“Putting Christine Lagarde in charge of the ECB will lead the eurozone into catastrophe”

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der Satiriker Martin Sonneborn, immerhin gerade mit Die Partei in das EU-Parlament zurückgewählt, die Qualität des neuen EU-Spitzenpersonals am besten zusammenfasst?

→ twitter.com/MartinSonneborn: “Das hätte selbst Die Partei seriöser gestalten können”

Pointiert fasst er zusammen, was für eine Truppe demnächst das Sagen hat in der EU. Mit meiner Kritik an Lagarde bin ich wahrlich nicht alleine. Die NZZ und die F.A.Z. bedauern die “Politisierung” der Notenbank. Der englische Telegraph sieht gar die Katastrophe am Ende der Entwicklung, die Lagarde übrigens – so meine Meinung – nicht zu vertreten hat. Sie wird sie nur konsequent bis zum Ende durchziehen:

  • “Some of the biggest budget deficits ever recorded. The deepest recession since anyone started gathering statistics. A conviction for negligence. It is hard to imagine what exactly it might be that would disqualify somebody from being made President of the European Central Bank anymore. After all, those are the major achievements of Christine Lagarde’s time in public office (…)” – bto: Aber sie ist Französin und wird die Interessen Frankreichs bis zum Ende durchziehen.
  • “The trouble is, Lagarde will lead the eurozone into catastrophe. Mario Draghi (…) was a brilliant economist who through his mastery of the inner workings of the financial markets just about managed to keep a dysfunctional single currency afloat. Lagarde is a lawyer who is great at making alliances and brokering compromises but who knows nothing about monetary policy, and whose rigid application of the rules, and commitment to the reigning orthodoxy, may well finally crash the euro.” – bto: wobei sie als französische Finanzministerin stolz darauf war, alle Regeln gebrochen zu haben!
  • “France’s President Macron secured the role for his woman (…) the ECB Presidency is far more important.The ECB controls monetary policy for the entire continent, and determines the fate of its economy.” – bto: Das sehe ich anders. Ich denke, sie wird exekutieren, was die Politik will und sie wird in die direkte Finanzierung der Staaten einsteigen, egal, was die Regeln sagen.
  • “While she glides from senior job to senior job with consummate ease, and without the unseemly bother of ever having to confront an actual voter, her achievements are, to put it mildly, a little hard to work out. As finance minister of France from 2007 to 2011 she presided over a rise in the budget deficit from 56 billion euros to 193 billion euros while leaving the economy completely unreformed and paved the way for the defeat of her boss, former President Nicolas Sarkozy.” – bto: Tja, so kann man es sagen. Aber sie war immer sehr elegant dabei.
  • “Both as finance minister, and then at the IMF, she was a leading player in the Greek crisis, a saga that provided a text book case of economic ineptitude, creating the deepest recession ever recorded (the fall in output exceeded the Great Depression of the 1930s).” – bto: Dabei half sie damit den französischen Banken, mit deutschen Steuergeldern gerettet zu werden. Für Frankreich war sie da sehr wertvoll, was der Telegraph hier vergisst.
  • “On a personal level, she faced charges of negligence over her handling of an arbitration deal with tycoon Bernard Tapie during her time as finance minister.” – bto: ach, die 400 Millionen. Das muss man wohl machen, so wie von der Leyen mit ihren Beraterverträgen.
  • “At the IMF, she has been great at political grandstanding, making pronouncements on women’s rights and climate change on the Davos circuit, none of which have much to do with the Fund. But on stabilising the global economy, and heading off the next crisis, which is what the IMF is actually for, she has contributed nothing.” – bto: Vor allem hat sie die Studien des eigenen Hauses nicht gelesen, sonst wüsste sie, dass eine Transferunion nichts bringt.
  • “Over the next five years, however, the eurozone will certainly face another crisis. The German banking system is teetering on the edge of collapse. Bond yields have turned negative, signalling recession. Interest rates are already below zero. A currency war is starting with Donald Trump’s America.” – bto: Ich denke, dafür ist sie die Richtige. Völlig skrupellos wird sie Geld drucken.
  • “The ECB will have to find new ways of holding a rackety currency together. What is that likely to involve? Some form of helicopter money, as printing cash and giving it away is known, bailing out the German banks without anyone noticing, and allowing Italy to quietly float away with a parallel currency.” – bto: Ich denke im Unterschied zum Telegraph, dass sie das alles mit voller Macht tun wird und damit die völlige Zerrüttung bewirkt, nachdem sie vorher mit diesen Maßnahmen Zeit gekauft hat.

Übrigens ist das Spiel in Brüssel ja nicht zu Ende, woran mich ein Leser erinnert. Gut möglich, dass von der Leyen nicht durchkommt, was Macron dann aber egal ist, denn er hat seine Notenbankpräsidentin und damit die Hand am Geld. Chapeau!

Diese Einlassung Gabriels, der ja nun außerhalb der SPD, aber dennoch ex cathedra von der Brücke aus reden kann, hat einiges für sich und stutzt die hanebüchene Berichterstattung und Kommentierung dieser Katastrophe zurecht. Von der Leyen müsse erst von Deutschland als Kommissarin benannt werden, bevor sie von anderen Staats- und Regierungschefs als Präsidentin nominiert werden könne. Denn jeder Kommissionspräsident sei zugleich der national benannte Kommissar seines Landes. Sonst hätte das Land, das den Präsidenten stelle, zwei Mitglieder in der Kommission. Diese nationale Berufung als Kommissar aber müsse durch das Bundeskabinett erfolgen.
Das mag rein nach Brüsseler Verwaltungstechnik richtig sein, er setzt aber voraus, dass Merkel diese Nominierung selbst
vorgenommen hat. Irrtum: Macron hat von der Leyen nominiert und mit vielen seiner Manöver die bürokratischen Regeln
des Lissabongeflechts zerrissen.” – bto: Und so kann es gut sein, dass es eben nur ein Zwischenschritt zu einer Lösung ist, wo kein Deutscher eine relevante Position begleitet. Und dann sogar, weil die deutschen Politiker in die Falle getappt sind.

Auch sonst scheint einiges suspekt, wie ein anderer Leser kommentiert:

  1. Ist es Zufall, dass einen Tag nach der Nominierung der Französin Lagarde als Chefin der EZB der französische Kommissar Moscovici das Schuldenverfahren gegen Italien niederschlägt?
  2.  Ist es Zufall, dass einen Tag darauf, ein Italiener Präsident des EP wird? Eigentlich sind die Beziehungen Italien-Frankreich belastet, aber das riecht doch alles wirklich sehr nach Absprachen unter der Hand …
  3. Wird vdL ihre unselige Vergangenheit als Bundesministerin der Verteidigung einfach so abschütteln (…) Könnte sie vielleicht gar so schwach werden, dass sie darauf angewiesen ist, Gefälligkeiten für Stützung zu erzeigen (vulgo: erpressbar werden)? Ich glaube, es war ein genialer Schachzug von Macron, vdL zu nominieren: Er erhält eine Kandidatin, die angeschlagen ist. In Zukunft werden sich die politischen Gewichte ohnehin unaufhaltsam von der EU-Ebene auf die Eurozone verlagern. Dort will Macron eine Wirtschaftsregierung aufbauen, die dann langsam der Kommission das Wasser abgraben wird. (…) die EZB genießt aber praktisch unbeschränkte Macht, schon weil niemand es wagt, ihr in den Arm zu fallen und damit evtl. die Verantwortung für eine Finanzkrise auf sich zu ziehen.

Ich würde sagen 3:1 für Macron gegen Merkel. Falls Merkel gehofft hat, Weber als Verhandlungsmasse zu benutzen, die man im rechten Moment fallen lässt, um dafür Weidmann durchzudrücken, ist sie auf ganzer Linie gescheitert, weil geschickt von Macron umspielt.” – bto: Ob es so war, kann keiner sagen. Richtig ist, dass Frankreich der ganz große Gewinner der Aktion ist, egal ob wir eine Pappkameradin Namens vdL in Brüssel haben oder nicht. 

→ telegraph.co.uk: “Putting Christine Lagarde in charge of the ECB will lead the eurozone into catastrophe”, 3. Juli 2019