Schulden, Schulden, Schulden

Die Auswirkungen der Aktienrückkäufe habe ich heute Morgen erläutert. Hier noch mal die Dimensionen der Unternehmensverschuldung in den USA. Zerohedge.com kommentiert ein paar Charts:

  • “(…) according to Goldman, stock buybacks and dividend payments a main reason for future S&P 500 upside are now expected to account for a whopping 48% of total shareholder payouts in 2017, representing 48% of the total cash spent by S&P500 firms in the next year, and the most since 2007.Buybacks alone are expected to amount to 30% of this $2.6 trllion in cash outlays (boosted by Trump’s repatriation tax holiday) or a massive $780 billion, an increase of 30% compared to 2016.”  bto: Das sind erschreckende Zahlen. Das viele Geld der Fed dient nicht zu Investitionen in der Realwirtschaft, sondern nur zur Finanzierung von Financial Engineering zugunsten der Finanzwelt. Von Bankern bis zu CEOs. Weshalb die Unternehmen Geld, das sie aus dem Ausland im Zuge einer “Steueramnestie” von Trump zurückholen, ebenfalls mehr für Aktionäre ausgeben dürften, als für Investitionen. Oder eben für die Tilgung von Schulden.

Quelle: Goldman, Zero Hedge

  • “Goldman explicitly called the upcoming debt-funded stock repurchasing frenzy, one set to match the highet on record, a bubble:
    • Aggregate leverage currently sits at 1.7x, but if we normalize EBITDA, it is closer to 2.0x (ex-energy), which is a level typically associated with high yield credit. With corporate borrowing costs still near the lowest levels on record (despite the recent move up in interest rates), we think the market has been relatively sanguine about the risks associated with the build-up of debt.
    • Companies paid out 145% of their net income in 2015 (nearly double 2010’s levels) while asset age on a median basis has increased to over 7 years and leverage has nearly doubled.” bto: Wahnsinn! Das ist schlecht für die Realwirtschaft und die Unternehmen und hat nichts mit echter Wertschaffung zu tun.

Quelle: Goldman, Zerohedge

  • “However, the one bullet which in a time when rates are again expected to rise sharply, is the most critical of all, was the following:
    • Corporate debt levels have more than doubled since 2007 and 2016 is on pace for another record year of Investment Grade issuance. Interest expense is up a more modest 40% as the cost of debt has fallen from near 6% to less than 5% at the end of 2015.  bto: Danke an die Notenbanken, die hier geholfen haben.

Quelle: Goldman, Zero Hedge

  • “The chart above shows that at the croporate level the biggest risk is that interest expense payments, shown by the gray line which is a function of the average interest rate, jumps sharply as it catches up to the dark blue line, the relentless, record increase in total debt, which has been the biggest catalyst for both the historic increase in stock buybacks and, by implication, the record level in the S&P 500.” bto: Deshalb werden sie nur kurz steigen und danach deutlich sinken, um den Schaden zu begrenzen. Bis zum nächsten Mal.

bto: Deutlicher kann man nicht zusammenfassen, was in der Wirtschaft und an den Märkten falsch läuft.

→ Zero Hedge: “What The Worst Bond Rout In 15 Years Means For Stocks”, 19. November 2016

Kommentare (10) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Felix Kurt
    Felix Kurt sagte:

    Diejenigen, die über Aktienkäufe Eigenkapital/Risikokapital zur Verfügung stellen, sollen selber entscheiden, wie sie allokieren! Das Geld steht ja dann auch für andere Unternehmen/eine neue Allokation zur Verfügung. Oder es wird weniger risikoorientiert angelegt, was dann das Gesamtrisiko auch verringern könnte.

    Wenn die (Eigen-)Kaptialgeber zu dem Schluss kämen, das ein Unternehmen wegen Aktienrückkäufen zu risikoreich finanziert ist/zu wenig Eigenkapital hat, dann würde der Aktienkurs auch nicht steigen, sondern er müsste um den Riskoabschlag fallen. Also sind wir wieder bei der Allokationsfunktion der Finanzmärkte und ihrer Eigenschaft als Seismographen für finanzielles Risiko. Die Auswirkungen auf die Einschätzungen von Rating-Agenturen analysieren die Unternehmen ebenfalls nur zu gut.

    Zu der Textstelle: „Companies paid out 145% of their net income in 2015 (nearly double 2010’s levels) while asset age on a median basis has increased to over 7 years and leverage has nearly doubled.“

    Wenn, z.B. wegen nicht voll ausgelasteter Kapazitäten weniger investiert wird – und sei es vorübergehend bis die vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ökonomisch sinnvoll nutzbar sind – und als Folge den Kapitalgebern das jetzt gerade nicht sinnvoll investierbare Geld (aus Sicht der Unternehmen) zurückgegeben wird, dann kann entweder
    a) eine sinnvollere Allokation durch die Kapitalgeber erfolgen, was auch gesamtwirtschaftlich c. p. positiv und wachstumsfördernd ist (weil ja andere Verwendungsmöglichkeiten durchaus offen stehen, denn diese beschränken sich ja nicht nur auf genau diese Aktien zurück kaufenden Unternehmen), oder
    b) der Konsum erhöht werden, was auch ein Wachstumsbeitrag ist,
    c) auf Seiten der Kapitalgeber mehr gespart werden.

    Falls das im Zitat angenommenen durchschnittliche Alter des Kapitalstocks tatsächlich bei ca. 7 Jahren liegt, also seit geraumer Zeit ein Phase der UNTERINVESTITION vorherrscht, dann nähern wir uns doch wohl einem Nachholbedarf, oder ,optimistisch ausgedrückt, evtl. einem INVESTITIONSBOOM. Dann würden wahrscheinlich zahlreiche Kaptialerhöhungen den Aktienmarkt ausbremsen, nicht notwendigerweise crashen lassen.

    Wie ich an anderer Stellte schrieb: Die ANALYSE VON INVESTITIONSQUOTEN, und zwar sauber getrennt nach Ersatz-, Erweiterungs- und F&E-Investitionen, könnte mehr Licht ins Dunkel bringen.

    Zu den UNTERNEHMENSANLEIHEN: Hier sollten wir zuerst die zeitliche Staffelung/die LAUFZEITEN und Fälligkeiten kennen. Die niedrigeren Zinsen mischen sich langsam rein, ebenso die später wider steigenden Zinsen, wohl kaum schockartig.

    Das Thema Aktienrückkäufe ist ohnehin nur dann von „größerer“ volks-/gesamtwirtschaftlicher Bedeutung für Länder, in denen der Aktienmarkt auch tatsächlich einen vergleichsweise großen Teil der Volkswirtschaft widerspiegelt.

    Also zusammen genommen spielt diese DISKUSSION AM EHESTEN FÜR DIE USA, evtl. noch für U.K., eine Rolle. In den kontinental-europäischen Ländern sicher nicht.

    Antworten
  2. Steffen Meier
    Steffen Meier sagte:

    Total verrückt ist ja, dass sich selbst große Firmen, die hohe Cash-Bestände haben (zum Teil natürlich in Steueroasen, deshalb bleibt es dort) für Aktienrückkäufe verschulden.

    Antworten
  3. Johann Schwarting
    Johann Schwarting sagte:

    „ … we think the market has been relatively sanguine about the risks associated with the build-up of debt.”

    Es geht in der Wirtschaft um das Problem der nominell vertraglich fixierten auf Geld lautenden Schulden und den zugehörigen Sicherheiten, deren Preise auf den Märkten variabel sind. Die Preise der Pfänder sind von den Verschuldungssummen der Nachschuldner abhängig, deren Suche unsicher ist. Die Schulden dürfen niemals sinken, weil dann die Sicherheiten abwerten und nominelle Lücken in der Besicherung der bestehenden Kredite auftreten. Die Wertsteigerung der Vermögen ist bei gleichbleibender bzw. sinkender Verschuldung aus debitistischen Gründen unmöglich. Aus systemischen Gründen, zu denen auch das Vorher-Nachher-Problem gehört, muss die Gesamtverschuldung steigen.

    Antworten
      • Johann Schwarting
        Johann Schwarting sagte:

        @Michael Stöcker

        Was sind für Sie der „Kapitalismus“ und das „Geld“?

        In meiner Antwort auf Ihren Kommentar vom 30. August hatte ich gefragt, ob Gerald Braunberger „eine Vorstellung davon hat, wie der „Kapitalismus“ und das „Geld“ gedacht werden. Welcher Background liegt dem Artikel zugrunde?“ Diese Fragen stelle ich mir zuerst bei allen ökonomischen Texten, Artikeln, Kommentaren usw., die ich lese und zu verstehen versuche. Das habe ich auch am 1. Oktober in meiner Antwort an @Stefan Ludwig über die ’intellektuelle Ehrlichkeit‘ geschrieben, im Hinblick auf das Verstehen des Systems. Meine Denkrichtung, die ich dort angedeutet habe, geht in Richtung der ‘Machttheorie‘ von Paul C. Martin, die von Mainstream-Ökonomen abgelehnt wird. Das bedeutet auch, dass der Debitismus als Theorie über die Eigentumsökonomik von Heinsohn/Steiger hinausgeht. Es mag ja sein, dass das alles falsch ist. Theodor Fontane hat in seinem Roman ‘Der Stechlin‘ den alten Dubslav von Stechlin schon sagen lassen: „Unanfechtbare Wahrheiten gibt es überhaupt nicht – und wenn es welche gibt, sind sie langweilig.“

        Es verlangt m.E. in den Abhandlungen, den Texten und den Kommentaren auch klare Begriffsbildungen und eine eindeutige Sprache – und wer hat noch die Zeit, um die vielen Links zu lesen! Die Betrachtungen über Besicherungen, Sicherheiten und Haftungsräume kommen viel zu kurz. Die Besicherung von Krediten durch Pfänder ist eine Zusicherung an den Gläubiger im Falle der Insolvenz. Notenbankfähige Schuldtitel unter Beachtung der geldpolitischen Operationen der Notenbank mit Rückkaufvereinbarungen sind Sicherheiten der Zentralbanken, um Banknoten zu schaffen. Keine Besicherung ist notenbankfähig. Würden die Zentralbanken die Staatenfinanzierung durchführen, wären sie auch gezwungen, ihre Schulden im Sinne der EÖ von H/S zu besichern! Woher sollen die Zentralbanken die Pfänder nehmen? Eine Verschuldung ohne Besicherung ist nichts wert.

        Aus debitistischer Sicht sind die Steuern die Besicherung der Staatsschulden, die aus systemischen Gründen dem Wachstumszwang unterliegen. Es stellt sich mir die Frage, bis zu welchem Verhältnis ‘Staatsschulden zu Steuern‘ die Sache kontrollierbar bleibt und „gut geht“, ohne dass es zum Kollaps kommt.

        Zum Verstehen des Ganzen muss sich jeder selber mühen – und das erfordert sehr viel Zeit. MfG JS

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        „Was sind für Sie der „Kapitalismus“ und das „Geld“?“

        Ich unterscheide hier zwischen der ökonomischen und der politischen Dimension, die immer wieder austariert werden müssen.

        Das Geld in Form des Bankkredits ermöglicht mittels des Fremdkapitals die Vorfinanzierung von Investitionen, die das Sachvermögen/Sachkapital und somit das Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft erhöhen. Das Geld verbindet somit die Gegenwart mit der Zukunft und ist Mittel zum Zweck und nicht der Zweck an sich. Konsumtive und insbesondere spekulative Kredite sind grundsätzlich schädlich: https://zinsfehler.com/2013/09/14/das-geschaft-mit-der-verbriefung/

        Ansonsten empfinde ich unsere aktuelle „Demokratie“ als eine Fortführung des Feudalismus mit höheren Erträgen für die meisten und geringeren Kosten für die 1 %. Diese Entwicklung hat aber vor gut 10 bis 30 Jahren (landesabhängig) eine neue Richtung erfahren und ist insbesondere im Süden Europas gekippt und die Erträge sind für viele rückläufig. Die kurze Phase des Wohlstandversprechens für alle ist massiv bedroht und hat sich für viele schon als Illusion erwiesen.

        Nicht umsonst hatte ich am Ende meines Essays zur monetären Krise des Kapitalismus geschrieben: „Wir stehen hier vor einem historischen Wendepunkt, der darüber entscheiden wird, ob sich die 99 % durch die 1 % weiterhin kujonieren lassen und wir in einer Plutokratie enden oder aber den friedlichen Wandel mit einer demokratisch verankerten Zentralbank hinbekommen, die zukünftig die Interessen aller Bürger Europas gleichberechtigt anerkennt und auch danach handelt. Die monetäre Frage ist die soziale Frage des 21.Jahrhunderts.“

        LG Michael Stöcker

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Sie sollten auch die Prämisse erwähnen:

      Was Sie sagen ist nur dann so, wenn Insolvenzen vermieden werden sollen.

      Das ist eine, wenn nicht sogar die wesentliche Determinante des Systems.

      Ihr Satz

      >Die Schulden dürfen niemals sinken, weil dann die Sicherheiten abwerten und nominelle Lücken in der Besicherung der bestehenden Kredite auftreten.>

      muss demnach lauten:

      >Die Schulden dürfen niemals sinken, DAMIT NICHT die Sicherheiten abwerten und nominelle Lü-cken in der Besicherung der bestehenden Kredite auftreten.>

      Es geht dabei makroökonomisch nicht vorrangig um die Wertsteigerung oder den Werterhalt der Vermögen, sondern darum, dass die Vermeidung von Insolvenzen Arbeitsplätze und damit Einkom-men
      sichert, was natürlich mit dem Werterhalt der arbeitsplatzsichernden Vermögen verbunden ist.

      Antworten
  4. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Vielen Dank für diese Charts, die auch im Wirtschaftsteil der selbst ernannten “Qualitätspresse” nicht zu finden sind. Politisch ziehe ich daraus die Schlussfolgerung, dass Donald Trump zwar mehr Investitionen in den USA fordern kann, dafür aber wohl gar nicht so viel Spielraum auf der Unternehmensseite vorliegt, selbst wenn seine Maßnahmen unerwarteterweise doch noch investitionsfreundlich und nicht einfach nur protektionistisch ausfallen sollten. Sehen die Foristen das auch so?

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Der Spielraum auf der Unternehmensseite bestimmt sich im Wesentlichen durch

      a) die Ressourcen, auf die sie zugreifen kann, hier insbesondere hinreichend qualifiziertes Personal

      und

      b) die Rendite, die durch die Wirtschafts- und Finanzpolitik von Trump zu erzielen ist.

      Sind beide Bedingungen erfüllt, mit verfügbarem Personal also attraktive Renditen zu erwirtschaften, werden Unternehmen nicht zögern, sich einzubringen.

      Die hier dargestellte Problematik wird sie per se jedenfalls nicht daran hindern.

      Allerdings, wie wiederholt dargelegt:

      Wenn das Engagement der Unternehmen dazu führen sollte, dass die Inflation zunimmt und die Zinsen steigen, wird eine Anzahl von Unternehmen sich nicht oder nicht mehr beteiligen können, weil sie vorher aufgrund von zu hoher Verschuldung pleitegegangen ist.

      Viel mehr kann man dazu im Augenblick nicht sagen.

      Antworten
  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Alles liegt offen zutage:

    Die Voraussetzung (niedrige Zinsen), der Mechanismus (zunehmende Verschuldung), das Ergebnis (nominal höhere Vermögenswerte).

    Das gleicht auf erschreckende Weise der Generierung der Immobilienblase und folgend der Sub prime-Krise.

    Irgendetwas daraus gelernt?

    Offensichtlich nicht.

    Warum soll man auch etwas daraus lernen, wenn damit prächtig verdient wird.

    Man muss nur ordentlich die Trommel rühren, damit das Spiel weitergeht.

    Und die Realwirtschaft?

    Der muss es glänzend gehen, wenn derartige Bewertungen zu verzeichnen sind.

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