Organische Land­wirtschaft be­deutet weniger Mengen

Der Economist blickt auf den Düngemittelmarkt, wo die Preise massiv gestiegen sind als Folge der höheren Energiekosten und der Sanktionen bzw. Exporteinschränkungen. Dabei wirft das Blatt auch die Frage auf, ob es nicht ohne Dünger ginge, also “organisch”:

  • “Modern farming techniques such as soil spectroscopy can accurately measure the nutrient levels in soil, allowing for more targeted use of fertilisers. But the technology required is expensive, so is unlikely to help farmers in poor countries. A lower-tech approach would be to use less-intensive farming methods which maintain soil quality, such as crop rotation, tillage that leaves old crop residue behind or ‘agroforestry’–. But these methods take time, effort and foresight, and are neither as quick nor effective as modern fertilisers. Sri Lanka shows the difficulty of farming without agrichemicals. In 2021 the government rushed through a complete ban on fertiliser imports as part of a push to become the world’s first fully organic producer of food. Farmers warned of crop losses, food prices spiked and the president declared a state of emergency. (…) For now, there is no easy alternative to fertiliser if the world is to maintain food production at anything like its current levels.” – bto: Übersetzt bedeutet dies, dass man gerade in Zeiten des Mangels mit diesen Experimenten sehr vorsichtig sein sollte.

Bjorn Lomborg macht in THE WALL STREET JOURNAL einen ähnlichen Punkt. Seine Kernaussagen:

  • Die ökologische Landwirtschaft ist ineffektiv, hungert nach Land und ist sehr teuer, und sie würde Milliarden hungern lassen, wenn sie weltweit angenommen würde. (…) Die Europäische Union hat letztes Jahr darauf gedrängt, dass ihre Mitglieder den ökologischen Landbau bis 2030 ungefähr verdreifachen. Im Westen sind viele Verbraucher überzeugt: Rund die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland glaubt, dass der Bio-Anbau den Welthunger bekämpfen kann.” – bto: Ich weiß nicht, woher er diese Zahl hat. Stimmt sie, kann man das nur als weiteres Beispiel dafür nehmen, wie bei uns Ideologie und Desinformation ein ehemaliges Land der Ingenieure erobert haben. Denn dieser Glaube ist objektiv Quatsch.
  • Da sich die ökologische Landwirtschaft vielen wissenschaftlichen Fortschritten entzieht, die es den Landwirten ermöglicht haben, die Ernteerträge zu steigern, ist sie von Natur aus weniger effizient als die konventionelle LandwirtschaftDie Forschung hat eindeutig gezeigt, dass der ökologische Landbau pro Hektar weniger Nahrung produziert als der konventionelle Landbau. Berücksichtigt man dies und die geringere Produktion auf einem bestimmten Feld, produziert der ökologische Landbau zwischen 29 % und 44 % weniger Lebensmittel als herkömmliche Methoden. Daher benötigt sie bis zu 78 % mehr Land als die konventionelle Landwirtschaft, und die produzierten Lebensmittel kosten 50 % mehr – und das alles ohne messbare Verbesserung der menschlichen Gesundheit oder des Tierschutzes.” – bto: Ich bin sicher, es gibt andere, positivere Zahlen. Dennoch ist es interessant, dass wir in geringerer Produktion die Lösung für zu wenig Menge sehen.
  • “Nirgendwo ist diese Tragödie offensichtlicher als in Sri Lanka, wo die Einführung von Bio-Produkten katastrophal war. (…) Der Verzicht auf Dünger ließ die Reisproduktion in den ersten sechs Monaten nach der Umstellung auf ökologischen Landbau um 20 % sinken. Letzten Winter prognostizierten die Bauern, dass die Teeerträge um bis zu 40 % sinken könnten. (…) Die Kosten für Gemüse verfünffachten sich. Proteste zwangen Sri Lanka schließlich dazu, seinen Bio-Streifzug im vergangenen Winter größtenteils aufzugeben, zu spät, um einen Großteil der diesjährigen Ernte zu retten.” – bto: Nun hat Sri Lanka unstrittig noch weitere Probleme, aber es ist eben fatal, diesen Weg zu gehen.
  • “Der ökologische Landbau lehnt synthetischen Stickstoffdünger ab, aber es gibt derzeit bei weitem nicht genug organischen Stickstoff, um die Welt zu ernähren. Es stellt sich heraus, dass synthetischer Stickstoff direkt für die Ernährung von vier Milliarden Menschen verantwortlich ist, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.” – bto: auch weil die Kreislaufwirtschaft nicht funktioniert und wir menschliche Ausscheidungen zu einem guten Teil nicht zum Düngen verwenden.
  • “Jeder Anstieg der Lebensmittelpreise um 1 % stürzt weitere 10 Millionen Menschen in die globale Armut. Sich für globale Bio-Produkte einzusetzen, bedeutet implizit, dass Milliarden Menschen auf Lebensmittel verzichten sollten.” – bto: Das kann man sich bei vollen Regalen gut wünschen.
  • Fast ein Drittel des globalen Kaliums, ein kaliumreiches Produkt, das für das Pflanzenwachstum von entscheidender Bedeutung ist, stammt aus Russland und Weißrussland (…) Russland produziert auch 8 % des weltweiten Stickstoffs, dessen Preis sich in den zwei Jahren vor der Invasion bereits mehr als verdreifacht hatte.” – bto: was die strategische Position erklärt, in der sich Russland befindet.
  • Gentechnik, bessere Schädlingsbekämpfung und mehr Bewässerung würden einen großen Beitrag zur Ertragssteigerung leistenDie Steigerung der Produktion von Kunstdünger sowie die Überlegung, Regulierungen aufzuheben, die den Einsatz fossiler Brennstoffe verteuern, werden ebenfalls hilfreich sein. Diese einfachen, vernünftigen Ansätze können Preiserhöhungen eindämmen, Hunger vermeiden und sogar der Umwelt helfen.”

economist.com (Anmeldung erforderlich): „Why fertiliser prices are soaring“, 31. Mai 2022

wsj.com (Anmeldung erforderlich): „Ukraine Crisis Reveals the Folly of Organic Farming“, 6. Mai 2022