEIN Vergleich mit belastbaren Ergebnissen, weil ein Zustand „wie er heute herrschen würde ohne EU“ ein Counterfactual ist, das auf Annahmen beruhen müsste, die mangels einer Prallelentwicklung WILLKÜRLICH sein würden.

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      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        Ok, mein Punkt war eigentlich, wenn die EU aufgelöst wuerde, dann hat man nicht nur als Ergebnis den Ist-Zustand minus EU-Einrichtungen mit mehr Kosten beim grenzüberschreitenden Verkehr und Handel und anderen Transaktionskosten. Sondern man legt auch den Grundstein fuer eine komplett neue Dynamik im Umgang der Staaten miteinander und gegeneinander. Diese Dynamik ist unvorhersehbar, und wenn man deu europ. Geschichte betrachtet, kann Krieg nicht ausschliessen. Dass jeder, der die Aufloesung der EU ins Auge fasst, diese Entwicklung ausschliesst, liegt an mangelnder Lernfähigkeit und der Unterschätzung von Risiken mit kleine Wahrscheinlichkeit aber grossen Auswirkungen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        “Diese Dynamik ist unvorhersehbar, und wenn man deu europ. Geschichte betrachtet, kann Krieg nicht ausschliessen. Dass jeder, der die Aufloesung der EU ins Auge fasst, diese Entwicklung ausschliesst, liegt an mangelnder Lernfähigkeit und der Unterschätzung von Risiken mit kleine Wahrscheinlichkeit aber grossen Auswirkungen.”

        Wer sollte nach einer Auflösung der EU denn zum Beispiel einen hypothetischen Krieg der alten “Erbfeinde” Deutschland und Frankreich konkret auskämpfen?

        Die Generation der heute 15- bis 30-jährigen ist dazu viel zu klein und wird sich dazu unmöglich motivieren lassen. Die bekommen ja schon Angstzustände, wenn sie an den “Klimawandel” denken oder das WLAN nicht funktioniert. Da ist es ja plausibler, sich vorzustellen, dass der (dank der EU-Interventionspolitik in Syrien angeheizte) Krieg zwischen Kurden und Türken auch auf Deutschland übergreift und dann von den hier lebenden Migranten und Doppelstaatlern mit entsprechenden ethnischen Hintergründen ausgefochten wird.

      • ruby
        ruby sagte:

        @ Rolf Peter
        Die Natur besteht aus leben und sterben, Gut & Böse.
        Niemand auch keine Entität wie EU oder Kapitalismus/Kommunismus kann dieses Aufhebungsversprechen geben – es ist Einbildung.
        Zählen Sie die Toten und Zerstörungskosten der Kriege der EU Staaten. Für mich die Abschreckung, der Selbstbetrug schlecht hin.

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Rolf Peter

        Der vertragsfreie Brexit ist ein BS-Test gegen die leukämische EU, welche den BS-Test der Migranten von Moria gerade unter Führung von Merkel/Seehofer/Söder/Genderlingen verliert.

        Dieselbe EU, der die Osterweiterung nicht weit genug nach Osten geht, tauscht im Umkehrschluß Kesselflicker aus Rumänien und Alt-Kommunisten für die Kommission gegen die britische Krone einfach so ein?
        Man zweifelt an russischem Gas und votiert zuletzt für US fracking Energie – aus der gleichen Umweltliebe, wie man heimische Schlüsselindustrien mit Grenzwerten tracktiert, als ob es MMT Alternativen zur Finanzierung von Staatsausgaben gäbe.

        Anders als in der vergangenen europäischen Geschichte mangelt es heute nicht nur an Wehrwilligkeit sondern an Wehrtüchtigkeit. Polizeigewalt gegen Wehrlose täuscht über die allgemeine hedonistische Feigheit.

        Eine zerfallende EU behält natürlich das Beste aus Egoismus = den gemeinsamen Markt, nur ohne gemeinsame Währung. Die Entschuldung kommt über neue Währungen und streift die Lasten / Personal / Strukturen der Vergangenheit einfach ab. Das machen die “Jungen” zulasten der “Alten” – ganz ohne Krieg.

        “Wer die Kinder hat dem gehört das Land” – Gunnar Heinsohn.

    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Rolf Peter

      “Statt dessen hätten sich die Staaten Europas ohne die EU völlig anders entwickelt. Diese hypothetische Entwicklung kennen wir nicht. Ich bezweifle aber, dass sie Deutschland auch nur annäherungsweise den Frieden und Wohlstand ermöglicht hätte, die die Deutschen heute genießen. Dasselbe gilt fuer die meisten anderen Europäer.”

      Wieso? Die Schweiz ist beispielsweise nicht in der EU, war trotzdem seit 1945 an weniger Kriegen beteiligt als Deutschland.

      Antworten
      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        Die Schweiz war auch vor 1945 an weniger Kriegen beteiligt, insbesondere nicht als wesentlicher Mit- bzw. Hauptverantwortlicher. Daher gab es aus Sicht der anderen europ. Staaten kein Schweiz-Problem, wohl aber ein Deutschlandproblem. Und das hätte natürlich deren Handeln in irgendeiner Weise anders beeinflusst ohne EU als mit EU. Ich schätze mal, nicht unbedingt zum Vorteil der Deutschen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        “Daher gab es aus Sicht der anderen europ. Staaten kein Schweiz-Problem, wohl aber ein Deutschlandproblem. Und das hätte natürlich deren Handeln in irgendeiner Weise anders beeinflusst ohne EU als mit EU. Ich schätze mal, nicht unbedingt zum Vorteil der Deutschen.”

        Das “Deutschlandproblem” nach 1945 wurde dadurch gelöst, dass Deutschland geteilt wurde und BRD und DDR wiederbewaffnet und in die beiden großen Militärbündnisse NATO und Warschauer Pakt integriert wurden.

        Selbst ohne EWG ode EG (die ja erst nach dem Ende des Kalten Krieges zur EU ausgebaut wurde) hätte es nach 1945 keinen neuen Krieg gegeben, bei dem die Aggression von irgendeinem Teil Deutschlands ausgegangen wäre. Der Angriffsbefehl wäre in jedem Fall entweder aus Washington oder aus Moskau gekommen.

  3. Bauer
    Bauer sagte:

    Diese Studie ist interessant, nützlich und willkommen, keine Frage. Ob sie jedoch Wirkung entfalten wird, ist zu bezweifeln. Denn dazu ist sie zu abstrakt. Die Bürger der EU-Partner werden sich an wesentlich konkreteren und ihnen näher liegenden Kriterien richten, um das Spiel zu beenden. Der Schuh meines Nachbarn drückt mich nicht, obwohl er sichtlich nicht passt, aber mein eigener wäre da schon aktueller.

    Im übrigen ist vorstellbar, die EU in Etappen abzuwickeln, um nicht alle Probleme am selben Tag am Hals zu haben. Der Anfang könnte damit gemacht werden, den Euro-Ländern die Einführung nationaler Quasiwährungen (scripts, bots, usw.) zu gestatten und den Euro nur mehr international zu benutzen.
    Damit würden nationale Auf-/Abwertungen marktgerecht möglich, was allemal besser ist als solche am Verhandlungstisch nach Brüsseler Muster festzulegen.

    Antworten
  4. Arda Sürel
    Arda Sürel sagte:

    Eine Analyse der Kosten des teilweisen oder vollstaendigen Zerfalls der EU und hier vor allem des Euro Raumes muss den Aspekt betrachten, wie mit Euro-Schulden, die zum Zeitpunkt des Zerfalls gegeben sind, verfahren wird.

    Nach Zerfall des Euro Raumes sind neue Waehrungen einzuführen. Da es den Euro nicht mehr geben wird, ist die Frage, wie die Altschulden umgerechnet werden. Waehlt man Umrechnungskurse bei denen man davon ausgeht, dass sie zu gleichgewichtigen Leistungsbilanzen führen, werden die Waehrungen der verschuldneten Südstaaten allein schon wegen der Rückzahlung der Altschulden unter Abwertungsdruck stehen.

    Soll eine Altschuld zum Kurs des Wiedereinführungszeitpunktes zurückgezahlt werden, verliert die neue Südwaehrung bis zur Faelligkeit an Wert, und der nordeuropaeische Glaeubiger muss genau diejenige Abschreibung vornehmen, vor der ihn die deutsche Politik seit 2008 zu schützen versucht.

    Soll eine Altschuld zum Kurs der Südwaehrung bei Faelligkeit der Altschuld zurückgezahlt werden, wird dies viele südlaendischen Altschuldner, deren Umsaetze in neuer Waehrung geschehen, deren Schuldendienst aber in Fremdwaehrung stattfindet, den Kopf kosten und wieder muss der nordeuropaesche Altglaeubiger Forderungen abschreiben. In jedem Fall wird es massiven Schaden geben.

    Ich vermute, dass ein grosser Teil sowohl der privaten Altschuldner als auch Altglaeubiger einen solchen Prozess nicht überleben werden und dass diejenigen Kosten des EU-Zerfalls, die auf der Rückzahlung von Euro-Altschulden basieren, die im Text analysierten Kosten massiv übersteigen.

    Antworten
    • ruby
      ruby sagte:

      @ Arda Sürel

      Ein Euro-Altschulden-Sondervmögen zur jederzeitigen Ausschüttung in der neuen souveränen Eigenwährung zu bringen ist endlich die Gestaltungsgrundlage, den Unternehmen zur Binnenwirtschaftforcierung startende Finanzierungsmittel in die Bilanzen einzubuchen.
      Rückladendotierung bis der Währungskurs genau paßt.

      Antworten
  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Der Binnenmarkt ist entscheidend, nicht der Euro.>

    Das ist eine analytische Betrachtung.

    Die reale:

    Der Euro ist ENTSCHEIDEND.

    Denn wenn der Euro zerfällt, dann – höchst wahrscheinlich – zerfällt AUCH die EU und damit der Binnenmarkt.

    Er kann und wird sich dann vermutlich in anderer Form „reorganisieren“, aber erst NACHDEM er zerfallen ist.

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @Herrn Tischer:

      Das ist nach meiner Kenntnis sogar juristisch so, dass der Euro nur durch einen Austritt á la Vereinigtes Königreich abschaffbar wäre. Art. 48 und 50 EUV geben das m.E. so vor, aber da bräuchten wir einen Mitforisten mit vertieften juristischen Kenntnissen der EU.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Selig

        Das ist tatsächlich so, für einen separaten Euro-Austritt bei gleichzeitigem Beibehalt der Mitgliedschaft in der EU gibt es in den Verträgen keine Rechtsgrundlage. Diese Handlungsoption gibt es also nicht, solange die Verträge nicht geändert werden. Entweder Euro behalten oder komplett raus aus der EU.

        Die austretenden Staaten haben abre natürlich schon vor oder während ihres Austritts die Möglichkeit, miteinander Freihandelsabkommen oder andere multilaterale Verträge vorzubereiten oder abzuschließen, falls gewollt gültig ab Datum der Rechtswirksamkeit des EU-Austritts, um den die Mechanismen vom “EU-Binnenmarkt” soweit wie sie es wollen zu replizieren.

  6. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Auch das ist natürlich eine durchaus gewollte Komplexität der Integration, weil dies dem Anspruch nach Unumkehrbarkeit dient.”

    Die Unumkehrbarkeitstheorie ist einfach nur Unfug, war sie schon immer. Man betrachte Jugoslawien, die Tschechoslowakei, die UdSSR, Korea vor 1953, Bangladesh 1971, Pakistan 1947,Norwegen 1905, Zypern, Jemen, Mazedonien, usw. usf. Nur eine weit überlegene, zu allem bereite Armee kann eine auseinanderstrebende Ein- oder Mehrvölkergemeinschaft daran hindern, sich zu trennen, wenn die Quote der Trennungswilligen nur groß genug ist; Währungen und Gesetze schaffen das nicht. Derzeit exemplarisch zu sehen in Hongkong, den Uiguren, Tibet, Taiwan oder bei den Kurden.

    Und jetzt haben wir in dieser Aufzählung nicht Staatenbünde wie die EU, sondern echte Nationalstaaten.

    Das Gegenteil ist richtig: wer den Nationalstaat zugunsten einer Supernation EU abschaffen will, braucht entweder den Rückhalt der Bürger oder er geht langfristig unter. Dazu muss man überzeugen, nicht tricksen. Sonst entsteht nur Widerborstigkeit, die das Gegenteil bewirkt. Und das sehen wir nicht nur beim Brexit, sondern an zahllosen Wahlentscheidungen.

    Selbstvermeintlich “stabile” Nationalstaaten sind hier nicht ungefährdet, wie die frühere Lega Nord, die Katalanen in Spanien, die Basken, die belgischen Flamen oder die Nordiren alleine im EU-Europa gezeigt haben. Auch Parteien wie die FN, AFD, FPÖ, Wahre Finnen, Fratelli d´Italia, etc. stehen bereit, die EU bei Bedarf zu beenden.

    Es bleiben nur drei Dinge: Vertrauen schaffen, Vertrauen schaffen, Vertrauen schaffen. Eine Transferunion in der aktuellen Form schafft dieses Vertrauen m.E. nicht.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Wolfgang Selig

      >wer den Nationalstaat zugunsten einer Supernation EU abschaffen will, braucht entweder den Rückhalt der Bürger oder er geht langfristig unter.>

      Das ist auch meine Meinung.

      Notwendiges Kriterium für den Rückhalt der Bürger ist ZUNEHMENDER Wohlstand bzw. erfahrbare Sicherung GEGEN abnehmenden Wohlstand.

      Eine Transferunion in der aktuellen Form schafft weder das eine noch das andere – und damit längerfristig auch nicht das Vertrauen in sie.

      Das Gespenstische der Großveranstaltung EU:

      Es wir uns VORGEGAUKELT, dass wir mit der EU auf dem Pfad zu Wohlstandsgewinnen sind, während sie DE FACTO erhalten werden muss, um die Wohlstandsverluste zu vermeiden, die bei ihrer Auflösung entstehen würden.

      Ein abenteuerlicher Selbstbetrug.

      Antworten
    • Bauer
      Bauer sagte:

      @ W. Selig

      Es ist zu ergänzen: Jugoslawien. Das war nie ein richtiger Nationalstaat, sondern ein aus dem Ende des WW II geborenes Zweckgebilde, das nur Josip Tito zusammenzuhalten wusste. Und in sofern der der EU am ähnlichsten liegende Fall. Bei erster Gelegenheit fiel es auseinander. Die Folgen, ein Bürgerkrieg, dessen Folgen uns noch heute beschäftigen, wird der EU aber wahrscheinlich erspart bleiben, ganz einfach, weil hier nicht mehr soviel Waffen aus WW II herumliegen.

      Antworten
      • RaS
        RaS sagte:

        @ Bauer
        Der letztendliche Verfall “Jugoslawiens” war wohl eher der Erfolg verdeckter Kriegsführung des Imperiums, der in einem weiteren völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gipfelte, das Ganze “garniert” mit reichlich Uranmunition (deadly Dust, depleted Uranium). Ein widerliches Kriegsverbrechen bei dem D unter Führung von Schröder und dem olivgrünen Fischer ganz vorne mit dabei waren.
        Einzelheiten finden sie z.B. hier: https://www.youtube.com/watch?v=IYtl7tbtWqQ
        und/oder suchen sie nach der ARD-Doku “Es begann mit einer Lüge”.

      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ RaS

        Schon richtig, aber Sie beschreiben die Geschichte nachdem die Teilstaaten sich auseinanderdividiert und durch ethnische Säuberungen die latenten Spannungen befeuert haben.

      • RaS
        RaS sagte:

        @ Bauer
        Das wurde von langer Hand vorbereitet und nicht in ein paar Monaten, schauen sie sich den Vortrag an….da geht man auch auf die “ethnische Säuberung” ein.

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @RaS:

        Ich bin zu Jugoslawien kein Experte, ja kann nicht einmal bruchstückhaft die Landessprachen bzw. serbokroatisch. Aber was ich kenne sind die Äußerungen von nach Mitteleuropa immigrierten Bürgern unterschiedlicher Landesteile, die natürlich nicht repräsentativ sind, und die unfassbar lange Geschichte. Und die Argumente lauten im Großen und Ganzen so (manches ist nicht ganz ernst gemeint):

        Serben: eine Unverschämtheit von den Nordjugoslawen, unpatriotisch das Land zu separieren und zu zertrümmern. Außerdem wollten die Kroaten auch noch alles privatisieren, der Leistungsdruck ist danach wirklich gemein geworden. Und dann noch die unverschämte Nato-Luftwaffe – Sauerei! Und dann war ich auch noch so blöd und habe als erste Frau eine Kroatin geheiratet. Ich will mich nicht mehr aufregen, ich geh jetzt fischen…

        Kroaten: die Serben lebten auf unsere Kosten und transferierten (man beachte die Wortwahl analog zu Transfers in der EU nach Südeuropa!) Kapital von uns ohne Gegenleistung zu ihnen nach Belgrad, weil sie an den Schaltstellen der Politik, des Militärs und der Verwaltungen saßen. Ohne Serben sind wir wohlhabender, die sind gut draußen, die sollen endlich etwas Vernünftiges arbeiten. Wir haben technisch und handwerklich viel mehr auf dem Kasten als die und außerdem ist unser Teil der Adria sowieso der schönste… Hast Du eigentlich ein Boot? Mein Außenborder hat satte 90 PS, der fährt Dich in Nullkommanix zur Insel rüber, wir haben da einen Grillplatz…

        Slowenen: So schlecht waren die Österreicher in der KuK-Zeit für uns nicht. Bitte lasst uns wieder mit den Österreichern und Italienern zusammenarbeiten, aber ohne die anderen Jugoslawen. Na ja, die Kroaten würden wir tolerieren, solange sie uns in Ruhe lassen. Magst a Schluckerl Wein? Mein Schwager macht den selbst, ein Traum…

        Bosnien-Herzegowina: keine große eigene Meinung, die kroatischen Bosnier stimmen mit den Kroaten, die serbischen Bosnier mit den Serben. Die Muslime hoffen nur, kein Pogrom erleben zu müssen, das ist schon die halbe Miete für sie. Man wird genügsam in der Diaspora und hält oft den Mund…

        Kosovo-Bürger: Wie die Anhänger der Bayernpartei, nur hoch 3. Mia san mia, nur sprachlich albanisch. Außerdem sehr findig bei der Suche nach Erwerbsmöglichkeiten, aber mit ganz eigenen Vorstellungen von Ehre, Geschlechterrollen und Familie, die null kompatibel mit Nord-Jugoslawen sind. Claudia Roth hätte zu vorgerückter Stunde je nach Alkoholgenuss in einer Diskussionsrunde ihre helle Freude an jeder Debatte zur Rolle der Frau im 21. Jahrhundert…

        Nord-Makedonien: Davon habe ich nur einen in meinem Leben kennengelernt und er war ein bisschen wie Alexis Sorbas von Nikos Kazantzakis. Irgendwie griechisch und irgendwie nicht, aber gefühlt schon kein echter “Slawe” mehr oder vielleicht doch? Keine Ahnung.

        Was will ich damit sagen? Mit der von Ihnen genannten “verdeckten Kriegsführung des Imperiums” mag es schon seine Richtigkeit haben, aber wenn Sie glauben, ausländische Mächte können an den internen Differenzen einer solchen Vielvölkergruppe mehr als nur oberflächlich etwas ändern, täuschen Sie sich meines Erachtens gewaltig. Das geschichtliche Wissen des jugoslawischen Durchschnittsbürgers dürfte das des durchschnittlichen Nato-Offiziers gerade im Hinblick auf Ex-Jugoslawien deutlich übertreffen. Schön zu sehen, wenn man mal vermeintlich gebildete Akademiker aus den USA nach Slowakei und Slowenien befragt und gerade einen Globus oder eine Europakarte zur Hand hat. Auch die Verwendung der Begriffe “Südosteuropäer” oder “Balkan” kommt je nach Teilgruppe mehr oder weniger gut an. Natürlich reichte bei diesem überdehnten Luftballon ein einziger Nadelstich für eine Explosion, aber gegen die Jahrhunderte der Vorgeschichte war die CIA nur der Auslöser, der mit einem kräftigen Niesen die Lawine auslöste. Entscheidend war, dass das “politische Schneebrett” vorher schon bereitet war.

        Und hier kommt der Zirkelschluss zur EU. Den Austritt der Briten verhindert gerade – richtig, gar niemand mehr. Und den Zerfall der EU bzw. des Euro kann ebenfalls niemand aufhalten, wenn die Herde ins Laufen kommen sollte, was bei jeder Art von Sozialismus wegen drohender Pleite (“to run out of other peoples money”) der Fall ist. Warten Sie mal ab, wenn die Ratingagenturen Deutschland wegen seiner vielen Transfers und Haftungserklärungen herabstufen oder in Franreich der RN gewinnt oder was auch immer an “Schwarzen Schwänen” passiert. Dann wird sich ja zeigen, was supranationale Bekundungen wirklich wert sind. Wir hatten in 70 Jahren Europäischer Einigungsprozess noch keine einzige echte Bewährungsprobe. Aber die kommt durch Migration, Demografie, Geldpolitik und den Rückzug der USA auf sich selbst.

        Ja, ich weiß, das ist alles nicht repräsentativ und persönlich gefärbt und so weiter und so fort. Aber ich denke, ganz so weit von der Realität sind meine in Jahrzehnten gesammelten Eindrücke auch wieder nicht.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Wolfgang Selig

        >Wir hatten in 70 Jahren Europäischer Einigungsprozess noch keine einzige echte Bewährungsprobe.>

        So ist es, zum einen.

        Zum anderen:

        Da ist der mit einem Wohlstandsversprechen bzw. Wohlstandserwartungen versehen Europäische Einigungsprozess, dem zufolge keine Abstriche an den Ansprüchen vorgenommen werden müssen.

        Man kann angesichts der TATSÄCHLICHEN wirtschaftlichen Entwicklung an den Fingern einer Hand abzählen, dass dies NICHT zusammenpasst.

        Da wir – die Europäer – aufgrund FEHLENDER Konflikterfahrung mit der Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit NICHT konstruktiv werden umgehen können, ist ein SCHEITERN der Eurozone/EU unvermeidbar.

        Jeder klar denkende Mensch, der die realen Sachverhalte wahrnimmt und sich nicht von schicksalsergebener Schönrednerei blenden lässt, kann zu KEINER anderen Einschätzung kommen.

      • RaS
        RaS sagte:

        @ W.Selig
        “… war die CIA nur der Auslöser, der mit einem kräftigen Niesen die Lawine auslöste. Entscheidend war, dass das „politische Schneebrett“ vorher schon bereitet war. ”

        Ja, wenn die verschiedenen Völker/Ethnien sich eh nicht leiden konnten, geht das natürlich vollkommen in Ordnung, seine Geheimdienste in fremde Länder zu schicken, und die Leute gegeneinander aufzuhetzen und das Land zu zerstören. Das hatte ich ganz vergessen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @RaS

        Welche Aktivitäten hat die CIA denn konkret in Jugoslawien Anfang der 90er Jahre durchgeführt? Gibts dazu schöne Quellen?

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @RaS:

        Damit will ich die US-Geheimdienste auf keinen Fall heilig sprechen oder deren Fehltritte entschuldigen, aber versuchen Sie einfach mal als Gedankenmodell, die CIA würde die Hessen gegen die Niedersachsen aufzustacheln versuchen oder die Brandenburger gegen Mecklenburg-Vorpommern. Sie würde einfach scheitern. Alternativ in Österreich die Steiermark gegen Kärnten oder in der Schweiz Graubünden gegen das Tessin, in Frankreich die Normandie gegen die Bretagne oder in Italien die Lombardei gegen Venezien. Es würde nicht klappen, selbst wenn jeder CIA-Mitarbeiter auf dem Globus dort eingesetzt werden würde.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Selig

        “versuchen Sie einfach mal als Gedankenmodell, die CIA würde die Hessen gegen die Niedersachsen aufzustacheln versuchen oder die Brandenburger gegen Mecklenburg-Vorpommern. Sie würde einfach scheitern.”

        In Syrien hat es aber funktioniert. Es ist ja nun auch nicht so, dass die CIA-Agenten bloß mit Moralappellen ankommen, die haben auch palettenweise frisch gedruckte US-Dollar dabei.

        Hier ein Artikel aus dem Jahr 2015:

        “The House Intelligence Committee recently voted unanimously to cut as much as 20 percent of the classified funds flowing into a CIA program that U.S. officials said has become one the agency’s largest covert operations, with a budget approaching $1 billion a year. (…) At $1 billion, Syria-related operations account for about $1 of every $15 in the CIA’s overall budget, judging by spending levels revealed in documents The Washington Post obtained from former U.S. intelligence contractor Edward Snowden.”

        https://www.washingtonpost.com/world/national-security/lawmakers-move-to-curb-1-billion-cia-program-to-train-syrian-rebels/2015/06/12/b0f45a9e-1114-11e5-adec-e82f8395c032_story.html

        1 Milliarde US-Dollar waren vor dem Krieg übrigens ungefähr 2% der syrischen Wirtschaftsleistung. Was glauben Sie, wie viel Chaos Sie in Deutschland anrichten könnten, wenn Sie pro Jahr 2% der deutschen Wirtschaftsleistung (das wären immerhin 90 Milliarden US-Dollar) ausgeben können, um Extremisten oder vielleicht auch nur ein paar kriminelle Clans mit Waffen zu versorgen und ihnen Sold zu zahlen?

        Jugoslawien 1991 war sicherlich eher mit Syrien vergleichbar als mit Deutschand – in beiden Fällen handelt(e) es sich um religiös und ethnisch inhomogene Staaten mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Problemen. Da haben es fremde Mächte relativ leicht, wenn sie das Land destabilisieren wollen.

        “Italien die Lombardei gegen Venezien”

        Vorsicht mit Italien-Vergleichen! Wenn es so weiter geht, könnte Venezien von ganz alleine seine Unabhängigkeit erklären.

      • RaS
        RaS sagte:

        @ W. Selig
        “versuchen Sie einfach mal als Gedankenmodell, die CIA würde die Hessen gegen die Niedersachsen aufzustacheln versuchen oder die Brandenburger gegen Mecklenburg-Vorpommern. Sie würde einfach scheitern.”

        Denken Sie diesbezüglich vielleicht etwas flexibler: In Serbien hat man soweit ich mich entsinne die Spaltung anhand der Religion (als “Spaltpilz”) durchgeführt (unter Beteiligung der Werbe-/PR-Agentur Ruder Finn). Religion ist zum Spalten sehr “beliebt” und effektiv. Heute nimmt “man” zur Spaltung “Ersatzreligionen” wie “CO2/Klima” oder “Corona”; und daß das klappt, kann man schwer leugnen. Die Kernfrage, die sich hier stellt ist: wer ist hier “man”? Darüber sollte sich jeder mal Gedanken machen.
        Weiterer Gedanke: In Serbien hat man sich u.a. einer PR-Agentur bedient, heute hat “man” eine ganze Medien-Armada. Frage: Wer steuert/wem gehören diese Medien?
        Schauen Sie diesbezüglich aktuell auch mal nach USA (bald Bürgerkrieg?).
        Was die Medien betrifft finden Sie Infos z.B. hier: swprs.org

        Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die “Spaltung” Deutschland vs Rußland, die seit über hundert Jahren von den USA betrieben wird (auch wieder hochaktuelles Thema):
        “Also das urzeitliche, urweltliche Interesse der Vereinigten Staaten, wofür wir seit Jahrhunderten die Kriege führten – erster und zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg – waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann, und unser Interesse war es, daß das nicht geschieht. Für die vereinigten Staaten ist die größte Urangst, daß deutsches Kapital und deutsche Technologie und die russischen Rohstoffe und die russische Arbeitskraft sich zu einer einzigartigen Kombination verbinden, die den USA seit Jahrhunderten unheimlich die Angst einjagt. Also wie kann man das erreichen, daß diese (deutsch-russische) Kombination verhindert wird? Die USA haben ihre Karten auf dem Tisch offengelegt: Das ist die Linie zwischen Baltikum und dem Schwarzen Meer.” Georg Friedman, April 2015.

  7. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: “Meine These wäre dann, dass es in jenen Ländern, wo der Nutzen relativ zum eigenen Beitrag gering ist, die Bereitschaft zum Ausscheiden im Zuge von politischen und wirtschaftlichen Problemen am größten wäre. Italien sticht hier neben Spanien heraus.”

    Nehmen wir mal an, die Zahlen stimmen – was ich nach den nicht eingetroffenen Brexit-Weltuntergangsprognosen schon mal skeptisch sehe weil der Nutzen der EU aus politischen Gründen gerne größer gemacht wir als er tatsächlich ist. Dann kommt mir beim Anschauen des letzten Diagramms noch eine ganz andere teuflische populistische Querfront-Idee, die wahrscheinlich links und rechts große Sympathien abräumen wird:

    Wieso zwingen wir die Briefkastenfirmenstaaten und Schlüsselstandorte der globalen kreativen Steuergestaltung Irland, Luxemburg und Malta nicht zu viel höheren Beiträgen zur EU oder alternativ zu Änderungen ihrer konzernfreundlichen Steuergesetzgebung (was die Steuereinnahmen in den anderen EU-Ländern erhöhen würde)?

    Die können ja gerne aus der EU austreten, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen…

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @Herrn Ott:

      Sie fragen: “Wieso zwingen wir die Briefkastenfirmenstaaten und Schlüsselstandorte der globalen kreativen Steuergestaltung Irland, Luxemburg und Malta nicht zu viel höheren Beiträgen zur EU oder alternativ zu Änderungen ihrer konzernfreundlichen Steuergesetzgebung (was die Steuereinnahmen in den anderen EU-Ländern erhöhen würde)?”

      Weil sie dann aus finanziellen Gründen austreten müssen und werden. Sie nehmen dem Souverän bzw. dem von ihm demokratisch gewählten Parlament faktisch die Entscheidungshoheit über das Haushaltsrecht und damit die Existenzberechtigung, um die diese Länder sowieso immer heimlich bangen (im Gegensatz zu großen Ländern). Das ist für ein kleines Land der Untergang, denn Luxemburg kann problemlos nach Belgien, Malta nach Italien und Irland in das Vereinigte Königreich integriert werden. Verwaltungstechnisch. Sprachlich. Geographisch.

      Theoretisch.

      Den Widerstand, den Sie aber damit produzieren, sollte man nicht unterschätzen. Beim Kampf David gegen Goliath ist letzterer so gut wie nie der Sympathieträger. Nur zu, wenn Sie Europa wirklich zerlegen wollen, denn als Nächstes werden sich Belgier, Österreicher, Dänen, Finnen, Portugiesen, Bürger von Andorra, San Marino, Zypern, Liechtenstein, der Schweiz, den Färöer, den baltischen Staaten, Slowenen usw. fragen, wann sie unfair geschluckt werden sollen. Willkommen in der EMU, der Europäischen MisstrauensUnion, in der der Steuerwettbewerb auch noch verboten werden soll, nachdem schon andere Wettbewerbsgedanken beerdigt worden sind…

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Selig

        “Beim Kampf David gegen Goliath ist letzterer so gut wie nie der Sympathieträger.”

        Das glaube ich auch. Aber wie kommen Sie auf die Idee, dass im “Kampf” zwischen ihrer örtlichen Buchhandlung (die ungefähr 30% Steuern auf ihre Gewinne zahlt wenn sie als GmbH organisiert ist und keine internationalen Steueroptimierungsmodelle nutzt, wofür sie sowieso viel zu klein ist) und Amazon (effektiver Steuersatz auf Gewinne global 1,2% im Jahr 2019) ausgerechnet die Seite von Amazon-Luxemburg diejenige ist, wo die “Kleinen” stehen?

        ” Willkommen in der EMU, der Europäischen MisstrauensUnion, in der der Steuerwettbewerb auch noch verboten werden soll, nachdem schon andere Wettbewerbsgedanken beerdigt worden sind”

        Was soll das für ein “Steuerwettbewerb” sein, bei dem kleine Unternehmen viel höhere Steuern auf ihre Gewinne zahlen müssen als Großkonzerne, was die Märkte, auf denen die Konzerne agieren, immer weiter in Richtung von Monopolstrukturen umorganisiert?

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @Herrn Ott:

        Grundsätzlich gebe ich Ihnen recht, aber jetzt steigen wir tief in die Materie OECD-Doppelbesteuerungsabkommen, internationale Verrechnungspreise, Außensteuergesetz, Dutch Sandwich, Double Irish, usw. ein.

        Kurz und knapp ohne Details: es bleibt ein Spagat. Sie können natürlich national etwas unternehmen, die Buchhandlung ist ein gutes Beispiel, aber faktisch bietet jedes Land irgendwelche Schlupflöcher, von Delaware in den USA für alle bis zur Reeder”schein”besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland oder den 13a EStG für Landwirte. Aber Sie springen m.E. zu kurz, denn es ist kein steuerliches Problem, sondern ein außenpolitisches.

        Entweder Sie wollen die europäische Kooperation, dann müssen Sie den kleinen Ländern ein Goodie geben, oder Sie fahren die nationale Schiene und spielen sie ungewollt automatisch einfach an die Wand. Denn das Ganze ist nichts anderes als eine versteckte Transferzahlung, die der Bürger nicht merken soll, weil sie privatwirtschaftlich organisiert ist, und die geht so:

        Ihr, liebe Malteken, Luxemburger, Iren, seid eigentlich zu klein, weswegen kein einziger Konzern sich bei Euch ansiedeln würde. Die Mindestmasse für eine vernünftige Technische Universität bekommt Ihr auch nicht gebacken und Großforschungseinrichtungen könnt Ihr Euch auch nicht leisten. Ihr könnt die Touristen bewirten und den gebildeten Teil Eurer Jugend zu uns schicken, davon haben wir eh zu wenige. Ach so, dann macht Ihr politisch und finanziell die Grätsche? Okay, direkte Transfers machen unsere Bürger nicht mit und deprimiert außerdem Eure Bürger, dann machen wir es halt anders. Wir dulden Eure Steuervergünstigungen und Ihr bekommt einen Teil unserer Arbeitsplätze dauerhaft in Eure durchgängig strukturschwachen Gebiete, die Ihr sonst nicht schaffen könntet. Eure Bürger glauben, es sei ihre eigene tolle Leistung, Eure guten Jugendlichen bleiben zu Hause und unsere Bürger durchschauen das internationale Steuerrecht noch weniger als das nationale, dann gibt es keinen Ärger mit unseren gesellschaftlichen Gruppen. Okay? Dafür stimmt Ihr aber in der EU, der Nato, der UNO und in anderen Organisationen so wie wir es vorschlagen, Ihr habt sowieso keine große Alternative. Abgemacht? Dann ist ja alles prima. Die paar Meckerer über Steueroasen von der linken Seite bei uns sitzen wir mit einer Backe ab, die will irgendwann keiner mehr hören.

        So ungefähr stelle ich mir das vor und ich glaube, ich liege da nicht weit weg von der Realität, wenn ich diverse Biographien von Spitzenpolitikern Europas korrekt verstanden habe. Und daher meckere ich auch nicht dagegen an, denn die einzig sinnvolle Alternative wäre ein rigoroser Rückbau der Staatsquote in Europa und dafür ist die Risikoaversion der heutigen Bürger in allen Ländern viel zu groß, mit Einschränkungen bei den Schweizern, die da noch etwas selbstständiger denken. Aber der Rest…

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