Schulden erfordern negative Realzinsen – für Jahrzehnte

Mal wieder Zeit für etwas Wirtschaftsgeschichte bei bto. John Authers zitiert in seinem Newsletter Jim Reid von der Deutschen Bank. Dieser hat sich die Realzinsen auf 10-Jahres-Anleihen seit 1800 angeschaut (Inflation als 5-Jahres-Durchschnitt) und mit der Verschuldung verglichen:

Quelle: Deutsche Bank, Bloomberg

Demnach waren die Realrenditen in den letzten 200 Jahren dreimal zuvor so niedrig: während des US-Bürgerkriegs, der Weltwirtschaftskrise und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg. Immer dann, wenn die Schulden hoch waren. Wie heute.

  • “Die niedrigen Realrenditen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg fielen in eine Zeit expliziter ‘finanzieller Repression’, als die Regierung sie niedrig hielt, um die Schulden zur Finanzierung des Krieges leichter abbezahlen zu können, und die Fed ihre Unabhängigkeit aufgeben musste.” – bto: und mit der Unabhängigkeit haben wir es heute ja auch nicht mehr so.
  • “Die Reid-Hypothese besagt, dass mit einem weiteren epischen Schuldenberg, der abzuzahlen ist, eine weitere Episode finanzieller Repression vor uns liegt. (…) Ohne finanzielle Repression würden die Realrenditen angesichts des Gewichtes der weltweiten Schulden im Moment wahrscheinlich durchweg positiv sein. Aber angesichts dieses globalen Schuldenbergs würde dies die Wahrscheinlichkeit von Finanzkrisen weltweit stark erhöhen.” – bto: Billiges Geld ist die einzige Lösung für eine Krise, die letztlich durch zu viel billiges Geld ausgelöst wurde.
  • “Das Risiko besteht darin, dass in den kommenden Jahren etwas passiert, das die Behörden daran hindert, finanzielle Repressionen anzuwenden. Wenn dies eintritt, war die globale Finanzkrise eine Generalprobe für ein viel größeres Ereignis. Die Anreize für die Politiker sind also da.” – bto: Das kann man wohl sagen. Was kann passieren? Unter anderem eine Flucht aus dem Geld.
  • “Darüber hinaus wäre eine Welt der finanziellen Repression weiterhin eine Welt von TINA, in der wir widerwillig Aktien kaufen müssen, weil es keine Alternative gibt. Es ist nicht ansprechend, und es ist wohl nicht wirklich Kapitalismus, aber es könnte der beste Weg sein. Dies ist auch eine besorgniserregend gute Erklärung für die anhaltend niedrigen Long-Renditen.” – bto: Das stimmt. Es kann aber angenehmer sein als die Alternative, muss selbst ich einräumen.