Schluss mit einer Energie­politik nach dem Prin­zip Hoffnung

Diese Nachricht wurde am 02.09.2022 im Deutschlandfunk gesendet: “Die Grünen wollen trotz der Energiekrise an einem Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 festhalten. Das schreiben sie im Leitantrag für den Parteitag im Oktober. Man brauche eine Stromversorgung, die im Jahr 2035 zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basiere. Das sei nicht nur von zentraler Bedeutung für das Klima und die Frage der Energieunabhängigkeit, sondern auch, um den Anstieg der Energiekosten zu bremsen (…).”

Was soll man dazu sagen? Die kurze Antwort lautet: Dass das passiert, wenn alle Sozialwissenschaften studieren und die wenigen Ingenieure sich nicht mehr trauen, etwas zu sagen.

Zunächst zum Thema “weniger Kosten für Strom”. Das ist die Empirie:

Quelle: Goldman Sachs.

Die linke Abbildung wird gern von Medien und interessierten Politikern und Lobbyisten herangezogen, die rechte hingegen wird unterschlagen. Warum steigen die Kosten, wenn doch Wind und Solar so günstig sind? Eben weil wir viel höhere Kosten haben für Speicherung, Back-up etc. Und in Deutschland sind wir dann auch noch besonders ineffizient unterwegs …

Und sonst, was ist von der Planung zu halten? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) traut sich heraus und stellt klar: “Wir leben nicht von Sonne und Wind allein”:

  • “(…) Deutschland brauchte bisher Gas, Milliarden Ku­bikmeter jedes Jahr. Gaskraftwerke sollten einspringen, wenn Flaute herrscht und der Himmel bewölkt ist, oder viel Strom verbraucht wird. Noch vor wenigen Monaten forderten Fachleute, Deutschland solle in den nächsten Jahren zehnmal so viele Gaskraftwerke bauen wie bisher, mit einer Leistung, die der von etwa 16 Atomkraftwerken entspricht. Das Gas war lange der eigentliche Gewinner der Energiewende. Es sollte die Brücke sein, auf der Deutschland in die erneuerbare Zukunft geht.” – bto: siehe Koalitionsvertrag!
  • “Die Bundes­regierung reagierte (auf den Krieg), indem sie an­kündigte, den Ausbau von Windrädern und Solarzellen noch ambitionierter vo­ranzutreiben als ohnehin schon. Sie entschied sich also, auch ohne Brücke loszumarschieren, geradewegs durchs Tal.” – bto: Kompliment! Das ist ein schönes Bild. In dem Tal wimmelt es übrigens von wilden Tieren, es gleicht einem Marsch durch den australischen Dschungel verbunden mit schwimmen in diesen Gewässern:

Doch was kümmert unsere Regierung die Realität?

  • “Die Ampel will viel mehr Windräder an Land bauen als bisher, vor allem ab dem Jahr 2025. (…) Um ihr Ziel zu erreichen, müsste die Regierung jeden Tag vier Windräder in Deutschland aufstellen, für die nächsten zehn Jahre. (…) Wo sollen die Handwerker dafür herkommen, woher die Materialien, die im Moment auf der ganzen Welt knapp sind? Auch in Windrädern stecken seltene Erden.” – bto: … die aus China kommen, wie auch die mit Kohlestrom erzeugten Solarpaneele.
  • “Hinzu kommen die Kosten (…) Schon jetzt ist es allerdings so, dass es für die ausgeschriebenen Flächen zu wenige Angebote gibt, die Firmen kommen einfach nicht hinterher. (…) es wird gut 20 Milliarden jedes Jahr kosten, die Windräder mitsamt Anschlüssen zu bauen, allein an Land. Die Bundesregierung will aber auch auf dem Meer riesige Windparks errichten, dazu noch Solaranlagen.” – bto: Es ist ein absoluter Irrsinn, was hier passiert.
  • “Windräder (halten) nur etwa zwanzig Jahre. Das bedeutet, ab 2045 müsste der Staat genauso viele wieder er­setzen, wie er zwanzig Jahre vorher zu bauen begonnen hatte, vier große oder acht kleine am Tag. Und wenn er solche Massen an Windrädern und Solaranlagen errichtet, müssten sie bald an Orten stehen, an denen der Wind nicht optimal weht oder es oft bewölkt ist. Wie viel Energie sie am Ende liefern, ist also un­sicher. Und das in Zeiten, in denen Fachleute davon ausgehen, dass alle viel mehr Strom verbrauchen…” – bto: Es ist eine Schande, wir hier mit voller Absicht ein Land ruiniert wird.
  • “Wasserstoffanlagen sollen das machen, was jetzt noch Gaskraftwerke tun, sie sollen einspringen an dunklen, windstillen Ta­gen, oder wenn mehr Strom benötigt wird. Bislang hieß es: in ferner Zukunft. Nun heißt es: in naher. Davor warnen Ingenieure. Sie halten die Technik für unausgereift.” – bto: Egal, es wird schon gut gehen, meinen da unsere Politiker.
  • “Das ist ein Problem, denn in Studien zur Energiewende ist überall von Wasserstoff die Rede, und es wird angenommen, dass er auch überall eingesetzt wird. Sonst funktioniert die Energiewende in Europa schon gar nicht.” – bto: Ja, das ist leider ein Fakt und der wird ideologisch verdrängt.
  • “Der Staat müsse nur dafür sorgen, dass der Wasserstoff aus vielen Ländern kommt. Die Bun­desregierung arbeitet daran. Aber je größer die Mengen, desto anfälliger das System. Wenn einer Energie in gigantischem Umfang importiert, kann auch der Ausfall eines Lieferanten kritisch werden. Ganz abgesehen davon, dass es bisher gar keine Infrastruktur für eine solch gewaltige Menge Wasserstoffs gibt, weder in der Sahara noch anderswo.” – bto: Gegen den Import spricht nichts, wir importieren ja auch heute. Es muss halt nur funktionieren.
  • Schon das zeigt, wie voraussetzungsreich Studien zur Klimaneutralität sind. Alles muss optimal laufen, damit es in dieser kurzen Zeit funktioniert, es gibt nirgendwo Spielraum.” – bto: Und die Erfahrung spricht dafür, dass es eben nicht optimal läuft.
  • “Ein Beispiel: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hält die Klimaneutralität bis 2040 für möglich. Es rechnet damit, dass die Deutschen dann nur noch halb so viel Energie verbrauchen wie jetzt. Dafür müssten aber Gebäude massenhaft saniert, mit Wärmepumpe oder mit Geothermie aus der Tiefe beheizt werden, und ausschließlich Elektroautos auf den Straßen fahren. Doch selbst das reicht nicht, wie Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am DIW Berlin, auf Nachfrage zugibt. Sie teilt mit, dass der Individualverkehr um 29 Prozent sinken wird. Hinter dieser Zahl verbirgt sich ein gewaltiger Rückgang von Autos auf deutschen Straßen. Der Verzicht ist also schon eingepreist.” – bto: Das ist ja das eigentliche Ziel. Die Waschlappen sind nicht die Ausnahme, sie sind Programm!
  • “Für die Wirtschaft rechnet das DIW streng. Sie soll am Ende 35 Prozent weniger Energie verbrauchen. In den vergangenen zwanzig Jahren verbrauchte sie je­des Jahr ungefähr gleich viel, ist dabei aber enorm gewachsen. Sie ist also schon viel effizienter geworden. Thomas Wetzel, Professor für Thermische Verfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie, kritisiert diese Zahl scharf. Die Autoren ließen offen, wie ein solcher ‘dramatischer absoluter Rückgang des industriellen Energiebedarfs ohne ein Einbrechen der Wirtschaftsleistung oder das Abwandern energieintensiver Schlüsselbranchen gelingen soll’.” – bto: Es ist ihnen auch egal.
  • “Die Atomkraft könnte Gas als Brücke ersetzen, selbst dann, wenn man sie nicht so schnell hoch- und runterfahren kann wie Gasturbinen. Mit dem Strom, den man nicht fürs Netz braucht, könnte man Wasserstoff produzieren. Dann wäre man auch weniger abhängig von Importen.” – bto: Das mit der Kernenergie als Brücke hatte ich im Podcast.
  • “Die letzte Option: Die Wende gelingt mit strengsten Vorgaben, aber Firmen wandern ab (…) dann fehlen Steuer­gelder, um die Energiewende überhaupt zu bezahlen. Vor allem aber, weil die Firmen wohl in Länder gingen, in denen sie mehr CO₂ ausstoßen dürften als in Deutschland. Das wäre dann ärmer. Und der Klimawandel würde beschleunigt.” – bto: aus Sicht der Grünen, die nach Aussage unseres Wirtschaftsministers mit Deutschland eh nicht so viel anfangen können, ein voller Erfolg also. So wird es kommen.

deutschlandfunk.de: „Grüne wollen trotz Energiekrise an Kohleausstieg bis 2030 festhalten“, 2. September 2022

→ faz.net (Anmeldung erforderlich): „Wir leben nicht von Sonne und Wind allein“, 3. September 2022