Setzt die Kapitalflucht aus China ein?

Eine wichtige Frage im Handelsstreit zwischen den USA und China dürfte die weitere Entwicklung der Wechselkurse sein. Sollte der chinesische Renminbi abwerten, würde das die USA sicherlich erneut verstimmen. Umgekehrt könnte eine Abwertung die Folgen der Strafzölle mindern. Beobachter schauen dabei besonders genau auf Hongkong. Dort spielt sich ein guter Teil ab und der Stadtstaat hat noch eigene Probleme mit der Bindung an den US-Dollar:

  • “Regulators in Hong Kong are increasingly nervous about the accelerating pace of capital outflows (…) fearing a wave of financial turbulence that could jeopardize the hub’s longstanding dollar peg. The Hong Kong dollar has fallen to a 33-year low and is testing the limits of the enclave’s currency board regime. The Hong Kong Monetary Authority has been forced to intervene twice over the last week.” – bto: was aber auch mit den Problemen in Hongkong selbst zu tun hat.
  • “Net outflows from China through the Shanghai – Hong Kong pipeline jumped to a four-year high of $1.6bn on Tuesday, the largest one-day exodus since China’s exchange rate crisis in 2015. Once it reaches Hong Kong it is being recycled rapidly across the rest of the world. The moves suggest that foreign funds are rushing to extract money from Chinese equities after being caught badly off guard by the Trump Administration’s latest volley of tariffs. The Shanghai Composite index has fallen by 12pc over the last two weeks.” – bto: Das zeigt, dass die Märkte gesamthaft dem Thema nicht die richtige Bedeutung geben.
  • “Chinese companies saddled with $840bn of onshore dollar debt have also been scrambling to raise money in US currency to avert potential defaults. This has led to the biggest one-week yuan slide in almost a year, (…) The strains are clearly visible in the crypto-currency market, still a vehicle for disguised capital flight despite curbs by Chinese regulators. Bitcoin has jumped 40pc since Friday to 8,170. It has doubled since late April.” – bto: Vielleicht ist es auch der Treiber für die höhere Goldnachfrage? Auf jeden Fall gibt es gute Gründe für die Investoren, aus China heraus zu verlagern, wenn sie es noch nicht getan haben.
  • “Bank of America’s latest survey of global fund managers found that investors have begun to focus on a possible rupture of Hong Kong’s dollar peg, (…) that has withstood everything thrown at it since 1965. (…) Hong Kong has ample foreign exchange reserves but intervention entails monetary tightening, a nasty side-effect at a time when the overheated property market is already buckling (…) The Bank for International Settlements says Hong Kong’s ‘credit gap’ was running at over 30 percentage points of GDP above its long-term trend in 2017 and early 2018. (…) The BIS says a persistent gap above 10 points spells trouble.” – bto: Das Problem bei solchen Analysen ist immer das Timing. Richtig ist aber, dass sich hier etwas zusammenbrauen könnte.
  • “Any distress in Hong Kong could have systemic implications for Asia and global finance. (…) The enclave’s banking system is 8.3 times GDP, much like Ireland before it blew up in 2008.” – bto: Das klingt für mich nach einer relativ sicheren Wette.
  • China hingegen kann die Kapitalflucht noch weitgehend steuern und bekämpfen. Das dürfte auch noch einige Zeit gut gehen. Doch: “George Magnus from Oxford University’s China Centre said the country is likely to face a slow-burn crisis. Domestic financial assets are rising by 10pc a year but reserves are static at around $3 trillion, ineluctably eroding the reserve cover of financial system. At some point in the next three to four years we should expect China’s peg to break – and spectacularly,‘ he said.” – bto: Nur wenn das ohnehin droht, warum nicht jetzt als Waffe einsetzen im Kampf mit den USA?

→ telegraph.co.uk: “Hong Kong sounds the alarm on Chinese capital flight”, 14. Mai 2019

Kommentare (4) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      Geht mir genauso wie Brad Setser. Mir fehlt für Alarmismus über die allgemeinen Weltprobleme hinaus der zündende Moment in obigem Artikel.

      Antworten
  1. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine schlüssige Erklärung für die Kapitalflucht geben kann.

    Im Augenblick ist in China zu viel im Fluss.

    Einerseits ist vom Kampf gegen die USA die Rede, andererseits konsumieren die Chinesen offensichtlich wie verrückt westliche Güter.

    Hier ein Eindruck, wie unstimmig die Situation ist bzw. wie konfus:

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/der-handelsstreit/huawei-gruender-ueber-den-handelsstreit-und-die-marken-der-usa-16200647.html?printPagedArticle=true – pageIndex_0

    Interessant, dass auch in China von Populismus die Rede ist und davon, dass die Regierung ihn anheize.

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    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Tischer

      “Interessant, dass auch in China von Populismus die Rede ist und davon, dass die Regierung ihn anheize.”

      Gähn. Mal wieder der Kampfbegriff. Immerhin war es selbst der merkeltreuen FAZ dann doch zu blöd, die chinesische Regierung als “rechtspopulistisch” zu bezeichnen. Aber ich bin mir sicher, dass man die Kampagne als klimafreundlichen Aufruf zum Kauf lokaler chinesischer Produkte loben würde, wenn in China nur eine dezidiert grünkommunistische Partei herrschen würde. ;)

      Ich denke, die chinesische KP wird durch den Handelsstreit noch mehr Investitionen in China forcieren, möglicherweise zeitweise auf Kosten des Konsums, wenn die Verschuldungskapazität nicht ausreicht, um beides gleichzeitig zu betreiben. Die Chinesen begreifen gerade durch die Huawei-Ausbootung auf den westlichen Märkten, dass sie ihre eigene Chipindustrie und Mobiltelefon-Komponentenindustrie noch viel weiter entwickeln müssen und auch ein eigenes Smartphone-Betriebssystem und eine Plattform für die Distribution von Apps brauchen.

      Keine Ahnung ob es funktionieren wird, aber es ist ein viel interessanteres Projekt als noch irgendwo eine Stadt in China aus dem Boden zu stampfen, mit neuen Wohnimmobilien, in denen dann einstweilen doch niemand einzieht.

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