Ökoplan­wirtschafter irren: Der Kapi­talismus ist das Ergeb­nis von unge­steuerten spon­tanen Prozessen

Im Podcast am kommenden Sonntag (19.02.2023) spreche ich mit Ulrike Herrmann über ihr Buch „Das Ende des Kapitalismus“. Heute gibt es zur Einstimmung darauf einen Kommentar von Dr. Dr. Rainer Zitelmann in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Der Autor mehrerer Bücher zur Verteidigung des Kapitalismus kann der Idee der Ökoplanwirtschaft (wenig überraschend) nicht viel abgewinnen:

  • „Ulrike Herrmanns Buch ‚Das Ende des Kapitalismus‘ ist in Deutschland derzeit ein Bestseller und propagiert ganz offen eine Planwirtschaft. Anders als im klassischen Sozialismus sollen laut Herrmann die Unternehmen nicht verstaatlicht werden, sondern im Privatbesitz bleiben. Aber der Staat solle festlegen, was hergestellt werde und wie viel.“ – bto: Damit kann natürlich von „Privateigentum“ keine Rede mehr sein.
  • „Flüge würde es nicht mehr geben, auch keine privaten Kraftfahrzeuge. Der Staat bestimmt, wie die Menschen wohnen dürfen – beispielsweise soll es keine Einfamilienhäuser und keine Zweitwohnungen mehr geben. Der Neubau wird wegen Klimaschädlichkeit verboten, stattdessen werden die bestehenden Flächen ‚gerecht‘ verteilt. Der Staat bestimmt, wie viel Fläche jeder bewohnen darf. Der Fleischkonsum wird nur ausnahmsweise erlaubt, weil die Fleischproduktion klimaschädlich ist.“ – bto: Das ist in der Tat eine gute Zusammenfassung der Kernforderungen aus dem Buch.
  • „Und da die Menschen gleich wären, wären sie auch glücklich, weil Rationierung unschön klinge: ‚Aber vielleicht wäre das Leben sogar angenehmer als heute, denn Gerechtigkeit macht glücklich.‘“ – bto: Wobei Frau Herrmann in ihrem Buch erwähnt, dass die Reicheren sich auch unter der als Vorbild herangezogenen Kriegswirtschaft alles zusätzlich kaufen konnten.
  • „Diese Ideen sind nicht neu. Naomi Klein, die populäre kanadische Kritikerin des Kapitalismus und der Globalisierung, gibt an, dass sie zunächst kein besonderes Interesse am Thema Klimawandel gehabt habe. (Nun erkennt sie) im Thema Klimawandel einen Katalysator ‚für Formen sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit‘. Sie plädiert für ‚eine sorgfältig geplante Wirtschaft‘ und staatliche Vorgaben dazu, ‚wie oft wir fahren, wie oft wir fliegen, ob unsere Lebensmittel eingeflogen werden, ob die Sachen, die wir kaufen, auf Haltbarkeit angelegt sind‘ und: ‚wie gross unsere Wohnung ist‘.“ – bto: Das ist deckungsgleich mit Frau Herrmann, die aber zusätzlich darauf hinweist, dass die Umstellung mit einer schweren Wirtschaftskrise verbunden wäre.
  • „Vorschläge wie jener, wonach die wohlhabendsten 20 Prozent der Bevölkerung die größten Opfer bringen müssten, um damit mehr gesellschaftliche Gleichheit herzustellen, finden ihre Zustimmung, was belegt, dass es den Verfechtern der Ökoplanwirtschaft nur vordergründig um Umwelt und Klimawandel geht. Ihr eigentliches Ziel sind die Beseitigung des Kapitalismus und die Errichtung einer staatlichen Planwirtschaft. In Wahrheit soll das Privateigentum abgeschafft werden, auch wenn es formal bestehen bleibt. Dem Unternehmer gehört weiter seine Fabrik, aber er wird zum angestellten Manager des Staates, der allein entscheidet, was und wie viel produziert wird.“ – bto: Hier würde Frau Herrmann wohl entgegen, dass die Ärmeren bereits heute „klimaneutraler“ leben – was auch stimmt. Insofern können die Kapitalismuskritiker immer glaubhaft machen, dass es ihnen ja „nur“ um das Klima gehe.
  • „Aber staatliche Planwirtschaft ist schon immer gescheitert, und die Umweltprobleme in planwirtschaftlichen Systemen waren wesentlich grösser als im Kapitalismus. Warum soll die Planwirtschaft jetzt auf einmal das Heil bringen?“ – bto: Einfach, weil wir heute alle einsehen, dass es nur so geht – sonst droht die Klimakatastrophe und dann machen nur die besten Experten die Planung.
  • „Denn der grösste Irrtum diesbezüglich war stets die Illusion, man könnte eine Wirtschaftsordnung auf dem Papier planen: Ein Buchautor sitzt in seinem Zimmer und denkt sich eine ideale Wirtschaftsordnung aus. (…) Das radikalste sozialistische Experiment, das dort (der Roten Khmer in Kambodscha), hatte seinen Ausgangspunkt an Pariser Universitäten. Aufschlussreich ist dieses Experiment, das der Anführer Pol Pot nach dem Vorbild von Maos ‚Grossem Sprung nach vorne‘ als ‚Supergrossen Sprung nach vorne‘ bezeichnete, weil es in extremer Weise den Glauben daran zeigt, dass eine Gesellschaft künstlich am Reissbrett konstruiert werden könne.“ – bto: Es waren also kluge Menschen, die Millionen auf dem Gewissen haben.
  • „Der Pariser Zirkel der Intellektuellen nahm nach der Machtergreifung fast alle führenden Positionen in der Regierung ein. Sie hatten einen detaillierten Vierjahresplan ausgearbeitet, der genau alle benötigten Produkte (Nadeln, Scheren, Feuerzeuge, Tassen, Kämme) auflistete. Der Detaillierungsgrad war selbst für eine Planwirtschaft ungewöhnlich. So hiess es zum Beispiel: ‚Essen und Trinken sind kollektiviert. Nachtisch wird ebenso kollektiv zubereitet. Kurz gesagt, den Lebensstandard des Volkes in unserem Land anzuheben, bedeutet, es kollektiv zu tun. Im Jahr 1977 soll es zwei Nachtische pro Woche geben. Im Jahr 1978 gibt es einen Nachtisch alle zwei Tage. Und dann im Jahr 1979 gibt es jeden Tag einen Nachtisch und so weiter. Also werden die Menschen kollektiv mit ausreichend Essen leben, sie werden (zudem) mit Snacks ernährt. Sie sind glücklich, in diesem System zu leben.‘“ – bto: Das Zitat ist super, erinnert aber in der Tat an die neuen glücklichen Menschen im künftigen, deutlich ärmeren, dafür klimaneutralen und glücklichen Deutschland.
  • „Der Sozialismus ist (…) ein von Intellektuellen erdachtes System. Seine Anhänger streben danach, politische Macht zu erringen, um dieses System dann zu implementieren. Funktioniert haben diese Systeme niemals und nirgendwo – was aber offenbar Intellektuelle nicht davon abhält, zu glauben, sie hätten den Stein der Weisen gefunden und sich endlich in ihrer Studierstube das perfekte Wirtschaftssystem ausgedacht. Der ganze konstruktivistische Ansatz, also die Vorstellung, Buchautoren könnten ein Wirtschaftssystem in ihrem Kopf oder auf Papier erdenken, ist falsch.“ – bto: Da wir in Deutschland dennoch auf dem besten Wege in die neue ökologische Planwirtschaft sind, können wir uns nur noch persönlich darauf einstellen. Gut ist, dass es bestenfalls ein europäisches, aber niemals weltweites, erneutes sozialistisches Experiment wird.

nzz.ch: „Soll der Staat festlegen, was hergestellt, gegessen, wie gewohnt wird? Wie die Klimaschützer für Einschränkungen plädieren, um den Kapitalismus abzuschaffen“, 21. Januar 2023