Politik braucht eine Budget­begrenzung

Es ist ja zurzeit höchst populär, der Politik bzw. den Staaten unbegrenzte Finanzierungsspielräume zuzuschreiben. Doch ist dem so? Bekanntlich denke ich das nicht und es gibt weitere Ökonomen, die das auch so sehen. So Professor Miles Kimball von der University of Colorado Boulder. Er äußert sich im Gespräch mit der FINANZ und WIRTSCHAFT:

  • “Es ist richtig, dass wir uns mehr Gedanken über die Wirkung von Defiziten machen sollten – und, noch grundsätzlicher, über die Wirkung der Schuldenquote. Aber im Grossen und Ganzen denke ich, dass die zutreffenden Aussagen von MMT schon in der Standardtheorie der Ökonomie reflektiert sind. Die Vertreter der Modern Monetary Theory erklärten wissenschaftlich korrekt, dass unklar ist, wie gefährlich höhere Schulden wären. Aber daraus schliessen sie, dass wir uns nicht sorgen sollten, bis der Schaden offensichtlich ist.” – bto: Sie zeigen aber auch auf, dass der Staat mit seinem Verschuldungsakt das Geld selbst schafft. Ich denke, dies ist ein durchaus wichtiger Aspekt der MMT, den wir immer im Hinterkopf haben müssen.
  • Aber auf Basis der geringen Evidenz und der Theorie komme ich zu einem anderen Ergebnis, als dass der Staat ohne negative Effekte im Überfluss ausgeben kann. Wir wissen zwar nicht genau, wo die Grenze für ein gesundes Niveau an Staatsausgaben liegt. Aber es gibt solch eine Grenze. Und ich bin sehr besorgt darüber, dass wir das sichere Niveau an Staatsausgaben nicht ausschliesslich für die wichtigsten Projekte ausschöpfen.” – bto: Das sind zwei Punkte und gerade beim letzten bin ich voll dabei. Ohne eine Budgetrestriktion kann das nicht gut gehen. Dann werden falsche Prioritäten gesetzt – siehe unsere Klimapolitik.
  • Das Problem ist, dass sich die Teuerung über einen langen Zeitraum aufbauen kann. Denken Sie zurück an die 1960er Jahre, als die Inflation langsam stieg. Es hat lange gedauert, bis die Teuerung in Schwung kam – aber dann kam sie. Sie ist wie ein Supertanker, der sich nur langsam dreht. Nur weil die Inflation jetzt langsam steigt, heisst das nicht, dass sie sich später nicht beschleunigen könnte, wenn wir die Staatsausgaben nicht begrenzen.” – bto: was daran liegt, dass das neue Geld wirklich in die Realwirtschaft fließt und dort entsprechende Nachfrage schafft. Dies muss zu höheren Preisen führen, so das Produktionspotenzial nicht unausgelastet ist. 
  • Den Politikern zu sagen: ‘Macht euch keine Sorgen über Schulden oder Defizite’ ist, als würde man ihnen eine geladene Waffe in die Hand geben. Geladene Waffen können klug eingesetzt werden, oft ist das aber nicht der Fall. Ich würde diese Gefahr lieber meiden.” – bto: Ich denke, sie hantieren gerade mit hoher Risikobereitschaft mit genau so einem geladenen Revolver.

Er äußert sich dann noch zur richtigen Politik mit Blick auf die Corona-Krise:

  • “Jeder Monat, den man sich in der Pandemie befindet, kostet ein Vermögen. Ich glaube, viele Länder bereuen jetzt, dass sie nicht Milliarden von Dollar für Schnelligkeit ausgegeben haben – zum Beispiel, indem sie dafür bezahlt haben, in der Warteschlange für die Impfstoffe ganz vorne zu stehen. Eine einfache Kosten-Nutzen-Analyse legt auch nahe, dass wir uns bei einer Pandemie weniger um Nebenwirkungen von Impfungen sorgen sollten. Wir haben zu wenig Geld für die öffentliche Gesundheit ausgegeben, während die Regierungen jetzt enorme Summen für die wirtschaftlichen Folgen aufwenden müssen. Man könnte sagen, dass wir fast in der schlechtesten aller Welten angekommen sind.” – bto: Dies gilt auch für die EU. Ich denke allerdings nicht, dass wir in Deutschland generell zu wenig für Gesundheit ausgeben.

fuw.ch: „‘Als reiche man Politikern eine geladene Waffe’“, 12. Juli 2021