Eine Rezession ist in Europa sicher

Wir werden auf eine Rezession in Europa zusteuern. Sie ist verbunden mit einer hartnäckig hohen Inflation und die Folge der Politik der letzten Jahre.

Wie so eine Argumentationskette aussehen kann, sehen wir am Beispiel dieses Interviews aus der FINANZ und WIRTSCHAFT:

  • “Der Krieg in der Ukraine beschleunigt, was sich bereits abgezeichnet hat: Das Wachstum sinkt in Richtung Potenzialwachstum, und die Inflation steigt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Rezession eintritt, sei es in Form einer Gewinnrezession oder einer wirtschaftlichen Rezession.” – bto: Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
  • “Für den globalen Energiemarkt ist Russland nicht so wichtig. Aus diesem Grund können sowohl die USA als auch Gross­britannien es sich leisten, Ölimporte aus Russland zu verbieten. In Europa ist das anders. Für Länder wie Italien oder Deutschland ist die Energieanfälligkeit viel grösser. Gleichzeitig halte ich die Behauptung für glaubwürdig, bis 2027 energietechnisch von Russland unabhängig zu werden. Die Situation ist noch überschaubar, aber ab dem nächsten Winter könnte es für die Länder in Europa ziemlich teuer werden, wenn der Konflikt und die Sanktionen anhalten.” – bto: Von Letzterem ist auszugehen, aber es hat auch konjunkturelle Effekte.
  • “Wir erwarten für Ende 2022 eine Inflationsrate von 6% in Europa. Dies ist Teil eines Regimewechsels, bei dem die Inflation steigt und höher bleibt.(…) Kurzfristig wirken sich die Energiepreise und die höheren Kosten auf der Angebotsseite aufgrund der Pandemie und des Krieges in der Ukraine aus. Hinzu kommt die Energiewende. In Europa wird sie eine grössere Rolle spielen als in den USA, weil diese Revolution bei uns schon weiter fortgeschritten ist und wir dringender die Energieunabhängigkeit erreichen müssen. Wir werden viel Nachfrage nach Rohstoffen für den grünen Übergang sehen, die die Inflationsrate hoch halten wird.” – bto: Die Inflationsrate kann noch viel höher steigen angesichts des Geldüberhangs.
  • “Die Situation, mit der die EZB konfrontiert ist, ist aber viel schwieriger als die des Federal Reserve. Die US-Wirtschaft ist widerstandsfähiger, es gibt ein höheres Lohnwachstum, der Arbeitsmarkt ist gesund, und die US-Verbraucher sind in guter Verfassung. Auch die geografische Entfernung vom Konflikt ist ein Plus. All das macht einen grossen Unterschied, vor allem im Hinblick darauf, was die Zentralbank machen kann. Es ist unwahrscheinlich, dass sie den Kampf gegen den Anstieg der Inputpreise gewinnen kann. Die Lohninflation hingegen kann sie zähmen.” – bto: Das sehen andere Ökonomen deutlich kritischer. Sie räumen der EZB eine wichtige Rolle bei der Inflationsbekämpfung ein.
  • “(Die) Fed (…) muss vorsichtig vorgehen. Wir rechnen zwar mit nur vier Leitzinserhöhungen statt mit den sieben, die im Markt eingepreist sind, da wir für Sommer einen Rückgang der Inflationsrate erwarten. (…) Die Reduktion der Notenbankbilanz ist am Aktienmarkt noch nicht eingepreist. Als das Fed in der Vergangenheit die Bilanz schrumpfte, gaben die Märkte nach. Eine Verkürzung der Bilanz von 10% führte zu einem Rückgang des S&P 500 um 10%. Als das Fed die Reduktion in Aussicht gestellt hat, haben die Märkte aber nicht reagiert.” – bto: Zehn Prozent Rückgang wären kein so großes Problem.
  • “Die Unternehmensgewinne sind der Markttreiber, und wir sehen, dass schon vor dem Einmarsch der Russen die Einkaufspreise nicht vollständig an die Konsumenten weitergegeben wurden. Das ist ein Risiko, denn verfügen Unternehmen nicht über Preissetzungsmacht, kommt es zu einer Margenkompression.” – bto:  Margenkompression wirkt sich negativ auf die Investitionen aus.
  • “Wir waren positiv gegenüber Europa eingestellt, ziehen nun aber die USA vor. Die USA sind widerstandsfähiger, aber teuer. (…) Interessant ist Grossbritannien. Es ist gut aufgestellt, um die steigenden Energiepreise und die wirtschaftliche Verlang­samung zu bewältigen. Das Land steht stellvertretend für Energie- und Industriewerte und bietet eine der höchsten Dividendenrenditen weltweit.” – bto: Großbritannien sehe auch ich als einen der interessantesten Märkte.
  • “Interessant sind Energie, Rohstoffe, Gesundheit sowie Basiskonsumgüter. Vor allem bei den Basiskonsumgütern ist aber eine sorgfältige Titelauswahl erforderlich, da nicht alle Unternehmen über die Preissetzungsmacht verfügen, um die Kosten weiterzugeben.” – bto: Das leuchtet ein.

fuw.ch: „«Eine Rezession in Europa ist sehr wahrscheinlich»“, 21. März 2022